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Rating:
Archive Warning:
Fandom:
Character:
Additional Tags:
Language:
Deutsch
Stats:
Published:
2025-10-04
Updated:
2025-10-07
Words:
4,004
Chapters:
5/31
Comments:
3
Kudos:
1
Hits:
10

31 October-Storys

Summary:

Irgendwas hat mich dazu gebracht, diesen Oktober ausgerechnet zu versuchen, Geschichten zu schreiben??... so here we are. Eigentlich poste ich das auch nur, damit ich Motivation habe das durchzuziehen- selbst wenn es niemand ließt xD

Ich hab mir drei verschiedene Prompt-Listen zu einer zusammengebastellt, also jeder Tag hat drei Prompts, die ich dazuschreiben werde!

Kurze Warnung, dass ich bis vor drei Tagen noch nie eine Geschichte geschrieben habe...
Wahrscheinlich ist nichts hier editiert oder ansatzweise gut, die Geschichten bestehen nur aus dem, was mein Gehirn so spontan auskotzt! Also bitte fahren Sie vorsichtig, es könnte ein wilder Weg werden. Viel Spaß! :D

Notes:

Prompts:
Turning leaves - Hope - Tea

Chapter 1: Turning leaves

Chapter Text

Die Blätter der Bäume nahmen zunehmend intensivere und verschiedenere Farben an, als der Herbst die letzte Hitze des Sommers vertrieb. Amelia zog ihre Jacke fester um ihren Körper, als sie mit langen Schritten endlich in ihre Straße bog. Die Luft war feucht und roch nach nassem Laub, auf dem Asphalt waren die Pfützen vom Regenschauer am Vormittag noch nicht getrocknet. Nur wenige Autos waren auf den Straßen unterwegs. Noch war das Zwitschern von Vögel zu hören - auch wenn sie bald nach Süden ziehen würden.

Genau das war es, was auch Amelia vorhatte. Nur wollte sie nicht ins Morgenland. Aber in gewisser Weise war auch sie auf der Suche nach einer Auszeit, nach Wärme, nach… Der Klingelton ihres Handys durchbrach ihre Gedanken, was Amelia dazu brachte, in ihren vielzähligen Taschen nach dem Gerät zu suchen.

Sie war auch schon zur Tür ihres Apartments hinein, als die Stimme ihrer Schwester erklang.

“Hey Am!” Wie immer war Sophie beschäftigt, im Hintergrund waren die Geräusche eines gemütlichen Familienlebens zu hören. “Ich hoffe, dir geht es gut, ja? Du hast deinen Koffer schon gepackt? Muffins freut sich schon seit Wochen, dich endlich wiederzusehen.” Ein zustimmendes Bellen war im Hintergrund zu hören. Amelias Lippen bogen sich zu einer Art zaghaftem Lächeln. Seltsam, in letzter Zeit hatte sie kaum eines zustande gebracht.

“Ich bin fast fertig. Fast zuhause. War heute nur in der… naja. Du weißt schon. Stadt.” Ein kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung. Die Frage nach Amelias Wohlergehen war definitiv kein Smalltalk gewesen. Sophie war besorgt, genau wie sie sich immer um Amelia gesorgt hatte, als sie noch kleiner waren. Und, grausam wie das Schicksal nun einmal war, war ihre Sorge berechtigt gewesen. Amelia hatte sich eine fabelhafte Zukunft in der großen Stadt ausgemalt, und als sie dann auch noch jemanden kennengelernt hatte, war ihr alles so perfekt erschienen.

“Ich glaube, es wird dir gut tun, für eine Weile bei uns und Mama zu sein. David und Louis freuen sich auch schon auf dich.” Amelia rechnete es ihrer Schwester hoch an, dass sie ihren Besuch als Familienwiedersehen darstellte und kein großes Aufheben um den wahren Grund machte. Die Aussicht darauf, die beiden Partner von Sophie, ihre Mutter, ihre Großeltern und nicht zuletzt den Hund wiederzusehen, war auch unter diesen Umständen schön.

