Chapter 1: Let’s start with Arashi
Summary:
Yaku war nicht immer aggressiv. Er war nicht immer so leicht aus der Haut gefahren, wenn jemand anderer Meinung war und er reagierte nicht schon immer allergisch auf Worte zu seiner Körpergröße. In der Mittelschule gehörte er sogar zu den großen Jungs. Und wäre da nicht irgendwann der Wachstumsschub gekommen, hätte es diese Wendung vielleicht nie gegeben. Alle seine Freunde und Teamkollegen wuchsen ihm über den Kopf. Sogar einige der Mädchen und das wurmte ihn wahnsinnig. Aber Yaku war mehr als seine Körpergröße: Er war ein Ausnahmelibero schon im jungen Alter, war gut in der Schule und hatte ein großes Herz für Tiere. Allen voran Katzen. So auch für diesen einen speziellen Streunerkater. | YakuOC | Prequel | YakuLev | Next Upload: 15.09.2024
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Es war diese Woche im dritten MIttelschuljahr, in dem sie eine Highschool auswählten und die dafür vorgesehenen Tage nutzten. Für Yaku war die Wahl schnell auf die Nekoma gefallen, dass er nun mit einem Mitschüler auf der Tribüne saß und ein Trainingsspiel des Volleyball Clubs beobachtete. Er wollte immer schon wegen dem Trainer auf diese Schule gehen, er hätte gar nicht ‘schnuppern’ müssen, aber er sah natürlich gerne einen Teil seines zukünftigen Teams spielen.
In einer Pause lauschte er dem Gespräch in der Reihe vor ihnen. Es ging um Tiere und deren Bösartigkeitslevel je kleiner sie waren. Yaku schnaubte bereits, aber nutzte die dumme Unterhaltung für sein Amüsement.
“Terrier zum Beispiel” - “Naja, allgemein kleine Hunde, Chihuahuas sind schrecklich aggro” - “Oh und kennst du diese Wildkatze? Also die kleinste Wildkatze der Welt? Die hat den höchsten Killlevel ever. Die ist sicher total bösartig” und dann machte sein Kollege einen folgenschweren Fehler. Er lehnte sich nach vorne zu den Jungs. “Habt ihr Yaku schon kennengelernt?”, fragte er und deutete mit dem Daumen zu seiner Rechten, wo Erwähnter bereits drohte, wie eine Bombe Handgranate hochzugehen.
“Daisho, du Schlange”, knurrte Yaku und sprang auf, seinen Mitschüler zu rempeln und ihm gegen das Schienbein zu treten. Nicht ohne dabei noch den ein oder anderen Kraftausdruck zu verwenden, dass den Nekomaschülern vor ihnen die Augen fast rausfielen.
Da drehte sich plötzlich jemand zu Yaku und Daisho um, der in die Unterhaltung bisher nicht eingebunden war. Seine Haare hatten einen warmen Blondton und seine Augen strahlten mit ihrer smaragdgrünen Farbe auch bei absoluter Stille exakt Yakus Reaktion aus.
“Ihr Jungs seid echt das Letzte”, sagte er schnippisch und stand auf. Yaku erkannte, dass der Junge auch zu der kleineren Sorte gehörte und das obwohl er der Uniform zu Folge bereits auf die Highschool ging. Alle Köpfe wandten sich zu ihm um. “Du bist auch ne ganz eigene Kategorie von bösartig”, gab einer der Nekomajungs bei. “Ihr seid halt auch so einfaches Futter”, lachte der mysteriöse Junge und blieb mit seinem Blick auf Yaku hängen.
“Hey, du siehst nicht so aus, als würdest du dir das Affentheater noch länger mit denen geben wollen. Komm mit”, forderte er. Yaku blinzelte überrascht. Mit dem Finger deutete er ungläubig auf sich und bekam ein Nicken zur Antwort.
“Ich bin Arashi, der Nachname tut nichts zur Sache", stellte er sich am Gang vor und Yaku tat es ihm gleich. “Morisuke Yaku” Ihm wäre es recht gewesen, würden sie sich mit dem Nachnamen ansprechen. Denn “Oh! Darf ich Mori-chan sagen?”, gefiel ihm gar nicht und das brachte er auch direkt zum Ausdruck. Stampfend und schnaubend. Arashi schmunzelte. “Ich mag dich, du hältst deine Emotionen nicht zurück und… wir Kleinen müssen zusammenhalten”, sagte er und boxte ihm gegen den Oberarm. Eine Geste, die Yaku noch nie besonders gerne mochte, aber mit dem angebotenen Zusammenhalt und Arashis Ausstrahlung, war es gar nicht mehr so schlimm.
Arashi interessierte sich auch aufrichtig für ihn. Er fragte, warum er hier war, denn die Schulzugehörigkeit konnte er deutlich ausschließen. “Und dein Kumpel? Kommt der auch hier her?”, fragte er. Yaku schüttelte energisch den Kopf. “Ich hoffe nicht, er hat noch Nohebi in der engeren Auswahl”. Arashi lachte. “Ja, soll er dorthin und du kommst zu uns. Dann hast du mich schon als deinen ersten Verbündeten und Freund”, schlug er vor. Yaku wurde lockerer und nickte mit einem milden Lächeln, denn auch das hatte er im Repertoir.
“Du bist nicht im Volleyball Club, oder?", fragte Yaku. Es war wirklich ausgeschlossen, denn sonst wäre Arashi nicht auf der Tribüne gewesen. Die Reaktion hätte dafür nicht abweisender sein können. “Niemals! Ich hab mit Volleyball nichts am Hut”, antwortete er und Yaku hob skeptisch die Augenbrauen. “Warum warst du dann beim Trainingsspiel?” - “Man hat als Schulsprecher Anwärter einfach gewisse Pflichttermine”, erklärte er, dass er sich im nächsten Jahr - wenn er dann in die zweite ging - zum Schülersprecher aufstellen lassen wollte und dass es da gut ankam, wenn man sich bei den Spielen, Bewerben und Aufführungen der Clubs blicken ließ.
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Yaku und Arashi haben Handy-Nummern ausgetauscht und standen weiter in Kontakt. Wenn es die Schule erlaubte, saß Yaku mit Arashi auf der Tribüne der Nekoma Oberschule und beobachtete mit ihm verschiedene Spiele. Volleyball, Basketball. Zum Fußball saßen sie draußen. Als sie das Schwimmteam beobachteten, wurde Yaku schnell rot um die Nase, weil Arashi hervorhob, wie hübsch anschmiegsam die Badeanzüge der Mädchen waren.
“Fühlst du dich nicht wie ein Creep, wenn du hier sitzt und nur zusiehst?”, fragte Yaku, aber Arashi schüttelte den Kopf. “Ne, ich versteck mich ja nicht oder lauf rot an im Gesicht”, lachte der Ältere und trieb damit die Farbskala höher. Aus dem Augenwinkel sah Yaku das freche Grinsen seines Kumpels, was ihn knurren ließ. Eine plötzliche Berührung auf seiner Hand aber ließ jegliche Regung und Vertonung einhalten. Yakus Atem stockte. Seine Augen fixierten Arashis Hand auf seiner und auch sein Herz schien auszusetzen.
“Wir könnten auch rumknutschen, dann ist klar, dass wir nicht wegen den hübschen Mädchen und der nackten Haut hier sind”, säuselte er und lehnte sich auch schon zu ihm rüber, doch Yaku sprang auf. Er entriss ihm seine Hand und baute ausreichend Abstand auf. “Bist du wahnsinnig?”, fragte er empört, unbedacht der Lautstärke und, dass er nun erst recht die Aufmerksamkeit auf sie lenkte. Arashi zuckte mit den Schultern, verschränkte die Arme im Nacken und lehnte sich auf dem Sessel zurück, den Blick wieder zum Pool gerichtet. “Man hat mir schon Schlimmeres vorgeworfen”, wich er aus. Yaku blieb stehen und musterte Arashi. Eigentlich sprach nichts an ihm dafür, dass er schwul war. Auch ihre Freundschaft war bis auf diesen einen kurzen Moment alles andere als schwul. Sie hingen ab, lachten und machten sich über andere lustig. Aber sie analysierten auch und haben nicht nur einmal über das ein oder andere Mädchen gesprochen und Arashi flirtete auch ganz offensichtlich mit ihnen. Mit den Mädchen! Nicht mit Yaku. Niemals mit Yaku.
“Ach komm schon, das war n Scherz. Setz dich wieder hin und chill”, sagte Arashi. Er klappte den Sessel neben sich herunter und deutete zusätzlich, aber Yaku schüttelte den Kopf. “Ich sollte langsam heim, die Hausaufgaben machen sich nicht von alleine und ich muss auf die Zwillinge aufpassen, wenn meine Eltern zur Einschulungsbesprechung gehen”, sagte er und war schneller weg, als Arashi ein Gegenargument liefern konnte.
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Die Einschulung betraf Yakus jüngere Brüder, die im Frühjahr mit der Grundschule anfingen. Seine kleinen Brüder, für die er stets der Größte war und die zu ihm auf sahen und die später genauso cool sein wollten wie er. Sein ganzer Stolz. Deswegen waren die Abende, wo er mit ihnen alleine war und als großer Bruder auch in der Erziehung beisteuern konnte, mit die besten.
Nur dieses Mal war er irgendwie abwesend. In Gedanken saß er immer noch neben Arashi und beobachtete die süßen Schwimmerinnen. Nein, seine Augen lagen nicht auf den Mädchen. Sie waren auf Arashi fixiert. Auf seinen sommerblonden Haare, die im Wind tanzten und die grünen Augen, die jedem seiner Sätze eine ganz eigene Energie mitgaben und auf seinen Lippen, die er ihm angeboten hat zu küssen. Um nicht aufzufallen! Dumm. Zwei Jungs, die sich küssten, würden nur noch mehr auffallen und Yaku würde sich noch spezieller fühlen. Klein und schwul? Dieses Laster könnte er nicht tragen. Außerdem waren die Mädchen doch hübscher, nicht wahr?
Er hatte zu Arashi einfach nur eine besonders enge Freundschaft, dass er sich bei ihm wohl und gut aufgehoben fühlte und das Bauchkribbeln, das er nun hatte, weil er weiterhin so fixiert auf die Lippen vor seinem geistigen Auge war, war bestimmt die Abneigung. Übelkeit, weil das nicht normal war. Yaku hat so ein Bauchkribbeln noch nie gehabt, aber er war eben auch noch jung. Auf der Mittelschule gab es genau ein Pärchen, mit dem er auch befreundet war und das waren Daisho und Mika. Mika war ein hübsches Mädchen und er bedauerte, dass sie an Daishos Seite war, nicht aber weil er lieber Mikas Freund gewesen wäre, sondern weil Daisho eine Schlange war.
In der Nebenklasse gab es auch noch ein Pärchen. Ein Junge und ein Mädchen und die waren richtig süß zusammen. Aber Yaku beneidete sie nicht darum. Für ihn war das unwichtig und dennoch konnte er sich nun nicht einmal mit dem Anime, den er mit den Zwillingen schaute, ablenken.
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Arashis Vorschlag war es irgendwann nicht mehr, was ihn so fertig machte. Es war die Tatsache, dass es nicht das Schlimmste war, was er sich vorstellen hätte können. Oder auch, dass er sich fragte, was er anziehender fand: Die weiblichen Rundungen in einem Bikini-Oberteil oder Arashis blanken Oberkörper unter dem Hawaiihemd, das dieser im Sommer getragen hat. Am Verwirrendsten war es für ihn, dass ihm der Aufklärungsunterricht nichts gab. Während ein Teil seiner Klassenkameraden blöde Witze machte, weil andere sich weigerten aufzustehen, sichtlich eine Reaktion zu verbergen und gehörte er weder zu den Witzbolden wie Daisho, noch zu denen mit dem Aufstehproblem.
In der Entwicklung junger Menschen gab es aber auch nicht für jeden denselben Fahrplan. Jeder war unterschiedlich, manche noch mehr als andere und dennoch brüllte er Arashi eines Tages an.
“Ich bin nicht schwul, okay?!” Der Blonde starrte ihn verdattert an. Sprachlos hat Yaku ihn wahrlich noch nie gesehen. Praktisch hatte er immer irgendeinen Konter auf den Lippen. Ähnlich wie Daisho, nur gewiefter und von weiter oben herab, als sein großer Noch-Mitschüler das je machen könnte.
“Okay”, sagte er nach einer kurzen Pause und steckte schnell die Hände in die Hosentaschen. Da war es urplötzlich mit dem Selbstbewusstsein geschehen, dass sich Yaku wunderte. “Aber du auch nicht, oder?”, fragte er deswegen, aber Arashi lachte verhalten. “Dachte, das wäre eindeutig genug… Deswegen machts niemanden was, wenn ich alleine den Mädchen zusehe und mich danach mit ihnen unterhalte. Der Kapitän vom Volleyball Club hat mal gesagt, ich wäre das Schwulste, das er je gesehen hat”
Nun wusste Yaku auch, warum Arashi ausgerechnet mit dem Volleyball Club am wenigsten zu tun haben wollte.
Es wurde unweigerlich komisch zwischen den Beiden, aber für Yaku fiel Mal um Mal ein weiterer Groschen, wenn er erkannte, wie Arashi sich gab. Ob es die übermäßigen Handgesten waren. Die Art und Weise, wie er sich durchs Haar ging, wenn er lachte oder, dass seine Stimme auch manchmal diesen Klang hatte, wie man es von überzeichneten schwulen Charakteren aus Film und Serie kannte. Es war, als zerschellte der Inhalt eines gesamten Küchenkabinetts in seinem Kopf als ihm bewusst wurde, wie schwul sein Kumpel eigentlich war und ein weiteres ging zu Bruch als ihm klar wurde, dass das Kribbeln in seinem Bauch keine Übelkeit war, sondern Schmetterlinge, die sich nun auf sein Gemüt legten, weil er Arashi in den Ferien vor dem Schulwechsel sehr wenig gesehen hat. Einerseits war er selbst mit seiner Familie auf Urlaub gewesen und Arashi ausgerechnet danach mit seiner gesamten Familie weg. Richtig lange, als wäre der Schülersprecher Anwärter aus gutem Haus. Aber das hatten sie eigentlich nie angesprochen. Zwar hatte Arashi einen exquisiteren Geschmack als andere in ihrem Alter, aber Yaku hat das nach der Erkenntnis mit seinem Schwulsein abgestempelt und sich gefragt, ob er das nicht auch haben sollte. Blödsinn, denn auch unter Homosexuellen gab es Unterschiede! Sehr viele sogar.
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Als Arashi am Ende der Ferien wieder zurückkam, war er braun gebrannt und das obwohl es März war. “Und das hab ich dir mitgebracht, ich hoffe, es ist nicht zu schwul für dich”, lachte er und überreichte ein echtes Hawaii-Hemd aus Hawaii. Rot mit weißen Aloha Blumen. Yaku lachte. “Nein, es ist nicht zu schwul und… ich hab nachgedacht”, sagte er und nestelte dabei nervös über und durch den Stoff. Er neigte den Kopf etwas höher, weil Arashi über die letzten Wochen sicherlich einen Wachstumsschub von zehn Zentimetern bekommen hat. Arashis Mundwinkel zogen sich hoch, aber er sagte nichts. Er wartete ab, fast so, als wäre er bereits im Bilde, worauf Yaku hinaus wollte. Es war irgendwie noch schwerer, wenn man dachte, das Gegenüber wüsste, was man sagen wollte.
Yaku ließ die Arme sinken und löste den Blick vom Mitbringsel. “Du bist mir auch nicht zu schwul, also eigentlich genau richtig irgendwie, weil… vielleicht bin ich’s nicht nicht. Also doch, ein bisschen eben zumindest für dich. Ist das blöd? Ich mag dich, Arashi”, stammelte Yaku vor sich hin. Dies war dafür ein Anblick, den sonst niemand jemals erhascht hatte. Ein unsicherer Yaku, leise und vorsichtig. “Ich mag dich auch, Mori-chan”, sagte Arashi und lachte vergnügt. Großer Fehler, denn anstatt ihm um den Hals zu fallen, trat ihm Yaku fest gegen das Schienbein. “Lach nicht und nenn mich nicht Mori-chan!” empörte er sich laut und stampfte noch einmal mit dem Fuß auf, ihm zu signalisieren, er würde noch einmal treten. Arashi war auch schon in die Knie gegangen und hob die Arme ergebend. “Okay…okay… auch nicht, wenn wir alleine sind?” Yaku hob tadelnd den Finger und Arashi nickte. Er hatte verstanden.
Außerdem wollte Yaku, dass sie das nicht an die große Glocke hingen. Auch nicht an eine kleine und im Grunde sollten sie am besten noch niemandem davon erzählen.
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In den ersten Wochen war das alles auch gar kein Problem. Für Arashi wäre es sogar nachteilhaft gewesen, als Schülersprecher Kandidat bereits in einer Beziehung zu sein. Denn auch, wenn Yaku dachte, dass eine funktionierende Beziehung eigentlich ein gutes Indiz für einen tollen Charakter war, so meinte Arashi, dass es richtig viele Mädchen gab, die dachten, sie wären die eine, die einen gutaussehenden schwulen Jungen erkennen ließ, dass er doch auf Mädchen stand.
Das klang plausibel, aber es ärgerte Yaku und jedes Mädchen, das Arashi seit dieser Aussage zu nahe kam, wurde in seinem Kopf auf eine Abschussliste gesetzt. Bis zu dem Moment, wo sie es dann irgendwann doch bekannt machen würden und er jeder einzelnen unter die Nase reiben könnte, dass sie versagt hatte.
Viel Aufmerksamkeit konnte er diesen Hühnern, wie er sie in Gedanken auch nannte, nicht abtreten, denn das Aufnahmeverfahren für den Volleyball Club stand an und Yaku wollte nicht nur mitmachen, er wollte Stammlibero werden und wie er so vor dem schwarzen Brett stand, wollte er am liebsten alles tun um diesen Kuroo eins reinzuwürgen. Gut, hatte er wohl bereits, aber an Kuroos Visage beim Mittelschulturnier konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern. Er war einfach nur einer der Vielen, die er hinter sich gelassen hatte. Kai war dafür ein ganz brauchbarer Ausgleich zu dem alten Mann im Nerdkostüm.
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Jeden freien Moment, den er abseits von Schule und Training hatte, verbrachte Yaku mit Arashi. Die Kirschblüte hatten sie sich noch mit Abstand zwischen einander angesehen, dass ihnen ja niemand auf die Schliche kam und dennoch war es für sie beide romantisch. Wie vielen Mädchen Arashi dafür abgesagt hat, wusste Yaku nicht, er hatte nur darauf geachtet, dass er nicht am selben Tag ging wie Kuroo, der auch irgendwas von einer Verabredung gelabert hat. Mit wem war ihm sowas von egal, er musste nur wissen, wann und genau dann gingen sie eben nicht. Erst abseits von dem ganzen Trubel hat Arashi Yakus Hand das erste Mal genommen und seinen Handrücken sanft mit dem Daumen gestreichelt und dieses Kribbeln in Yakus Bauch angekurbelt, das eben diese verrückten Schmetterlinge waren.
Von da an hat er immer nach Yakus Hand gegriffen, sobald sie unter sich waren und der liebte diese Momente. Es war immer wieder aufs Neue aufregend und überwältigte ihn, was eine sanfte Berührung auslösen konnte, dennoch gehörte Yaku nicht zur zaghaften Sorte. Bald folgten liebevoll neckende Klapse auf den Hintern, wenn Arashi erzählte, wie die Vorbereitungen zur Schülersprecherwahl liefen und dass ihn einige seiner Mitschülerinnen dabei unterstützten. “Wenn die wüssten, dass du mir gehörst”, hat Yaku gesagt und den ersten besitzergreifenden Klaps verpasst. Versteckt! Aber aufregend, weil er eine so intime Stelle berührte.
Den ersten Kuss hatten sie geteilt, als sie in Yakus Kinderzimmer waren.
Arashi war immer mal wieder bei Yaku gewesen, anders herum war es noch nie, aber es störte Yaku nicht. Denn Arashi verstand sich gut mit den Zwillingen und spielte mit ihnen, wenn Yaku einmal länger für seine Hausaufgaben brauchte. Vor seinen Eltern hatten sie ihre Beziehung noch geheim gehalten, weswegen sie einen Moment genutzt hatten, wo beide mit den Jüngeren außer Haus waren. Sie lagen beide in Yakus Bett, gerade ausgestreckt nebeneinander. Arashi hielt Yakus Hand fest und der merkte bereits, wie sein Körper auf intensive Weise kribbelig wurde, wie auch seine Hand zu schwitzen begann. In seinem Kopf hat er den nächsten logisch nächsten Schritt schon etliche Male getätigt, aber er wusste nie, wann der Moment der richtige war. Auch dann nicht, als er deutlicher nicht im Raum hätte stehen können. Und dann versaute ihn Arashi.
“Du bist seit letztem Jahr keinen Zentimeter gewachsen, oder?", hat er gefragt und Yakus Unmut heraufbeschworen, denn Arashi war in ihrer gemeinsamen Zeit nochmal richtig groß geworden. Später Wachstumsschub. Er überragte ihn nun mindestens genauso wie Kuroo und eigentlich mochte er das nicht. Aber er mochte es, wenn er Arashis lange Beine in kurzen Shorts sehen konnte, wenn sie am Fluss waren oder wenn sich seine langen Arme um ihn schlangen.
“Sei kein Arsch”, pflaumte er ihn an und piekte Arashi provokant in die Seite. “Hey! Pieks mich nicht! Und ich bin kein Arsch und außerdem stehst du auf meinen Arsch”, erwiderte Arashi und gab das Pieken zurück, was zu einem Kitzelkampf führte und dazu, dass Yaku den Angriff von oben initiierte. Arashis herzhaftes Lachen ließ eine wohlige Wärme in ihm aufsteigen und er ließ es ebenso zu, voll und ehrlich zu lachen. Bis Arashi sich über ihn stemmte und mit der Hand an seiner Taille inne hielt. Ihre Augen verharrten im Blick ineinander und Yaku spürte, wie sein Herz sich überschlug. Arashi öffnete seine Lippen, etwas zu sagen, doch Yaku schlang die Arme um seinen Nacken und zog ihn auf den letzten Abstand zu sich hinunter um ihn endlich zu küssen. Endlich diese Lippen auf seinen zu spüren, was er sich vorstellte, seit Arashi vom Rumknutschen gescherzt hat und was er sich herbei sehnte, seit sich nach den Kirschblüten ihre Finger das erste Mal ineinander verhakt hatten.
Yaku wusste nicht, ob er sich geschickt oder ungeschickt anstellte, es war ihm irgendwie auch egal, weil er das Gefühl hatte, dass Arashi ihn nicht verurteilen würde. Außerdem hatte der Ältere die Führung übernommen und ging dabei zärtlich auf Yaku ein. Auch und vor allem, als dieser stockte, weil sich die langsam schlanken Finger zu selbstständig gemacht hatten.
“Ich weiß nicht, ob ich schon soweit bin”, flüsterte er außer Atem und Arashi zog die Hand unter Yakus Shirt zurück. “Tut mir leid”, hauchte er leise und wollte sich aufrichten, aber Yaku hielt ihn zurück. “Es ist okay, nur… alles mit seiner Zeit, okay? Und dich endlich zu küssen, war unbeschreiblich”, gestand er und schenkte Arashi ein zufriedenes Lächeln. “Endlich?”, fragte dieser und Yaku sah beschämt zur Seite. “Mhm”, machte er nur und Arashi lachte. “Ich hoffe, es ist klar, dass Küsse ab jetzt zur freien Entnahme sind”, sagte er und lenkte Yakus Gesicht in seine Richtung, ihn noch einmal zu küssen. So lange, bis sie die Eltern an der Haustür hörten und sich schleunigst wahllos Schulbücher aufschlugen, um die Lernenden zu mimen.
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Eines Tages vor dem Training konnte sich Yaku das breite Grinsen nicht mehr verkneifen können, weil Arashi ihn abgefangen und wieder zurück in den leeren Klassenraum geschoben hat, um ihm ein schönes Training zu wünschen mit einem Kuss zu besiegeln. Das war das erste Mal, dass sie sich auf dem Schulgelände geküsst hatten und es war für Yaku etwas ganz besonderes.
So besonders, dass Kai ihn auf sein Grinsen angesprochen hat und er aus Panik reagiert hat. Schnell! Er musste einen Crush erfinden!
“Hey, kennst du dieses süße Mädchen aus der 1-5, die mit den kurzen Haaren”, fragte er Kai, weil ihm dessen Klassenkameradin noch über den Weg gelaufen war. “Weiß nicht wen du meinst”, erwiderte Kai und Yaku fragte sich, ob das Mädchen überhaupt in dessen Klasse ging. Verdammt. Aber irgendwie musste er da jetzt dran halten: “Äh, die ist ziemlich klein”, fügte er noch hinzu, da schmunzelte Kai. “Kurzhaarige Mädchen habens dir wohl angetan, was?”, fragte Kai und wurde rot um die Wangen. “Und wie”*), sagte er mit erhobenen Daumen, aber es hätte sich nicht falscher anfühlen können, das zu sagen. Er drehte den Kopf verschämt weg und dachte an Arashi, dem er gerade echt nicht Recht tat. Was er wohl sagen würde, wenn er erfuhr, dass er über einen Mädchen-Crush sprach?
Dass Kuroo dafür auf lange Haare stand, sah diesem wieder ähnlich. Er und Yaku konnten einfach nicht auf den gleichen Konsens kommen. Das hatte beim ersten Treffen vor dem schwarzen Brett begonnen, später als sie das erste Mal gemeinsam was Essen gehen wollten und so weiter und so weiter.
Bis sie nach den Tryouts ein Team zusammengestellt hatten und die Qualifikationen fürs Städteturnier und das Oberschulturnier und das Frühlingsturnier anstanden. Da waren sich er und Kuroo das allererste Mal einig. Sie wollten sich nicht nur fürs Frühlingsturnier qualifizieren, sie wollten es gewinnen.
Und bis zum Frühlingsturnier blieb die Beziehung zwischen Yaku und Arashi geheim. Beim Oberschulturnier hat die Nekoma gut abgeschnitten, für den Sieg hat es aber wie in den Jahren davor nicht gereicht. Auch nicht für die Endrunde.
“Und? Wie läufts mit dem Mädchen aus Kais Klasse?”, fragte Kuroo nach dem letzten Training vor dem Turnier. Yaku zog die Schultern hoch und biss sich auf die Lippen. “Sie war noch nie bei einem Spiel oder so… tut mir voll leid”, sagte Kuroo, der wohl darauf schloss, dass es nichts weiter als Crush war.
“Eigentlich…”, begann Yaku. Er wurde richtig nervös, aber irgendwie, er wusste selbst nicht, wie das geschehen war, waren er und Kuroo Freunde geworden. Der Club schweißte eben zusammen. Und mit einem Freund wollte er auch ehrlich sein.
“Eigentlich gab's da nie ein Mädchen”, sagte er und wippte unsicher auf den Füßen rum, dass Kuroo ihn skeptisch musterte. Yaku hasste es, so unsicher zu sein. Er hasste es aber auch, um den heißen Brei rumzureden, also legte er die Tatsachen gleich offen: “Ich bin mit Arashi zusammen!”
“Schulsprecher Arashi? Arashi Nekomata?”
Notes:
*) Original-Zitate der direkten Rede aus Folge 27, Staffel 4
Tja und so kommen wir zu noch so einem OC ^^’ Irgendwie purzeln die so langsam ganz schön aus mir heraus xD aber Arashi ist tatsächlich im Kopf mein erster Haikyuu OC und ich dachte eigentlich, er würde alleine bleiben. Irgendwie spielt es immer anders, als man denkt. Was hält ihr so von ihm?
Und ja, dann hör ich hier mit dieser mittelschweren Bombe auf xD
Aber in einem Monat geht's weiter. Versprochen!
Chapter 2: Then go without Arashi
Chapter Text
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“Arashi Nekomata, der Schulsprecher?”
“Ja, Arashi Nekomata, der Enkel vom Coach", antwortete Yaku knapp. Er seufzte ergeben und war bereit, sich all die blöden Unterstellungen von Kuroo anzuhören. Abneigung. Verachtung. Vorurteile über Schwule und dass er das von Yaku nicht gedacht hätte. Oder dass er doch kein Vitamin B brauchte, um in die Mannschaft zu kommen oder auf diese Weise mehr Sympatiepunkte sammeln musste und dass Coach Nekomata sich damit nicht einlullen lassen würde. Und er war bereit, sich zu verteidigen und Kuroo eine Standpauke zu halten, wie kindisch und dumm er war.
Aber Kuroo reagierte nicht so. Er blieb ruhig und setzte ein verständnisvolles Lächeln auf.
“Ich finds toll, dass du glücklich bist, Yakkun”, sagte er und war damit der erste Mensch, der von ihrer Beziehung erfahren hat und der sie auch noch aufnahm und sich ehrlich für ihn freute. “Ist doch vollkommen egal, ob’s ein süßes Mädchen oder ein süßer Typ ist. Auch wenn ich Nekomata nicht besonders süß finde. Der kommt so arrogant rüber” Kuroo war offen ehrlich und einerseits freute sich Yaku darüber, dass sein Kamerad, mit dem er sich über das erste Jahr erst mal richtig hatte arrangieren müssen, keinen Wert darauf legte, welchem Geschlecht Yaku zugeneigt war. Dass er Arashi aber eben arrogant genannt hat, passte ihm nicht.
“Und du mit deinen komischen Pissnelken von Pseudofreundinnen?”, blaffte er ihn an, weil Kuroo immer mal wieder von irgendwo ein anderes Mädchen anschleppte. Mal sah eine beim Training zu, ein anderes Mal feuerte eine bei einem offiziellen Spiel von der Tribüne aus an. Wieder andere holten ihn nach dem Training ab und die letzte hatte ein Theater gemacht, weil er nach der Schule eben noch zum Training musste. Aber keine von ihnen wurde oft gesehen. Eine war sogar eifersüchtig auf Kenma, der seit diesem Jahr auch an die Nekoma Oberschule ging und ihr neuer Zuspieler war. Er war Kuroos bester Freund, schon aus Kindertagen, wie Yaku erfahren hat, doch er konnte nicht viel mit ihm anfangen. Kenma war sehr still und in sich gekehrt, aber er war ein Stratege und das erkannte Yaku an. Im Team hatte Kenma auch nur eine Bezugsperson. Er sprach fast ausschließlich mit Kuroo und antwortete nur einsilbig, wenn jemand anderes ihn etwas fragte. Immer höflich und sachlich. Kenma hat auch trocken gesagt, dass er die Mädchen, die Kuroos Nähe suchten, nervig und anstrengend fand. So, dass Kuroo auf Yakus Angriff hin geschwiegen hat. Es war seltsam, aber irgendwie auch ganz normal.