Amelia ertappte sich dabei, die Raufasertapete in ihrem Flur anzustarren und für eine Weile lang nichts zu antworten. Jeder Zentimeter ihrer Wohnung fühlte sich seltsam an, seit Jack nicht mehr hier war. Wer ist Jack? Die Liebe ihres Lebens – oder zumindest dachte Amelia das bis vor kurzem. Es wurde ihr ganz flau im Magen, als sie sich an die Tage vor und nach ihrer Trennung zurück erinnerte.

Heute hatte Amelia schon wieder den Fehler gemacht, das alte Teegeschäft zu besuchen, in dem sie Jack kennengelernt hatte. Als kleines Café an einer belebten Straße hatte es immer einen Rückzugsort für sie dargestellt, genau wie ihre Wohnung, die Bücherei, der Park, der ganz in der Nähe lag… aber wann immer Amelia diese Orte heutzutage besuchte, kamen die Erinnerungen zurück, die Jack und sie gemeinsam gesammelt hatten. Leere Echos von glücklichen Erlebnissen. Jack hatte nach einiger Zeit ihres gemeinsamen Zusammenlebens angefangen, mit anderen Frauen zu schlafen und viel Alkohol zu trinken. Amelia wusste bis heute nicht, weshalb. Natürlich hatte sie sich anfangs selbst die Schuld gegeben. Jetzt wusste sie nicht mehr, was sie glauben sollte. Dank Sophie hatte sie ihn immerhin sofort herausgeworfen, als sie davon erfahren hatte. Sie wusste nicht, wie sie ohne ihre Schwester weitergemacht hätte oder wo sie heute wäre.

Irgendwann erinnerte Amelia sich daran, dass eben erwähnte Schwester noch am Telefon war. “Du… hast recht. Backt Louis immer noch so gut- guten Apfelkuchen?” Amelia versuchte sich zu entspannen und hängte ihre Jacke auf. Es war Zeit für ein neues Kapitel. Amelia gab zwar noch recht einsilbige Antworten, aber das Telefonat gab ihr wieder einen Funken neuer Kraft. Ihre Heimatstadt war wunderschön im Herbst und Amelia trug die zunehmend starke Hoffnung in sich, dass alles wieder gut werden würde.

Nachdem sie aufgelegt hatten, machte Amelia sich einen Tee. Kamille und Petersilie – das einzige, was selbst Jack ihr nicht verderben konnte. Und auch wenn ihre Wohnung noch kühl und leer war… bald war Amelia wieder mit ihrer Familie vereint. Wärme durchströmte sie und trieb die Schatten von den Wänden zurück. Vielleicht lag es am Tee. Oder von der Aussicht auf ein neues Kapitel.

Chapter 2: A rainy day

Summary:

Prompts:
A blanket - Despair - rainy day

Chapter Text

“Hey das ist unfair!” Thomas bog gerade mit dem Auto auf den Parkplatz ein, die zur Schule seiner Tochter führte. Im Regen spielten drei Kinder mit bunten Gummistiefeln und Regenjacken ein Fangenspiel und helles Gelächter vertrieb die kühlen Schatten der herbstlichen Regenwolken. Leider drang die Wärme nicht bis durch das Glas der Fenster.

Das rechte Vorderlicht seines alten roten Autos flackerte schon wieder. Thomas seufzte müde. Er trug noch die Barista-Schürze mit warmer Jacke darüber und seine alten roten Converse-Schuhe. Nachdem er geparkt hatte, öffnete er mit leichten Schwierigkeiten die Autotür und entfaltete einen mit Zeichentrickdinosauriern bedruckten Regenschirm, um sich vor dem Regen zu schützen. Heute Morgen hatte er seinen und Fionas Regenschirm verwechselt, aber es war schön, Teil seiner Tochter mit zur Arbeit zu nehmen. Und gleichzeitig erinnerte es ihn an all die Dinge, in denen er als Vater versagte.