Die weiteren Erstklässler waren da anders. Fukunaga war zwar auch nicht besonders wortstark, aber er war immer bei jedem Spaß dabei, dafür drehte Yamamoto auch gleich für Kenma mit auf. Und immer öfter wegen Kenma, weil dieser in den Augen des Energiebündels nicht genügend - wie hat er gesagt? - Willenskraft hatte. Kenma war faul!
Den Zwischenfall mit dem Wassereimer hat Yaku bedauerlicherweise versäumt. Sein Freund war durch die intensiveren Trainingseinheiten und dem Schwall an neuem Schulstoff leider zum Handkuss gekommen und musste gemeinsame Zeit einbußen.
Aber nicht an diesem Tag, als Yaku das erste Mal das Training geschwänzt hat.
Da hatte er auch den ersten Streit mit seinem Freund gehabt, denn anstatt als Überraschung in die Arme des großen Drittklässlers zu laufen und sich an seine Lippen zu haften, hing an eben diesen bereits jemand anderes. Ein Missverständnis, wie Arashi aufklärte.
“Ich kann nichts dafür, dass er auf mich steht. Du hast doch gesehen, dass ich ihn weggestoßen habe”, kam es pampig, weil Yaku angefangen hatte, ihm eine Szene zu machen.
Arashi beherrschte es auf eine ganz eigene Art und Weise, Yaku zur Ruhe zu bringen. Da waren diese einnehmenden Augen, die ihm immer für einen Moment den Atem raubten, wenn er ihn so intensiv ansah und darauf folgte meistens ein Grinsen, das mal liebevoll und betüdelnd war und dann wieder so frech und schmutzig, dass es Yaku den Magen aushob und er eine aufregende Gänsehaut bekam.
So auch, wenn sie zum Beispiel an einem freien Nachmittag beim Training des Basketballteams zusahen und Yaku Arashi aufforderte, nicht zu gaffen, wenn dieser eine Junge - nicht der, der ihn damals geküsst hat - am Ball war und sich beim Korbwurf besonders in Szene setzte. “Bist du eifersüchtig, Mori-chan?”, fragte Arashi dann und übermannte ihn fast alleine mit seinem Blick. “Wenn du weiterhin nur mich so ansiehst, ist alles gut”, erwiderte Yaku und küsste Arashi besitzergreifend. Dass dieser weiterhin grinste, spürte er auch ganz deutlich, genauso wie das aufregende Kribbeln in seinem Bauch, weil er ihn das erste Mal in der Öffentlichkeit küsste.
Das erste Mal.
Yaku hatte mit Arashi viele erste Male. Seinen allerersten Kuss hat er mit ihm geteilt, nicht nur den ersten öffentlichen. Arahi war das erste Geheimnis, das er vor seinen Eltern hatte, aber nicht der erste Grund, warum er Hausarrest bekommen hat. Ihm hat er das erste Mal "ich liebe dich" gesagt. Arashi war der Grund, warum er häufiger schwänzte und Besseres zu tun hatte.
Der erste unbedeutende Streit, weil Arashi der Enkel vom Coach war und weil er das nicht erwähnenswert empfunden hat. Später fand Yaku, dass es das auch nicht war, weil es Arashi nicht änderte.
Er war auch das erste Geheimnis, von dem er seinen Eltern erzählt hat - die nahmen das besser auf, als Yaku es sich selbst eingestanden hatte.
Somit war er auch der erste Freund, den er mit nach Hause brachte und beobachten konnte, wie offen seine Eltern wirklich waren.
Das erste Mal gemeinsam übernachten.
Die ersten intimen Berührungen.
Das erste Mal Sex.
Sich das erste Mal wirklich schlecht zu fühlen, wegen seiner Körpergröße, weil ihm Arashi weit über den Kopf gewachsen war und ihm irgendwann spüren ließ, dass er ihm zu klein war. (“Glaubst du, du bekommst auch noch ‘nen Wachstumsschub? Ich muss mich immer so weit bücken, wenn ich dich küssen will” - “Kannst gleich unten bleiben!”)
Die ersten Tränen und der erste richtig heftige Wutanfall.
Der erste bedeutsame Streit.
Sich das erste Mal versöhnen, folglich der erste Versöhnungssex. Der Beste in Yakus Augen.
Sich das erste Mal richtig dumm fühlen, weil er einen Witz am Tisch der Familie seines Freundes nicht verstanden hat. “Mori-chan ist noch klein, der versteht das nicht”, hat Arashi es abgewunken und Yaku damit tief verletzt. Aber Arashi war ein Weltmeister im Versöhnen. Er hatte eine so lieblich süße Art, bei der Yaku immer schwach wurde.
Es war auch mit Arashi, dass er das erste Mal bemerkte, dass seine Lieblingsfarbe gar nicht rot war, sondern grün. Smaragdgrün, wie die Augen des großen schlanken Jungen, der ihn stets um den Finger zu wickeln wusste.
Mit Arashi war er das erste Mal am Berg Mitake in Ome und hat sich beim Shrine wahre Liebe gewünscht und seinen Freund danach angestrahlt wie so ein Honigkuchenpferd.
“Man kann dir von den Augen ablesen, was du dir gewünscht hast”, sagte Arashi und besiegelte seine Interpretation mit einem Kuss. In der Art zu küssen, meinte Yaku auch zu spüren, dass Arashi derjenige war, der ihm seinen Wunsch erfüllen würde. Und eine Zeit lang war er das.
Als er seine Hand hielt und beim Bordstein immer auf der Straße ging, dass Yaku die paar Zentimeter gewann und nicht mehr so viel kleiner war. Er war es aber nicht, als er, sobald das Schulgelände in Sichtweite war, von Yakus Hand abließ und ohne einen Kuss den Abschied zelebrierte.
Wenn er in den Pausen an Yakus Hand zog und ihn für eine Makeout-Session in den Besenschrank schleifte, meinte Yaku der Erfüllung seines Wunsches wieder ganz nahe zu sein, auch wenn Arashi bei ihm zuhause war und liebevoll mit den sechsjährigen Zwillingen spielte. “Er ist gutes Vatermaterial”, hat er sich nicht nur einmal gedacht, es aber nie ausgesprochen, weil das peinlich war. So weit in die Zukunft sollte er in der zweiten Stufe Oberschule nicht denken und auch Arashi in seinem dritten Jahr tat das nicht.
Er dachte manchmal vielleicht gar nicht nach, was Yaku daran merkte, wie er ungefiltert über andere Jungs sprach. Egal, ob es seine Klassenkameraden waren, Kuroo oder die Basketballspieler.
“Noba-kun steht seine neue Frisur so gut, da kommen seine Augen toll zur Geltung. So fesch~” - das war einfach nur seine Anerkennung als homosexueller Junge. Schwer zu verdauen, aber Yaku nahm es hin.
“Euer Kuroo hat so einen verwegenen Blick. Richtig hot!” - eine Anmerkung am Rande, die Yaku aber auch nicht gefiel und weswegen er Kuroo gegenüber eine Woche lang noch kratzbürstiger war als sonst.
“Sieh dir diese langen Beine an” - kombiniert mit dem Blick, bei dem Yaku meinte, er müsste Arashi bald einen Sabberfaden wegwischen, war dann einfach zu viel des Guten und ein weiterer Beweis dafür, dass Arashi nicht nachdachte. Das waren auch die Situationen, in denen Yaku an seinen Wunsch dachte und Angst darum hatte, dass er ihm mit Arashi nicht gegönnt war. Die Zweifel aber machten seine Gefühle stärker. Er wurde sturer und wollte sich selbst beweisen, dass wahre Liebe über so etwas drüberstehen konnte.
Yaku kämpfte mit jedem Tag mehr um ihre Beziehung und streckte sich immer weiter nach Arashi.
Arashi war der Erste, den Yaku zum Teufel schickte, weil er wieder einem Anderen nachgesehen und ihm schöne Augen gemacht hat. Es lag in der Natur seines Freundes zu flirten und je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass es immer schon so war. Er hat es nur nie gesehen.
Ein zweites Mal glaubte er ihm nicht, dass Arashi den anderen Jungen weggeschubst hatte. Wie er aber seine Tränen weg küsste, ließ ihn glauben, dass er es nie wieder machen würde.
▽▹◆◃▽
“Du wirkst nicht glücklich, Yakun” Kuroo hat sich nach dem Training neben ihn auf die angrenzenden Stufen gesetzt und ihm eine Wasserflasche gereicht. Yaku nahm sie an und machte einen großen Schluck. So lange, wie er gedachte, schweigen zu müssen, aber auch nach dem Absetzen konnte er dazu nichts sagen.
Er hasste Kuroo dafür, dass er so feinfühlig sein konnte und er hasste es, dass er so direkt war.
“Du musst nichts sagen, nur… hau nicht gleich wieder zu ihm ab. Lass ihn auch mal warten”, sagte Kuroo. Yaku schnaubte darauf, aber er blieb.
Er blieb, um einen Moment einfach nur mit Kuroo zu sitzen und zu realisieren, dass er wahrhaftig nicht glücklich war. Er dachte darüber nach, was das bedeutete. Das mit der wahren Liebe, die er sich gewünscht hat und das, was er bekommen hat.
Seine Beziehung mit Arashi war wie so ein verqueres Märchen. Wunderschön, traumhaft und mit so vielen Gemeinsamkeiten, vor allem dem Temperament. Und dann kam das Gewitter, der Schatten, der sich über das Wunderland legte und alles zerstörte, was für Yaku schön war.
“Ich will ihn nicht verlieren”, sagte er irgendwann. Er sah Kuroo dabei nicht an, merkte aber, wie dieser den Kopf zu ihm drehte und ihn mit seinem Blick maß. Es fühlte sich schrecklich an, weil er die Vorwürfe hören konnte, ohne dass sie ausgesprochen wurden. Kuroo mochte Arashi nicht und das wusste Yaku.
“Und ich will nicht, dass es dir schlecht geht, Kumpel”, konterte Kuroo und Yaku sah nun doch schlagartig zu ihm. “Kein, er ist ein Arsch?”, fragte er und Kuroo lachte. “Weißt du wohl eh selbst” Yaku schnaubte. “Du bist ein Arsch”, sagte er. Kuroo zuckte mit den Schultern. “Ich bin zumindest ehrlich” - “Ja klar…” - “Hey?!” und dann holte auch Yaku aus. “Was auch immer diese schwul-nicht-schwul-platonische Sache zwischen dir und Kenma ist… da bist du nicht ehrlich”, warf er Kuroo vor, denn Angriff war immerhin die beste Verteidigung. Kuroo stockte. “Was?”, fragte er empört, dass Yaku ihn fragend ansah. “Sag nicht, das checkst du selbst nicht” Kuroo schüttelte den Kopf. “Ne, ich steh auf Mädchen”, sagte er. Yaku schmunzelte. “Du stehst auf lange Haare” - “Und du auf Kurze, also leck mich” Kuroo rempelte Yaku von der Seite, Yaku schubste zurück. “Ne ehrlich, ist schon klar, das mit Kenma und mir ist was anderes, aber es ist auch nicht das, okay?”, versuchte Kuroo Yaku von etwas zu überzeugen, das er ihm nicht abkaufte. Vermutlich war es anders, weil Kenma eben Kenma war. Yaku konnte es schwer ausdrücken, aber Kenma hatte eine ganz eigene Ausstrahlung. Sowas, was er auch spürte, wenn er eine katholische Kirche betrat. Schön anzusehen, irgendwie edel, aber man wollte leise sprechen und nichts kaputt machen. Kuroo würde Kenma auf irgendeine Weise kaputt machen und Yaku hatte unlautere Gedanken, die er schnell verdrängte.
“Ich will unsere Freundschaft nicht gefährden! Du verkrampfst dich auf eine Beziehung, die dir nicht gut tut”, hob Kuroo den Unterschied hervor. Yaku stieß hart Luft aus und lehnte sich auf der Stufe zurück. Seine Augen schielten nur im Ansatz zu Kuroo hinüber. “Du lügst dir doch selbst vor, dass alles okay ist” Yaku spürte, wie ihn diese Worte mehr selbst trafen, als dass er sie gegen Kuroo feuerte, der dadurch zwar ruhig wurde, aber wohl einen ähnlichen Kampf mit sich selbst focht.
“Haben wohl noch ne Gemeinsamkeit gefunden”, scherzte Kuroo, aber Yaku fand das gar nicht lustig. “Das ist für uns beide beschissen”, sagte er klar heraus. Ihre Blicke trafen sich endlich und Yaku erkannte, wie verzweifelt Kuroo aussah. “So schlimm?”, fragte er. Kuroo nickte. “Warum sagst du es ihm nicht?”, fragte er weiter und Kuroo schüttelte schnell den Kopf. “Weil ich mir nicht sicher bin und Kenma ist sensibel und er hat bis jetzt noch alles gemacht, worum ich ihn gebeten hab. Ich kann ihn nicht darum bitten… Das kann kein Gefallen an mich sein”, erklärte Kuroo die verzwickte Lage, die Yaku sogar verstand.
“Aber red du mit Arashi. Sag ihm offen, was dich stört. Auch wenn ich ihn nicht besonders mag, wäre es fair, wenn ihr darüber sprecht. Er kann das nicht riechen. Hausverstand ist wohl Sonderausstattung bei ihm und wurde nicht mitgeliefert”, sagte Kuroo und boxte Yaku gegen die Schulter. Der lachte daraufhin. Kuroo war schon schwer in Ordnung und es hat auch gut getan, den Moment mit ihm zu haben. Bis sein Handy gar nicht mehr aufhören wollte, Nachrichten zu signalisieren. “Wir sehen uns”, verabschiedete er sich von Kuroo und ging endlich zu seinem Freund, der tatsächlich sehnsüchtig auf ihn gewartet hat.
Eine fiese Stimme aus dem Hintergrund wollte ihm sagen, dass Arashi nur so handzahm war, weil er etwas ausgefressen hatte, aber Yakus Sinn und Hoffnung für die Liebe verdrängte die Stimme. Auch das wunderschön gerichtete Abendessen im Kerzenschein verdrängte die Stimme weit in den Hintergrund.
So lange, bis sie nicht mehr zu unterdrücken war und auch die Zeichen eindeutiger wurden. Knutschflecken, die Arashi Yaku weiß machen wollte, dass sie von ihm waren. Ein Hemd, für Arashi zu groß, für ihn selbst erst recht, außerdem roch Arashi an manchen Tagen nach einem Deodorant, das Yaku mal in den Umkleiden stehen gesehen hat. Sie waren da, alle Zeichen und irgendwann konnte er sie nicht mehr klein denken und beiseite schieben.
Er stritt immer öfter mit Arashi und ließ sich vorwerfen, er sehe Geister, ließe sich Schwachsinn einreden und interpretiere zu viel in dumme kleine Zufälle.Yaku wurde immer genervter.
Nach der Schule Arashis Hand zu nehmen, war wie einen Hund abzuholen, ihn in Leinen zu legen und vom Spielplatz wegzuzerren.
Die Hand nach dem Weg zur Schule loszulassen, war wie das Aufgeben der Kontrolle. Vertrauen hatte er irgendwann keines mehr.
Der Unterricht war nur noch anstrengend, weil er sich kaum konzentrieren konnte, die Noten ließen nach.
Selbst das Volleyballspielen machte keine Freude mehr, weil ihn der Basketballkorb wütend machte.
Und schließlich war da das erste Mal zu sagen: "Scheiß auf die Liebe", damit verbunden der erste Liebeskummer und die erste Trennung.
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"Ihr Enkel ist ein Arschloch!", warf er Coach Nekomata eines Tages um die Ohren. Das Basketballteam hatte überzogen und sie mussten warten. Nekomata seufzte ergeben. Er stimmte nicht ein, aber er wusste, dass sein Enkel ein verzogener Junge war und auch früher schon seine Spielsachen schnell ersetzt hat, wenn sie ihm langweilig geworden sind oder er etwas Spannenderes entdeckt hat. So hat er das Yaku nicht gesagt, das lag auch nicht in seinem Wirkungsbereich. Stattdessen sagte er: "Morisuke, das Leben mag manchmal unfair scheinen, aber bedenke, dass du noch sehr jung bist. Jemand wie mein Enkel macht dich nur stärker.” Das schürte in Yaku aber noch mehr Wut. "Was verstehen Sie schon? Sie sind alt!", knallte er dem Coach entgegen und war vom Training abgehauen.
"Immer so impulsiv, die Jugend", gluckste Nekomata und schickte Kuroo nach, sich um Yaku zu kümmern.
Losgelöst von Kenma, der seit dem Wassereimerzwischenfall mehr im Team angekommen war und bei Kuroo damit für stolze Glücksgefühle sorgte, ging Kuroo Yaku nach.
"Willst du nicht lieber turteln?", versuchte Yaku, ihn mit spitzem Unterton wegzuschicken.
"Mit dir? Ne danke" - "Wer hat denn von mir gesprochen? Und wie war das? Ist das so, weil ich dir zu klein bin?", knurrte Yaku ganz realitätsfremd auf diese Ablehnung, die er gar nicht für voll nehmen wollte. Er wollte nicht, dass Kuroo mit ihm turtelte, aber er wollte auch nicht so offensichtlich zurückgewiesen werden. Schon gar nicht wegen seiner Größe. Das war unfair! Arashi war so verdammt unfair.
"Magst du drüber reden?", war das Angebot, das Yaku direkt mit einem bestimmten “Nein!” abschlug. Dafür blieb Kuroo einfach bei ihm sitzen, um ihm zu signalisieren, dass er da war. Er würde zuhören und mit jeder vergangenen stummen Minute wurde das Yaku auch bewusster. Er dachte darüber nach, wie er und Kuroo vor einem Jahr noch gegeneinander an die Barrikaden gegangen waren. Niemals hätte er damals geahnt, dass er derjenige werden würde, dem er sein Geheimnis anvertraut und noch weniger dachte er, dass er sich bei ihm auskotzen würde.
Aber nie hätte er vermutet, dass er das Folgende sagen würde: “Du hattest recht”
Kuroo zuckte mit den Schultern und stützte die Hände hinter sich ab, um sich zurück zu lehnen. “Das tut mir leid. Hätte lieber unrecht gehabt”, sagte er und Yaku schüttelte den Kopf. Ein bitteres Lächeln zog sich über seine Lippen.
“Dafür hattest du Recht mit Kenma”, erklärte Kuroo. Yaku musste lachen. “Und lass mich raten, bei dir hat sich genauso alles zum Besten gewendet wie bei mir?”, fragte er und fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht. Kuroo musste nicht antworten. Dafür wusste er, dass Yaku nun bereit war zu reden: “Was hat der arrogante Arsch jetzt gemacht?”
Yaku seufzte.
"Hat sich so nen Basketball-Trottel geangelt", antwortete er angespannt und begann davon zu erzählen, wie er vor Monaten das Training geschwänzt hat und wie sich das alles entwickelt hat. Die Missverständnisse, die keine waren, die Lügen, die mittelschwere Katastrophen wurden. Und wie er schließlich letzte Woche die letzte Bestätigung zum Scheitern seiner Beziehung vorgelegt bekommen hat.
Schon als Yaku das Schulgelände verlassen hat, hat er Arashi gesehen. Wieder mit ihm.
Einem anderen Drittklässler, hübsch, helles Haar und vor allem groß. Größer noch als Arashi, an dessen Lippen er innig verbunden hing.
Yaku gab der Situation eine Chance. Er wollte sehen, dass Arashi auch ihn weg stieß, dass er wieder im falschen Moment gekommen war und wieder etwas sah, was wieder nicht von seinem Freund ausgegangen war, doch diesmal nicht. Arashi hatte die Arme um den Basketballer gelegt und den Kuss wilder fortgeführt, als er Yaku je geküsst hat. Da kochte die Wut hoch. Heißer als sonst. Und dann kochte der Topf über und Yaku hat angefangen zu schimpfen, zu fluchen und zu brüllen, aber der Kerl hat von oben auf ihn herab geschaut und gelacht, während Arashi noch versucht hat, sich herauszureden, irgendwas zu erklären, was für Yaku keine Bedeutung mehr hatte, weil er genau das abgeklärt hatte. Arashi wurde nicht überrumpelt. Arashi hat das gewollt. Sehr sogar. Das hat Yaku deutlich gesehen und es hat ihm gefallen. Arashi. Nicht Yaku. Yaku hat das wirklich nicht gefallen. Ihm hat es das Herz zugeschnürt und nach seinem Wutanfall auch die Lungen und den Hals und fast hätte er sich die Zunge abgebissen.
“Tja, wenns dich beruhigt, ich bin mir sicher, dass er mit ihm nicht glücklich wird. Die Idioten können den Ball nicht in der Luft halten, deswegen müssen sie wie Affen rumdribbeln”, lachte Kuroo. Yaku schnaubte. So ganz verstand er nicht, worauf Kuroo hinaus wollte, aber die Vorstellung, wie die Jungs, deren Ziel ein Korb war und nicht das Verhindern des Bodenkontakts, da wie Affen herumliefen, amüsierte ihn für einen Moment.
“Und Nekomata wird genauso auf den Boden fallen”, löste Kuroo seine Metapher auf.
“Hmm”, machte Yaku. “Ich hab ihn gel-” - “Ja und? Liebe ist nicht alles”, unterbrach Kuroo. “Wie Coach Nekomata schon gesagt hat. Wir sind jung. Auch wenn ich schon sehr reif bin, ist mir bewusst, dass ich noch viel zu lernen habe, vor allem eben bei der Liebe und solchen Sachen. Konzentrieren wir uns lieber mal auf Volleyball, hm? Wir wollen doch zum Frühlingsturnier. Das ist unsere Leidenschaft und ja… irgendwie auch unsere Liebe, oder?"
Die beiden sahen einander eine Weile eingehend an. Irgendetwas hatte Kuroo an sich, das Yaku oft mal aus der Haut fahren ließ. Es waren diese komplett unterschiedlichen Einstellungen. Ihre Interessen und Vorlieben gingen gänzlich aneinander vorbei und dennoch hatten sie diese eine Gemeinsamkeit, bei der sie sich wortlos verstanden. Yaku nickte.
“Siehst du? Vergiss den Arsch”, sagte Kuroo und stand auf. “Lass uns Volleyball spielen”, mit diesen Worten reichte er Yaku die Hand, die dieser aber ablehnte und mit einem gekonnten Sprung aus dem Sitzen aufstand. “Ich brauch deine Hilfe nicht”, knurrte er und wies die Hand ab. Kuroo richtete sich wieder gänzlich auf und wollte gerade in die Halle zurückgehen. Da räusperte sich Yaku und setzte nochmal an etwas zu sagen.
“Danke, Kuroo”
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Der Basketballkorb wich immer mehr in den Hintergrund und auch Arashis Stimme hörte Yaku irgendwann nicht mehr, selbst wenn er und der Basketballer lachend durch die Gänge liefen. Einmal hat Yaku ihm das Bein gestellt und ihm gesagt, er sollte darauf achten, nicht zu hoch zu fallen und das war das letzte Mal, dass er die Stimme seines Ex-Freundes gehört hat.
Der Abschluss der zweiten Klasse war wie das Ende eines schlimmen zweiten Teils einer an sich guten Filmreihe. Blieb nur zu hoffen, dass der dritte Teil kein Reinfall war.
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Chapter 3: Just to go back together with Arashi...
Chapter Text
Und der dritte Teil war ein absoluter Reinfall…
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Als Yaku Lev das erste Mal gesehen hat, wurde ihm eines schlagartig bewusst: Er war schwul. So richtig. Und er hatte einen Typ. Helle Haare, grüne Augen, besondere Ausstrahlung… Groß.
Als Lev das erste Mal den Mund aufgemacht hat, erkannte Yaku, dass er ein Aggressionsproblem hatte und, dass er wie verrückt auf Lev ansprang. Auf seine Worte.
Sein gesammelter Ärger konzentrierte sich ausschließlich auf den Halbrussen und er machte eine weitere Beobachtung: Die gut aussehenden großen Jungs waren alle gleich! Frech, mit einem Hauch Naivität und dann war da noch die List. Nur dass es bei Lev wohl anders gewichtet war. Oder war er dumm? War Lev dumm oder berechnend? Irgendwie brachte er Yaku mit allem, was er sagte, auf die Palme. Er feuerte immer treffsicher den richtigen falschen Punkt, der Yaku zur bösartigen Bestie mutieren ließ.
Und Schuld daran war Arashi, den er seit dessen Schulabschluss nicht mehr gesehen hat.
Das war einerseits gut und andererseits schlecht. So konnte er ihm all die Vorwürfe nicht um die Ohren hauen. Aber… so konnte er ihm eben nicht all die Vorwürfe um die Ohren hauen. Und Yaku war jemand, der seinem Unmut freien Lauf lassen musste. Es war schrecklich, das nicht tun zu können. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Ärger in sich zu sammeln, bis es unweigerlich irgendwann platzte.
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“Yakkun! Lev ist nicht Arashi”, mit diesen Worten hat ihn Kuroo während dem Training zur Seite genommen und Yaku hat regelrecht gefaucht. “Hey! Kratz mich jetzt ja nicht”, spaßte Kuroo, aber Yaku war nicht zum Spaßen zumute. “Schon gut. Nur bitte, wie du mit ihm rumspringst, ist nicht okay. Ich will, dass ihr nach dem Training länger bleibt und das ausredet. Schaffst du das alleine oder soll ich hier bleiben?”
Kuroo war als neuer Kapitän sehr gewissenhaft und um die Harmonie im Team bemüht. Yaku konnte den Jungen von damals kaum wiedererkennen. Und dennoch war Kuroo genau Kuroo.
“Ne, schaff ich allein. Mach dich mit Kenma davon”, sagte er ergeben und folgte Kuroos Blick auf die Mittellinie des Spielfeldes, wo Kenma gerade ein Zuspiel für Yamamoto vorbereitete. So elegant. “Unverändert?”, fragte Yaku und Kuroo nickte. Mehr gab es nicht.
“Spielt das Spiel, okay? Das von damals”, sagte er und die beiden schlossen sich den letzten Minuten des Trainings wieder an.
Kuroo hatte direkt danach Lev zur Seite genommen. Kenma wartete in den Trainingsanzug gepackt an der Treppe außerhalb der Sporthalle. Er wartete immer auf Kuroo. Auch damals, als sie noch hier und da Mädchenbesuch gehabt haben oder eines Kuroo abgeholt hat. Dann hat Kenma noch länger gewartet, um alleine heim zu gehen. Und obwohl Yaku das bei Kuroo erwähnt hatte, sah dieser es einfach nicht.
Kuroo schien nicht zu sehen, wie sich Kenmas Gesicht erhellte, wenn Kuroo seinem Warten ein Ende setzte. Yaku hatte jetzt aber auch keinen Kopf dafür. Immerhin hat ihm der Kapitän etwas aufgetragen.
“Kuroo-senpai hat gesagt, du möchtest mit mir sprechen” Levs Stimme hinter ihm machte ihm das nur noch bewusster. Yaku drehte sich zu dem großen Jungen um und sah ihn von unten ernst an. Allein sein Blick reichte, dass Lev zusammen zuckte und den Kopf einzog. Ginge es um Autorität und Wirkung, war Yaku sicher doppelt so groß wie Lev, was dieser aber mit seiner maßlosen Selbstüberschätzung oftmals wett machte. “Mhm”, Yaku nickte und winkte Lev gleich hinter sich her. Er ging zurück in die leere Halle, die nach ihnen kein Sportklub mehr benutzte. Volleyball war das Letzte - als hätte Arashi es gesagt. Aber es war nur zuletzt. Nicht das Letzte. Arashi war das Letzte!
“Und jetzt?” Yaku seufzte. Lev war zu ungeduldig. “Kuroo hat mir vorgeschlagen, ein Spiel mit dir zu spielen”, sagte er und Lev riss unweigerlich die Augen weit auf. “Wie Jigsaw?”, fragte er. Yaku schlug sich die Hand ins Gesicht. Warum machte er das noch gleich?
“Nein verdammt. Ein normales Spiel. Zum Kennenlernen!”, schnaubte er. “Aber ich kenn dich doch schon”, sagte Lev. Yaku hielt an sich. Wenn dieser Bursche so weiter machte, würde Yaku noch vor seinem zwanzigsten Lebensjahr Falten auf der Stirn und graue Haare bekommen. Er atmete tief ein und dann tief aus und er sah Lev ernst an. “Es geht darum, dass wir uns besser kennenlernen und vielleicht Gemeinsamkeiten finden und… naja… uns sowas wie anfreunden wohl”, sagte Yaku. Lev schwieg erst mal und blickte ihn nur neugierig an. Na ging ja. Yaku konnte erklären.
In dem Spiel ging es darum, Dinge übereinander zu erfahren. Und Nähe war gewissermaßen Bestandteil. Die Ausgangsposition war für beide Spieler eine sitzende mit etwas Abstand zueinander. Sie sollten sich gut sehen und hören können und einer von ihnen musste starten. Eine Aussage würde getätigt werden und sollte der zweite mit dieser Aussage im Gleichklang stehen, dann rückte er näher.
Kuroo und Yaku hatten damals nur zwei Aussagen gehabt, auf die sie sich der Abstand verringert hat und dabei hatten sich nicht einmal ihre Sportschuhe gestreift:
’Ich will beim Frühlingsturnier spielen’
und
‘ich bin verliebt’
“Setz dich da hin und streck die Beine aus, ich setz mich hierher", leitete Yaku das Spiel nun für sich und Lev ein.
“Muss es wirklich so weit weg sein? Deine Beine sind eh so kurz”, fragte Lev und Yaku verpasste ihm bereits den ersten Tritt gegen das Schienbein, noch bevor sie mit dem Spiel angefangen haben. Lev ging in die Knie und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Stelle. “Aber Yaku-senpai! Soll es nicht darum gehen, dass wir uns vertragen?”, fragte er und sah ihn mit seinen großen grünen Augen an. Yaku schnaubte. “Du hast recht, aber hör auf, immer so gemeine Sachen zu sagen”, forderte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick war streng und Lev japste: “Aber… du bist doch-” Yaku unterbrach ihn mit einem Stampfen. “Shht! Setzen! Jetzt!”, knurrte er. Lev setzte sich umgehend. An seinen Gesichtsausdruck konnte Yaku auch erkennen, dass es zu schnell war und er mehr gefallen ist, als dass er sich elegant niedergelassen hätte.
“Gut… fangen wir mit was Einfachem an. Ich mag Volleyball”, sagte Yaku und wartete im Grunde nur darauf, dass Lev näher rutschte. Oder? Lev würde doch näher rutschen, oder? Tat er aber nicht. Stattdessen machte er freudig große Augen und sagte: “Oh! Ich auch!” Yaku übte sich einmal mehr im langsamen Atmen. “Du sollst ein Stück näher rutschen, wenn du überein stimmst”, sagte er und Lev tat es. “Und jetzt sagst du was, was du magst”, forderte Yaku ruhig weiter. Tatsächlich fühlte er sich durch den Bodenkontakt schon viel geerdeter und auch ruhiger. Und wenn er ehrlich war, war er neugierig darauf, was er über Lev erfahren würde.
“Katzen! Ich mag Katzen”, sagte dieser und Yaku rückte näher. “Oh! Du also auch?”, fragte Lev überrascht. Yaku schnaubte. “Wäre ich sonst näher gekommen?” Lev legte den Kopf schief. Eigentlich hätte Yaku erkennen sollen, dass Lev überhaupt keine Gemeinsamkeiten mit Arashi hatte. Lev war saudumm. Manchmal. Er war tollpatschig und verstand keinen Sarkasmus. Das lag bestimmt daran, dass er Halbrusse und ihrer Sprache nicht so mächtig war. Und Lev gehörte zur naiven Sorte.
“Nein”, antwortete Lev, weil er das Spiel nun verstanden hatte. Yaku sagte, dass er die Berge mochte. Lev zögerte. “Ich weiß nicht, ich war noch nie”, murmelte er. “Wie kannst du noch nie in den Bergen gewesen sein? Das macht man doch in der Grundschule schon. Ich muss dich wohl mal mitnehmen”, sagte er, aber fühlte sich umgehend ertappt. Er bemerkte dabei nicht, dass Lev rosa Farbe in die Wangen geschossen war und er merkte nicht recht, wie dieser unruhig wurde.
“Ich… dann… ich hätte gerne, dass wir mal gemeinsam in die Berge gehen?”, fragte Lev mehr, als dass er eine Aussage tätigte. Yaku ertappte sich dabei, dass er das wirklich gerne machen würde. Also nickte er und rückte etwas näher. Levs grüne Augen begannen zu strahlen. Yaku teilte sein Lieblingsunterrichtsfach, es stimmte nicht mit dem von Lev überein. Dafür mochte er Levs Lieblingsgetränk nicht. Yaku war außerdem Morgenmensch und Lev hasste es, früh aufzustehen. Aber sie verbrachten gerne Zeit mit ihren Familien. Und sie wollten beide einen Job haben, wo man viel Kohle verdienen konnte. Yaku würde gerne weiter Volleyballspielen, Lev war sich unsicher. Aber: “Ich mag es, wenn mir Kenma zuspielt”, sagte er und war nun derjenige, der mit einem Näherrücken gerechnet hat. Yaku blieb sitzen. Er schmunzelte.
“Kenma spielt mir nie zu”, sagte er und Lev wurde umgehend traurig. “Lev? Ich bin Libero. Ich darf nicht angreifen”, erklärte Yaku und Lev nickte langsam. Er war bei den Regeln des Volleyballs noch immer nicht standfest. “Dann nehm ich was anderes!”, sagte Lev. Yaku hob die Augenbrauen. “Warum? Lass mich einfach was sagen”, meinte er und Lev schüttelte den Kopf. “Nein, ich will, dass du mir näher kommst”, sagte Lev und nun schoss Yaku die rote Farbe in die Wangen. “Wa-was?”
“Na ich will, dass du auch was magst, was ich mag” Natürlich. Yaku seufzte. Was hatte sein Kopf da gerade versucht, mit ihm zu machen?
“Ja, dann mach halt”, sagte Yaku, weil das Ziel des Spieles immerhin seinen Zweck erfüllte. Es erfüllte solange seinen Zweck, bis sie wussten, dass sie beide die Play Station der xBox vorzogen, aber Yaku Horrorfilme mochte und Lev dabei Angst bekam. Dafür liebten sie beide Zitroneneis und tranken zum Frühstück Milch. Lev mochte es, wenn ihn seine Schwester bei seinem Spitznamen nannte. Yaku mochte Spitznamen nicht. Er hasste sie sogar. Und irgendwann hatte Yaku seine Beine angewinkelt über den ausgestreckten Beinen von Levs gestemmt und stützte seine Arme an den Knien ab, während sie einfach nur mehr sprachen und keine platzierten Aussagen mehr trafen, worauf sie näher rückten. Sie waren bereits nahe. So lange bis Lev sagte: “Ich mag dich, Yaku-senpai” und Yaku wieder Abstand aufbaute. Es war nicht, weil es unangenehm war. Es war, weil es für einen Moment schön war.
“Es ist spät”, sagte er rasch und rappelte sich umgehend auf. “Du hast das Spiel gewonnen, gratuliere”, murmelte er mehr. Lev stand langsam auf. “Aber da gibt es doch keinen Gewinner oder?”, fragte er. Yaku schüttelte den Kopf. “Hast schon recht, aber… nichts aber. Geh nach Hause. War gut so”, sagte Yaku und ergriff regelrecht die Flucht.
▽▹◆◃▽
Yakus Gedanken waren viel zu lange seiner verflossenen Liebe nachgehangen.
Verschwendete Zeit. Vertaner Kummer. Wertlose Tränen, die er immerzu versteckt hat. Und für was? Für einen oberflächlichen Angeber, der keinerlei Respekt vor den Gefühlen von anderen hatte. Sonst hätte er mit Yaku Schluss gemacht, bevor er ihn verletzt hätte - Schwachsinn, das hätte Yaku genauso verletzt… So, wie es war, war es leichter.
Denn Yaku konnte schlecht von Arashi denken. Er konnte all seine Wut in diese schönen grünen Augen fokussieren. Wenn er in den Polster schlug, konnte er an das freche Lächeln denken, das ihm manchmal den Verstand raubte. Das tat es immer noch. Nur anders und einzig in seiner Erinnerung.
Yaku würde nie wieder auf einen Jungen dieser Art hereinfallen.
Lev würde ihn nicht um den Finger wickeln, wie Arashi. Lev würde ihm keine schöne Augen machen, wie Arashi - was war er verrückt nach diesen Augen!
Lev würde sich nicht einfach so in sein Herz schleichen und sein Leben auf den Kopf stellen, nicht wie Arashi.
Da war er sich ganz sicher und dennoch saß Yaku nach dem Spiel an seinem Schreibtisch und verzweifelte vor den Hausaufgaben.
“Lev”, der Name streifte seine Gedanken. Genauso plötzlich erschien ihm dieses blöde Grinsen vor seinem geistigen Auge, in Kombination mit den grünen Augen etwas, das seinen Puls augenscheinlich erhöhte.
“Lev”, sagte er laut heraus. Es klang seltsam. Nicht, wie die anderen es sagten und erst recht nicht so, wie Lev es ausgesprochen hat, als er sich damals vorgestellt hat.
“Lieff”, versuchte er es besser und fand es noch schrecklicher. Das war es nicht. “Lie…Lii… Lje… Ljeff?” So lange bis es irgendwann nur noch bekloppt klang und Yakus Kopf mit einem Seufzen mit der Stirn auf der Tischplatte aufschlug.
Genauso hart schlug es auf, als Yaku merkte, dass er seine Wut nicht mehr in diese grüne Augen fokussierte. Wenn er merkte, dass er nicht mehr in den Polster schlug und nicht mehr an Arashis freches Grinsen dachte, sonders Levs Kichern, das ihm den Verstand rauben wollte.
Und da erkannte Yaku sein riesiges Problem: Er entwickelte eine Schwäche für den naiven Jungen. Denn, wenn er eines mit Sicherheit wusste: Lev war nicht ein Junge dieser Art.
▽▹◆◃▽
“Ich glaub, ich steh auf dumme Jungs”, seufzte Yaku am Weg zum Training. Kuroo grinste nur blöde vor sich hin. “Mhm”, machte er und ließ Yaku weiterreden. “Weißt du… die enttäuschen einen nicht. Man weiß genau, wo man bei ihnen steht. Sie sind ehrlich und können gar nicht so weit denken, einen zu hintergehen.” - “Alter, hast du das aus so nem Mädchen-Heftchen? Das klingt so dramatisch… Dumme Jungs enttäuschen dich nicht… Mensch, Yakkun!” Kuroo schüttelte lachend den Kopf. Aber Yaku war nicht zum Lachen. Das war nicht aus einem Mädchen-Heft. Er meinte das ernst und genauo ernst sah er Kuroo auch an.
“Also Lev?”, fragte der, nachdem er sich beruhigt hatte. Es überraschte Yaku nicht, dass Kuroo die wenigen Hinweise verstanden hat. Also sagte er nichts darauf. Das reichte auch. “Und glaubst du, er steht auch auf dich? Bei ihm hab ich echt keinen Plan”, legte Kuroo offen, was auch für Yaku ein Problem war. Er wusste nicht, was Lev gemeint hat, als er ihm gesagt hat, er mochte ihn. Lev war im Training nicht eigenartig gewesen. Er war wie immer. Vielleicht achtete er ein klein wenig mehr darauf, was er sagte, vielleicht überhörte es Yaku nur auch bereits hier und da. Immerhin standen die Playoffs fürs Frühlingsturnier an. Levs erstes großes Turnier. Ob er nervös war? Bestimmt nicht. Er war sich des Drucks sicher nicht bewusst. Lev musste einfach noch so viel lernen.
Respekt, Annahmen und Teamplay, denn das klappte auch im nächsten Training nicht recht. Auch beim Zusatztraining mit Yaku nicht.
“Mensch Lev, geh doch mal richtig in die Hocke. Du hast auch Kniegelenke”, knurrte er und machte den nächsten Aufschlag. Sie waren allein zurückgeblieben. Hatten Kuroo versprochen, aufzuräumen und abzuschließen. Yakus Aufschläge waren nicht schlecht. Solide und eigentlich perfekt zum Üben. Für mehr waren sie auch nicht, denn im regulären Spiel konnte er sie nie einsetzen. Ein kleiner Wermutstropfen, den Yaku nicht bedauerte.
“Der Boden ist für mich viel weiter weg”, quengelte Lev. Und da hörte es auch Yaku wieder. Es war nie weggegangen. Aber dennoch, Levs Dackelblick machte Yaku bewusst, dass es keine Absicht war. Naiver Trottel. Yaku seufzte.
“Ich will, dass du zumindest einen Ball in den Bällekorb triffst, danach kannst du heimgehen”, schlug er vor und lieferte Lev noch zwanzig Vorlagen, bis es endlich geklappt hatte.
“Das war astreine Sahne!”, lobte sich Lev selbst. “Ja… war okay”, meinte Yaku darauf und trug Lev auf, ihm die Bälle, die in der Halle verteilt lagen, zuzuwerfen. Da zeigte er ihm auch, was wirklich astreine Sahne war. Denn jeder einzelne Ball wurde von Yaku angenommen und im Bällekorb versenkt.
“Yaku-senpai! Das war total krass”, gab Lev begeistert von sich, dass es Yaku sogar etwas unangenehm wurde. Das mit dem Lob war nicht seine Sache. Er tat sich schwer, es zu geben, aber noch schwerer, es anzunehmen. “Gar nicht… aber nächstes Mal üben wir so lange, bis du das machst, okay?” Die Halle war aufgeräumt. Alles verstaut und die beiden waren in die Umkleide gegangen. “Wenn ich das dann kann, will ich gerne länger mit dir trainieren”, sagte der große Junge und war auch schon aus seinen Trainingsklamotten gesprungen. Ja, er musste gesprungen sein, so schnell war das gegangen. Yaku stand vor seiner Sporttasche und hatte gerade mal seine Schuhe ausgezogen, da fiel sein Blick ganz unbewusst über Levs Körper und ihm fiel mit roten Wangen auf: Alles an Lev war größer. Seine Beine und Arme natürlich. So wahnsinnig lang. Sein Rumpf, der Bauch. Größer, nicht dick. Die Schultern waren so viel breiter und-
“Yaku-senpai? Hast du den Schlüssel?”, fragte Lev, aber war, bevor er eine Antwort bekommen hat, unter die Dusche gelaufen. Yaku fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. “Wenn du ne Frage stellst, warte zumindest die Antwort ab, du Hornochse”, rief er ihm nach. Aber natürlich hatte er den Schlüssel. Er war in seiner Trainingsjacke, die er überwarf, denn er würde zuhause duschen. Dass er so gestarrt hat und selbst gemerkt hat, wie warm seine Wangen wurden, war ihm unangenehm. Er würde nicht allein mit Lev unter der Dusche stehen. Nein. Ihm vielleicht auch noch die Seife reichen, weil der Tollpatsch sie hat fallen lassen. Nein! Nein! Und nochmals Nein!
“Nein! Nein! Und nochmals Nein!”, schallte es auch kurz darauf durch Yakus Kopf, als er mit Lev die Halle absperrte und das Schulgelände verließ. Eine viel zu bekannte aber längst verdrängte Stimme bohrte sich durch seine Gehirnwindungen.
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“Mori-chan~” und Yaku blieb wie angewurzelt stehen. Mit ihm hat er hier nicht gerechnet. Nirgendwo jemals! Er hat Arashi in Gedanken zum Teufel geschickt. Er hat abgeschlossen! Dachte er. Denn sein verräterisches Herz wollte ihm eines Besseren belehren.
“Hey!”, rief dann Lev und stellte sich direkt neben Yaku, den es dadurch aus seiner Trance riss.
“Nenn Yaku-senpai nicht so! Er mag das nicht”, machte sich der große Junge noch viel größer. Yaku sah erstaunt neben sich, aber direkt darauf wieder zu Arashi, der mit seiner üblichen Art lachte. “Ach, ich darf das”, sagte er und trat näher an sie heran. Vor Lev hob er den Kopf etwas an. Nicht, weil er hätte hochschauen müssen. Nein, Arashi übte diesen Blick des auf ihn herabschauen. Yaku schauderte.
“Oh, entschuldige, das wusste ich nicht”, sagte Lev darauf und Yaku verdrehte die Augen. Natürlich mochte er es auch bei Arashi nicht. Jetzt noch weniger als damals. Und dennoch. Arashi hatte recht. Er durfte das.
Immer noch.
“Du musst dich nicht entschuldigen, Lev. Und eigentlich musst du ihm auch gar nicht erst deine Aufmerksamkeit schenken”, sagte Yaku und ging direkt an Arashi vorbei. Doch der griff nach seinem Handgelenk, noch bevor Yaku ihn passiert hatte. “Ich will dir nichts Böses. Ich will mit dir reden. Bitte”, sagte er mit sanfter weicher Stimme. So, wie er mit Yaku gesprochen hat, als das zwischen ihnen angefangen hatte, ernst zu werden. So, wie er mit ihm gesprochen hat, nachdem sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten und er sich nach Yakus Befinden erkundet hat. So, wie er mit ihm gesprochen hat, wenn er sich entschuldigte. Yaku schluckte. Er entriss ihm nicht die Hand und sah stattdessen zu Lev. Verdammt. Die beiden könnten Geschwister sein. Lev wollte gerade etwas sagen, aber Yaku hinderte ihn. “Schon gut, Lev. Geh nach Hause. Wir sehen uns morgen, ja? Und dann steht unser Date für Nachmittag?”, fragte er und meinte eigentlich nur ihr zusätzliches Training. Lev starrte ihn perplex an. “Nach Hause. Wir reden morgen”, sagte Yaku eindringlich. Wie konnte er nur davon ausgehen, dass Lev zwischen den Zeilen lesen konnte? Lev wusste doch nicht mal, dass sein Brother from an other Mother Yakus Ex-Freund war und er konnte nicht ahnen, dass Yaku Arashi eifersüchtig machen wollte. Aber Lev verstand den strengen Blick. Yaku ahnte nur nicht, dass Lev am Heimweg gleich sein Handy zücken würde und Fukunaga anrufen würde, um ihm zu sagen: “Du wirst nicht glauben, was passiert ist! Yaku-senpai hat mich nach einem Date gefragt.” Bescheidene Situation. Aber Yaku wusste es ja nicht.
Yaku stand kurz darauf mit Arashi vor dem Tor der Schule und maß ihn eines Blicks, der ihn zum Reden bringen sollte. Aber Arashi schnappte natürlich das falsche Thema auf. Also, das richtige, aber falsch.
“Hast nen Typ, hm?”, fragte er. Yaku schnaubte. “Also ist das ernst zwischen euch beiden?”, fragte Arashi. Yaku kam nicht drum herum, ihm anzusehen, dass er unsicher war. Premiere! Arashi war noch nie unsicher. Yaku schüttelte den Kopf. “Nein, eigentlich gar nicht”, er konnte vor Arashi nicht lügen. Er wusste, er würde ihn durchschauen. Yaku musste auch nicht sagen, warum er von einem Date gesprochen hatte. Arashi verstand. Er legte wieder sein bekanntes selbstsicheres Grinsen auf.
“Ich hab dich vermisst”, sagte er. Yaku schnaubte wiederholt. “Hast du dir selbst eingebrockt”, erwiderte er. Sein Herz klopfte schneller aber sein Verstand hämmerte auf ihn ein, dass er sich nicht um den Finger wickeln lassen durfte. Er durfte Arashi nicht vergeben. Er durfte nicht weich werden. Er durfte nicht…
“Deswegen bin ich hier. Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Aufrichtig. Weil ich einen riesigen Fehler gemacht hab”, sagte er. Yaku sagte nichts. Der kühle Herbstwind wehte an ihnen vorbei. Er wehte durch Arashis Haar und spielte ihm lose Strähnen ins Gesicht.
“Mhm… und wozu?”, fragte Yaku und setzte sich in Bewegung. Er wollte sich das eigentlich gar nicht anhören. Er, mit seinem Verstand und der Vergangenheit. Sein Herz versuchte, seine Beine aufzuhalten, aber diese Impulse gingen immer noch vom Gehirn aus, das Yaku im Griff hatte. “Weil ich verstanden hab, wie besonders das war, was wir hatten. Und nein, ich sag das nicht, weil er mich fallen hat lassen. Du weißt schon wer. Ich hab Schluss gemacht mit ihm. Wegen dir”, erklärte Arashi und dann gewann das Herz. Yaku blieb stehen. Arashi war mitgegangen. “Wegen mir?”, fragte er verdutzt. “Ja, wegen dir. Weißt du… ich hab das damals nicht geplant. Es war… ich weiß nicht. Es war wie so ein Totalausfall. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung und das will ich auch gar nicht gut reden. Das war richtig scheiße von mir, Mori. Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich dir das angetan hab”, sprach Arashi weiter. Yaku hob die Augenbrauen. Er wartete auf dieses ”Aber”. Doch es kam nicht. “Es tut mir leid”, wiederholte Arashi.
“Naja, kann man jetzt eh nichts machen”, sagte Yaku und zuckte mit den Schultern. Sein Blick traf Arashis schöne grüne Augen. Voller Wärme und Abenteuer. Das schöne Gesicht. Die schneidigen Züge. Arashi war in diesem halben Jahr noch so viel attraktiver geworden. Yaku fragte sich ehrlich, wie das überhaupt möglich war.
“Doch! Und ich will was machen, Mori-chan. Ich will alles machen, dass du mir vergibst und… mir noch eine Chance gibst”, sagte Arashi. “Du willst, dass ich dir einfach vergebe, dass du mich von vorne bis hinten betrogen hast? Mehrfach?” Nun wurde Yaku wieder wütend. Fast hätte auch Arashis Schienbein seinen Groll gespürt, aber sein Ex-Freund war vor ihm auf den Boden gegangen. Nicht so kitschig, wie es andere gemacht hätten, einen Antrag zur Entschuldigung. Pffft, das wäre einfältig gewesen. Aber Arashi war nicht einfältig. Er hatte sich hingekniet und in die devote Position gewechselt. Der Kopf war tief gesenkt, die Hände zu Yakus Füßen übereinander auf dem Boden.
“Nicht einfach. Und nicht von vorne bis hinten”, sagte er. Arashi zitterte. Es war kalt, keine Frage, aber nicht so kalt, dass man frieren musste. Noch nicht. Wenn die Sonne vollends untergegangen war vielleicht. Noch gab sie Licht. Stimmungsvolles Licht und etwas Wärme.
Yaku schluckte. “Dann erklär mir, was passiert ist und was du dir dabei gedacht hast”, forderte Yaku. “Und steh wieder auf”, presste er nach. Das war ja peinlich!
“Alles?” - “Natürlich alles!” und dann erzählte Arashi.
Arashi war wahnsinnig in Yaku verliebt gewesen. So auch, als ihn dieser eine Junge geküsst hat. Damals, als Yaku sie erwischt hatte und sie ihren ersten Streit hatten. Es war ein Missverständnis. Nicht ganz. Aber doch. Arashi hatte es nicht initiiert. Arashi hat es nicht gewünscht. Aber er hat es provoziert. Denn er wusste um die Gefühle des anderen Jungen. Die beiden hatten in deren ersten Klasse einmal einen, wie sagte man? Einen Moment. Aber Arashi hat kurz darauf Yaku auf der Tribüne kennengelernt, als dieser mit Daisho das Promospiel zum Tag der offenen Tür beobachtet hat.
“Wir hatten noch was offen. Und… er war ja süß und das hab ich ihm gesagt, aber nicht, weil ich wollte, dass er mich küsst. Ich wollte ihm gut zureden. Weil, naja… weil ich mir sicher war und immer noch bin, dass er jemanden findet, der besser zu ihm passt als ich. Aber er hat es falsch verstanden und dann warst du da und ich wollte nicht, dass du davon weißt, weil ich wusste, dass du wollen würdest, dass ich das endgültig kläre, aber mir war das zuwider. Ich war zwar immer eher so ein Einzelkämpfer, aber ich kann echt nicht damit umgehen, wenn jemand traurig ist. Und deswegen tut es mir so leid, dass ich dich traurig gemacht habe, Mori-chan”
Stille. Wieder zog der Wind um sie.
Yaku atmete einmal tief ein und langsam wieder aus. Arashi sah ihn an wie so ein Katzenjunges, das im Vorbeilaufen eine Vase zerdeppert hatte und nun erwischt wurde und tatsächlich nichts dafür konnte. Zur falschen Zeit, am falschen Ort. Mit der falschen Geschwindigkeit. Manchmal spürt man sich nicht. Arashi spürte sich manchmal nicht. Er wusste nicht immer, was für eine Wirkung er auf andere hatte. “Und zugegeben, ich mochte das Gefühl, von ihm begehrt zu werden. Aber nicht, weil ich seine Zuneigung wollte. Das verstehst du doch oder?”, fragte er. Yaku verdrehte die Augen. “Ja, ich weiß, dass du drauf stehst, wenn dir die Weiber und Kerle nachschauen… Man könnte meinen, du und Toru Oikawa wärt verwandt”, sagte Yaku. Der Gedanke brachte ihn wirklich kurz dazu amüsiert zu schnauben. “Oh, über Oikawa könnte ich dir auch einiges erzählen, aber das machen wir ein andermal oder?”, schlug Arashi vor. Fast wäre Yaku darauf eingegangen, aber da war noch etwas anderes. Etwas Schwerwiegendereres.
“Und der andere Kerl? Der, der kein Missverständnis war?”, fragte er streng nach. Arashi nickte langsam. Auch das wollte er erklären.
“Da muss ich etwas weiter ausholen”, seufzte er. Yaku verschränkte die Arme vor der Brust. “Tu es”, forderte er. Arashi schmunzelte. So kannte er seinen Yaku. “Du und ich hatten damals echt ne Durststrecke und nein, bitte versteh mich nicht falsch. Das ist kein Vorwurf und wirklich keine Entschuldigung dafür. Aber es ist, was es ist. Noba und ich haben viel gesprochen damals. Er und seine Freundin hatten auch Probleme. Also tiefere als du und ich. Bei uns war es ja nur die Zeit und mein Ego, weil du mich vernachlässigt… nein, weil ich mich vernachlässigt gefühlt habe. Du hast dich ganz zurecht auf Volleyball konzentriert. Auch wenn ich bis heute nicht verstehe, was so toll daran ist… aber naja, darum geht es ja nicht”, holte Arashi aus und Yaku fühlte sich tatsächlich etwas schlecht. Denn ja. Er hatte Arashi vernachlässigt. Das hätte dieser auch einfach so stehen lassen können. Es beeindruckte ihn, wie er das zurückgenommen hatte und nur auf seine Wahrnehmung einging und ihm sagte, dass er sich so fühlte. Dass er wohl wusste, dass Yaku es gar nicht gewollt hatte. Nicht bewusst zumindest. Was war in den letzten Monaten bitte passiert, dass dieser Junge so einsichtig geworden war? So selbstreflektiert. Yaku war beeindruckt. Und zeitgleich sauer, weil Arashi erst jetzt so weit war. Er seufzte und Arashi sprach weiter.
“Wir haben also viel gesprochen und dann haben sich Gefühle entwickelt. Zusätzliche. Mori-chan, ich hab dich immer geliebt und immer nur dich. Das mit Noba, das war… es war anders. Es war wie einen Gleichgesinnten zu haben und ich wusste auch nicht, dass er auch Kerle steht. Ich war wie immer. Flirty, ich weiß ja, du hasst das, aber du kennst mich und das tut mir auch leid. Es war mit ihm, als hätte ich mir gewünscht, jemanden zu haben, der genau wie ich ist. Aber durch ihn hab ich gemerkt, dass ich mich gar nicht so gern mag…”, sagte Arashi und zog die Lippen zu einer Schnute. “Ich weiß wirklich nicht, wie ich deine Liebe je verdient habe, Mori-chan und wie ich auch nur einen Moment glauben wollte, ein anderer Junge würde mich über die Zeit bringen können, die du nicht bei mir bist” Arashi seufzte tief. “Moment”, sagte Yaku und musterte Arashi eindringlich. “Warst du eifersüchtig auf Volleyball?”, fragte er und Arashi wandte den Kopf ertappt zur Seite. “Vielleicht”, murmelte er. “Hey, du wolltest ehrlich sein und alles erklären”, erinnerte Yaku. Arashi nickte. “Okay. Ja. Ich war wahnsinnig eifersüchtig auf Volleyball”, gab er zu. Yaku lachte. “Ich war lange sauer auf Basketball”, sagte er. Auch Arashi lachte. Aber kurz und verhalten. “Das tut mir leid, das war meine Schuld”, sagte er und holte nun auch selbst tief Luft, wie Yaku zuvor.
“Es war wie eine Ablenkung, ein Trösten und auch viel für mein Ego. Noba hat mit seiner Freundin Schluss gemacht. Für mich und ich hab zuerst echt nicht gewusst, wie ich damit umgehen sollte und hab ihn erinnert, dass ich dich habe, aber er wusste, dass ich nicht glücklich bin. Ich war echt nicht glücklich, aber glaub mir, ich hab dich immer geliebt. Ich habs immer ernst mit dir gemeint und dann war ich so hingerissen, weil er sich für mich entschieden hat. Gegen seine Freundin, gegen einige seiner Trainingsstunden. Für mich. Nur für mich und ich war so dumm und hab das höher gewertet, als deine Leidenschaft für deine Hobbys und deine Freunde und deinen Erfolg und ich hab mich hinreißen lassen. Ich hab mich jedes Mal schlecht gefühlt. Erst nicht, erst hab ich es wahnsinnig genossen, aber danach war es immer Scheiße. Ich hab ja gewusst, was ich dir antue. Aber ich dachte… wenn du es nicht mitbekommst und wenn ihr beim Frühlingsturnier nicht weiterkommt, dann kann ich dich endlich wieder für mich alleine haben und dann hätte ich Noba nicht mehr gebraucht und er hätte das mit seiner Freundin klären können, aber ich hatte die Chance nicht. Und das wäre auch falsch gewesen. Ich hab dich hintergangen, das ist wahr, aber ich habs nicht gemacht, um dich zu verletzen, oder weil du mir egal warst. Es war das Gegenteil. Es war, weil ich so verrückt nach dir war und immer noch bin, dass ich es nicht ausgehalten habe und ich habs falsch gelöst” - “So falsch.” Arashi nickte. Yaku atmete wieder konzentriert.
“Du bist wirklich ein richtig dummer Mensch, weißt du das?”, sagte Yaku und Arashi nickte wiederholt. “So dumm”, gab er nach. Yaku war hin und her gerissen. In seiner Brust fühlte es sich seltsam an. Er hätte Druck erwartet, dass es ihm alles zuschnürte, aber sein Herz war offen. Es schlug langsam, aber laut, als schubse es ihn.
“Und dann?”, fragte er und steckte die Hände in seine Trainingsjacke. Nicht, dass sein Herz einen Impuls zum Hirn schickte und dieses nachgab. “Und dann, als du mich gerechterweise zum Teufel geschickt hast, hab ich es mit Noba probiert. Aber es hat mich nicht überrascht, dass es nicht funktioniert hat mit ihm. Ich hab immer nur an dich gedacht. Ich hab sogar eure offiziellen Spiele gesehen”, sagte Arashi, aber wurde gegen Ende immer leiser. “Trottel”, lachte Yaku und schüttelte amüsiert den Kopf. Er hatte Arashi nie gesehen, ihn ja aber auch nie gesucht. Und dann spürte er Arashis Hand an seiner Wange. Seine Augen trafen auf die funkelnden Saphire, die durch die untergehende Sonne noch so viel wärmer aussahen. So wie damals, bei ihrem ersten Mal, wo Arashi ihn gefragt hat, ob alles in Ordnung war. Das tat er auch jetzt. “Ist alles in Ordnung?” Yaku nickte und Arashi küsste ihn.
Chapter 4: ... or do the one right thing?
Chapter Text
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Manchmal passt nicht alles in eine Trilogie. Manchmal muss der dritte Teil gesplittet werden.
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Und dann hatte Yaku plötzlich 2 große Probleme, die ihm über den Kopf gewachsen waren. Das eine war immer noch ein verzogener Bengel, der allerdings genau wusste, wie er mit ihm umgehen musste, um ihn handzahm aus der Hand zu fressen. Arashi war ein Meister in der Verführung, charmant und nun ja, er wusste es nunmal nicht besser. Arashi hat immer alles bekommen, was er wollte und Yaku liebte es, dass er sein Begier war.
Aber da war auch das andere Problem. Das, das so naiv und manchmal unerlaubt dumm sein konnte. Lev hat zum nächsten Training Schokolade mitgebracht, weil Yaku es vor Arashi als Date deklariert hat. Dumm. Von Yaku.
Gut für Yaku war, dass Lev sonst nicht viel Ahnung von Dates und somit keinerlei Erwartungen hatte. Yaku konnte also problemlos sagen: “Sorry, das funktioniert so für mich nicht”
Nicht so problemlos, wie er glaubte. Es funktionierte für Yaku nicht, Levs Aufmerksamkeit zu genießen, wenn er doch mit seinem Exfreund zusammen war, der ja nun wieder sein Freund war. Also nicht mehr sein Ex. Egal. Er war mit Arashi zusammen und Lev war ein Störfaktor. Ein Störfaktor, der Yaku nicht mehr aus dem Kopf ging. Nicht nur beim Training. Auch, wenn er im Unterricht saß oder wenn er allein daheim in seinem Zimmer war und Hausaufgaben machte, lernte oder versuchte, einzuschlafen. Lev war kein Störfaktor, wenn Yaku bei Arashi war.
Arashi… der weiterhin verzogene Rich Boy, wie Kuroo ihn nannte. “Hättest wohl auch gern nen Gönner”, hat Yaku ihm gegenüber frech erwidert und Kuroo hat nur gelacht und erwidert, er wüsste ja nicht, was noch alles passieren könnte. Wusste er wirklich nicht. Wussten sie alle nicht.