Der Platz vor der Schule war schon recht leer – sein Chef hatte ihn wieder aufgehalten. Er war spät. Es dauerte nicht lange, bis Thomas seine Tochter gefunden hatte. Sie saß auf ihrer Lieblingsbank unter einem großen Baum. Mit einer Hand hielt sie selbst einen Regenschirm, mit der anderen hielt sie ein Buch, auf welches ihre Augen gerichtet waren, und sie las konzentriert.
“Fiona! Fiona, komm, wir gehen nach Hause.” Jetzt erst merkte Fiona, dass Thomas angekommen war. Ihr Gesicht leuchtete auf. Sie verstaute ihr Buch vorsichtig in ihrem blauen Rucksack, rückte die runde Brille zurecht und hielt ihren Regenschirm gut fest. “Hallo Paps.“ Sagte sie leise und streckte den Arm aus, um Thomas Hand zu nehmen.

“Wie war es denn in der Schule heute?” Fragte Thomas, als sie gemeinsam im trockenen Auto saßen und der Motor anlief. Fiona hatte ihre Tasche in den Fußraum gestellt und zog ihr Dinokuscheltier – es hieß Merlin – aus der Seitentür. Seit Thomas das alleinige Sorgerecht hatte, gab es keinen Grund, weshalb sie auf der Rückbank sitzen würde. Das neue Auto hatte ohnehin keine. “Wir haben im Sachunterricht über Kinder aus Indien, Asien und Südamerika geredet. Frau Lammert wusste nicht, ob die auch Dinosaurier mögen. Dafür aber, dass manche mit dem Boot zur Schule fahren.” Berichtete Fiona lächelnd. Sie blickte schon bald fasziniert aus dem Fenster, beobachtete den Regen, der gegen die Scheiben trommelte, und hielt ihr Kuscheltier ganz fest im Arm.

Fiona war gerade in die zweite Klasse gekommen. Und natürlich war das nicht, was Thomas mit der Frage gemeint hatte. Er war besorgt, weil seine Tochter viel zu sehr nach ihm selbst kam. Thomas war genauso gewesen. Still, schüchtern, mit Brille und Büchern. Nur hatte er ständig über Piraten oder Pferde und nicht über Dinosaurier geredet. Dementsprechend war seine Schulzeit keine schöne Erfahrung gewesen. Thomas wusste nicht, inwiefern sich die Zeiten geändert hatten. Er zumindest bekam auf den Elternversammlungen schiefe Blicke, wenn die anderen Mütter hörten, dass er alleinerziehend war.

Bald waren sie in ihrem gemeinsamen kleinen Apartment angekommen. Schnell wurde es spät und Thomas war sowieso erschöpft von seiner späten Schicht. Er war froh, dass die Schule eine Nachmittagsbetreuung anbot. Fiona hatte es sich schon in ihrem kleinen Zimmer gemütlich gemacht und Thomas war gerade mit dem Abwasch fertig geworden. Die Sonne war längst untergegangen, aber der Regen prasselte immer noch gegen die Fenster.

Er ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer und die Küche wandern. Es war unordentlich. Es war nicht wirklich Zeit, gründlich aufzuräumen. Am liebsten hätte er sich schon schlafen gelegt und auf die morgige frühe Schicht im Café vorbereitet.

Später saß Thomas natürlich wie immer auf Fionas Bettkante und klappte das Buch zu, welches er vorgelesen hatte. Er nahm die warme Decke und seine Tochter war schon eingeschlafen, als er sie behutsam zudeckte. Im Dunkeln blieb Thomas noch eine Weile sitzen und starrte Fionas Hausaufgaben an, die sie ausgefüllt, aber offen liegen gelassen hatte. Dort stand: Was willst du mal werden, wenn du groß bist? In welche Länder willst du reisen?

Ziemlich große Fragen für die zweite Klasse, seiner Ansicht nach. Wenn er darüber nachdachte, konnte er selbst keine Antwort darauf finden. Wovon hatte Thomas geträumt, als er jung war? Sicher nicht davon, ein Alleinerziehender Vater zu sein. Sicher nicht davon, in einem Café am Rand der Stadt arbeiten zu müssen, um über die Runden zu kommen. Er hatte alles richtig gemacht im Leben - Schule, Studium, dann Heirat - aber trotzdem war er nun hier. Und wenn man den Fakten denn ins Auge blickte: Er war – bis auf Fiona – komplett allein.

Was, wenn auch seine Tochter ihre Träume nie umsetzen konnte? Thomas blickte auf die Antwort der ersten Frage, „Paläontologin“. Seine Brust zog sich zusammen, als er dachte, dass sie dieses Ziel vielleicht niemals erreichen würde. Früher hatte er an Träume geglaubt. Er wäre nie so grausam, Fiona zu entmutigen, diese Gedanken laut auszusprechen, aber was, wenn sie doch auch irgendwann endete wie er? Wenn ihm irgendetwas geschah? Ohne Familie in einer riesigen, unbarmherzigen Welt gestrandet? Mit einem abgebrochenen Studium in einer gerade so bezahlbaren Wohnung leben?

Thomas hatte sich früher eine große Familie gewünscht, hatte aber das Gefühl, auf ganzer Linie als Vater zu versagen. Er war immer erschöpft. Die Welt, die er für Fiona wollte, existierte nicht. Sie würde nie Thomas Vision für ihre Kindheit kennenlernen. Er würde ihr nie helfen können, ihre Träume zu verwirklichen. Eine einsame Träne schlich sich aus seinem Augenwinkel und er verließ mit zitternden Händen schnell den Raum, bevor Fiona davon aufwachte.

Chapter 3: At Sunset

Summary:

Prompts:
Something witnessed a sunset - ambition - scarf

Chapter Text

Hochachtungsvoll,
Flora Menalis

Vorsichtig vollendete Elara die letzten Kurven der Unterschrift, die nicht ihr gehörte, und starrte auf das Pergament, als die dunkle Tinte trocknete. Wer hätte gedacht, dass ihre Fähigkeit, Handschriften zu fälschen, noch einmal so nützlich sein würde. Ein kalter Wind zog durch das halb geöffnete Fenster und ließ die Flammen der Kerzen, die den Raum in ein dunkles Licht tauchten, flackern. Die Schatten hatten etwas durchaus Ominöses an sich.

Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis ihr Plan ins Rollen kam. Vor Elara lag eine perfekte Kopie der Handschrift von Flora. Sie ignorierte jegliche Gewissensbisse, als ihr Blick auf die originalen Schriftstücke aus Floras Feder fiel, die vor ihr lagen. Liebesbriefe. Von ihr… an den Erben dieses Reiches. Die Tinte trocknete zu einer perfekten Täuschung, aber Elara verspürte keine Reue für ihre Tat, nur bittere Entschlossenheit. Zumindest redete sie sich das erfolgreich ein.

Elara hatte die Gesellschaft von Flora in den letzten Monden zugegebenermaßen… genossen. Aber so etwas Lächerliches wie Freundschaft war nicht von Dauer. Es war eine Illusion zu glauben, nicht früher oder später vergessen und weggeworfen zu werden, wie es immer geschehen war.

Ihr Gewissen versuchte ihr mit letzter Kraft, ihre Tat auszureden, sie mit Vertrauensbruch anzuklagen, aber Elara war davon überzeugt, dass alles, was Flora ihr je entgegengebracht hatte, bloß Schauspiel gewesen war. Pah- Vertrauen. Sie hatten sich nur kennengelernt, weil sie um die Aufmerksamkeit des gleichen Prinzen rangen. Nur Macht zählte letzten Endes, und Elara war bereit, dem Schicksal nur ein wenig nachzuhelfen, um sie zu ergreifen. Es hätte ohnehin immer sie sein sollen.

Mit geübten Handgriffen faltete und versiegelte Elara den Brief mit schwarzem Wachs und dem Stempel des Hauses Menalis. Sie legte ihren Mantel und Schal an, um sich vor der kalten Brise draußen zu schützen. Der Schal – ein Geschenk des Prinzen. Elara war sich sicher, sie würde seine zweite Wahl sein. Es war Zeit, endlich ihren rechtmäßigen Platz einzunehmen. Mit zusammengebissenen Zähnen öffnete sie die schwere Holztür ihrer Gemächer und verschwand im kalten Flur.