Arashi wohnte nun in einer eigenen Wohnung. Klein, aber fein und vor allem von den Eltern finanziert, weil Arashi studierte und sich fürs Jobben zu schade war. Die Wohnung war für Yaku ein Segen wie ein Fluch zugleich. Denn zuallererst war sie der perfekte Zufluchtsort für das frisch wiedervereinte Pärchen, aber sie hatte für Yaku nichts Heimeliges, weil es an Einrichtung und Dekoration fehlte.
“Das liegt mir nicht”, hat Arashi in einer Unterhaltung darüber gesagt. “Wie kann dir das nicht liegen, du bist der Inbegriff eines schwulen Mannes”, hat Yaku erwidert und hätte über sein Vergangenheits-Ich lachen können. Ja, Arashi war immer schon deutlich erkennbar schwul. Manche trafen das Klischee eben perfekt. Arashi hat es immer perfekt getroffen und dennoch war Yaku so lange blind gewesen. Egal war es jetzt, weil er und Arashi nun endlich glücklich waren. Weil er nun endlich in den Armen des Jungen liegen konnte, der ihm auch jeden Wunsch von den Lippen ablas. Arashi erkannte an Yakus Laune, wann er für Pizza sorgen musste und wann er ihn als nackter Mann in Empfang nehmen konnte.
Aber Arashi merkte noch etwas.
“Du redest nie über den großen hübschen Jungen von letztens”, sagte er, als Yaku vom letzten Training erzählte. Dabei ging er eigentlich immer auf alle ein. Kuroo und Kai, seine Jahrgangskameraden, aber natürlich auch von Kenma und Fukunaga und Yamamoto, die Zweitklässler, die bald alles in der Hand haben würden und auch vom aufgeweckten Inuoka und dem leidenden Teshiro. Öfter mal über den Junglibero Shibayama, aber tatsächlich nie über Lev. “Und? Ist das ein Problem?”, fragte Yaku und rollte sich aus der Umarmung. Eigentlich hat er genossen, dass Lev hier keinen Raum hatte. Dass Lev, der ihm in der Schule den letzten Nerv raubte, hier kein Waltungsspielfeld hatte. “Weiß nicht. Ist es?”, gab Arashi die Frage zurück und Yaku runzelte die Stirn. “Natürlich nicht”, sagte er. Er schüttelte den Kopf und versuchte, die Aufmerksamkeit wieder an den Anime zu lenken, den sie gerade sahen. Auch so offensichtlich schwul. Und auch der offensichtliche Grund, warum Arashi Lev angesprochen hat. Victor Nikiforov. Er sah Lev zum Verwechseln ähnlich. Für eine Animefigur zumindest.
Arashi war nicht dumm. Er wusste, dass da mehr dahinter war, er wusste aber auch ganz genau, dass er jetzt nicht darauf herumreiten durfte. Yaku würde seine Tasche packen und heimlaufen und Arashi wollte ihn bei sich haben.
“Und? Wirst du mich für die Playoffs versetzen?”, fragte Arashi. Yaku seufzte. “Wie kann man so eifersüchtig sein?”, war die Gegenfrage. Zumal Arashi eigentlich derjenige war, der Gründe zur Eifersucht gegeben hat. Früher. “Ich bin nicht eifersüchtig”, schmollte Arashi. “Ich will nur wissen, wie viel ich von meinem Mori-chan haben kann in dieser schrecklichen Zeit”, sprach er weiter. Yaku stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite. “Du wirst es überleben” - “Nur, wenn du mich jetzt küsst”
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Arashi überlebte die Phase der Playoffs. Genauso wie Yaku es überlebt hatte. Spärlich. Mit Schmerzen.
“Yaku-san, brauchst du Hilfe?”, fragte Lev nach dem Spiel gegen Nohebi. “Sicher nicht”, knurrte Yaku. Sein Knöchel war verstaucht, vielleicht sogar angeknackst, aber er würde schon hinaus humpeln können. An Kuroo und Kai gestützt hat er sich vom Spielfeld schleppen lassen. Es war ja nicht so, als hätte er noch einen zweiten Fuß, dem nichts passiert war.
“Sorry, wollte nicht so gemein sein”, druckte er nach, aber verzog sich darauf so schnell ihn sein stabiles Bein tragen konnte. Draußen traf er auf Daisho.
“Gutes Spiel”, gestand dieser. Yaku blieb stehen. “Hat mir mit Mika geholfen”, sprach Daisho weiter. Yaku grinste. “Also immer noch Mika?”, fragte er und Daisho nickte. “Sie ist die Eine. Und bei dir? Immer noch der Kerl vom Tag der offenen Tür?”, fragte der sonst so gehässige Kapitän. Ihn und Yaku verband einfach etwas. Sie waren sowas wie Freunde gewesen. Nie Feinde, nie richtig eng, aber irgendwie, ja, sie hatten sich doch die meiste Zeit ganz gut verstanden. “Ja, irgendwie schon”, sagte Yaku und wollte weiter humpeln. “Beeindruckend. Hätte nicht gedacht, dass du auf Kerle stehst. Weißt du, bei mir im Team gibts da auch jemanden, aber ich könnte das nicht. Schon allein wegen Mika.” Daisho konnte von Glück reden, dass Yakus Sprunggelenk beleidigt war, sonst hätte er jetzt den Schienbeintritt seines Lebens bekommen. “Kann dir doch schnurz sein, auf wen ich steh. Aber… wie meinst du das? Stehst du auf nen Kerl bei euch im Team?”, fragte Yaku und schwang von sauer zu neugierig über. Daisho schüttelte den Kopf. “Nicht doch! Einer, der auf mich steht. Aber der kriegt mich nicht rum”, klärte Daisho auf.
“Tja, wenn man vom Teufel spricht”, lachte er verhalten, als Hiroo aus der angrenzenden Umkleide aus auftauchte. Sein müder Blick wanderte von Daisho zu Yaku und wieder zurück zu Daisho. “Ich bin nicht der Teufel”, sagte er und riss sich mit einem Blick weg, dem Yaku all die Bedeutung, die ihm Daisho vermitteln wollte, andichten konnte. “Unangenehm”, sagte er. “Aber ich muss jetzt eh weiter. Man sieht sich. Oder auch nicht. Viel Glück beim Frühlingsturnier” Die beiden brauchten keine große oder gar offizielle Verabschiedung. Die leicht angehobene Hand und ein Nicken reichten.
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“Mori-chan! Was ist passiert?”, fragte Arashi umgehend, als Yaku bei ihm bei der Tür rein humpelte. “Nichts”, murrte Yaku und ließ die Sporttasche in dem kleinen Vorraum fallen. Er bemühte sich nun, die Schmerzen so gut wie möglich zu verdrängen und so normal wie möglich zur Couch zu kommen. “Wir haben gesagt, wir sind immer ehrlich zueinander”, drängte Arashi. Er war ja nicht dumm und ging zum Kühlschrank ein Kühlpad zu holen. Er reichte es Yaku und der nahm es widerwillig an. “Gut, hab mir den Knöchel verstaucht, oder so. Alles halb so wild. Ehrlich. Versprochen”, sagte er und besiegelte dieses Versprechen mit einem zärtlichen Kuss, der schnell mehr wurde, wie es zwischen ihm und Arashi oft war.
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Yakus Verletzung war dann nicht so eine Kleinigkeit, wie er es gerne gehabt hätte. Er musste fast zwei Wochen lang beim Training aussetzen, aber er nutzte die Zeit. Er beobachtete das Team genau und gab Tipps für bessere Annahmen. Vor allem Lev bekam einiges von ihm zu hören, aber das wäre auch so gekommen, hätte Yaku mit ihm auf dem Spielfeld gestanden.
Gerade ertappte er sich dabei, wie er einige Minuten lang nur Lev beobachtet hat. Vielleicht war es auch Kuroos schmutziges Grinsen, das er regelrecht spürte. Da schüttelte sich Yaku ab und versuchte sich auf Shibayama zu konzentrieren, der seit dem Spiel gegen Nohebi einiges an Selbstvertrauen gewonnen hatte. Yaku fragte sich nur, ob es ausschließlich an seiner Zeit am Spielfeld lag oder, hm, vermutlich lag es zur Gänze daran, dass ihn seit ein paar Tagen dieser brünette Kerl abholte. Wie hieß der noch gleich?
“Naoyasu will heute in die Mall gehen, möchte jemand von euch mit?”, fragte Shibayama in einer Pause, und Yaku erinnerte sich: Naoyasu Kuguri. Inuoka war sofort Feuer und Flamme, Lev haderte. “Yaku-san wollte noch eine Extra Stunde machen”, sagte er und sah zwischen Yaku und Shibayama hin und her. “Du kannst auch in die Mall gehen und wir machen das übermorgen, morgen kann ich nicht”, sagte Yaku. Kuroo verschränkte die Arme neben ihm. “Du wirst weder heute noch übermorgen mit Lev trainieren, du musst dein Bein schonen”, tadelte er. Yaku schnaubte. “Ich werd wohl im Stehen Aufschläge machen und Anweisungen geben können. Lev läuft eben mehr als sonst”, erklärte Yaku. Lev schreckte ertappt hoch, aber er nickte schnell. “Natürlich, ich würde nie etwas tun wollen, was Yaku-sans Gesundheit schadet und ich will es heute machen und übermorgen”, drängte er. Schnell war Shibayamas Einladung verflogen, der wohl zumindest erleichtert wirkte, dass Inuoka mitkommen würde. “Wir haben noch nicht so viel geredet und gehen immer nur die paar Meter zum Zug. Dann fährt er sowieso in die andere Richtung”, erklärte Shibayama. Inuoka legte den Kopf schief. “Dann bin ich das dritte Rad bei eurem ersten Date?”, fragte er. Shibayama lief die rote Farbe auf. “Ich weiß nicht”, japste er, da klopfte ihm Kuroo auf die Schultern. “Ach, wie schnell ihr erwachsen werdet”, lachte er und gab Yaku in einem Nebensatz sowas wie die Erlaubnis, dass er mit Lev noch üben durfte.
Lev leistete dann wirklich ganze Arbeit. Yaku machte es ihm nicht nur mit Aufschlägen schwer, sondern auch mit richtig scharf geworfenen Brennbällen, als wären sie beim Handball.
Beim Letzten machte Yaku einen zu weiten Schritt nach vorne und knickte wieder um. “Verdammt”, fluchte er und ging auf der Stelle in die Hocke, Lev war umgehend an seiner Seite. “Yaku-san! Hast du dir wehgetan?”, fragte er und starrte ihn mit seinen großen grünen Augen an. Yaku öffnete den Mund. Eigentlich wollte er ihm sagen, dass er sich keine Sorgen machen sollte, dass er nicht überreagieren sollte und dass er lieber den Ball holen sollte, aber es verschlug ihm die Sprache. Langsam machte er den Mund wieder zu. “Wir sollten Schluss machen für heute. Ich kann eh schon nicht mehr”, schlug Lev vor und Yaku musste gestehen, er hatte den Jungen ganz schön getrieben. Er nickte. “Ja, ja, räumen wir langsam auf und gehen dann”, sagte er, aber Lev ließ ihn keinen Handgriff machen. Süß eigentlich.
Nachdem die Halle wieder so war, wie sie sein sollte und Lev umgezogen war, setzte er sich für einen Moment neben Yaku und der gönnte ihm die Pause. “Du warst wirklich fleißig heute”, lobte er dann auch und Lev strahlte ihn wieder mit diesen großen grünen Augen an. Yaku wandte das Gesicht ab. “Dann lass uns gehen, es ist dunkel und bestimmt wieder richtig kalt.” Mit diesen Worten stand Yaku auf und deutete Lev ihm zu folgen. Sie verließen die Halle, Yaku sperrte zu und dann gingen sie ihren Weg heim. Yaku wusste, dass Lev in seinem Viertel wohnte. Nicht direkt um die Ecke, aber sie hatten fast den ganzen Weg heim.
“Wie geht es deinem Fuß?”, fragte Lev. Yaku zuckte mit den Schultern. “Ist schon okay und… es ist das Gelenk, aber egal”, sagte er und Lev nickte zustimmend. “Wenn du möchtest, kannst du dich stützen”, schlug er vor und hielt ihm den Arm hin, weil er wohl merkte, dass Yaku wieder etwas mehr humpelte. Es tat nicht unerträglich weh, aber das Umknicken war nicht förderlich. Yaku kämpfte mit sich und entschied sich entgegen seiner inneren Stimme. “Danke, Lev”, sagte er und klammerte sich fast schon an den Arm, der ihm geboten wurde. Mit dem Zug beim Gehen war das wahrlich entlastend. “Wehe, du erzählst das den anderen”, forderte er aber. “Ist es dir peinlich, weil du verletzt bist?”, fragte Lev. Yakus Finger drückten sich fester in Levs Jacke. “Nein”, sagte er bestimmt. “Aber es ist nicht gerade toll, okay?” Lev nickte darauf. “Das versteh ich, ich würde das auch nicht wollen. Du beißt wirklich hart durch für Volleyball, Yaku-san, ich bewundere das”, erwiderte der Halbrusse. Sein Blick war auf die Straße und vielleicht ein bisschen gen Himmel gerichtet, so dass auch Yaku den Blick hob. Der Himmel war klar, man könnte bestimmt gut Sterne sehen, wenn die Beleuchtung nicht so grell wäre. Von Kuroo kannte er einen Ort, an dem man das schön machen konnte. Sterne schauen. Als Paar. Weil er das mit Kenma mal gemacht hat. Nicht als Paar. Yaku hoffte, dass Kuroo bald was machte, immerhin stand Weihnachten vor der Tür, das Weihnachtsturnier mit der Karasuno, Aoba Johsei und Shiratorizawa und kurz nach all dem Weihnachtstrubel der westliche Jahreswechsel. Und dann natürlich das Frühlingsturnier. Ganz unbewusst lehnte sich Yaku näher an Lev und nahm nicht nur seine Unterstützung an, sondern genoss seine Nähe und Wärme mehr als es ihm lieb war.
An der Stelle, wo sie sich normalerweise trennten, ging Lev diesmal mit Yaku weiter. “Heute geh ich bis zu dir, wegen deinem Fuß”, sagte er und Yaku nahm es widerwillig an. “Du bist gar nicht so übel”, sagte er und Lev japste. “Dachtest du, ich bin übel?”, fragte er traurig. Sie blieben vor Yakus Haus stehen. Yaku drehte sich zu Lev um und schüttelte den Kopf. “Eigentlich nicht. Ich hab dir unrecht getan”, gestand er. Lev verstand nicht recht. “Ich dachte, du bist nur so dahergelaufener Lulatsch, der nichts am Kasten hat und nur hübsch aussieht”, sagte Yaku, weil er die Verwirrung deutlich sah. Nun aber wurde auch rote Farbe um Lev Nase sehr deutlich sichtbar. “Hey, seid ihr in Russland Kälte nicht gewohnt?”, fragte Yaku, der die Farbe nicht seinem Geständnis anreihmte. “Ich… ich war nicht lange in Russland. Aber… Yaku-san… du findest mich hübsch?”, antwortete Lev und stellte direkt eine Konterfrage. Yaku wandte das Gesicht ab. Nun spürte er die Wärme auf der Haut und ahnte, warum es bei Lev so war. “Ich finde dich auch hübsch, Yaku-san und cool und aufregend und ich bewundere dich und wenn ich ehrlich bin… ich mag dich, sehr sogar. Wenn du mich im Training ansiehst und wenn wir uns in der Schule in der Pause mal sehen, da schlägt mein Herz ganz schnell und Yuki hat gesagt, es geht ihm bei Naoyasu auch so und er hat gesagt, dass das ist, weil er verliebt ist. Yaku-san, ich glaube, ich-”, aber Yaku ließ Lev nicht aussprechen. Seine Hand rutschte aus der Umklammerung am Arm und glitt hinunter zu Levs großen Hand, die er für einen Augenblick einfach nur hielt.
"Du bist echt ein Trottel, dass du auf jemanden wie mich stehst", sagte er und ließ dann los. “Danke fürs Begleiten, Lev. Gute Nacht”, sagte er noch und ließ den großen Jungen einfach stehen. Yaku konnte sich jetzt nicht damit befassen. Er konnte Lev nicht antworten, wie sein Herz gerade raste, weil er ihm solche Worte gesagt hatte, wie sehr sein Magen verrückt spielte und wie übel ihm wurde, weil er sich schlecht fühlte, weil er mit Arashi zusammen war und weil er ihn liebte. Oder? Er liebte Arashi doch.
Yakus Herz stolperte genauso wie sein Körper über die Türschwelle, so schnell war er vor Lev und der Situation geflohen. Yaku stemmte sich mit hastigem Atem gegen die Tür, da kam sein Vater bereits aus dem Esszimmer. “Morisuke, da bist du ja. Essen ist fertig”, sagte er zu ihm. Yaku verneigte sich förmlich vor ihm, rappelte sich schnell auf, die Schuhe zu wechseln, seine Tasche ins Zimmer zu bringen und sich mit frisch gewaschenen Händen an den Tisch zu setzen.
Die Stimmung bei Tisch war irgendwie seltsam, als hätte jemand etwas ausgefressen und Yaku vermutete, dass es einer seiner kleinen Brüder war. Vielleicht sogar zusammen, aber er sprach es nicht an. Erst als seine Mutter die Zwillinge ins Bett gebracht hatte und Yakus Eltern mit Zeitung und Buch im Wohnzimmer den Abend ausklingen ließen, sprach er wieder.
"Kasan? Woher wusstest du, dass Tousan der Richtige für dich ist?", fragte er vorsichtig und die ältere Frau sah mit einem verstohlenen, aber liebevollen Lächeln zu Yakus Vater, dann sah sie wieder zu ihrem Sohn.
"Fragst du wegen dem jungen Mann, der dich heute nach Hause begleitet hat?", fragte sie geradeaus, dass Yaku direkt rot anlief und nun auch wusste, was die Stimmung in diese seltsame Richtung getrieben hatte.
"Du hast das gesehen?", fragte er peinlich berührt, während seine Mutter dem Mann des Hauses sanft in die Seite zwickte. Natürlich hatte sie das gesehen, Mütter sahen alles. Aber das musste sie ihrem Sohn nicht unter die Nase reiben, das merkte er sowieso gerade.
"Deinem Tousan waren meine Gefühle immer wichtiger als seine, gerade anfangs, man will ja nicht den ersten Kerl heiraten, den man findet", kicherte die Frau. "Und du hast es dennoch gemacht", ergänzte Yakus Vater und sie nickte.
Yaku seufzte in der Zwischenzeit. Na toll...
"Und wie... wusstest du es dann?", wollte er es genauer wissen.
"Küss ihn das nächste Mal, dann wirst du es wissen", ging seine Mutter wieder auf Lev ein und Yaku wandte das Gesicht ab. Gab es dieses Gespräch gerade wirklich? "Er ist süß, ist doch nichts dabei", hakte sie nach, doch Yaku empfand das anders. “Aber ich bin mit Arashi zusammen und ich liebe ihn, Kasan.” Da meldete sich sein Vater wieder zu Wort. “Vielleicht ist es auch nur eine Prüfung für eure Beziehung. Ich hab für deine Mutter auf einige Verlockungen nicht reagiert”, sagte er und Yaku seufzte.
"Wow, damit kann ich genau gar nichts anfangen und bin genauso klug wie vorhin. Danke für nichts", sagte er und verzog sich auf sein Zimmer. Die Wangen waren rot und er fühlte sich richtig veräppelt. In seinem Zimmer warf er sich in sein Bett und knurrte angesäuert in den Polster.
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Seit diesem Abend wich Yaku Lev mehr aus denn je und wurde Arashi gegenüber schweigsamer.
“Ihr habt ganz schön viel zu tun, was? Also so mit dem Turnier und dem Abschluss”, sagte Arashi zu Beginn des neuen Jahres. Weihnachten hatte das Paar jeweils bei der Familie verbracht und die Zeit danach waren sie in Arashis Wohnung gewesen. Yaku hatte es nicht gefreut, rauszugehen, weil sie dann vielleicht auf einen Adventmarkt gingen und dann hätte er daran denken müssen, dass er beim Weihnachtsturnier dort vor Lev geflüchtet war und dass er sich unter einem Mistelzweig wieder gefunden hatte und sich gewünscht hat, dass Lev ihn vielleicht doch finden würde. Hat er nicht. Stattdessen hat er kurz darauf Iwaizumi und Oikawa unter genau diesem entdeckt. Auch keine schöne Erinnerung. Iwaizumi hat was besseres verdient als diese Drama-Queen.
“Ist okay, da ich nicht unbedingt studieren will, ist es nicht so schlimm”, antwortete Yaku ruhig. “Also hoffst du immer noch, beim Turnier entdeckt zu werden?”, fragte Arashi. Yaku drehte den Kopf langsam zu ihm um. “Denkst du, ich habs nicht drauf?”, fragte er angespannt. “Natürlich glaub ich, dass du es drauf hast” - “Aber?”, unterbrach Yaku. “Nichts aber. Ich hab einfach das Gefühl, dass du nicht hier bist”, fauchte Arashi und Yaku bäumte sich auf, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, doch da fiel ihm auf, wie fertig Arashi aussah. Als hätte er in den letzten Tagen nicht geschlafen und wenig gegessen, wenn überhaupt. “Was ist los?”, fragte er. Arashi schüttelte den Kopf. “Du bist los, Mori. Du siehst mich gar nicht mehr an, bist mit den Gedanken immer woanders. Eigentlich dachte ich, es wäre wegen der Schule und dem ganzen Training, aber Mann, du hast Ferien, genieß das ein bisschen”, warf er seinem Freund vor und Yaku fühlte sich schuldig. “Ich mach mir Sorgen um uns”, gab Arashi zu.
Yaku seufzte.
“Du musst dir keine Sorgen machen. Es ist nur… ich bin abgelenkt”, gestand nun Yaku. “Lass mich raten, anderer Kerl?”, fragte Arashi durchaus neutral, aber Yaku nahm es bereits als Vorwurf entgegen. “Ich würde dir nie antun, was du mir angetan hast”, knurrte er. Sein Ausdruck wurde ernst, aber auch der von Arashi war überzeugt. “Mori, ich war selbst in der Situation” - “Ich bin nicht in der Situation!” Yaku wurde laut. Arashi lehnte sich mit einem Seufzen zurück in die Couch. “Okay”, sagte er.
An diesem Abend gingen sie ohne ein weiteres Wort zueinander zu Bett. Erst unter der Decke ging die Kommunikation weiter. Auf andere Weise. Sex nach einem Streit. Er war für Yaku die beste Art von Sex. Und danach war auch Arashi wieder lockerer.
Yaku streichelte ihm durch das weiche, aschblonde Haar. “Lass mich den Abschluss machen und ich verspreche dir, es wird alles besser”, sagte Yaku und Arashi nahm das Versprechen an.
▽▹◆◃▽
Der Abschluss kam und nichts wurde besser.
“Arashi, ich liebe dich…”, begann Yaku, doch Angesprochener schüttelte den Kopf, gebar ihm, zu schweigen. “Ich will das ‘aber’ nicht hören. Wenn du mich wirklich liebst, hörst du damit auf, mir Hoffnungen zu machen.” Yaku sah ihn perplex an. “Ich bin nicht dumm verdammt. Ich hab doch gesehen, wie du ihn immer angesehen hast und wie du danach ausgewichen bist, weil du mir gegenüber ein schlechtes Gewissen hast. Ich weiß wie das ist, wenn Gefühle durcheinander kommen”, sprach er weiter. Yaku schnappte nach Luft, blies sie aber wieder aus. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. “Ich hab echt gehofft, wir schaffen es, aber ich hab mir das selbst zuzuschreiben. Ich hätte es erst gar nicht geschehen lassen dürfen, dass du dich in jemand anderen verliebst. Dir gings doch schon so, als wir wieder zusammengekommen sind, oder?”, warf Arashi weiter mit Worten und rohen Vermutungen um sich, die gar nicht so roh waren. Yaku schluckte. Er wich dem eindringlichen Blick aus. Ehrlichkeit. Sie wollten immer ehrlich zueinander sein und nun war er es, der Arashi etwas verschwieg. Nicht aus Arglist oder weil er ihn anlügen wollte. Viel mehr wollte er selbst es nicht wahrhaben. Ob Arashi damals auch so gefühlt hat? Das war ja schrecklich.
“Ich wollte auch, dass es mit uns klappt, Arashi”, sagte er leise. Arashi schnaubte verhalten. “Manchmal bekommen wir wohl nicht, was wir wollen”, murmelte er. Yaku griff nach seiner Hand. Arashi nahm es an. Er streichelte die Finger vorsichtig. Sein Blick wanderte durch das Wohnzimmer, wo seit Monaten immer mehr Fotos von ihm und Yaku in Rahmen aufgereiht wurden. Wo Yaku sich immer mehr in die Dekoration eingemischt hatte und wo man sich nun richtig wohl und Zuhause fühlen konnte. Es war gefüllt mit schönen Erinnerungen, aber zu jedem Bild hätte einer der beiden einen vorhergehenden oder einen anschließenden Streit beschreiben können. Oder Yaku hätte erzählt, dass er den ganzen Tag gedanklich bei Lev war und sich dafür gehasst hat. Oder auch Arashi hätte davon berichten können, wie schlecht er sich an manchen Tagen fühlte, an denen er spürte, dass Yaku etwas beschäftigte, er aber der Scheu vor einem Streit nicht nachgefragt hat. Und als er dann Tage später gefragt hat, hat es wieder geknallt. Die schönen Erinnerungen waren scheinheilig.
Arashi war scheinheilig, zu glauben, ihre Beziehung hätte eine Chance gehabt. Es war schon verteufelt, bevor sie den Re-Run versucht hatten.
“Dann war’s das?”, fragte Yaku mit brüchiger Stimme. “Ja, ich glaub, das war’s”, antwortete Arashi. Es tat weh und irgendwie war es erleichternd. Für Yaku, weil er sich wie befreit fühlte und Arashi, weil er nicht mehr unter Druck stand, es Yaku recht zu machen. “Tut mir echt leid, ehrlich. Alles. Auch das von damals. Du hast wirklich was Besseres verdient”, sagte Arashi und Yaku lachte verhalten. “Bin mir nicht sicher, ob ich das habe. Ich war ja nicht besser. Anders, weil ich nicht nach meinen Impulsen gehandelt hab… aber trotzdem nicht besser, weil ich nichts gemacht hab”, gestand Yaku. Arashi seufzte. “Kann man nichts machen. Hoffe, du hast es mit ihm nicht so verspielt, wie ich mit dir”, sagte Arashi mit fester Stimme und lehnte sich zu Yaku, um ihn einen Kuss auf die Stirn zu geben. “Ich glaub, ich geh ne Runde laufen, lass dir all die Zeit, die du brauchst”, sagte er noch und war, nachdem er sich umgezogen hatte, aus der Wohnung geeilt. Yaku hielt ihn nicht auf. Er konnte nicht. Er musste das erst verarbeiten. Und er musste seine Sachen packen.
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Yaku hat aus seiner zweiten Beziehung mit Arashi eines gelernt: Man durfte nicht, nur weil man selbst nun für etwas bereit war oder weil man selbst es besser haben wollte, jemand anderes in seine Misere hinein ziehen und deswegen war Yaku nicht zu Lev gegangen. Er hat Lev nicht angefleht, ihm nun eine Chance zu geben und hat sich stattdessen auf seine Karriere konzentriert. Denn natürlich hatte er es drauf. Natürlich hat ihn ein Talent Scout entdeckt und Yaku konnte nach der Oberschule seinen ersten Vertrag in der unteren Liga unterschreiben. Bald würde ein neuer wichtigerer Vertrag kommen, das wusste er genau.
Aber bevor es soweit war, hat ihn Kuroo eingeladen, das dritte Weihnachtsturnier der Oberschulen zu besuchen. Yaku wusste auch, dass Kuroo ihn vor allem deswegen gebeten hatte, mitzukommen, weil dieser sein eigenes Päckchen zu verdauen hatte und Yaku wollte ein guter Freund sein. War er auch.
Aber Kuroo war ein ebenso guter, dass er Yaku soweit drängen konnte, diesmal mit Lev zum Adventmarkt zu gehen.
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Chapter 5: Guess vs. Analysis
Chapter Text
„Karasunos Erstklässler gehen mir alle so dermaßen auf die Nerven, aber du stehst auf Platz eins“
Die Worte, die Kei Tsukishima in exakt dieser Reihenfolge heute schon einmal genau so gehört hatte, drangen ein weiteres Mal an seine Ohren. Doch in diesem Augenblick schwang nicht mehr dieser angriffslustige Ton mit.
Satori Tendo sprach mit ruhiger Stimme zu Tsukishima, der als Letzter die Umkleiden der Karasuno High School verlassen hatte. Just in dem Moment, als er zu seinen Teamkammeraden aufschließen wollte, hielt ihn das Guess Monster der Shiratorizawa Academy mit seinen bloßen Worten auf.
Tsukishima blieb mit einem verschmitzten Grinsen stehen. Anders als noch vor ein paar Sätzen setzte er nun dieses freche Grinsen auf und bedankte sich auch tatsächlich ernst bei seinem Gegenspieler, diesmal ganz ohne diesem die Beherrschung zu rauben.
„Hmm“, kam es nur von Tendo. Der Blick des Rotschopfes fiel unweigerlich auf Tsukishimas verbundene Finger.
Ohne zu zögern nahm er dabei die rechte Hand des Mittelblockers und betrachtete die zusammengebundenen Finger. Vorsichtiger als es der Blonde erwartete betastete Tendo die doch sehr schmerzhafte Region.
„Da hat dich unser Ass ganz schön mies erwischt“, sagte er während sein Blick auf den Fingern haftete. Die zweite Hand kam hinzu und ohne zu fragen löste Tendo den Verband, bedacht, Tsukishima nicht wehzutun.
„Hey… was…“, wollte Tsukishima diese Aktion unterbinden, doch Tendo hob tadelnd die Hand und brachte den Blonden mit einem Fingerwink zu verstummen. Erst da fiel Tsukishima auf, dass auch Tendo seine Verbände abgenommen hatte. Seinen Fingern sah man die Position des hochgewachsenen jungen Mannes durchaus an. Er hatte Schrammen mal hier mal da, leichte Rötungen waren auch nach der Zeit der Pause, der Siegerehrung und des Umkleidens nicht verblasst und allen Anschein nach, hatte sich Tendo nicht nur einen Finger gebrochen in seiner Laufbahn.
Tsukishima schluckte. Es war nicht so, als wären Tendos Finger entstellt, verkommen oder schief zusammengewachsen. Auf den ersten Blick sah man es vielleicht auch gar nicht, aber der Blonde war Analyst, er konnte es nicht bei einem einfachen ersten Blick belassen und maß nun wieder beide Hände mit all ihren dünnen flinken Fingern, die ihm sanft den Verband abnahmen.
„Du musst das röntgen lassen“, sagte Tendo während er bedacht über den kleinen Finger strich und ihn nun doch eher zögerlich von den anderen Fingern abspreizte. Tsukishimas zungenzischende Reaktion ließ ihn erahnen, dass der Finger nicht gebrochen ist. Ein normaler Junge hätte in dieser Situation wohl losgebrüllt, vielleicht sogar zu heulen begonnen, doch in der Anspannung der anderen Finger konnte Tendo doch herauslesen, wie sehr sich Tsukishima unter Kontrolle hatte. Es schmerzte, was er da mit ihm tat.
„Entschuldige bitte“, sagte er und zuckte mit der Hand weg. Tsukishima schüttelte den Kopf.
„Nein, es… es muss dir nicht leid tun, du bist neugierig, was Ushijimas Angriff gemacht hat“, sagte Tsukishima trocken, entzog seine Hand dabei der durchaus liebevollen, fast schon bemutternden Geste und fummelte mit der linken den Verband aus Tendos Gewahrsam um ihn sich wieder umzubinden.
Tendo lachte. „Du hast mich wohl wieder durchschaut“, sagte er und warf den Kopf in den Nacken.
„Was ist das eigentlich?“, fragte Tsukishima neugierig und deutete mit dem Finger an Tendo auf und ab nachdem der Verband wieder gut saß. Tendos Augenbrauen hoben sich und zuckten nervös zusammen.
„Das hier?“, fragte er und deutet nun auch an sich herunter. „Du fragst, was Satori Tendo eigentlich ist?“, verlangte er Bestätigung.
„Ja, du bist ein ausgesprochen aufbrausender Mensch, hältst dich gerne im Mittelpunkt auf, du singst komische improvisierte Hymnen und kannst es wohl nicht leiden, wenn man dich bei Fehlern ertappt, geschweige denn, dass du dir Fehler wohl nicht… nein, du gestehst dir Fehler ein, aber du akzeptierst sie nicht, deswegen kannst du es nicht leiden, wenn dich andere darauf hinweisen“, analysierte Tsukishima seinen Gegenpart.
Tendos Mundwinkel zuckten nach oben. Das war ja unerhört. Was fiel diesem Frischling eigentlich ein, ihn hier so offenkundig bloßzustellen? Dass sie beide hier anwesend waren reichte schon vollkommen aus.
„Du bist nicht der Typ, der gerne im Mittelpunkt steht oder? Heute hast du Luft davon geschnappt, mach das öfter und du wirst mich verstehen“, konterte Tendo und beugte sich gefährlich nah an Tsukishimas Gesicht.
„Und was das mit den Fehlern angeht, das kannst du doch nachfühlen oder? Abgesehen davon…“ Tendo richtete sich wieder auf und zuckte mit den Schultern. „Mache ich keine Fehler“, klärte er Tsukishima auf und zwinkerte ihm frech zu.
„Du machst mich neugierig, Brillenschlange. Ich hätte gerne öfter gegen dich gespielt, aber mir scheint, die Möglichkeiten kann ich an meinen gebrochenen Fingern abzählen“, sagte er und hob beide Hände hoch und klappte alle Finger herunter, die noch unversehrt waren. „Hmm, wohl nicht einmal die Hälfte…“, lachte er und kratzte sich etwas verlegen, vielleicht auch nur gespielt, am Hinterkopf.
„Was meinst du damit?“, wollte der Blonde wissen und besah Tendos Finger eindringlich. Tsukishimas Hände eilten hoch, umschlossen Tendos rechte Hand und betasteten Index- und Mittelfinger. Aufmerksam beobachtete Tendo, wie Tsukishima ihn berührte, schmunzelte bei dem Anblick des hochkonzentrierten Blickes, doch eine Antwort blieb er ihm schuldig.
„Sie sind gut verheilt… beeinträchtigt dich das?“, fragte Tsukishima schließlich, eine Antwort einhergehende Frage forderte er nicht ein. Er wusste, würde er ihm nicht freiwillig antworten, war alles, was er ihm aus der Nase zog, wertlos.
„Fragst du das gerade wirklich?“, empörte sich Tendo und entzog Tsukishima beleidigt seine Hand. Nun entschuldigte sich der Blonde. Tendo schüttelte den Kopf.
„Es bestätigt mir zumindest, dass meine Art zu spielen nicht für die Ewigkeit ist, aber jemand wie ich ändert sich nicht, also spiele ich auf Teufel komm raus, bis es nicht mehr geht.“ Tendo zuckte mit den Schultern. So ganz verstand Tsukishima nicht, was Tendo ihm da sagte. Ein Blick auf seinen eigenen kleinen Finger allerdings gab ihm eine gewisse Ahnung. Eine Art von Ehrgeiz, die ihm selbst erst heute so richtig wiederfahren war. Würde er das immer so machen?
Der Rausch des Sieges, den Gegner soweit analysieren zu können, dass man ihn lesen konnte, das war etwas unbeschreibliches.
Er hob wieder den Kopf, sah in Tendos Augen.
Den Gegner lesen können
Tendo gab ihm gerade gar nichts. Er konnte nichts analysieren. Dieses freche Grinsen, der verruchte Blick mit diesem Hauch von Wahnsinn, der den Älteren immerzu begleitete. Nichts und doch verunsicherte er ihn. Vielleicht gerade deswegen.
„Weißt du, das ist mein letztes Jahr, ich höre nach der Oberstufe mit dem Volleyball auf, solange werden sie es noch aushalten“, unterbrach Tendo die gerade aufkommende Stille. Tsukishima nickte. Diesen Aspekt wiederum verstand er wirklich sehr gut. Er würde nach der Schule auch nicht mehr weiterspielen.
„Ich hab schon viel gesehen, hab viele Gegner gehabt, keiner wie der andere, aber du, du wirst mir für immer in Erinnerung bleiben“, provozierte er einen verwunderten Ausdruck in Tsukishimas Gesicht. Natürlich brauchte er etwas mehr wie diese Fetzen um zu verstehen, was Tendo ihm sagen wollte. War es denn überhaupt möglich, das genau so zu sagen, wie er es meinte?
„Als Erstklässler hast du noch so vieles vor dir, du wirst Gegner haben, die, auch wenn ich das ungerne sage“, dabei wandte Tendo den Blick ab, knabberte angesäuert an seiner Unterlippe herum und verdrehte geschlagen die Augen, ehe er weitersprach.
„Du wirst Gegner haben, die mich in den Schatten stellen werden, ich werde dir so also nicht in Erinnerung bleiben, deswegen werde ich jetzt etwas tun, wodurch du mich nie vergessen wirst“, seine Augen schnellten wieder hoch, genauso wie sein ganzer Blick sich wieder Tsukishima zuwandte.
Der Blick der Spekulation traf auf Analyse. Keiner von beiden konnte in den Augen des Anderen lesen, was als nächstes geschah. Weder Aktion, noch Reaktion.
Dennoch, ein Versuch. Einen Versuch war es wert, es gab ja nichts zu verlieren.
Tendos Hand fand sich in Tsukishimas Nacken und übte sanften Druck auf ihn aus um sich ihm nähern zu können.
„Du kannst ja fürs nächste Mal an deinen Blocks arbeiten“, hauchte Tendo frech gegen die Lippen deren Möglichkeiten auf Konter er unmittelbar danach versiegelte.
Für einen kurzen und doch ewig währenden Augenblick fand sich Tsukishima in einer Situation wieder, die zugleich unangenehm als aus berauschend, aufregend und so unheimlich gut war. Die Analyse hatte ganz klar fehlgeschlagen, diese Aktion hatte er in seinen Wahrscheinlichkeiten nicht annähernd berücksichtigt, noch weniger die Reaktion seines Körpers darauf, der sich enger an den Angreifer drängte.
Block vergeben – Gegenangriff
Dass der Gang, in dem sie standen, wie leer gefegt war, weil sich alle anderen bereits auf den Weg zu den Bussen machten und die Fans, Kollegen und tüchtigen Anfeuerer den Teams gefolgt waren um Fotos einzuhamsen, ihre Glückwünsche anzubringen oder gar das ein oder andere Wort der Herausforderung für das nächste Spiel aussprach, kam den beiden Mittelblockern gerade recht, Tendo hätte es wohl kein bisschen geschert, Tsukishima würde nach diesem Moment des Verfalls allerdings bestimmt kein Wort darüber verlieren und wäre wohl im Erdboden versunken, gäbe es Zeugen.
Tendo ließ seinen Gegenspieler näher kommen, gab sich dem Konter hin, ließ sich aber nicht vom Spielfeld drängen. Etwas grob schob er Tsukishima zur Seite an die Wand, kein Ausweg, schloss aber sogleich auf.
Tsukishima wusste nicht, wie lange er sich auf diesen so überraschenden Kuss, auf dieses intensive Spiel mit dem Wahnsinn einließ als sich Tendo mit dem wohl dreckigsten Grinsen, das er je gesehen hatte, von ihm löste. Dem Blonden war die Schamesröte hoch ins Gesicht gestiegen.
„Und ich dachte schon, der Punkt geht an dich“, sagte Tendo und baute wieder Abstand zwischen ihnen auf.
„Ich bereue es richtig, dass wir nicht mehr viele Chancen zum Spielen haben“, sprach er weiter während sich Tsukishima in Schweigen übte. Die Frage, was da gerade passiert war, warum es passiert war, wie das überhaupt möglich war, in so kurzer Zeit so zu eskalieren, leuchtete ihm nicht ein.
Noch weniger verstand er, wie angetan er davon war.
Tsukishima spürte regelrecht die Hitze in sich aufsteigen, doch er wehrte sich. Noch einen Punk würde er Tendo nicht geben also mühte er sich zu einem Grinsen, neigte den Kopf etwas hinunter und schob sich seine Brille den Nasenrücken hoch.
„Spielen ist was für Kinder“, sagte er, bückte sich nach seiner Tasche und ließ Tendo in der Ecke zu den Umkleiden stehen.
„Uh Tsuki… der Punkt geht an dich“, raunte ihm der Ältere nach, doch Tsukishima ging nicht darauf ein, er war zu konzentriert, seine Beine unter Kontrolle zu halten.
Das Spiel konnte noch so anstrengend sein, noch so fordernd, er würde immer den nächsten Sprung über sich bringen, würde die nötigen Meter machen und die fehlenden Zentimeter überbrücken, doch diese schier einfältige Aktion, die ihn körperlich eigentlich nicht forderte, beeinträchtigte seine Beine viel mehr als die vergangenen fünf Sätze.
Mit der freien Hand ballte er eine Faust, die andere schloss sich so eng um den Riemen der Tasche, dass er sich damit einschnürte.
„Hey! Tsuki- wo warst du so lange? Wir wollen fahren!“, drängte ihn Hinata just in dem Moment in den Bus, wie er seinen Weg dorthin gefunden hatte.
„Warum bist du so rot?“, fragte ihn Yamaguchi, als er sich neben ihn setzte.
„Habe mich geärgert… über eine Fehlanalyse, will nicht drüber reden“, sagte Tsukishima und lehnte sich mit angespannt geschlossenen Augen im Sitz nach hinten.
Wie konnte er nur so die Kontrolle verlieren? Hatte ihn dieser… dieser Spekulant etwa ausgetrickst? Ihn für das nächste Spiel, wann auch immer es soweit sein würde, aus der Fassung gebracht? Jetzt schon?
Eins war gewiss.
Vergessen würde Tsukishima ihn nie.
Wie sollte er auch Satori Tendo je vergessen können?
Chapter 6: Remember
Summary:
eine kleine Zusammenfassung des ersten Kapitels aus Tsukishimas Sicht
Chapter Text
Was hab ich mir eigentlich dabei gedacht?
Die Frage ist schnell und simpel beantwortet:
~Nichts~
Ich hab mir nichts dabei gedacht, als ich vor Wochen mit diesem unmöglichen Menschen in diesem Gang zum Stehen kam und eigentlich nur ein paar harmlose Worte ausgetauscht habe.
Irgendwann hat er dann einfach meine Verbände gelöst, hat meine Finger so sanft berührt und ich fand es gut. Warum fand ich das gut?
Diese Frage ist absolut nicht schnell und simpel beantwortet, denn ich kenne die Antwort nicht.
Ich kann mich nur an die wohlige Gänsehaut erinnern, die von seinen Berührungen ausging und dass das klare Denken schier unmöglich wurde. Es kribbelte in meinem Bauch, so wie ich es kaum kenne und es kribbelt jetzt, wenn ich daran denke.
Nachdem wir eher komischen Smalltalk geführt hatten, ging ich einem seltsamen Drang nach, ich hatte das Gespräch in eine andere Richtung geleitet, dass ich seine Finger berühren konnte, fragte ihn, ob ihn die ehemaligen Brüche beeinträchtigten, lächerliche Frage. Natürlich nicht, das habe ich ja davor eindeutig gesehen. Dennoch, ich brauchte einen Grund, ihn zu berühren. Nur zu dumm, dass ich zu harsch war und er mir die Hand wieder entriss.
Seine Antwort hab ich nicht sofort verstanden, aber ich weiß nun, was er meinte, als er mir sagte, seine Art zu spielen sei nicht für die Ewigkeit und er würde einfach weiter machen auf… wie hatte er gesagt? auf Teufel komm raus
Bei dem Gedanken muss ich lachen. Er ist wahrhaftig der Teufel. Der Teufel, der im Rausch des Sieges gebadet hat. Hach… das hatte ich auch, ich verstehe nun, warum er so spielt, wie er spielt und warum er keine Rücksicht auf Verluste nimmt.
Als er mir dann sagte, dass ich wohl etwas Besonderes für ihn war, war es um mich geschehen. Ich wurde irgendwie nervös, konnte nicht einmal etwas sagen und er sagte so etwas Dummes… dass ich mich bestimmt nicht an ihn erinnern würde, oh wie falsch er da lag.
Dennoch wollte er etwas tun, woran ich mich erinnern konnte. Verflucht, ich werde das wohl wirklich nie vergessen.
Ein dummer Spruch über irgendwelche Blocks an denen ich arbeiten sollte und er küsste mich. Verflucht, diese Lippen hatten sich so gut angefühlt, ich hätte nicht geahnt, dass ich mich nach so etwas sehne und, dass ausgerechnet er derjenige war, der mir diesen Wunsch erfüllte.
Und dann hab ich mir mehr geholt, ich wollte ihn nicht einfach weglassen, aber irgendwann war es vorbei.
Er hat ein Spiel daraus gemacht, hat sich selbst einen Punkt dafür zugeschrieben, als würde man für so etwas Punkte vergeben können.
Spielen war doch was für Kinder… Nachdem ich ihm das gesagt habe, sprach er mir auch einen Punkt zu.
Wenn ich so drüber nachdenke, es tat gut, diesen Punkt zu bekommen. Vielleicht würde ich doch gerne ein Spiel mit ihm spielen… irgendwie… irgendwann.
Ein Spiel mit dem Teufel – El Diablo
Chapter 7: Diabolo
Chapter Text
Wie lange war das nun her? Tsukishima stellte sich diese Frage immer wieder, in letzter Zeit viel öfter als es ihm lieb war. Mit schneller schlagendem Herz erinnerte er sich genau, wie ihm die Lippen des Anderen den Atem geraubt hatten, ihn vollkommen überrumpelten und das Gefühl, mehr davon zu wollen, zurückließen.
Monate war das schon her.
Das blonde Superhirn kniff die Augen zusammen, als er sich ein weiteres Mal inmitten des Unterrichts dabei erwischte, wie sich seine Gedanken selbstständig machten. Er ballte eine Faust und blies angestrengt Luft durch seine angespannten Nasenflügel.
„Alles klar, Tsukki?“, fragte Yamaguchi neben ihm. Der naiv besorgte Blick seines Sitznachbarn musste gar nicht mit den Augen gemessen werden, spürte Tsukishima ihn bereits deutlich.
„Ja“, sagte er angestrengt und fasste sich verärgert an den Nasenrücken.
Yamaguchi stützte seinen Kopf an seiner Hand ab, mit dem Arm lümmelte er am Tisch herum und sah weiterhin auf seine entzückend naive Art zu Tsukishima hinüber.
„Freust du dich denn kein bisschen?“, fragte Yamaguchi neugierig. In seinen Worten schwang kein Tadel mit, keine Enttäuschung, er schien ausschließlich neugierig, vielleicht ein wenig überrascht zu sein.
Tsukishima ließ die Hand langsam sinken und lockerte seine angespannte Mimik. Er gab sich noch etwas Zeit, dann aber öffnete er die Augen wieder und sah in exakt das Gesicht, mit eben diesem Ausdruck, wie er es bereits vor seinem geistigen Auge gesehen hatte.
„Weswegen sollte ich mich freuen?“, fragte er etwas verwundert, dass Yamaguchis Ausdruck – der Blonde hätte es nicht für möglich gehalten – noch überraschter und verdutzter wurde.
„Hast du eben nicht zugehört?“, fragte der Andere und zog nun gewaltig an Tsukishimas Geduldsfaden. Es reichte doch wirklich, dass dieser unmögliche Rotschopf immer wieder mit seinem Versprechen, ihm in Erinnerung zu bleiben, genau das tat: Er blieb ihm wahrhaftig in Erinnerung, nicht nur das, er zerrte an seiner Konzentration, sprang immer wieder mit einem unvorhergesehenen Angriff inmitten Tsukishimas Gedankenfokus und vertrieb alles Andere. Er mühte sich ab, während Zeiten der absoluten Stille – wie bei Tests und Schularbeiten – nicht an dieses Gefühl, das ihm diese forschen Lippen bereitet hatten, zu denken. Plagte sich damit, nicht daran zu denken, was Satori Tendou, dieser… dieser Wahnsinnige noch mit ihm hätte anstellen können, hätte sich Tsukishima darauf eingelassen.
Noch nie in seinem Leben hatte er sich so gefühlt. Klar fand er wie viele der anderen in der Mannschaft Shimizu sehr hübsch, aber er fand sie nicht anziehend, nicht so wie…
„Verdammt“, er ermahnte sich selbst, als er anstatt Yamaguchis Erklärung zu folgen, geistig wieder in Tendous Armen und an seinen Lippen landete.
„Ich muss mich entschuldigen“, presste er geplagt heraus, stand auf und verneigte sich ehrfürchtig vor der Lehrerin, die ihnen wohl gerade ziemlich tolle Nachrichten übermittelte, denn die ganze Klasse war aus dem Häuschen. Tsukishima aber stürmte dann aus dem Raum. Sein Ziel: Die Toilette. Kaltes Wasser. Am besten mitten ins Gesicht.
Es dauerte nicht lange, da war ihm Yamaguchi gefolgt, die Stunde war sowieso bereits vorbei.
Zögerlich fasste der Brünette seinem Freund an den Rücken, wollte ihn beruhigen und sprach sanft auf ihn ein.
„Erbärmlich“, erwiderte Tsukishima, mehr zu sich selbst als zu seinem Freund.
„Du bist komisch in letzter Zeit“, murmelte Yamaguchi. „Ist was passiert?“, fragte er nach, doch Tsukishima schüttelte den Kopf.
„Naja… nicht ganz aber… ich will nicht darüber reden, okay?“, fragte er und Yamaguchi nickte sofort.
„Natürlich, du musst nichts davon sagen, aber… du kannst, jederzeit und… wenn ich dir helfen kann, bitte sags mir, ja?“, sagte er mit angestrengt ruhiger Stimme. Tsukishima hörte die Sorge deutlich durch. Yamaguchi musste glauben, es wäre etwas wildes passiert, zuhause vielleicht. Ja vielleicht war jemand krank oder hatte einen Unfall, aber Tsukishima konnte ihm die Wahrheit nicht sagen.
Er konnte seinem besten Freund nicht sagen, dass ihn dieser… dieses Guess Monster damals bei der Qualifiaktion zum Frühlingsspiel geküsst und damit aus allen Wolken gehoben hatte.
„Du wolltest mir noch sagen, was der Lehrer verkündet hat“, forderte Tsukishima Yamaguchi zum Sprechen auf. Er richtete sich dabei langsam auf, atmete tief ein, aus und noch einmal ein, dann fühlte er sich schon viel besser. Er setzte sogar ein freundliches Lächeln auf, welches Yamaguchi sofort ein besseres Gefühl gab. Erfreut nickte dieser und klärte den Blonden auf.
Die Karasuno High, vielmehr deren Volleyball-Team, sollte mit drei anderen Schulen an einem weihnachtlichen Freundschaftsturnier teilnehmen. Tsukishima hob sofort die Augenbraue. Hatte er das vielleicht vorhin doch mitbekommen und driftete mit seinen Gedanken deswegen so extrem ab? Er konnte sich nicht erinnern. Nein, das hatte er noch nicht gehört.
„Und warum sind dann alle so aus dem Häuschen?“, fragte er etwas trocken. Yamaguchi kicherte.
„Weil die dann nicht zur Schule müssen, es ist freie Zeit für alle, wer möchte, kann uns begleiten, wer nicht, darf zu Hause bleiben und sich auf Weihnachten einstimmen“, verkündete er vergnügt. Ach Yamaguchi, er konnte ja so naiv sein, so lieb und kindlich. Tsukishima musste schmunzeln.
„Na dann werden wir wohl heute beim Training erfahren, welche Schulen mitmachen, nicht wahr?“, fragte Tsukishima und Yamaguchi nickte. Der Lehrer hatte diesbezüglich nichts gesagt und wie sie später auch noch erfahren sollten, wussten die anderen eigentlich auch nicht mehr wie sie.
„Hoffentlich ist Nekoma dabei, ich will wieder gegen Kenma spielen“, jubelte Hinata als dieser mit Kageyama im Schlepptau in die Sporthalle einmarschierte.
„Ich hoffe ja, dass es in der Nähe einer großen Stadt ist, ich möchte unbedingt auf einen Weihnachtsmarkt gehen“, sagte Nishinoya neben Tanaka und ballte dabei vergnügt die Fäuste. Es sah beinahe so aus, als müsse er einen inneren Teufel der überschwelligen Weihnacht zurückhalten. In Wahrheit liebte der Libero Weihnachten aber so sehr, man könnte vermuten, mehr sogar noch als Volleyball.
Asahi stand bereits mit Daichi am Netz und sie schlussfolgerten ein wenig vor sich hin. Wo könnte das stattfinden? welche Schulen würden wohl mitmachen? Und dann kam Sugawara dazu und schlug vor, Mistelzweige mitzunehmen um diese um Shimizu immer dabei zu haben, wer weiß, vielleicht schaffte es ja doch irgendwann einer, bei der schüchternen Schönheit zu landen.
„Das ist die beste Idee, die du je hattest“, komplementierte ihn Daichi und dann kamen auch schon Trainer Ukai und Herr Takeda herein, zu verkünden, was da in der letzten Woche vor Weihnachten auf sie alle wartete.
Weihnachtliches Freundschaftsturnier
In Minato
Karasuno
Nekoma
Aoba Johsai
Shiratorizawa
„Verdammt“
Chapter 8: Gottcha
Chapter Text
„Tsukishima! Du bist dran“, rief Couch Ukai und der Blonde machte sich mit dem Täfelchen bereit, den Austausch abzuwickeln. Es entzog sich nicht seiner Aufmerksamkeit, dass er direkt vor Satori Tendou zum Stehen kam und ihm direkt in die Augen blicken würde sobald es weiterging.
„Hey Mr. Vanilla, kannst du dich noch an mich erinnern?“, fragte dieser angriffslustig mit einem lasziven Lächeln.
In Tsukishima zog sich alles zusammen, aber er hatte sich auf diesen Moment vorbereitet, auf den Augenblick an dem er ihm endlich wieder gegenüberstand und ihm war klar, dass dies am Spielfeld sein sollte und nicht zufällig irgendwo in einem der vielen Gänge hier.
„Hmm… wie war dein Name? Susaku? Teshi?“, fragte Tsukishima frech und beherrscht. Tendou kräuselte die Lippen.
„Oh Tsukishima-kun… du spielst mit mir“, sagte er und biss sich beleidigt aber angetan auf die Unterlippe. Solange er noch merkte, dass der Aufschlag vorbereitet wurde, sah er Tsukishima mit einem herausfordernden Grinsen an.
„1 : 0 für dich“, flüsterte Tendou und war in Windeseile auf der korrekten Position um Asahis Aufschlag zu bremsen und perfekt ins Spiel zu bringen.
Tsukishima riss sich aus der Faszination Tendou und blockte den nächsten Angriff gemeinsam mit Tanaka und Kageyama, die genau richtig agierten, aber das hatte Tsukishima bereits analysiert.
Seine Augen huschten daraufhin blitzschnell über das gegnerische Feld, der Ball fiel nicht zu Boden, er musste also weiterhin wachsam sein. Sein Blick kreuzte Tendou dessen Augen ähnlich analysierend durch ihre Reihen wanderten. Ein kurzes Aufblinzeln aber in genau seine Richtung ließ ihn zögern, er vergab den Block. Punkt für Shiratorizawa.
Punkt für Tendou.
„Ausgleich“, drang dessen Stimme provokant an Tsukishimas Ohren. Die Wut brodelte bereits in dem Blonden, doch er wollte ihm nicht zustimmen, Tendou hatte dennoch recht, das wussten sie beide. Er hatte ihn voll ausgetrickst, total abgelenkt.
Und diese Macht über den Blonden ließ Tendou auch in den folgenden Spielminuten nicht unausgenutzt. Zwar glückte es nicht immer, denn er spielte nicht nur gegen Tsukishima, auch Tanaka und Kageyama waren da und dann auch noch Hinata, der einen Schnellangriff nach dem anderen versenkte. Hatte sich Tendou vielleicht zu viel auf seinen blonden Gegenpart konzentriert? Lenkte er sich durch seine eigene Ablenkung vielleicht selbst zu sehr ab?
„Hmm“, machte er und sah zum linken Eck des feindliches Spielfeldes, wo er nun Tsukishima dabei beobachtete, wie er zum Aufschlag ansetzte. Natürlicher als auf einen wirklich lustigen Witz zu lachen zwinkerte er Tsukishima zu, der daraufhin fast den Ball fallen ließ.
„Hey Tsukishima, das ist in Ordnung, den machst du sicher rein“, rief ihm Hinata mit einer Überzeugung, die den Blonden nur noch wütender auf sich selbst machte, zu. Konzentriert drückte er seine Finger in das Leder, ließ ihn ein paar Mal am Boden abprallen und schenkte dem Störenfried am gegnerischen Spielfeld einen Überlegenen Blick.
“Das wars, du spielst nicht mehr mit mir“, sagte er sich selbst und preschte den Ball mit Anlauf und einer ungeahnten Präzession über das Netz.
„Verdammt, der fälscht ab!“, rief Shirabu, doch es war zu spät, der Ball knallte direkt vor der Outlinie ab und flog dann aus dem Spiel.
„Wow! Tsukki! Prima“, rief Yamaguchi von außen herein. Der Brünette feuerte ihn immerzu an, vor allem in Situationen, in denen sich der Blonde nicht wohl fühlte. Aufschläge waren nicht seine Spezialität. Dieser allerdings hatte gesessen.
Triumphierend grinste er Tendou zu, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.
Tsukishima presste die Lippen aufeinander und fragte sich unterbewusst, wie hoch der Count zwischen ihnen wohl gerade stand.
Der nächste Aufschlag wurde souverän angenommen, das Spiel ging weiter. Hinata flog hoch in die Luft, Tendou flitzte schnell am Netz entlang, Kageyama täuschte an, Asahi knallte den Ball an Tendou vorbei, doch er landete nicht am Boden, sondern wurde angenommen.
Ushijima machte sich bereit. Verdammt. Tsukishima war nicht vorne am Netz, er konnte das nicht aufhalten, oder doch?
Nishinoya war schneller, hatte das Ass durchschaut und war genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort, auch wenn es ihn nach der Annahme ein gutes Stück weiter rollte, der Ball blieb im Spiel.
Tsukishimas Augen hafteten an Tendou, er wusste, dass er seine Kammeraden bereits gelesen hatte, er wusste, er würde erfolgreich blocken.
Der Angriff wurde aufbereitet, gegen jeden anderen hätten sie gepunktet, doch hier, sah der Mittelblocker, würde es wohl daneben gehen. Er musste es wagen. Musste sich revanchieren.
„Hey! Satori-chan“, rief Tsukishima und holte damit auf die wohl schmutzigste Art und Weise einen Punkt für Karasuno.
Tendou ließ sich so aus seinem Sprung reißen, ließ sich den Block tadellos versauen und fing den Ball einfach trocken mit beiden Händen aus der Luft.
Für einen Augenblick herrschte absolute Stille am Feld. Das Team um Tsukishima war genauso perplex wie das auf der anderen Seite des Netzes.
„Hast du mich gerade beim Vornamen genannt, verniedlicht?“, fragte Tendou frech und leckte sich amüsiert über die Lippen. „Ich weiß gar nicht, wem ich diesen Punkt geben soll“, sagte er und schleuderte den Ball unter dem Netz zurück direkt zu Daichi, der nun zum Aufschlag ausholen sollte.
Tsukishima schauderte. Ihm war gar nicht klar, wie falsch er dieses Ablenkungsmanöver eingeschätzt hatte, er hielt es für harmlos, aber der Stille zu urteilen und der Reaktion des feindlichen Mittelblockers nach, war er zu weit gegangen. Gerade wollte er einlenken, sich zu Boden beugen und sich entschuldigen, da Pfiff Coach Ukai den Wechsel ein. Das war‘s erstmal für Tsukishima.
Narita kam statt ihm herein. Der Blick, dem ihm sein Kollege beim Wechsel zuwarf, hatte einerseits etwas Schockiertes, doch auch Amüsement drang klar an die Oberfläche.
Lachte er ihn etwa aus? Hatte er seine Unsortiertheit wegen dem rothaarigen Gegenspieler etwa so offen vor sich hergetragen, dass dieser jämmerliche, zwar geglückte aber klar peinliche Versuch zur Ablenkung allen bestätigte, was sie vielleicht schon vermuteten? Konnten sie überhaupt etwas vermuten?
„Ich weiß, das ist nur ein Freundschaftsspiel, aber verflucht noch eins! Solche Fehler dulde ich nicht, reiß dich zusammen Tendou!“, rief Washajo, dass Angesprochener sich direkt duckte.
Genervt von sich selbst setzte sich Tsukishima auf die Bank neben Yamaguchi, der ihn bereits die ganze Zeit mit einem verwunderten Blick maß. Ach wie gut er diesen Blick kannte. Er wollte fragen, was los war, machte sich Sorgen und konnte rein gar nichts deuten. Wie auch? Tsukishima ließ es ja eigentlich nicht zu.
„Frag ruhig“, knurrte er, aber sah dann wieder stur gerade aus auf den Boden. Er konnte es nicht ertragen, Yamaguchi nun auch noch in die Augen zu sehen, geschweige denn, den Blick zu heben und diesen vielleicht auf Tendou zu werfen. Nein, diese Genugtuung würde er ihm nicht geben.
„Ist er … der Grund dafür, dass du in letzter Zeit so abwesend bist?“, fragte Yamaguchi nun wirklich direkt. Tsukishima holte tief Luft und atmete langsam aber geplagt wieder aus.