Noch im Laufe des Abends bekam Elara informelle Post aus dem Königshaus. Verabredung bei Sonnenaufgang. Eine getrocknete Träne verfärbte das schwere Pergament, und Elara wurde bewusst, dass es nun kein Zurück mehr gab. Das Gefühl des Triumphs würde später… sicher noch kommen. Richtig?

Chapter 4: Hedgehogs

Summary:

Prompts:
A thin Jacket - Jealousy - Hedgehog

Chapter Text

“Määhhhh. Bahhh!” Jamie stand, mit den Händen in seiner dünnen Jacke verborgen, vor einem niedrigen Holzzaun und starrte ein Schaf an. Ganz richtig gehört - ein Schaf. Ja, er kam sich dabei auch ein bisschen blöd vor. Auf jeden Fall hielt das Schaf vehementen Augenkontakt, also starrte Jamie ebenso stur zurück.

Seine Schritte hatten ihn über Wiesen und Felswege geführt bis zu genau einem Zaun, der an Wald und Feld grenzte. Seine Eltern stritten sich schon wieder und er war lieber gegangen, als dazwischen zu geraten. Da war ihm sogar ein Schaf als Gesellschaft lieber. Im Nachhinein bereute Jamie es nur, keine wärmere Jacke mitgenommen zu haben. Der Herbst brachte die ersten kalten Winde mit sich.

Als Jamie so in die eckigen Pupillen des Schafes starrte, erinnerte er sich daran, wie er früher mit seiner Mutter einen Drachen steigen gelassen hatte, sobald der Wind aufgefrischt war. Die Erinnerung hatte sich hartnäckig in seinem Gehirn festgeklammert und stimmte ihn inzwischen nur noch traurig. Um ehrlich zu sein, stieg auch etwas Bitterkeit in ihm auf.

In den letzten Tagen hatte Jamie diesem Schaf mehr Aufmerksamkeit geschenkt als allem anderen, nicht, dass es sonst viele Personen gab, die seine Aufmerksamkeit wollten – genau zu diesem Zaun, genau zu diesem Baumstumpf, der davor stand, und zu genau diesem Schaf war er immer wieder zurückgekehrt. Er wusste nicht, was ihn so an dem störrischen Tier faszinierte. Vielleicht weil es ebenso einsam war wie er. Das Schaf fand ihn wenigstens interessant genug, um ihn anzustarren. Ein großer Bereich der Wiese war für die Tiere eingezäunt, aber Baahbara – Jamie hielt sich schon für sehr witzig, ja – stand immer hier, am Zaun, und war immer allein.

Vielleicht fanden die anderen Tiere der Herde ihren Blick etwas verstörend, dachte Jamie, als er sich im Gras niederließ und an der Rinde des einsamen Baumstumpfes anlehnte. Ihm machte das nicht viel aus. Seiner Ansicht nach hatten Baahbara und er viel gemeinsam.

Die Schatten der nahen Bäume wurden immer länger, als die Sonne langsam hinter den Hügeln verschwand. Die Luft wurde kälter und Jamie zog seine Jacke fester. Noch dachte er nicht daran, zurückzukehren. Baahbara hatte irgendwann angefangen zu grasen, dachte aber scheinbar nicht daran, sich groß von der Stelle zu bewegen. Wo Jamie so darüber nachdachte, musste er leise lächeln. Es war ziemlich seltsam, sich mit einem Schaf besser identifizieren zu können als mit allen anderen Menschen, die er je getroffen hatte.

Wenigstens passte das zu der Perspektive, die wohl alle anderen von ihm hatten. Jamie fühlte sich eigentlich immer allein. Auf den ersten Blick war das Schwachsinn, er hatte doch Eltern und Freunde in der Schule? Sei doch einfach fröhlich! Das stimmte, bis herauskam, dass seine Eltern ihn doch lieber ignorierten und seine “Freunde” ihn duldeten, statt wirklich Interesse an ihm zu haben. Er war immer ein bisschen “zu viel”, zu laut, mit zu starkem Wunsch, seine eigenen Interessen zu teilen. Es waren unscheinbare Dinge. Statt mit ihm zu lachen, wurde Jamie meistens ausgelacht.