„Er verwirrt mich einfach“
Chapter 9: I'm losing it
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Irgendetwas war anders als sonst. Nicht nur, dass sich Tsukishima seltsam verhielt, wenn dieser aufgedrehte Rotschopf auf dem Feld war, auch der Chemie und diesem perfekten Zusammenspiel zwischen Asahi und Nishinoya schien das gewisse Etwas zu fehlen.
„Asahi!“, rief Nishinoya in die Richtung des Asses. Asahi hatte sich soeben für einen versauten Angriff entschuldigt, der den Ball nach einer fast aussichtslosen Rettung des Liberos genau hinter die Outlinie verfrachtete.
„Du sollst dich für sowas nicht entschuldigen“, klagte Nishinoya noch, dass sich der Brünette verlegen am Hinterkopf kratzte.
„Aber du hast dir Schrammen geholt um den Ball im Spiel zu halten“, machte Asahi seinen Sorgen Platz. Nishinoya zuckte mit den Schultern. Er war das gewohnt, ließ er Asahi wissen und lächelte ihn sanft an nur um direkt darauf wieder vorwurfsvoll zu erklären, dass er sich einfach konzentrieren und sich auf ihn verlassen sollte.
„Ich steh‘ immer hinter dir“, sagte er und die Mannschaft machte sich für den nächsten Aufschlag bereit.
Asahi spürte Nishinoyas Blick genau im Nacken. Er durchbohrte ihn regelrecht. Das schlechte Gewissen plagte ihn, denn der Ball war vergeben, weil er neben sich stand.
Dem sanften Riesen war schon vor Wochen aufgefallen, wie sehr sich der Libero wohl auf die Weihnachtszeit freute, wie sehr er es zu genießen schien, dass es draußen kalt war, dass es Aussicht auf Schnee gab und, dass sie nun hier waren und tatsächlich einen Weihnachtsmarkt besuchen würden.
Nishinoya war wohl der größte Fan der Weihnachtszeit schlechthin und ließ Asahi so nur noch mehr diese ganz besonderen Gefühle, die er tief in sich drinnen unterdrückte, empfinden. Er seufzte, als er Ushijima dabei beobachtete, wie er sich den Ball hoch warf. Immerhin war Ushijima in dieser Disziplin nicht der Beste, würde dies aber wettmachen, in dem Moment, wo der Ball wieder zurückgespielt wurde und die Chance auf einen Angriff bestand. Es lag also nun an Asahi, genau diese Chance erst gar nicht entstehen zu lassen.
Wie erwartet! Der Aufschlag spielte NIshinoya beinahe in die Hände.
„Hab ihn“, rief das kleine Energiebündel und Asahi machte sich bereit. Wenn er ihn gleich zurückschleudern würde, hätten sie geringere Chancen, sich zu formatieren. Einfach gleich den gegnerischen Libero austricksen.
Nishinoya hatte ihm die perfekte Auflage dafür geboten. Asahi lief an, sprang hoch und just bevor er den Ball versenkte wandte er den Blick ab und sah in die funkelnden Augen seines Kammeraden.
Er konnte ihn einfach nicht schon wieder enttäuschen, auch die anderen nicht. Am meisten aber hätte es ihm widersprochen, die ausgezeichnete Annahme abermals zu pulverisieren.
„Jawohl! Asahi! Du bist der Beste!“, rief Yu Nishinoya laut und sprang dem Ass um den Hals in Moment als der Ball ohne Spielerberührung den Boden im feindlichen Spielfeld küsste. Etwas überrumpelt stolperte Asahi zwei Schritte zurück, ließ sich aber dazu hinreißen, seine Arme auch um den schlanken Körper zu schlingen, der sich ihm da gerade so anbot.
Für einen Augenblick schloss er die Augen und genoss die unerwartete Nähe des Anderen. Viel zu schnell war die Illusion der innigen Zweisamkeit erloschen, denn schon kamen Daichi und Hinata, die ihm auf die Schulter klopften und zu dem tollen Schlag gratulierten, genauso schnell war auch Nishinoya wieder viel zu weit weg, aber grinste ihm anerkennend zu.
„Siehst du“, sagte er dann, ehe sie sich alle wieder aufstellten. Nun war Yamaguchi am Aufschlag. Eine ausgezeichnete Situation.
„Danke Noya, dass du an mich glaubst“, sagte Asahi noch zu seinem kleineren Mitspieler, der ihm weit mehr bedeutete als nur das.
„Du musst echt mal an deinem Selbstvertrauen arbeiten… Wie soll das denn weitergehen, wenn ich nächstes Jahr nicht mehr bei dir bin, hm?“, fragte Nishinoya und schüttelte dabei den Kopf. In Asahi löste das allerdings ein ganz ungutes Gefühl aus.
Nächstes Jahr würde er nicht mehr auf die Karasuno Highschool gehen, er würde weiterziehen, nicht mehr jeden Tag mit Nishinoya die Pausen verbringen können und nicht mehr jeden Tag mit ihm zum Training gehen.
Die Zeit, die er mit dem kleinen Libero hatte, wurde immer weniger.
Und als wäre das nicht schon genug, vergab Asahi schon wenige Augenblicke später die nächste tolle Chance, er stand zu lange da, war in Gedanken, da schoss ein eigentlich sicherer Ball an ihm vorbei. Keine Aufbereitung für Hinata oder Tanaka folgte, Hinata war sogar schon vorgeprescht und bremste sich nun komplett perplex wieder ab.
„Hey, Asahi? Alles klar?“, fragte er verdattert während der Ball hinter dem Hünen ausschwang und schließlich zur Seite rollte.
„Ja… ja sorry Leute, es tut mir so leid“, entschuldige sich der Brünette und schüttelte über sich selbst den Kopf.
Nishinoya stellte sich neben ihn und fasste ihm betüdelnd an die Schulter.
„Mir tuts leid. Ich hab ihn dir nicht gut genug zugespielt“, sagte der Kleinere, dass sich Asahi gleich noch schlechter fühlte.
„Noya, nicht doch, nein, das war nicht deine Schuld“ entkam es ihm überfordert, Nishinoyas Hand auf seiner Schulter rutschte langsam etwas weiter hinunter über Asahis starken Oberarm und schließlich über den Ellenbogen hinunter an den Unterarm. Beinahe hätte Asahi nach Nishinoyas Hand gegriffen, da hielt er inne. Er schluckte.
„Ich bin nicht bei der Sache“, gestand er und zuckte dann mit dem gesamten Arm von Nishinoya weg. Enttäuscht sah ihm dieser nach, wollte etwas sagen, doch der nächste Aufschlag wurde bereits angekündigt.
Konzentration!
Asahi nahm sich ein letztes Mal vor seinen Austausch vor, sein Bestes zu tun. Ja, es war ein Freundschaftsspiel, aber für ihn und für all die anderen war es nie nur ein Freundschaftsspiel. Sie spielten immer als ginge es um alles. Und tatsächlich, für Asahi ging es auch um alles, es ging darum, mit Nishinoya auf dem Feld zu stehen, mit ihm im perfekten Einklang zu spielen, ihn im Rücken zu haben und alles, was er ihm lieferte zu verwerten und damit zu punkten, auch, wenn oft Kageyama mit dem Zuspiel dazwischen stand.
Enttäuscht von sich selbst ging er Minuten später vom Feld, klatschte mit Tsukishima ab, dem es heute aus unerfindlichen Gründen auch nicht viel besser ging als Asahi. Auch der Blonde stand massiv neben sich, ließ sich austricksen und hatte zuvor auch einen ganz eigenartigen Trick zum Holen eines Punktes angewandt. Asahis Blick fiel aufs gegnerische Feld. Der rothaarige Mittelblocker spielte sich bereits wieder auf und neckte Tsukishima. Ob er etwas damit zu tun hatte? So ganz wollte Asahi das nicht verstehen, Sinn machte es in seinen Augen zumindest keinen.
Sinn machte es auch nicht, was er selbst an diesem Tag veranstaltete.
Das Zusammenspiel der absoluten Verpeiltheit Asahis und der des blonden Mittelblockers führten dann schließlich zu Karasunos Niederlage.
Nicht knapp, nicht haushoch.
Asahi seufzte. Das war seine Schuld.
Chapter 10: What the Hell?
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Yamaguchi zog am Strohhalm seines Trinkpäckchens und ließ dabei Tsukishima nicht aus den Augen.
Eben haben sie von Coach Ukai noch eine Predigt abgehalten bekommen, dass sie sich für das Spiel um den dritten Platz zusammenreißen sollten, dass ihm aber klar war, dass zur Weihnachtszeit wohl alle ihre Prioritäten wo anders hatten, das allerdings dennoch nichts daran änderte, dass sie das alle eigentlich besser konnten.
Tsukishima war dann als Erster aus dem Raum gegangen und mit einem Handtuch um die Schultern in den Gang geflüchtet. Sofort fragte sich Yamaguchi, ob er der Klärung seiner Verwirrtheit nachgehen sollte, deswegen folgte er ihm. Er wollte eigentlich nicht spionieren, aber dazu hatte er gar keine Chance. Tsukishima hatte ihn sofort bemerkt und ihm gesagt, er würde nicht nach Tendou suchen.
Der Brünette nickte.
„Das würde dir auch nicht ähnlich sehen“, sagte er nur und gesellte sich dann zu seinem Freund.
„Eigentlich dachte ich, er wäre total nervig und anstrengend… aber irgendwie sagt er zumindest, was er sich denkt, er ist ehrlich, auch wenn er für meinen Geschmack etwas zu aufgedreht ist“, fasste Yamaguchi zusammen, was er so beobachtet hatte und zog dann hörbar an seinem Saft.
Tsukishima drehte seinen Kopf langsam zu ihm hinüber und hob die Augenbrauen.
„Aus welcher Annahme heraus sagst du das jetzt?“, fragte er ihn während er ihm mit seinem Blick fixierte.
„Ich dachte mir, du bist vielleicht verknallt“, wurde er dann direkter mit der Wahrheit konfrontiert, als er es erwartet hatte. Umgehend und lautstark lehnte er diese Vermutung ab, fragte seinen Freund, ob er sie noch alle hatte und wie er auf so eine bekloppte Idee überhaupt kam und anders als Yamaguchi in solch einer Situation wohl normalerweise reagierte, blieb er diesmal gefasst und zuckte nur mit den Schultern.
„Wie du reagierst, spricht nur dafür“, murmelte er und leerte sein Saftpäckchen.
„Aber wir müssen nicht darüber reden, gegen wen auch immer wir nach dem nächsten Spiel spielen, da wird das dann ja anders sein… oder?“, fragte Yamaguchi. Tsukishima überlegte in der Zwischenzeit angestrengt.
War es wirklich so offensichtlich und gleichzeitig so verborgen, dass er selbst es nicht merkte? Klar, Tendou brachte ihn durcheinander, aber da war dieser Kuss damals, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, an den er zuerst ununterbrochen, dann aber gar nicht mehr dachte, der garantiert genau dazu dienen sollte, das gerade Geschehene zu provozieren.
Eigentlich sollte er den rothaarigen Unruhestifter sofort aufsuchen und ihm die Meinung geigen, nun aber hier mit Yamaguchi etwas herunterzufahren war wohl doch die klügere Idee, sollte der Ältere auf dumme Gedanken kommen, hätte er bei Tsukishima gerade wohl die besten Chancen, dass dieser auch noch blind in eine Falle tappen würde.
„Im nächsten Spiel treten Nekoma und Aoba Johsai gegeneinander an. Darauf bin ich sehr gespannt. Kuroo, Kenma und die anderen gegen Oikawa spielen zu sehen, ist bestimmt aufschlussreich“, nahm Tsukishima somit das Angebot an, direkt über etwas Anderes zu reden. Tendou war ein Problem, ein Dorn im Auge seiner Gedankenwelt und so nahm er dankend alles an, was ihn davon ablenkte, solange sich der Unruhestifter hier aufhielt. Zu wissen, dass der Rotschopf jeder Zeit um eine der Ecken dieser Gänge kommen und ihn aus der Fassung bringen konnte, beunruhigte ihn, baute aber auch eine gewisse Spannung auf, auf die er im Moment aber absolut nicht eingehen wollte.
Ja, Tendou war durchaus verlockend und spannend, aber das musste er Yamaguchi nicht unter die Nase reiben und danach handeln musste er schon gar nicht.
„Ich bin sehr gespannt, wie sie spielen, du bist sicher für Nekoma oder?“, fragte Yamaguchi vergnügt, in Anbedacht an Tsukishimas Freundschaft zu Kuroo.
„Ich bin für ein spannendes Spiel, von dem man viel lernen kann“, war dann die wohl typischste Antwort des blonden Mittelblockers. Yamaguchi kicherte. Manches würde sich wohl nie ändern.
„Und… bist du schon gespannt, gegen wen Shiratorizawa dann spielen wird?“, fragte Yamaguchi dann nach und leitete Tsukishimas Gedanken so nur wieder zurück zu diesem unmöglichen Rotschopf. Er seufzte.
„Naja, ich weiß, wie du auch, dass die Sieger des nächsten Spieles gegen sie spielen werden“, sagte Tsukishima so trocken, dass Yamaguchi seufzte.
Etwas skeptisch sah der Blonde zu ihm hinüber.
„Hast du dir eine andere Antwort erwartet? Woher soll ich wissen, wer gewinnt? Kuroo ist ein ausgezeichneter Mittelblocker und Sato… Tendou ist… einfach Tendou, er hat eine viel zu ausgeprägte Intuition, Ushijima haben sie auch und auch wenn Kozume ein toller Zuspieler ist, werden sie es schwer haben“, versuchte er sich aus der plötzlich so angespannten Atmosphäre zu ziehen. Warum wollte er Tendou wieder beim Vornamen nennen?
Yamaguchi hatte das durchaus bemerkt, reagierte aber weder neckend, noch fragte er nach und blieb stattdessen stehen. Er sah gedankenverloren vor sich auf den Boden und hob den Kopf erst wieder an, als Tsukishima ihn darauf ansprach.
„Nein, es ist nichts, ich war nur in Gedanken. Tendou ist wirklich ‘ne Nummer für sich, aber dieser Ushijima hats auch ganz schön drauf, Nishinoya hat ganz schön an ihm zu knabbern, wenn er seine Angriffe annimmt“, sagte Yamaguchi dann, hob den Kopf und schloss wieder zu seinem Freund auf.
Tsukishima nickte. Das Ass der Shiratorizawa war so gefährlich wie damals und dennoch führte er selbst den Zweikampf mit Tendou. Den Punktestand zwischen ihnen schätzte er auf 3 : 2, den Punkt für sein Ablenkungsmanöver gab er ihnen beiden, tatsächlich stand es wohl sogar schon 4 : 2 für Tendou, denn dass ihm dieser einfach nicht aus dem Kopf ging, war ein klarer Punkt. Eingestehen würde er das aber sicher nicht. Nicht vor Yamaguchi, nicht vor Tendou und am allerwenigsten vor sich selbst.
„Ist was vorgefallen?“, fragte Yamaguchi und riss Tsukishima damit wieder ganz aus seinen weniger erfolgreichen Verdrängungsversuchen.
„Was vorgefallen? Wo? Wann?“, stellte er die Gegenfrage. Yamaguchi verhielt sich komisch. Seine Stimme war gedrückt und er blieb schon wieder stehen und starrte so abwesend auf den Boden. Tsukishima konnte noch so abgelenkt von einer gewissen rothaarigen Attraktion sein, dass es seinem Freund nicht gut ging, merkte er allemal.
„Zwischen dir und Tendou“, ging Yamaguchi dann näher auf seine Frage ein, dass Tsukishima unweigerlich seinen Blick abwenden musste. Er konnte nicht antworten. Warum wollte der Andere das wissen? Machte er sich etwa Sorgen? Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf Tsukishimas Lippen ab.
„Du musst dir keine Sorgen machen, ich steigere mich da nicht rein“, erklärte er seinem Freund.
„Aber… War etwas?“, wollte Yamaguchi einfach nicht locker lassen.
Wieder seufzte Tsukishima tief.
„Ja… aber nichts Bedeutendes und jetzt komm weiter, so lange wird die Pause bis zum nächsten Spiel nicht dauern, suchen wir uns gute Plätze“, antwortete der Blonde und zog seinen Freund kurzer Hand am Unterarm weiter.
Chapter 11: My Lighthouse
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Nachdem Tsukishima und Yamaguchi den Umkleideraum so zügig verlassen hatten, folgten ihnen im Grunde auch schon alle anderen und verstreuten sich in den Gängen der Sportstätte.
Einzig Asahi blieb zurück. Zumindest dachte er, er wäre alleine. Tatsächlich hatte er gesehen, wie Nishinoya zuletzt mit Tanaka hinaus gelaufen war oder zumindest in Richtung der Tür.
Dass der kleine Libero aber in der Türschwelle stehen blieb und Tanaka weiterschickte, bemerkte das Ass noch gar nicht.
Asahi saß gedrückt auf der Bank, machte sich immer noch Vorwürfe wegen seiner schlechten Performance an diesem Tag, da half es nicht einmal, dass ihm sogar Tsukishima eingestand, dass auch er nicht ganz bei der Sache war und auch nicht Coach Ukais Hervorheben der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage. Weihnachten, das Fest der Liebe.
Mit dem immer näher kommenden Weihnachtsfest war auch der Jahreswechsel nicht mehr fern und auch das erste Semester seines letzten Schuljahres neigte sich dem Ende zu.
Seit Asahi zurück zum Volleyballclub gekommen war, war es für ihn, Daichi und Sugawara immerzu von großer Bedeutung, wenn sie mit den Anderen auf dem Spielfeld stehen konnten. Für Asahi war es eine wunderbare Chance mit Nishinoya zu spielen.
Das kleine Energiebündel hatte ihn schon bei ihrer ersten Begegnung vollkommen in seinen Bann gezogen und nie wieder losgelassen.
Je mehr Zeit sie miteinander verbrachten, desto enger schlang sich die metaphorische Schlinge um Asahis Hals. Je länger er daran dachte, desto eher blieb ihm die Luft weg, genauso wie zuvor für diesen kurzen Moment am Spielfeld.
Nishinoya hatte ihn nach seinem wirklich tollen Schlag umarmt, war ihm so nahe. Nähe war für den Libero nie ein Problem, Asahi wurde ihrer immer wieder zu Teil, mal intensiver, mal weniger. Nishinoya geizte auch nicht mit liebevollen Gesten, so tätschelte er Asahi, griff nach seiner Hand und schlang die Arme um ihn, wann immer dieser es in seinen Augen verdient hatte.
Asahi hatte nie das Gefühl, ,dass er diese Art der Zuneigung von Nishinoya verdient hatte und dennoch wollte er mehr davon. Er genoss es, wenn ihm der Kleinere näher kam. Wenn er ihn die Arme von hinten um den Körper schlang und ihm aufmunternde Worte ins Ohr hauchte, aber auch, wenn er ihn grob am Arm packte, während er ihm die Meinung geigte. Nishinoya nahm sich nie ein Blatt vor den Mund, er war immer ehrlich zu Asahi und deswegen glaubte er ihm auch einfach alles, was er sagte. So auch, dass der Libero immer hinter ihm stand, immer für ihn da war und ihn immer unterstützte.
Umso mehr ärgerte er sich darüber, dass er in einem ihrer wohl letzten gemeinsamen Spielen eine so erbärmliche Leistung ablieferte. Er griff sich angestrengt an die Stirn und seufzte. Er wollte Nishinoya nicht enttäuschen, er wollte die anderen nicht enttäuschen, aber der Libero stand dem allen vorne an.
Heute hatte er sich sogar den Ellenbogen aufgeschunden, weil er für eine perfekte Annahme, die Asahi eigentlich problemlos hätte verarbeiten müssen, auf die linke Seite gesprungen war, die Seite an der er keinen Schutz trug.
Und was tat Asahi? Der war in Gedanken wo ganz anders und ließ den Ball einfach an sich vorbeisegeln.
Er würde sich später noch einmal bei ihm entschuldigen, wahrscheinlich würde es spätestens morgen so richtig weh tun, wenn die ganze Aufregung weg war, die gerne einmal Schmerz verblendete.
„Ich hab dir gesagt, du sollst dir das nicht so sehr zu Herzen nehmen“, protestierte Nishinoya urplötzlich ganz in der Nähe und riss Asahi vollkommen unvorbereitet aus seinen Gedanken, jagte ihm einen Riesenschrecken ein.
„Und, dass du nicht immer so schreckhaft sein sollst, hab ich dir auch schon oft genug gesagt“, plapperte er gleich weiter während er den Weg zurück zu dem Drittklässler ging.
Verdammt! Asahi fühlte sich ertappt. Wie lange stand Nishinoya eigentlich da und sah ihm beim Grübeln zu?
Auffordernd blieb der Andere vor ihm stehen, stemmte seine Hände an die Hüfte und tappte mit einem Fuß nervös vor sich herum.
Asahi nickte. „Das hast du“, gab er ihm recht, aber hob den Kopf nicht. Damit provozierte er den Kleineren aber nur, denn der konnte es gar nicht leiden, dass er nun so auf den Asahi hinunterblicken musste.
Etwas angespannt legte er ihm also die Hand an die Wange und zwang ihn, hochzusehen.
„Können wir das dann vergessen und du lächelst mich wieder an?“, fragte Nishinoya. Sein Blick durchdrang Asahi direkt und kam ohne Umwege bei seinem Herz an, das einen verdächtigen Sprung machte und ab dann höher und schneller schlug.
Für einen Augenblick blieb für den Hünen die Zeit stehen. Der Geruch von Nishinoyas Shampoo drang ihm angenehm in die Nase und die Hand auf seiner Wange fühlte sich diesen kurzen Moment einfach nur richtig an, fast sogar fühlte es sich richtig an, nach ihr zu greifen, doch mit seiner Reaktion – einem Lächeln – versiegelte Asahi den Moment.
Nishinoya nahm die Hand mit einem zufriedenen Grinsen wieder zu sich, dann nickte er.
„Tsukishima war heute auch so komisch, läuft da was zwischen euch?“, fragte er mit einer Naivität, die Asahi auch wegen dieser Direktheit die Schamesröte ins Gesicht trieb. Nishinoya fragte ihn also einfach gerade aus, ob er was mit einem anderen Jungen hatte? Wollte er ihn zurechtweisen, dass das nicht richtig war? Oder war es für den Kleineren das Normalste der Welt und er wollte sich nur erkundigen?
Hastig schüttelte Asahi aber den Kopf. „Nein, nein, nicht doch, nicht Tsukishima“, sagte er rasch, dass Nishinoya ihn mit einem breiten Grinsen ansah.
„Aber du hast was mit wem?“, fragte er somit nach, weil er aus der Reaktion doch sah, dass es irgendwie in diese Richtung zu gehen schien. Nishinoya war nicht dumm, er stellte sich schon oft recht naiv an, zumindest schien das so. In Wirklichkeit war er einfach wahnsinnig fokussiert und blendete alles aus, was unwichtig war.
Gerade eben war Asahi das Wichtigste, was er ihm aber nicht sagt.
Asahis Gesichtsfarbe wurde nicht besser. Er riss den Kopf wild hin und her, kniff die Augen zu und verneinte all die Fragen, die in diese Richtung gingen.
„Vielleicht fragst du einfach nach einem Date, morgen dürfen wir nach den Spielen auf den Weihnachtsmarkt“, strahlte ihn Nishinoya an, nachdem er aus den Reaktionen geschlussfolgert hatte, dass Asahi wohl einen Schwarm hatte, der nicht Shimizu war. Wer es war, das ahnte er ja nicht, wünschte sich dennoch insgeheim, selbst Zeit mit dem Ass am Weihnachtsmarkt verbringen zu dürfen.
„Das ähm… ist eine gute Idee, der Weihnachtsmarkt“, sagte Asahi rasch und nickte dabei. Das war ihm ja so unbeschreiblich peinlich.
„Sehr gut und jetzt hoch mit deinem Arsch, wir wollen uns noch ‘nen Snack holen, bevor es weiter geht“, forderte ihn Nishinoya auf.
Chapter 12: Shrimp
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In der Halle saß Kenma bereits fertig umgezogen an der Außenlinie des Spielfeldes und drückte vertieft auf seinem Smartphone herum. Eigentlich wollte er zu Hinata und ihm zu einem guten Spiel gratulieren, denn auch, wenn sie verloren hatten, hatte der kleine Lockvogel einen fantastischen Job getan und machte seine fehlende Größe einfach wieder einmal mehr unbedeutend, aber es war ihm dann doch zu viel Trubel.
„Hey! Kenma!“, drang die Stimme des Ass-Anwärters der Karasuno Oberschule an die Ohren des Nekoma-Zuspielers. Kenma spitze ausschließlich die Ohren, unterbrach sein Tippen nicht, aber formte mit seinen Lippen ein Lächeln, das Hinata sofort auffiel.
„Was spielst du da?“, fragte dieser neugierig und ließ sich direkt neben ihm nieder.
„Ein Indi-Game, ganz neu, du spielst da dieses Mädchen und dasht dich von Wänden durch immer kompliziertere Level, außerdem kannst du Himbeeren sammeln“, erklärte Kenma das Spiel. Hinata legte den Kopf schief, aber beobachtete, was sich da auf dem Handy-Display abspielte. Die Grafik war ja nicht gerade überragend, es war schon recht bunt, aber eher pixelig und man sah das Gesicht von der Figur gar nicht.
Wie der Charakter allerdings herumflitzte und Kenma ihn, oder vielmehr sie, durch die Gegend bashte war nicht ohne. Hinata verlor schnell den Überblick und war sich als der Bildschirm dann gesperrt wurde gar nicht sicher, ob Kenma das Level nun abgeschlossen hatte oder ob noch etwas offen war.
„Ihr habt toll gespielt“, sagte Kenma und das Videospiel war sofort wieder vergessen. Zumindest für Hinata. Der Junge mit dem blond gefärbten Haar ging in seinem Kopf weitere Züge durch, denn tatsächlich blieb er am Ende des Levels an einer besonders komplizierten Passage hängen.
„Nicht gut genug“, gab Hinata klein bei und zog dabei eine Schnute. Tatsächlich gab er sich auch die Mitschuld, wenn es Teamkollegen nicht gut ging oder sie nicht auf der Höhe waren, dann war es doch seine Aufgabe, das auszugleichen.
Kenma zuckte mit den Schultern.
„Ihr habt bestimmt was gelernt“, sagte er und zog seine Knie näher an sich ran indem er die Arme um seine Beine schlang. Dabei sah er aufmerksam zu Hinata, der zu überlegen schien und schließlich nickte.
„Ja! Und wenn ihr jetzt dann spielt, werden wir auch viel lernen vom Zusehen“, sagte er und deutete seinem Freund direkt beide Daumen hoch.
„Ich feuere euch natürlich an, dass ihr dem ollen Oikawa das Lachen verderbt“, kicherte er dann frech, dass auch Kenma lachen musste.
„Mit Kuroo und Lev und den anderen wird das bestimmt, ich gebe einfach mein Bestes“, kam es von Kenma, aber er wollte eigentlich gar nicht weiter darüber sprechen. Das Spiel von Karasuno war vorbei und Nekomas Spiel stand noch aus, es kam ja sowieso, wie es kommen sollte.
„Ich glaube, man will uns heute Abend um die Häuser ziehen lassen, möchtest du Ramen essen gehen? Ich kenne hier einen coolen Laden, die haben auch tollen Apfelkuchen“, schlug Kenma dann vor. Hinata nickte rasch.
„Au ja! Ich würde mich wirklich sehr über leckere Ramen freuen“, strahlte er und Kenma nickte zur Bestätigung.
Er erkundigte sich höflich nach dem Wohlergehen seines Freundes und sie sprachen eine gute Weile über die Schule. Darüber, dass Hinata wohl nicht der beste Schüler war, sich aber irgendwie durchboxte.
„Ich könnte dir bestimmt ein bisschen Nachhilfe geben, gerade in Mathe und Physik bin ich ziemlich gut, da helfe ich sogar manchmal Kuroo, aber verrate ihm nicht, dass ich dir das gesagt habe, er nimmt ungerne Hilfe an und gibt das noch unlieber zu“, plauderte Kenma ungewöhnlich vergnügt vor sich hin, dass Hinata direkt nickte. Natürllich würde er dem Kapitän der Nekoma-Schule nicht verraten, dass er wohl über seine Rechenschwäche Bescheid wusste.
„Aber du würdest mir wirklich Nachhilfe geben? Wie denn?“, fragte Hinata neugierig nach. Kenma zückte wieder sein Smartphone und öffnete eine App.
„Ganz einfach, das hier installierst du dir auch – ich schick dir gleich ‘nen Link – und dann machen wir nen Videochat und ich kann dir auf Papier vorrechnen und so“, führte Kenma die Möglichkeiten aus. Hinata war begeistert. Er nutzte sein Smartphone eigentlich ausschließlich fürs Telefonieren und zum Versenden von Kurznachrichten – gerne auch mal an Kenma adressiert. Der Zuspieler allerdings war technisch viel versierter als er.
Der Link zur App war schnell versendet, genauso bald war sie installiert und eingerichtet.
„Voll cool“, jubelte Hinata und steckte sein Smartphone auch gleich wieder weg.
Dann ging er die Pläne zur Abendgestaltung an. Ramen wollten sie also essen und Apfelkuchen, wie er Kenmas beiläufigen Kommentar deutete. Danach stand ihnen noch viel offen. In der Herberge gab es Tischtennistische und Dartscheiben und ein paar Brettspiele, die sehr verlockend klangen.
„Vielleicht etwas, wo man mitdenken muss?“, schlug Kenma vor. Hinata grübelte nach. „Du müsstest mir sicher die Regeln erklären, was auch immer du aussuchst oder Kageyama, der ist gut in sowas oder Tsukishima“, plapperte der Kleinere vor sich hin.
„Ich glaube, Tsukishima hat für sowas heute keine Nerven“, unterbrach die beiden plötzlich eine tiefere Stimme.
„Kuro!“, sagte Kenma erfreut und hob den Kopf an um dem Kapitän direkt ins Gesicht sehen zu können.
„Wie kommst du auf das?“, wollte Hinata direkt wissen. Kuroo schüttelte den Kopf.
„Gott, Leute, ist das so undurchsichtig?“, fragte er, denn auch Kenmas Blick ließ erahnen, dass er nicht wusste, wovon der Mittelblocker sprach.
„Ach, das tut nichts zur Sache, ihr seid ja noch so jung und unschuldig“, sagte er und sah mit einem breiten Grinsen zwischen den beiden her. „So unschuldig“, wiederholte er die letzten Worte und streckte sich dann.
„Kenma, wärm dich auf, die anderen kommen auch jeden Moment“, sagte er dann an den Zuspieler gewandt und tatsächlich, das Nekoma-Team kam einer nach dem anderen aufs Feld und auch ihre Gegner, das Team um Toru Oikawa, betrat die Halle.
„Viel Erfolg Kenma und… danke für die App, wir machen das wirklich“, sagte Hinata und verabschiedete sich freundlich von den anderen.
„Bis bald Shrimp“, sagte Kuroo und winkte ihm knapp nach. Kenma verdrehte die Augen.
„Musst du ihn so nennen?“, fragte er den Größeren, doch der zuckte nur mit den Schultern.
„Kommst du dann mit, Ramen essen?“, fragte Kenma als er aufstand und begann seine Dehnübungen zu machen. Kuroo wärmte sich neben ihm auf und schien wirklich kurz zu überlegen.
„Ne, ich glaube, ich nehm mir Tsukki zur Brust, immerhin muss Karasuno morgen gegen Aoba Johsai spielen“, sagte er und zwinkerte Kenma zu, der sofort wieder die Augen verdrehte.
„Wenn du es jetzt nicht gejinxt hast…“
Chapter 13: High Hopes
Chapter Text
„Woah, der erste Aufschlag kommt gleich von Oikawa“, entkam es Hinata direkt zu Spielbeginn des zweiten Spieles dieses Tages. Kageyama stand neben ihm am Gelände der Tribüne und nickte nur. Seine Augen waren genau auf den Kapitän der Aoba Johsai gerichtet.
Hinatas Blick fiel dann direkt zu Kenma. Wenn Yaku den Ball annehmen würde, würde Kenma den Ball entweder für Yamamoto oder Inuoka auflegen und dann würde es losgehen. So die Gedanken des kleinen Mittelblockers.
In Wirklichkeit aber glänzte Oikawa direkt mit einem perfekt verzogenen Aufschlag, der um ein Haar nach draußen ging, aber treffsicher am Boden des nekomanischen Feldes aufschlug.
„Sorry Leute“, rief Yamamoto, dem diese Ecke gehört hätte.
Kuroo winkte ab, merkte vor seinem Team aber ein weiteres Mal an, Oikawas Aufschläge nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
„Er ist einfach eine Maschine“, knurrte Kageyama auf der Tribüne vor sich hin, dass es nun an Hinata war, zu nicken. Der Zuspieler der Aoba Johsai hatte sich direkt mit seinem Aufschlag wieder die gesamte Aufmerksamkeit und allen Respekt ergattert. Weiter rechts von Hinata und Kageyama rasteten ein paar Mädchen aus.
„Oikawa! Unser Superstar“, wurde gejubelt, geklatscht und es schien beinahe, als würden die Mädels aus den Latschen klappen, würde der Zuspieler ihnen seine Aufmerksamkeit schenken.
„Die haben die ganze Schule mitgebracht“, murmelte Hinata nachdem er einen Blick hinüber gemacht hatte. Karasuno war als Team hier, sie hatten alle mit, die dazu gehörten, aber keine Mitschüler, die extra zum Jubeln kamen. Nun ja, die Schüler der Aoba Johsai hatten auch nicht wie die anderen drei Teams in der Herberge nächstliegend Quartier bezogen, sondern waren etwas näher zum Zentrum der Stadt untergekommen und unternahmen neben den Spielen noch Exkursionen, derlei Aktivitäten entzogen sich Karasuno, Shiratorizawa und Nekoma.
„Tja, wenn sie so viel Zuspruch brauchen“, sagte Kageyama etwas bitter und wandte seinen Blick von der anfeuernden Meute wieder zum Spielfeld. Dort war Oikawas nächster Aufschlag nicht mehr so unaufhaltsam wie der erste. Wie Hinata es vermutet hatte, eilte Yaku zur Stelle, nahm den Ball an und Kenma spielte ihn Inuoka zu.
Noch wurde kein Punkt erzielt, der Ball blieb ihm Spiel.
Die Annahme auf Seiten Aoba Johsai war souverän, wie man es von ihnen erwartete, der Angriff wirkte niederschmetternd, doch mit einem breiten Grinsen wurde das scheinbar Unaufhaltsame durch Kuroos gespreizte Finger aufgehalten.
Block – Überraschung – Punkt – Unentschieden.
„Jawohl“, jubelte Hinata und riss Kenma für einen Moment aus seiner Konzentration. Katzengleich zischten die Augen des Zuspielers hoch zur Tribüne, ein Schmunzeln schlich sich über seine Lippen bis im nächsten Augenblick die Aufmerksamkeit wieder genau da war, wo sie hin musste, nämlich aufs Spielfeld.
Der Aufschlag wurde nun von Nobuyuki Kai verrichtet, leider viel zu einfach von Iwaizumi angenommen.
„Toll, Iwa-lein“, rief ihm Oikawa zu, der sich sogleich nach Vorne platzierte um seiner Zuspielerrolle gerecht zu werden. Mit einer ausgesprochenen Ruhe bereitete er den nächsten Angriff vor.
Block – Gegenblock – Punkt um Punkt.
„Das ist wirklich spannend, beide Teams geben sich absolut gar nichts, alle sind hochkonzentriert und es scheint, als würde niemandem ein Flüchtigkeitsfehler wiederfahren“, analysierte Tsukishima vor sich hin. Er ärgerte sich immer noch über seine heutige Leistung – viel mehr Nichtleistung.
„Sie sind wirklich alle in Top-Form“, bestätigte ihm Yamaguchi, dann legte er ihm die Hand auf die Schulter.
„Mach dir nichts draus, wir holen uns morgen den dritten Platz“, versuchte er den Blonden aufzumuntern, doch daraus wollte nichts werden.
Asahi saß direkt hinter Tsukishima, neben ihm Nishinoya, der aufgeregt mit Tanaka über das Spiel plauderte und Nekomas Libero komplimentierte.
Der Brünette seufzte. Den dritten Platz morgen zu holen war das Mindeste. Ein Blick hinüber zu Nishinoya ließ ihn aber direkt daran zweifeln, dass er selbst sein Team zum morgigen Erfolg führen sollte. Angespannt strich er sich über das Gesicht und fragte sich, wie er die Situation besser machen konnte.
Klar war, dass er demnächst mit Nishinoya reden musste, er wollte ihn auf jeden Fall fragen, ob er mit ihm auf den Weihnachtsmarkt gehen würde, aber nicht so direkt, dass der kleine Libero merkte, dass er der Grund für Asahis Zerstreutheit war.
Dass Nishinoya aber seit dem Gespräch mit Tanaka immer wieder Asahis Blick suchte, immer wieder versuchte, herauszufinden, auf wen der Ältere ein Auge geworfen hatte, merkte das Ass gar nicht.
Gerade lenkte er sich mit Tanaka und dem Spiel ab, unterließ es aber nicht, den Hünen immer wieder zu beobachten, gerade so lange, bis Asahi es zu merken schien, da sah er rasch wieder weg und verfiel mit seinem Kumpel in aufgewecktes Geschwätz, als wäre nie etwas passiert.
Unbemerkt aller um sie herum klopfte sein Herz dabei schneller und die Nervosität und Aufregung machte ihm eigentlich sehr zu schaffen. Er war seinem Körper ja so dankbar, dass er ihm so etwas wie einen roten Schimmer um die Nase, wie es bei Asahi der Fall war, nicht antat.
„Ich bin schon so gespannt, gegen wen wir spielen. Gegen Nekoma wäre total cool, die haben richtig was auf dem Kasten, aber ich würde auch Oikawa gerne die Fresse polieren… also rein übertragen“, prasselte es nur so aus Tanaka heraus, ehe er sich zum Schluss hin gerade noch ausbessern konnte.
„Wer auch immer das hier gewinnt, muss dann gegen Shiratorizawa spielen, an Tendous Guess Blocks werden sie auf jeden Fall zu knabbern haben und Ushijimas Angriffe werden jedem Probleme machen“, schlussfolgerte Daichi eine Reihe weiter hinten und zog somit die Aufmerksamkeit der beiden Jungs auf sich.
„Und wir werden mit Oikawa genauso zu kämpfen haben, wie mit dem tollen Zusammenspiel von Nekoma, es wird morgen auf jeden Fall ein sehr anstrengendes Spiel für uns, soviel steht fest“, sagte er dann und lehnte sich etwas zurück um dem Spiel wieder aufmerksam zu folgen. Wer auch immer hier den Kürzeren zog, spielte morgen gegen Karasuno und musste somit heute eingehend beobachtet werden. Dies tat auch Coach Ukai in der ersten Reihe. Er saß etwas versetzt direkt hinter Hinata und Kageyama, die es sich nicht nehmen lassen wollten, das Spiel stehend zu beobachten.
Coach Ukai machte sich Notizen, zeichnete auf, wie sich sowohl Nekoma als auch Aoba Johsai in den verschiedenen Situationen aufstellten und besprach die ein oder andere Beobachtung mit Herrn Takeda. Wie schnell die Mittelblocker agierten, wie die Zuspieler auf die Angreifer reagierten, wer die meisten Bälle bekam und ob es vielleicht doch wo neue Schwachstellen zu entdecken gab.
„Den ollen Oikawa hauen wir schon in die Pfanne, Nekoma wird eine Nuss… wenn sie allerdings jetzt verlieren, haben sie wohl nachgelassen“, sagte Narita überzeugt, wurde aber sogleich von Sugawara zurechtgewiesen.
„Beide Teams haben sich enorm weiterentwickelt, Nekoma scheint noch besser zusammenzuspielen als sonst, auch wenn es so wirkt, als hätte Oikawa das bereits alles durchschaut, sein Zuspiel ist wirklich perfekt heute, wäre da nicht Kuroo, das ist echt der Hammer, wie er die Angriffe pulverisiert“, sagte der Drittklässler begeistert und seine Teamkammeraden konnten nur zustimmend nicken.
Chapter 14: Take A Chance
Chapter Text
Der erste Satz ging erfolgreich an Aoba Johsai. Kuroo sprach in der kurzen Pause das ein oder andere Motivationswort, merkte an, dass sie den Gegner doch schon recht aus der Reserve gelockt hatten und begann wieder mit der von Kenma so verachteten Leier, die ihn als Hirn des Teams hervorhob.
„Du wirst schon das Richtige tun, du bist immerhin unser Hirn“, sagte Kuroo und zwinkerte dem kleineren kess zu. Kenma verdrehte die Augen und nahm noch einen Schluck aus seiner Trinkflasche.
Die kurze Pause war schnell vorüber und die Jungs stellten sich auf.
Diesmal begann Kuroo mit dem Aufschlag. Kein direkter Punkt, aber dennoch nicht einfach anzunehmen.
Es änderte dennoch nichts daran, dass Oikawa bereits perfekt positioniert am Netz stand und auf den Ball wartete, der auch schon einen Augenblick später mit einer Finte hochgespielt und versenkt wurde.
Kuroo ballte die Faust und schlug damit wie auf einen unsichtbaren Tisch.
„Sorry, ich war nicht schnell genug“, sagte er und ließ sich nur müßig davon überzeugen, dass er nicht gleichzeitig aufschlagen und blocken kann.
Kenma schmunzelte etwas. Kuroo war in Bezug auf alle anderen immer sehr vergebend, verlangte nie mehr von ihnen als, dass sie sich bemühten und stets ihr bestes gaben, aber von sich selbst erwartete doch oft das Übermenschliche.
„Das nächste Mal schlägst du nicht mehr auf, dann kannst du wie gewohnt die Welt retten“, murmelte ihm Kenma zu und erntete ein verschmitztes Grinsen.
„Die Welt retten, das gefällt mir“, sagte Kuroo und positionierte sich während der Aufschlag von Aoba Johsai vorbereitet wurde.
Kein Oikawa am Ball, somit auch nicht besonders gefährlich. Das war zumindest die Einschätzung Nekomas und sie behielten recht.
Zielsicher wanderte der Ball nach vorne zu Kenma, das Zuspiel wurde den Gegnern an Inuoka verkauft, wurde dann aber für Kuroo vorbereitet.
„Dachtest du schon“, rief Watari, der in seiner Rolle als Libero genau richtig gehandelt hatte und nachdem der Ball weit in die Luft schoss sein Wort direkt an Kenma gerichtet, dem bereits eine Gänsehaut auflief. So durchschaut worden zu sein missfiel ihm.
„Schon gut“, sagte Kuroo neben ihm, seinen Blick hatte er dabei genau auf den Ball gerichtet, er stand etwas in gehockter Haltung, schenkte seine emotionale Aufmerksamkeit aber ganz dem Zuspieler, der verlegen zur Seite sah, obwohl Kuroo ihn gar nicht anschaute. „Den nächsten mach ich rein“, sagte der Kapitän und machte sich bereit.
Aoba Johsai bereitete einen Angriff vor, Kuroo schien ihn bereits durchschaut zu haben. Er hastete nach links, erkannte aber nicht, dass Oikawa bereits genau wusste, dass ihm Kuroo auf die Schliche und somit lief dieser nicht nur einfach in die falsche Richtung, sondern war überzeugt genug, dass auch Lev und Inouka mit ihm zum Block anliefen und auf der falschen Seite in die Lüfte sprangen.
„Verflucht! Sorry Leute“, knurrte Kuroo als der Ball nur wenige Zentimeter neben Yaku zu Boden knallte.
„Den hätte ich haben sollen“, sagte dieser und seufzte enttäuscht von sich selbst gegen das Parkett, bevor er sich wieder aufraffte.
Dass Selbstmitleid nichts brachte, wussten sie alle.
Kenmas Augenpaar wanderte von einem seiner Kollegen zum anderen. Er konnte ihnen keine aufmunternden Worte sagen, er konnte ihnen nur die Bälle zuspielen, einen treffsicheren Schlag nach dem anderen vorbereiten, aber bis es soweit war, musste er sich auf sie verlassen und das tat er. Jetzt gab es eben eine Flaute, aber die würden sie schon schnell überwinden, das kam schon einmal vor, das war alles ganz normal.
Schlussendlich blieben seine Augen an Kuroo haften. Ohne etwas zu sagen, brachte er den Anderen dazu, ein sanftes Lächeln aufzulegen. Wie ein kurzer Stromschlag durchfuhr irgendetwas, das er nicht ganz zuteilen konnte, Kenmas Körper. Er folgte dem Kapitän mit seinem Blick, bis dieser wieder an der Position des Aufschlägers stand.
Kuroo hielt den Ball in seiner rechten Hand, drehte ihn verspielt, während in seinen Augen alles andere als das Spiel wiederspiegelte.
Ein Impuls.
Kenma stand neben dem eigentlichen Mittelblocker und erkannte durchaus die Zweifel in dessen Augen. Zweifel, die er so noch nie in Kuroos Augen gesehen hatte. Das war ungewohnt, so ungewohnt, dass der folgende Impuls sich gar nicht mehr so abwegig anfühlte.
Der Abstand zwischen den beiden war mit einem einzigen Schritt überwunden, hinderte Kuroo daran, den Schritt zurück zu machen, Anlauf zu nehmen und den Ball über das Netz zu schmettern. Als wäre es das normalste der Welt, griff Kenma nach dem Stoff, der Kuroos Oberkörper bedeckte, zog sich so den Kapitän zu sich hinunter und küsste ihn mit harmlos gedachter Naivität.
Ein verhaltenes „Whoooo“ füllte die Sporthalle, drang aber nur im Ansatz an Kuroos Ohren, denn der war wie gefangen in diesem Augenblick, wie aus dieser Welt gerissen, fern jeder Realität.
Um ein Haar hätte Kuroo den Ball fallen gelassen, wollte fragen, was das zu bedeuten hatte und vor allem wollte er am liebsten das Spiel, all die Leute um sie herum und vor allem die neugierigen Blicke verbannen und mit Kenma alleine sein.
Der Ball blieb im Griff, die Frage unausgesprochen, dennoch wurde sie beantwortet.
„Hat sich gerade richtig angefühlt“, sagte Kenma und brachte sich wieder in Position .Würde der Ball zurückkommen, wäre er bereit zu blocken oder würde bei Annahme des Liberos das Zuspiel auf Kuroo einleiten.
Kuroos Aufschlag wurde versenkt. Ein breites zufriedenes Grinsen machte sich auf seinen Lippen breit, zufriedener als sonst, denn sein Blick fiel auch gleich wieder auf Kenma, der wider Erwarten einfach keine Reaktion zeigte. Auch wenn sich Kuroo fragte, was Kenma damit bezwecken wollte, was ihn da geritten hatte, so hatte er zumindest bezweckt, dass sich der Mittelblocker unheimlich gepusht fühlte und diese ganze Energie mit in den restlichen Verlauf des Satzes nahm.
Zwar wurde der zweite Aufschlag angenommen, doch war der Kapitän nun in seiner Position auf Aufschläger überraschend schnell am Netz und blockte einen eigentlich sicheren Angriff von Iwaizumi.
Der nächste Aufschlag wurde in einen genauso sicheren Angriff umgewandelt, doch auch diesmal war Kuroo schneller am Netz, als man es in dieser Situation hätte sein können. Das Adrenalin rauschte dem Kapitän durch die Venen, schien das Unmögliche möglich zu machen und just als er einen weiteren Block landete, der dem gegnerischen Libero in gefühlt meilenweiter Entfernung entglitt, wandte er sich zu Kenma um, packte ihn am Arm, legte den freien Arm um ihn und ließ ihn mit einer gewagten Drehung gen Boden sinken, nur um ihm direkt zu folgen und ihm ähnlich einer Szene aus einer bekannten Photografie einen Kuss zu stehlen.
Der letzte Punkt war Satzball, versenkt, der Satz gewonnen.
„Immer noch richtig?“, fragte Kuroo mit einem frechen Grinsen, nachdem er Kenmas Lippen wieder frei gab, bekam aber keine Antwort. Kein Nicken, kein Kopfschütteln, kein Wort, kein Nichts. Kenma richtete sich einzig wieder auf und ging für die Pause und eine Predigt des Coaches zur Seite.
Chapter 15: Ugly Heart
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"Habt ihr sie denn noch alle? Es ist mir vollkommen egal, wie sehr das unseren Gegner verwirrt hat und was das mit der Dynamik in unserem Team gemacht hat – unterlasst das! Das ist abnormal!“, las Coach Nekomata dem Kapitän und Zuspieler die Leviten. Kenma duckte sich augenblicklich. Kuroo zuckte mit den Schultern.
„Auf diese Meinung lege ich keinen Wert“, sagte er und ignorierte jedes weitere tadelnde Wort. Kenma schämte sich in Grund und Boden.
„Hey, mach dir nichts draus, egal was das war, es hat uns zum Sieg verholfen“, sagte Yaku, auch wenn er unsicher wirkte. Er wusste nicht recht, was er sagen sollte, wusste nicht, ob Kenma nur diesen Zweck verfolgt hatte und noch weniger, was der abschließende Kuss von Kuroo bedeuten sollte. Der war als Ablenkungsmanöver vollkommen sinnlos.
„Lasst euch von solch Abnormalitäten nicht aus dem Konzept bringen“, wurde auch das Team um Oikawa von ihrem Coach direkt zurechtgewiesen.
Der Brünette Zuspieler musste zugeben, mit so etwas, was da zuvor auf dem feindlichen Feld passiert war, hatte er nicht gerechnet, er wusste auch nicht recht zu reagieren und sah nun im Moment der Zurechtweißung zu Iwaizumi. Ob sie auch solch ein Ablenkungsmanöver einlegen sollten? Es würde wohl nichts bringen. Der Überraschungsmoment war bereits vorbei, es war nichts Neues mehr. Ein unverschämtes Grinsen zierte dennoch sein Gesicht, was Iwaizumi nicht verborgen blieb, so schüttelte dieser vehement den Kopf.
„Shittykawa! Du denkst gerade nicht darüber nach, mich zu küssen!“, stellte er seine Frage viel mehr als Anweisung als wirklich eine Antwort zu erwarten. An sowas brauchte der Starzuspieler erst gar nicht zu denken. Die Mädels auf den Rängen kreischten, man wusste nicht, ob sie Iwaizumis Vermutung teilten oder einfach nur so – wie so oft – von Oikawa entzückt waren.
Der Brünette zuckte mit den Schultern.
„Du weißt ja nicht, was du verpasst“, sagte er und zwinkerte ihm frech zu. Das Ass kam aus der Angewohnheit, den Kopf über die Nummer 1 zu schütteln, gar nicht mehr heraus.
„Darauf kann ich tatsächlich gerne verzichten“, gab er abwertend bei und Oikawa drehte sich beleidigt um. Iwaizumi schnaufte.
Dann merkte er nur noch aus dem Augenwinkel, wie sich der andere zu Kunimi hinüberlehnte, weit kam er aber nicht, da packte ihn Iwaizumi am Shirt und zog ihn zurück.
„Und du wirst das auch nicht bei Kunimi versuchen!“ keifte er, dass Oikawa triumphierend lachte.
„Ha! Du wirst doch nicht eifersüchtig werden, mein süßer Iwa“, kam es so entzückt zurück, dass Iwaizumi gar nichts anderes übrig blieb als, dass er den Mädchenschwarm mit Tritten aufs Spielfeld komplimentierte.
„Du bist so gemein, Iwa-lein“, protestierte Oikawa, war dann aber rasch in seinem Element, als es darum ging, den zweiten Spielsatz zu beginnen und kaum war es soweit, spielte er sich in seiner üblichen Art und Weise auf. Er prahlte vor seinen Aufschlägen, warf seinen Mitspielern und vor allem den Gegnern scharfe Kommentare zu, aber geizte auch nicht mit Komplimenten.
Mit dem Punktestand, der einige Momente später schon klar für Nekoma stand, war er aber wenig zufrieden.
Als er vorne ans Netz trat, ließ er es nicht aus, Kenma und Kuroo eingehend zu mustern.
„Ihr wärt echt ein hübsches Paar, ich würde mich wirklich für euch freuen, aber ihr habt eindeutig jetzt schon Beziehungsprobleme“, gab er zum Besten, zwinkerte den beiden dann zu und wandte sich zu Kindaichi um, der sich soeben um den Aufschlag kümmerte.
Dass er mit dieser Aussage rein Salz in die Wunde streuen, für Unsicherheit sorgen und den Punktestand beeinflussen wollte, lag für das Team hinter ihm klar auf der Hand, Kenma allerdings riss es aus der Konzentration.
Er sah hinüber zu Kuroo, dem es ähnlich zu gehen schien. Er konnte ihn nicht deuten. Ihn konnte er stets am allerwenigsten einschätzen, obwohl er ihn schon sehr lange und gut kannte. So sehr er über den Kapitän Bescheid wusste und spürte, wenn ihm etwas missfiel, was er mit seinen kecken Kommentaren oft zu übertönen plante, so wusste er nicht, kein bisschen, was tief in seiner Seele gerade für ein Sturm herrschte.
In dem Moment, als er ihn im vergangenen Satz geküsst hatte, hatte er für eine kurze Zeit das Gefühl, diesem Unwetter leibhaftig beizuwohnen. Es fühlte sich unbeschreiblich an, wie der tobende Sturm durch diese so harmlos gemeinte Geste zum Stillstand kam.
Dass das für Kuroo aber nur die Ruhe vor dem wahren Sturm war, erahnte wohl nur sein Gegner.
Der Kapitän schnaubte: „Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß“, zischte er und sah dann zu Kenma. Eigentlich wollte er ihm etwas Aufmunterndes sagen, ihm zumindest mit einem Blick possitive Vibes vermitteln, aber der Ausdruck in den Augen des Kleineren brachte ihn ungeahnt aus der Fassung.
War das Zweifel? Woran zweifelte Kenma? Doch nicht etwa an ihm?
„Du bist echt ein Monster“, zischte Iwaizumi hinüber zu Oikawa, der dem aufgeschlagenen Ball mit einem siegessicheren Grinsen nachsah.
Natürlich hatte er seine Gegenspieler aus dem Konzept gebracht, sicherte seinem Team somit den nächsten Punkt. Der Aufschlag ging wieder von Kindaichi aus.
„Alles für den Sieg“, sagte Oikawa und fixierte Kenma mit seinem Blick. Er fragte sich, wen er leichter eifersüchtig machen könnte, ihn oder Kuroo. Ein kurzes Blinzeln hinüber zu dem Größeren gab ihm sogar direkt eine Antwort. Kuroo war klar der eifersüchtige Typ.
„Denkst du, ich kann das Zuckerstück mal ausführen?“, fragte Oikawa an niemanden direkt gerichtet, gemeint war aber klar Kenma, dem ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Allein die Aussicht auf sowas wie ein Date war ihm unangenehm und der Zusatz, dass dieses auch noch mit dem aufgeblasenen Gockel vor ihm sein sollte, ließ in ihm starkes Unbehagen aufkommen.
„Oikawa! Wenn dieses Netz hier nicht zwischen uns wäre, ich würde dich an deinen Ohren raus auf die Straße ziehen und dir dein dämliches Grinsen aus der Visage schlagen“, knurrte Kuroo so bemüht wie möglich, ruhig zu bleiben. Da war er wieder. Der Sturm, er tobte und Kenma spürte ihn.
„Lass es Kuro, er ist es nicht wert“, sagte er und drückte den Mittelblocker bedacht ein paar Schritte vom Netz weg. „Nimm den an“, sagte er und schielte hinüber die Kindaichi der sich den Ball gerade hoch warf.
Oikawa lachte überlegen. Iwaizumi seufzte und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.
„Wie kann jemand mit einem so hübschen Gesicht so hässlich sein?“, fragte er. Einen Konter bekam er nicht, denn das Spiel ging rapide weiter.
Kuroo nahm den Ball an, Kenma spielte ihn gekonnt Yamamoto zu, doch dieser scheiterte mit seinem Angriff an Watari, der bereits zur Stelle war.
Der Ball ging hoch, Oikawa positionierte sich und spielte Kindaichi den Ball zu. Direkt danach drehte er sich zu Iwaizumi um.
„Wenn du denn Ball haben willst, musst du etwas netter zu mir sein, niemand nennt mich hässlich“, sagte er strenger, als der Außenspieler es von seinem Kapitän gewohnt war. Etwas verwundert hob er die Augenbrauen.
„Ich hab dich doch nicht beleidigt oder?“, fragte er. Doch die Frage blieb unbeantwortet. Oikawa war beleidigt, aber nicht weniger aggressiver im Spiel.
Chapter 16: Shut up and kiss me
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„Ich möchte nichts dazu sagen“, waren Kenmas Worte als sie nach dem letzten Satz und der Ehrung Aoba Johsais in die Umkleideräume verschwinden konnten.
„Oh nein, das lass ich dir so nicht durchgehen“, sagte Kuroo ernst und hastete seinem Zuspieler nach.
„Hey Leute, vielleicht wollt ihr das unter euch klären, wenn wir alle fertig sind?“, fragte Yamamoto mit angespannter Zurückhaltung. Kuroo holte tief Luft. Im Grunde war es ihm egal, wenn andere hörten, was er Kenma zu sagen hatte, aber wenn ausgerechnet Yamamoto das Wort so erhob, dann war es wohl den anderen unangenehm.
„Sorry“, sagte der Kapitän schließlich und schluckte für einen Moment all seinen Unmut hinunter. Die Dusche brachte er schweigend hinter sich und entzog sich dabei sogar dem üblichen kindischen Geschwätz zwischendurch.
„Wir spielen morgen gegen Karasuno, ihr wisst, was sie drauf haben und ich würde es begrüßen, wenn wir abends noch darüber reden könnten, was bei dem Spiel eben alles schief gegangen ist“, sagte Kuroo und verschwand dann. Er wollte das erst noch mit dem Coach klären, wollte sich für seine fehlende Seriosität entschuldigen.
„Kuroo… es ist schon gut, ihr seid jung, das Fest der Liebe steht an, ich wollte euch auch nicht so zurechtweisen, aber weißt du, solche Gefühle bringen das ganze Team durcheinander, das hast du doch bei Karasuno gesehen“, sprach Coach Nekomata nun viel ruhiger auf den Kapitän ein.
Kuroo nickte. Tatsächlich schien im Team der Krähen auch einiges vorgefallen zu sein, oder lag vielleicht mehr auf der Hand, als es tatsächlich schon ausgesprochen war?
„Reagiert euch alle erstmal ab. Bevor ihr dann zum Essen ausscharen dürft, möchte ich das Spiel noch mit euch besprechen, wir müssen uns immerhin für morgen vorbereiten“, sagte Coach Nekomata mit einem milden Lächeln. Es war nicht so, als würde er sein Team verurteilen, im Sport aber war es wichtig, professionell zu sein und was Nekoma da heute an die Tagesordnung geschnalzt hatte, war das nicht, auch Karasuno war weit von serös entfernt und hatte sich dazu auch schon die ein und andere Zurechtweisung anhören dürfen.
Nach diesem kurzen Austausch mit dem Trainer, sputete sich Kuroo dann doch wieder recht rasch zurück zu den Umkleiden. Er wusste nicht, wie schnell sich Kenma diesmal aus dem Staub machen würde und so wunderte es ihn doch etwas, den Kleineren alleine in dem stickigen Raum aufzufinden, natürlich nicht ohne in ein Videospiel vertieft zu sein.
Kaum hatte Kuroo den Raum betreten, spitzte Kenma die Ohren, horchte auf, aber wandte den Kopf nicht von seinem Display ab.
Nur die Schritte, die er vernahm ließen ihn wissen, dass Kuroo auf ihn zu kam. Er wurde nervös, hätte das Thema lieber einfach bei Seite geschoben, wegignoriert und so weitergemacht, als wäre nie etwas vorgefallen.
Kuroo ging vor Kenma in die Hocke und legte seine Hand bewusst auf das Display um das gesamte Bild zu überdecken. Kenma starrte auf den Handrücken und seufzte. Er wusste, würde er jetzt aufsehen, würde er in die Augen seines zurecht verwirrten Freundes blicken. Er hatte sich vom Moment leiten lassen, hatte etwas gemacht, das nicht gerechtfertigt war. Schlimmer aber war, hätte Koruu diesen Zug nicht auf seine eigene Art und Weise wiederholt, hätte er keinen weiteren Gedanken mehr daran verschwendet. Aber hätte er wirklich?
„Kannst du mich bitte ansehen?“, forderte Kuroo und Kenma zuckte ertappt zusammen, hob dann aber vorsichtig den Kopf.
Goldene Augen fixierten haselnussbraune.
„Ich versteh schon, dass du für viele ein Mysterium bist, aber nicht für mich“, sagte Kuroo und legte seine andere Hand dabei sanft auf Kenmas Wange. Mit geweiteten Augen schielte dieser hinunter auf den warmen Fremdkörper, dann wieder direkt in Kuroos sonst so abenteuerliche Augen. In diesem Moment vermittelten sie ihm einfach nur Geborgenheit und Treue, entflammten den Impuls, das Gefühl, wie zuvor auf dem Spielt, seinen Freund einfach nah an sich zu ziehen und nun seinen Mund zu versiegeln um die dummen Fragen, die noch kommen würden, versiegen zu lassen.
„Tut mir leid… mir war einfach danach“, sagte Kenma, wollte zur Seite sehen, doch Kuroo hielt ihn auf. Er lächelte mit einer ungewohnten Sänfte, nicht sonderlich ungewohnt für den Zuspieler, er kannte ihn immerhin schon lange und kannte wohl jeder Seite des Kapitäns. Jede? Gerade eben kam nun doch etwas zum Vorschein, das er so noch nie erlebt hatte.