Oder lag es daran, dass er sich einfach falsch ausdrückte? Jamie hatte kein großes Talent für Gespräche. Ja, das war wahrscheinlich das Problem. Oft machte er sich selbst etwas vor und ignorierte diese Gefühle der Einsamkeit einfach, nur war das Problem, dass sie immer wieder zurückkamen. Jamie zog seine Knie an seinen Körper und die Welt geriet in Schieflage, als er seinen Kopf auf den Knien ablegte.

Das Gold am Himmel wich inzwischen einem tiefen Blau, da erregte ein Laubhaufen Jamies Aufmerksamkeit. Er machte Geräusche. Bisher hatte Jamie die Baumkronen beobachtet, das Licht des Sonnenuntergangs und den einen oder anderen Vogel, der über den goldenen Himmel flatterte. Jetzt guckte eine kleine, schwarze Nase zwischen den hinabgefallenen Blättern hervor. Dazu gehörte ein kleines Wesen mit braunen Stacheln und vier Beinen.

Ein Igel? Nein, drei Igel krabbelten aus dem Laub und Jamie hielt so still wie möglich, als sie sich mit ihren niedlichen schwarzen Augen umsahen. Eine kleine Igelfamilie. Wie… süß. Er fühlte sich schon wie eine richtige Disney-Prinzessin. Bald würden sie bestimmt Winterschlaf halten oder alternativ anfangen zu singen. Jamie wusste nicht, ob es Sehnsucht oder Eifersucht war, die er verspürte, als er daran dachte, wie die kleinen Wesen sich sechs Monate lang zusammenkuschelten und einfach Auszeit nahmen.

Vielleicht waren die Igel ja nicht einmal verwandt. Vielleicht hatten sie nur mehr Glück dabei, richtige Freunde zu finden. Sie hatten Wärme und Nähe und wahrscheinlich die gleichen Interessen. Das Leben als Igel war sicher nicht kompliziert. Jamie wandte den Blick ab und musterte seine Hände. Die Spitzen seiner Finger waren rot von der Kälte, die sich inzwischen bis in seine Knochen geschlichen hatte. Wann war eigentlich das letzte Mal, dass er jemanden umarmt hatte?

Jamie schnaubte. Eine Menge deprimierender Gedanken für einen kalten Herbstabend. Als die Sonne gänzlich hinter dem Horizont verschwand und die Igel sich längst aus dem Staub gemacht hatten, rappelte er sich wieder auf und streckte seine steifen Glieder. Er warf sogar Baahbara einen letzten Blick zu. Fast hätte er sich gar nicht verabschiedet. Aber Schaden tat es ja auch nicht, nur für den Fall, dass Baahbara in Wahrheit ein verfluchter Prinz war. Man konnte ja nie wissen. “Na dann. Guten Hunger noch. Ich hoffe, du vermisst mich nicht zu sehr.” Seine Stimme klang ein wenig rau. Er hatte aber nicht geweint, oder?

Baahbara nickte ihm kurz zu und wandte sich dann wieder ihrem dritten oder vierten Abendbrot zu. Jamie steckte die Hände in seine Jackentaschen und machte sich wohl oder übel auf den Weg nach Hause.

Chapter 5: Full Moon

Summary:

Prompts:
A ladder - Forgiveness - Full Moon

Notes:

Uhhh also ich weiß nicht genau, wie das so ausgeartet ist, aber Warnung für Blut und Tod, ig? Nichts detailiertes, aber ich sollte wahrscheinlich die Tags updaten lol

Chapter Text

Gabriel war sich sicher, dass seine Muskeln gleich reißen mussten, doch er zog sich mit zittrigen Händen die Leiter schneller und schneller hinauf. Es war alles seine Schuld. Tränen der Wut und Angst rannen seine Wangen hinab. Emery, Emery, Emery,… Der Name war alles, woran er denken konnte. Das eisige Licht des Vollmondes brannte in seinen Lungen und der Wind zerrte wütend an seiner Rüstung. Hier sollten weder Wind noch Vollmond existieren, dachte er panisch, und sein Herz klopfte nicht mehr - es raste.

Gabriel stolperte nach Sekunden, die sich wie Stunden und Tage anfühlten, mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden, und die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst. Er brach neben dem endlosen Abgrund zusammen. Tränen und Blut mischten sich auf seinem Gesicht und der metallische Geschmack erfüllte seine Sinne. Das Mondlicht brannte auf seinem Gesicht. Das panische Verlangen nach Emery, Emery, EMERY,… dröhnte in seinen Ohren.

“Du denkst, du kannssszzzt mich aufhalten?” Ein irritierendes, kreischendes Lachen hallte von den Wänden der Höhle wieder, dessen Ausmaße im Nebel nicht zu erkennen waren. Sie mussten noch unter der Erde sein. Gabriel durfte keine Pause einlegen, er drehte den Kopf, und, und… erstarrte für einen Moment.

“Bist du gekommen, um zzuzusehen? Dann wirst du der Erste sein, der sich vor mir verbeugt. Dank dir habe ich die letzte Zzzzzzutat! Für die Macht!” Die zischelnde Stimme kam aus einer furchterregenden Kreatur, die im Entferntesten an einen Menschen erinnerte. Ein Dämon aus Schatten mit tiefschwarzer Haut und blutroten Kugeln statt Augen. Er entsprang eher einem Albtraum als irgendjemandes Vorstellung von Realität. Die Stimme echote von den Steinwänden, deren Ausmaß sich irgendwo im Nebel verlief.

“Stopp!” Schrie Gabriel heiser und kam schwankend wieder auf die Beine. Er hob seine Hände, “Selkor, leite mich! Hilf mir!”, aber die Magie antwortete nicht. Nicht mal ein Flackern erschien in seinen Handflächen und Gabriel stolperte wieder zu Boden. Schatten peitschten durch die Höhle und erstickten alles Licht. Er hatte alles riskiert, weil er Emery schützen wollte. Alles war seine Schuld.

Die bittere Ironie an ihm nicht verloren – Emery würde für immer geschützt sein, wie es ihm versprochen worden war. Niemand anderes würde ihm etwas anhaben können. Aber seine Seele wäre verwandelt. Verloren. Emery verdiente es zu leben. Instinktiv griff Gabriel an seine Brusttasche und bestätigte damit, dass die beiden Phiolen nicht zerbrochen waren und noch vor Energie pulsierten.

“Tzzzzzzz- dummer Junge. Willst du wirklich risszzzkieren, dass sich die Götter noch einmal einmischen? Selkor? Sie ist doch gerade schuld an deiner Misszzere! Sssschutzss, dass ich nicht la- haha- che! Duuu bist ssschuld! Ich szzollte mich bedanken!” Die Kreatur hieb zweimal mit ihrem Stab auf den steinernen Boden ein. Ein ohrenbetäubendes Knacken übertönte das Echo der verstörenden Stimme und Risse teilten den Boden, ausgehend von einem Ritualkreis, mit Blut auf den blassen Stein geschmiert. Die Schatten gaben eine Gestalt frei, die prompt in kaltes, silbernes Licht gebadet wurde. Emery blickte hypnotisiert zum Mond auf, aber wenigstens er war noch da. Es war nicht zu spät. Es durfte nicht zu spät sein.

“Emery.” Gabriel atmete hastig und kam ein zweites Mal zurück auf die Füße. Er stürzte vorwärts und beschwor mit aller restlichen Kraft das Schild seiner Göttin. Nur ein paar Schritte. Nur bis zu Emery.

“Nein! Es ist Tttzzzzeit!” Die Kreatur begann erbost zu kreischen, schleuderte Gabriel davon und rückte den falschen Vollmond mit einem Wedeln seines Stabes in die richtige Position. Ein Chor uralter Beschwörungen drang aus allen Ecken der Höhle und wurde immer lauter… und lauter…

Dann floss mehr Silber in die Höhle. Alles wurde mit dem Geräusch von Metall auf Metall und dem Sirren von Pfeilen erfüllt. Wer das war? Eine Ablenkung. Egal - Gabriel unterdrückte den Schwindel, der ihn überfallen hatte; er musste jetzt Emery retten. Um jeden Preis. Was war der Preis? Seine eigene Seele. Aber er war bereit die Schuld seiner Fehler auf sich zu nehmen. Gabriel sprintete los.

“Bleib zurück, Junge! Du wirst sterben!” Gabriel tauchte unter der Hand hindurch, die ihn zurückhalten wollte. Nur rechtzeitig, um mitzuerleben, wie Emerys Körper sich vor seinen Augen krümmte und ein stummer Schrei der Qual über seine Lippen kam. Gabriels Herzschlag donnerte in seinen Ohren. Ranken aus kaltem Mondlicht umschlangen Emerys Gestalt und seine Haut wurde aschfahl. Erfüllt von Horror sah Gabriel, wie schwarzes Fell seinen Körper umrahmte. Emerys Finger wurden zu Klauen und sein Gesicht zu einer toten Grimasse. Er war zu spät. Zu spät. Nein.

Als der Schock ihn einholte, stolperte Gabriel schon wieder, doch bevor er am Boden ankam, hatte das Monster ihn von den Füßen gerissen. Innerhalb einer Sekunde standen sie gemeinsam am Abgrund, den Gabriel erklommen hatte. Er starrte hilflos ins Gesicht des Monsters und eine Welle der Panik überrollte ihn. Dann… Die Augen. Es waren dieselben Augen. Ein Zittern durchfuhr das Monster, nein, Emery, er musste da noch irgendwo drinstecken! Als Gabriel losgelassen wurde, sank er zitternd auf die Knie und griff nach Emerys klauenbesetzten Händen. Emerys neue, schwarz-weiße Gestalt zitterte ebenfalls, scheinbar unfähig zu sprechen und vor Schmerzen gekrümmt. Sein Blick driftete langsam fort und die Augen verwandelten sich in grässliche, rote Vollmonde.

“Nein, geh nicht, hör nicht zu. Bleib bei mir. Es tut mir leid, es… es tut mir so leid. Trink das. Ich muss deinen Platz einnehmen, bitte!” Flehte Gabriel und holte die zwei Phiolen hervor. Die tiefblaue Flüssigkeit pulsierte vor Energie. Das Kreischen des Dämonen kam näher und näher, als er sich durch die fremden Krieger kämpfte; es war nicht mehr viel Zeit. “Bitte!”

Emery schlug Gabriel mit einem animalischen Knurren den Trank aus der Hand und griff nach seinem Gesicht. Warmes Blut sickerte zwischen den Krallen hervor. Glas zersprang auf dem Boden und die Flüssigkeit sickerte in den Stein. “Nein, nein.” Wisperte Gabriel verzweifelt und versuchte, danach zu greifen, bekam aber nur Emerys Arme zu fassen.

Und dann stand die Zeit still.

Alles wurde von einer schmerzhaften Stille verschluckt, nur das Pochen in Gabriels Kopf blieb. Vor ihm, in der unnatürlichen Ruhe, zitterte Emery. Etwas Menschliches kämpfte sich durch die grauenvolle Fassade und seine Augen nahmen für einige finale Momente wieder ihren wahren Grünton an. Und Gabriel erkannte ihn hinter dem Gesicht des Monsters, zu dem er ihn gemacht hatte. Wieder die Augen. Die Augen waren dieselben. Emery offenbarte einen Mund voller scharfer Zähne und brachte mit aller Mühe Worte heraus. Die Stimme klang kaum noch menschlich.

“Ich vergebe dir. Ich liebe dich.” Für einen schwindenden Moment vereinten sich ihre Blicke ein letztes Mal. Gabriel blieb zitternd und blutend am Boden zurück.

Emery trat einen Schritt zurück und taumelte in den Abgrund.

In Gabriels Kopf hallten nur noch drei Worte nach.
Ich vergebe dir.