„Und mir war auch danach, aber du hast mir keine Chance gegeben, das richtig zu vermitteln und mir ist auch jetzt danach und bestimmt auch später und morgen und für die nächsten Wochen… Monate und…“, doch weiter kam Kuroo nicht. Kenma wollte sowas gar nicht hören, er wollte nicht hören, dass man ihn für immer und ewig lieben würde, immer bei ihm sein wollte oder was da sonst noch so an romantischem Schwachsinn aus Kuroos Mund hätte kommen können, da sollte er lieber handeln. Mit Worten konnte er jetzt nichts anfangen.
Kuroo schloss die Augen und legte nun auch seine zweite Hand an Kenmas Gesicht. Mit den Daumen strich er über die zarte Haut und hoffte inständig, diesen Augenblick nicht ganz so bald aufgeben zu müssen. Es störte ihn, dass sie hier wohl nicht ungestört bleiben würden, immer wieder hörte er draußen jemanden vorbei gehen, es konnte sich nur um Sekunden handeln, dass jemand hereinplatzte, weil er etwas vergessen hatte, noch etwas sagen wollte, jemanden suchte und die beiden überraschte und unterbrach.
Aber es war nicht ein ungebetener Gast, kein Störenfried, kein Zurechtweiser, nein, es war Kenma, der diesen unglaublichen Moment, der die Schmetterlinge, die in Kuroos Bauch verrückt geworden waren, in ihrem Treiben störte.
„Sorry, ich…“, begann Kenma, wurde aber sofort wieder von Kuroo unterbochen. „Halt doch einfach einmal deine Klappe“, sagte dieser und forderte sogleich, das von gerade eben fortzusetzen. Keine Widerrede. Bereitwillig ging Kenma nun auf den Kuss ein, der weit nicht mehr so unschuldig, sanft und liebevoll war, wie vor wenigen Momenten geplant.
Kuroo zeigte ihm rasch, wie viel Leidenschaft und Verlangen in einer doch so harmlosen Geste stecken konnte.
Überrumpelt von so vielen Empfindungen ließ Kenma sein Videospiel achtlos auf den Boden fallen und schlang seine Arme um Kuroos Hals, der seine Hände weiter nach unten wandern ließ, bis er an Kenmas Taille angelangt war um sich den zarten Körper auf den Schoß zu ziehen. Auch wenn dies in dieser Position nicht besonders bequem war, so war ihm die Nähe gerade wichtiger als Annehmlichkeiten, zumal er gelogen hätte, hätte er das hier als unangenehm eingestuft. Es war so viel mehr als einfach nur angenehm. Kenma nun so zu küssen war atemberaubend, aufregend und der Kleinere beteiligte sich weit mehr als bei all den anderen Aktivitäten, in denen man ihn so sah.
Forsch verlangte Kenmas Zunge Einlass durch Kuroos Lippen, den er ihr nicht verwehrte.
Ein kehliges Raunen drang zwischen ihrer beider Lippenpaare durch und jagte Kuroo einen wohligen Schauer über den Rücken.
„Kuroo?“, kam sie dann doch wie erwartet, die unliebsame Unterbrechung. Gesuchter knurrte etwas erbost gegen Kenmas Lippen und löste sich nur widerwillig von ihm.
Da war er wieder. Kuroos abenteuerlicher Blick traf auf Kenmas glasige halbgeöffnete Augen.
Für einen Moment sahen sie sich einfach nur an, schienen zu überlegen, sich taub zu stellen, wie sie sich unsichtbar machen konnten, doch der Entschluss, zurück in die Realität zu kehren, war schneller gefasst, als Kuroo ahnen wollte.
Noch ehe jemand in den Raum eintrat griff Kenma nach seinem Videospiel und stand auf.
„Ich spiel das Level im Gemeinschaftsraum fertig, dann geh ich mit Shoyo Ramen essen“, sagte er und ging mit einem sanften roten Schimmer um die Nase und gesenktem Kopf nach draußen.
Chapter 17: Let's talk about sex
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Kenma ließ in Ruhe einen Blick über das ihm bekannte Menü schwiefen und zog nur ein Grinsen auf, als Hinata begeistert das Spezialangebot hervorhob.
Einmal große Ramen mit Tee und einer Nachspeise.
„Glaub mir, du kannst dir die Nachspeise gleich einpacken lassen, die Portionen hier sind wirklich groß“, sagte Kenma und legte die Speisekarte zur Seite. Er selbst hatte sich für eine normalgroße Portion Ramen entschieden und würde sich eine Portion Mango-Mochi und ein Stück Apple Pie direkt einpacken lassen.
„Die Mochi nehme ich Kuro mit“, sagte er mit einem sanften Lächeln, dann wurde er für einen Moment rot um die Nase als er sich selbst dabei ertappte, wie seine Gedanken augenblicklich zurück in den Umkleideraum wanderten. Das war wirklich überraschend, einerseits, wie er selbst reagierte und andererseits, wie Kuroo reagierte. Vorsichtlich legte Kenma seine Finger auf seine Lippen, schüttelte den Kopf und wandte sich dann wieder Hinata zu. Der war mit seiner Wahl der großen Portion durchaus zufrieden und würde sich genauso auf den amerikanischen Apfelkuchen einlassen.
„Irgendwie schade, dass ihr verloren habt, aber das heißt, dass wir morgen gegeneinander spielen, das wird total spannend“, sagte Hinata und kicherte dabei. Kenma schmunzelte etwas.
„Wir werden es euch nicht leicht machen, wir sind morgen konzentrierter als heute gegen Aoba Johsai“, erklärte Kenma und Hinata legte den Kopf schief.
„War das eigentlich ein Ablenkungsmanöver?“, fragte der Junge mit dem orangenen Haar, dass Kenma zusammenzuckte und verlegen zur Seite sah.
„Nein“, sagte er knapp und Hinata grinste nur.
„Das muss dir nicht peinlich sein, ich hoffe, das klappt mit euch“, sagte er naiv heraus, dass Kenma überrascht den Kopf hob und seinem Freund wieder ins Gesicht sah. Auf die Frage, ob er das nicht komisch und abnormal fand, schüttelte der kleine Wildfang direkt den Kopf.
Warum sollte es? Liebe war Liebe und er würde sich bei sowas nie einmischen, es war nicht an ihm, darüber zu urteilen, außerdem fand er, dass Kenma und Kuroo ein tolles Paar abgaben.
„Nun ja, er ist mein bester Freund, das klappt seit Jahren“, murmelte Kenma und wandte abermals den Blick ab. Am liebsten hätte er sich in ein Videospiel verzogen und diese Unterhaltung nur nebenbei geführt, aber in einem Lokal, wenn sie schon zu zweit hier waren, da war auch Kenma klar, dass das sehr unhöflich war. Auch wenn Hinata wohl kein Problem damit gehabt hätte.
Der Junge war sowieso erfrischend tolerant so ziemlich allem gegenüber.
Gar nicht weit von den beiden entfernt standen Tsukishima und Kuroo bei einem Stand, der Toriyaki Spieße verkaufte. Gerade nahm Tsukishima seines entgegen, da ließ Kuroo auch schon den Elefanten im Raum los galoppieren.
„Und? Wie lange läuft das zwischen dir und Tendou schon?“
Vor Schreck hätte der blonde Mittelblocker beinahe den Spieß fallen lassen. Er sah Kuroo mit großen ertappten Augen an und stammelte eine unverständliche Erklärung hervor.
Kuroo hob die Augenbrauen.
„Also wenn euch das nicht klar ist, dann verrate ich dir ein Geheimnis: Das sieht jeder, dass da was läuft, nun ja, euer Shrimp hats vielleicht nicht durchschaut, aber der ist so naiv, der fragt wohl auch Kenma, ob das nur Ablenkung war“, grinste der Kapitän der Nekoma und gab Tsukishima gleich ein Thema, das ihm den stürmischen Wind aus den Segeln nehmen sollte.
„Also war es das nicht?“, fragte Tsukishima, als er wieder halbwegs zur Ruhe kam und die Beiden sich ein paar Schritte weiter bewegt hatten. Sofort blieb Kuroo wieder stehen.
„So naiv bist du doch nicht oder?“, fragte er und schob sich dann seinen Spieß genüsslich in den Mund. Tsukishima schüttelte den Kopf. Natürlich nicht, dennoch wollte er Kuroo nicht unwohl fühlen lassen, auch wenn dieser das Thema selbst so direkt angesprochen hatte und eine Verwechslung eigentlich ausgeschlossen hatte.
„Ist es denn so einfach? Was ihr habt?“, fragte Tsukishima dann. Kuroo grinste, schüttelte aber den Kopf.
„Es ist zumindest nicht kompliziert, glaube ich, wir haben noch nicht darüber geredet, immerhin läuft das zwischen uns noch nicht so lange wie zwischen dir und Tendou“, sagte der Drittklässler mit einem frechen Grinsen, dass Tsukishima direkt ein kalter Schauer über den Rücken lief.
„Da ist nichts zwischen uns und schon gar nicht lange“, versuchte er sich herauszureden.
„Ja genau“, war Kuroos Konter. Er schüttelte ungläubig den Kopf und seufzte.
„Dachte nicht, dass er dein Typ ist, er ist so… aufgekratzt“, sagte er dann noch und brachte Tsukishima damit beinahe zum Toben.
„Er ist nicht mein Typ… er ist… er ist… er ist absolut unmöglich“, protestierte der Blonde. Kuroo lachte. Ach war junge Liebe nicht entzückend? Tsukishima verneinte diese Frage sofort. Einerseits war es nichts, was man junge Liebe nennen konnte, schon gar nicht war es entzückend.
„Lass mich raten, er hat dich einfach irgendwann überrumpelt?“, fragte Kuroo nach einem Moment des Schweigens in dem sie ihre Toriyakispieße verspeisten und den Abfall in einem Mülleimer entsorgt hatten.
Tsukishima nickte. Er wusste, dass Widerstand nun zwecklos war. Kuroo gab ja sowieso nicht locker. Außerdem hatte er ja tatsächlich recht.
Für einen Augenblick überlegte der Blonde, erzählte Kuroo dann aber was geschehen war.
Dann trat wieder Stille ein.
Kuroo musterte Tsukishima eingehend, schob sich dabei den Schal etwas höher und nickte dann.
„Wir sollten über Verhütung reden, da liegt wirklich viel Spannung in der Luft und Tendou ist älter als du, er macht bestimmt einen Move und du wirkst nicht abgeneigt“, sprach er die Worte, die Tsukishima am liebsten hätten im Erdboden versinken lassen.
Der Blonde lief knallrot an, schüttelte vehement den Kopf und streckte beide Arme abwehrend vor sich.
„Niemals, nie! Nein“, protestierte er, dass Kuroo in lautes Gelächter verfiel. So hatte er den Anderen ja noch nie erlebt.
Er legte ihm entschuldigend die Hand auf die Schulter, wollte um Vergebung bitten, konnte sich aber für einen Moment nicht einkriegen.
Tatsächlich musste Tsukishima diese Situation einige Minuten über sich ergehen lassen, ehe Kuroo wieder in aller Ruhe mit ihm sprach, ihm klar machte, dass er immer Nein sagen konnte und ihm schließlich sagte, er solle einfach auf sich aufpassen.
„Ach ja und wenn du mit noch jemanden darüber reden willst, sprich doch euer Ass und den kleinen Libero an, die kennen sich sicher aus mit dieser komischen Spannung, die war bei euch am Feld auch klar zu spüren“, sagte Kuroo irgendwann zum Abschied.
Tsukishima fühlte sich dabei wie im Wald ausgesetzt. Wie denn nun? Asahi und Nishinoya sollten davon Ahnung haben? Wie denn jetzt? Jeweils oder gar miteinander?
Ungläubig schüttelte er den Kopf. War denn nun alles verhext und eigenartig?
Alles so ausgesprochen unausgesprochen?
Chapter 18: I like to play with fire
Chapter Text
Es war schon lange Nachtruhe eingekehrt, als sich Tsukishima zum dutzendsten Mal auf seinem Futon umdrehte. Das Gespräch mit Kuroo ging ihm nicht aus dem Kopf und noch weniger dieser überhebliche Rotschopf.
Irgendwann schlug er dann genervt die Decke von sich und richtete sich auf. Um ihn herum war es still, es änderte aber nichts daran, dass es ihm nach einem einsamen ruhigen Gang trachtete.
Für einen kurzen Moment hörte er tatsächlich nur seine Schritte im Flur, schloss die Augen und genoss den metronomen Rhythmus.
Wider Erwarten wurde er durch eine aufgerissene Schiebetür aus seiner Trance gerissen.
„Du willst mich doch veräppeln?!“, zischte er, als vor ihm der aufgedrehte Mittelblocker der Shiratorizawa Schule auftauchte und mit einer seligen Ruhe, die er ihm nicht zugetraut hatte, die Bambustür wieder zu schob.
„Hey! Normalo“, flüsterte Tendou und grinste ihn frech an.
„Lust, ein paar Punkte zu machen?“, fragte er ihn direkt und Tsukishima zögerte.
„Punkte machen?“, wollte er wissen. Tendou sah sich rasch um, schnappte dann Tsukishimas Hand und wies ihn an, ihm zu folgen. Etwas überrumpelt ging ihm der Blonde sogar nach, seine Augen hatte er dabei genau auf ihre ineinander verschlungenen Finger geworfen.
Warum kribbelte denn nun alles in ihm? Warum fühlte sich dieser Händedruck so gut an und warum drückte er selbst etwas stärker zu um den Halt nicht zu verlieren.
Tendou merkte den sanften Druck auf seiner Hand und sah zurück zu Tsukishima.
Sein Blick verriet bereits, dass er durchschaut hatte, dass ihm diese Situation weit besser gefiel, als er es sich eingestehen würde. Würde ihn jemand fragen, doch es fragte niemand.
Nach ein paar Schritten und dem Erkennen der Richtung, in der sie gingen, seufzte Tsukishima.
Wollte sich der Rotschopf tatsächlich in die Küche einschleichen?
Die Frage musste der Blonde gar nicht stellen, denn nur wenige Minuten später standen sie neben der großen Tür, die zur Küche führte, an die Wand gedrückt.
„Ich glaube, sie gehen jeden Moment, dann schleichen wir uns rein“, flüsterte Tendou und schob sich mit Tsukishima in den toten Winkel. Der Blonde schüttelte den Kopf.
„Du bist unmöglich“, flüsterte er, wagte es aber nicht, zu widersprechen. Er wollte dieses Abenteuer. Irgendwie. Außerdem machte es die Nähe des Anderen gerade unmöglich klar zu denken.
Tendou schaffte es, sich mit seinem Komplizen in einem Moment der Unachtsamkeit in die Küche zu schummeln. Tsukishima hätte es nicht für möglich gehalten aber schon Augenblicke später saßen sie beide mit einem Container Schokoladeneiscreme und zwei Löffeln im leergefegten Aufenthaltsraum. Das Licht hatten sie nicht angemacht, nur eine kleine Taschenlampe an Tendous Schlüsselbund sorgte für etwas Licht und erhellte den Raum gerade soweit, dass Tsukishima dem Rotschopf ins Gesicht sehen konnte und sie problemlos die Eiscreme im Blick hatten.
Tsukishima seufzte. Tendou freute sich wie ein kleines Kind zu Weihnachten.
"Du nervst wirklich mit deiner Selbstbeherrschung", sagte dieser dann aber als er bemerkte, wie nüchtern Tsukishima die ganze Situation zu betrachten schien.
"Und du nervst mit deiner Überheblichkeit", konterte er und nahm dann doch entgegen seiner Prinzipien einen Löffel der gestohlenen Eiscreme. Cafeteria-Eiscreme, nichts Besonderes, dennoch wollte ihm Tendou das gestohlene Gut aufgrund der Tatsache, dass sie es ungefragt entwendet hatten, als viel köstlicher verkaufen.
Tsukishima schwieg. Er beobachtete Tendou dabei, wie er sich über das Eis hermachte und fragte sich, wann er sich jemals so für etwas ins Zeug gelegt hatte. Sei es nun eine besondere Süßigkeit, eine Tätigkeit oder gar ein anderer Mensch.
„Wir dürfen morgen auf den Weihnachtsmarkt“, sagte er dann irgendwann, die Stille zu brechen. Tendou nickte und schaufelte einen weiteren Löffel Schokoeis in sich hinein. Tsukishima biss sich auf die Lippen. Er wartete noch einen Moment. Setzte wieder zum Sprechen an aber unterließ es, lieber nahm er auch noch einen Löffel.
Okay, Tendou hatte recht. Unter Berücksichtigung der Art der Erwerbung dieses Eis, schmeckte es nun wahrhaftig besser. Wie konnte so ein dummer Umstand etwas am Geschmack ändern?
Oder lag es an der Person, mit der er das Eis teilte?
„Möchtest du da morgen mit mir hingehen?“, fragte er dann und sah etwas beschämt zur Seite. Er wollte wissen, ob Lebkuchen besser schmeckte, wenn Tendou dabei war oder Kinderpunsch süßer war oder die Lichter heller strahlten, wenn er den Rotschopf bei sich hatte. Dieser hielt inne und legte augenblicklich eines dieser irren Grinsen auf die Lippen, das Tsukishima so verachtete, gleichzeitig ließ es sein Herz höher schlagen.
"Fragst du mich etwa nach einem Date?", wollte Tendou wissen.
"Nenn es, wie du willst, möchtest du nun oder nicht?", fragte Tsukishima trocken und sah ihm dabei dann doch in die Augen. Sekunden vergingen, Augenblicke verstrichen. Die Spannung lud sich eigenartig auf. Tendou nickte und schob sich noch einen Löffel Eis in den Mund.
"Darf ich deine Hand dabei halten?", fragte er aber, als wäre es eine Bedingung.
"Nein", war sofort Tsukishimas Antwort. Wie kam der Mittelblocker denn auf so eine Idee? Vor all den anderen? Ganz sicher nicht.
"Darf ich dich beim Vornamen nennen?", fragte Tendou weiter und naschte noch etwas Eis.
Tsukishima verneinte wieder, ignorierte dabei den Fakt, dass er Tendou während dem Spiel bereits beim Vornamen gerufen hatte. Das war ein Coup, nichts mehr – das redete er sich zumindest ein. Tendou hatte es bereits durchschaut.
"Dir tief in die Augen sehen?" Es hatte schon etwas von einem Verhör, dass der Blonde gleich wieder verneinen wollte, wunderte sich aber selbst, warum er zögerte.
"Ok", gab er dann klein bei. Die nächste Falle hatte zugeschnappt.
Tendou grinste selbstgefällig.
„Küssen?“, fragte er schließlich weiter und die Antwort war sofort: „Nein!“
„Jetzt?“ Tendou ließ nicht locker. Tsukishima sah ihn tadelnd an.
„Sowas fragt man nicht“, wies er ihn zurecht, gab ihm aber übersetzt die Einladung, es einfach zu tun.
Tendou grinste, ließ den Löffel in den doch noch recht üppig gefüllten Container fallen und positionierte die dadurch frei gewordene Hand an Tsukishimas Nacken, die andere erfasste seine Hand und dann ging er der versteckten Einladung nach. Er küsste ihn einfach. Wieder.
Als würde ihn ein sanfter Stromschlag durchfahren zuckte Tsukishima zusammen, drängte sich dann aber gegen Tendous Lippen. Er schloss die Augen und gab dem Verlangen seines Herzen nach, das wie verrückt schlug. Schneller, lauter, höher als je zuvor. Das Adrenalin ließ ihn vollends vergessen, wo sie waren, dass Nachtschwärmer jederzeit hier vorbei kommen konnten, vielleicht hatte er diese Kalkulation aber auch schon abgeschlossen und um diese Uhrzeit für unwahrscheinlich errechnet.
Viel zu schnell war dieser leidenschaftliche Moment aufgelöst und Tsukishima sah in gefährlich dunkelrot funkelnde Augen.
„Ein Punkt fürs Mitmachen für dich“, sagte Tendou und blinzelte zu dem Eiscontainer.
Dann sah er Tsukishima wieder tief in die Augen.
„Ein Punkt für mich, weil ich ein Date aus dir rausgeschlagen habe und ein weiterer Punkt für mich, wenn ich deinen Herzschlag richtig deute“, sagte er frech und stahl dem Blonden noch einen innigen aber kurzen groben Kuss, ehe er sich erhob und ihn alleine mit dem Container Eiscreme zurück lassen wollte.
„Punkt für mich, weil es deinem Herz nicht anders geht“, sagte Tsukishima und erhielt als sofortige Antwort ein zustimmendes Lachen.
„Nur fair“, sagte Tendou noch und ging dann.
Chapter 19: I got you
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Asahi hatte bereits den ganzen ersten Satz über das Gefühl, dass ihn Nishinoya anders behandelte als sonst.
Er war… wie sollte er es beschreiben? Netter? Entschuldigte sich sogar, wenn ihm etwas Harsches über die Lippen kam.
Die ersten 25 Punkte waren beinahe erreicht. 20 : 14. Nekoma führte aktuell.
„Es ist noch alles drinnen“, sagte Daichi in einer Auszeit zu seinem Team, dann sah er zu Asahi. Nishinoya folgte dem Blick seines Kapitäns. Eigentlich wollte Daichi ihn aufmuntern, wollte etwas Unterstützendes sagen, aber der Brünette entschuldigte sich bereits für seine miserable Leistung.
„Schon gut, solange du es besser machst“, sagte Daichi und tätschelte dem Ass den Oberarm. Asahi fasste sich verlegen an den Hinterkopf und nickte. Natürlich würde er es besser machen.
Der dritte Platz war das Mindeste.
Das Feld wurde wieder betreten.
„Also ist es Daichi?“, fragte Nishinoya während er sich darauf vorbereitete, den nächsten Aufschlag von Kuroo anzunehmen. Gerichtet war die Frage an Asahi, der sich auf eine eigenartige Art ertappt fühlte, obwohl er gar nicht recht wusste, was der Libero meinte.
„Huh?“, machte er deswegen und erntete als Erklärung nur ein Grummeln.
Kuroo setzte an. Der Ball flog in die Luft, der Kapitän nahm Anlauf, sprang und hätte den Ball um ein Haar direkt zwischen Asahi und Daichi auf den Boden geknallt, wäre da nicht der flinke Libero gewesen, der genau wusste, was sein Job in diesem Spiel war.
„Macht was draus!“, rief Nishinoya und rappelte sich von seinem Sturzflug wieder auf, den Blick stets auf den Ball gerichtet. Tanaka spielte ihn direkt nach vorne zu Kageyama, der Hinata eine perfekte Auflage bot.
Das siegessichere Grinsen stand den vorderen Spielern bereits im Gesicht, wäre da nicht, wie sonst so oft, der Kapitän vor ihren Gesichtern hochgeschossen. Kein Problem für Nishinoya. Der Ball ging ein weiteres Mal hoch, diesmal direkt zu Kageyama, der ihn nun für Asahi hochspielte.
„Los, Asahi!“, rief Nishinoya vom Boden aus, als der Hüne an ihm vorbei sprintete und den Punkt für Karasuno holte. Nishinoya sprang so schnell auf, dass es ihm unangenehm stark in der Wade schnalzte. Doch das hielt ihn nicht auf, dem Ass um den Hals zu springen.
„Das war sooo cool“, bejubelte er den Zubodengang des gegnerischen Liberos. Der Arm schien zu kurz, der Ball landete gezielt am Boden.
Für einen kurzen Moment schloss Asahi die Augen und genoss die überraschende Nähe der Nummer vier, er drückte ihn sogar etwas an sich, ließ ihn dann aber los. Das Spiel musste weiter gehen.
Aus den Augen ließ er ihn aber vorerst nicht. Es war ein wohliges Gefühl, Nishinoya so zu halten. Der Libero stellte sich wieder an seine übliche Position, ging leicht in die Hocke, bereit, was auch immer Yamaguchi aufschlug nach einem eventuellen Rückschlag aufzuhalten.
Tsukishima stand am Netz, wirkte ruhig und analytisch wie eh und je. Kaum war also der rothaarige Wildfang nicht mehr am feindlichen Feld, schien es nicht mehr so mit dem Blonden durchzugehen.
Welch ein Glück für Karasuno, auch wenn der Rückstand noch aufzuholen war.
„Du machst das, Yams“, rief Tsukishima zurück und lächelte seinem Kammeraden aufmunternd zu. Yamaguchi duckte sich vor den Blicken der anderen, die ihn ebenfalls anfeuerten. Diesem Druck war er einfach nicht gewachsen.
Dennoch dachte er an die Worte seines zusätzlichen Trainers.
Er schloss die Augen, holte tief Luft und ließ sie langsam wieder aus.
Dann schlug er die Lider auf und sah direkt in Tsukishimas Augen. Yamaguchi nickte ihm zu, lächelte mild und setzte zum Aufschlag an.
Die Augen aller Anwesenden hafteten wie so oft am runden Leder.
„Der ist draußen!“, rief Yaku und Yamaguchi ärgerte sich augenblicklich.
„Nein, ist er nicht!“, rief Kuroo. Der Kapitän war schneller am Ball, als überhaupt jemand reagieren konnte.
Annahme – Blick zu Kenma – ein breites Grinsen.
Das Herz des Teams spielte den Ball sogleich auf und ließ Kuroo einen vernichtenden Angriff durchführen.
„Verdammt! Sorry Leute“, klagte Nishinoya, der erneut am Boden gelandet war, nur diesmal den Ball nicht aufhalten konnte.
„Mach dir keinen Kopf, den nächsten hast du“, sagte Daichi ruhig zu ihm.
Der nächste Wechsel stand an, Kageyama machte Platz für Sugawara. Nishinoya stand wieder.
„Ich hab euren Rücken, das passiert nicht wieder“, versprach der Libero.
„Davon geh ich aus“, sagte Tanaka und klopfte seinem Freund auf die Schulter als er sich neu positionierte. Nishinoya nickte. Er durfte als Libero nicht angreifen, somit musste er dafür sorgen, dass der Ball im Spiel blieb, dass alle anderen die Chance dazu hatten. Allen voran: Asahi.
Der nächste Punkt ging durch einen gekonnten Block von Tsukishima an Karasuno, doch dann schien Nekoma eine Glückssträhne zu haben. Kenma und Kuroo tricksten die Mittelblocker immer wieder aufs Neue aus. Der Kapitän der gegnerischen Mannschaft war einfach zu wendig und Kenma wusste, als würde er die Gedanken des Größeren lesen können, immerzu genau wo dieser hochsprang und somit, wo er den Ball brauchte.
Kuroo versenkte die Bälle einen nach dem anderen steil nach unten, weit hinten in die Ecke oder direkt zwischen Asahi und Daichi, die sogar zu kollidieren drohten.
„Satzball“, rief Yamamoto. Nishinoya zitterte nur so vor Anspannung. Das wollte er verhindern. Er wollte nicht den ersten Satz aufgeben, nicht mit drei Punkten Unterschied.
„Das muss doch zu machen sein!“, brüllte er.
Der nächste Aufschlag ging weiter nach hinten. Nishinoya sprang ein gutes Stück zurück, kam direkt auf dem zuvor beleidigten Bein auf und knickte.
„Ich hab dich!“, drang Asahis Stimme an ihn, er vertraute ihm, ließ sich fallen und nahm den Ball perfekt an. Nun ja, so perfekt man einen Ball annehmen konnte, wenn man geradezu in die Arme seines Mitspielers fiel.
Asahi schlang die Arme um den kleinen Libero und bewahrte ihn so vor einem Sturz.
„Danke, Asahi“, sagte Nishinoya und rappelte sich wieder auf. „Los nach vor, hau ihn rein!“, forderte er dann, dass das Ass nur widerwillig von ihm abließ, aber mindestens genauso schnell in der Luft war, wie er Nishinoya zuvor aufgefangen hatte.
Eine Finte. Kuroo, Lev und Inuoka gingen direkt vor Asahi hoch, Sugawara aber spielte für Tanaka hoch, der den Ball mit einem selbstgefälligen Grinsen direkt an Kenma vorbei ins Spielfeld knallte.
Jubel auf der Seite von Karasuno ging los.
„Ich dachte echt, sie verlassen sich drauf, dass keiner damit rechnet, dass die Nummer drei noch nach vorne kommt“, grummelte Kuroo aber lachte, dann sah er zu Tanaka.
„Gut gemacht, der nächste Punkt gehört dennoch uns“, sagte er zu ihm und machte sein Versprechen wahr.
Der erste Satz ging an Nekoma.
Chapter 20: Always on your side
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Kuroo hatte nicht zu viel versprochen, als er Tsukishima prophezeite, dass die ersten Punkte im zweiten Satz ebenso an Nekoma gehen sollten.
„Das lass ich nicht zu!“, Hinata sprang neben dem Feld auf und ab, flehte Coach Ukai an, ihn reinzulassen, aber der wollte noch etwas warten. Außerdem hatte er Sorge um Nishinoya, der schon seit Mitte des ersten Satzes angeschlagen war. Dieser versicherte den anderen aber, dass er keine Pause brauchte, dass er sich weiter reinhängen würde, solange er Asahi am Feld hatte.
Der Libero ging abermals zu Boden, gezielt, blieb aber vorerst auf allen Vieren während er Asahi dabei zusah, wie er ihnen endlich den strähnebrechenden Punkt holte.
Stolz ballte dieser eine Faust und jubelte still in sich hinein, dann wandte er sich um und reichte Nishinoya die Hand.
„Ich wünschte so sehr, ich wärs“, flüsterte Nishinoya als ihm das Ass hoch half. Eigentlich war er sich sicher, das nicht laut ausgesprochen zu haben, doch Asahis fragender Gesichtsausdruck belehrte ihn eines Besseren.
„Was?“, fragte der Hüne, doch Nishinoya entschied, sich dumm zu stellen. „Was?“, fragte er somit zurück und ließ wehmütig die helfende Hand los, als er wieder stand.
Der Instinkt ermahnte ihn, sich abzuwenden. Zu tief in diesen Moment zu sinken würde nur Komplikationen bringen, also wandte er sich ab. Asahi zog kurz die Augenbrauen hoch, aber positionierte sich dann auch wieder. Sie mussten nun Punkte holen.
„Kenma!“, rief auf der anderen Seite der Kapitän nach einem problemlos angenommenen Aufschlag und startete einen präzisen Angriff.
„Nicht mit mir“, zischte Tsukishima mit einem selbstgefälligen Grinsen und blockte den Ball mit einem gekonnten Hieb hinunter vernichtend ab.
Die Blicke der beiden Mittelblocker trafen sich knallhart. Keiner wollte dem Anderen etwas geben. Aufschlag war wieder bei Karasuno.
„Hau rein, Ryu“, rief Nishinoya, sah dabei aber dennoch zu Asahi, der sich augenblicklich ertappt vorkam.
„Die zwei sind doch ein Witz“, murmelte Kuroo und zwinkerte dabei Kenma zu, der verlegen zur Seite sah.
„Ihr seid nicht viel besser“, sagte Tsukishima, schüttelte den Kopf und wartete den Aufschlag ab. Wie auch immer Nekoma diesen annahm, er würde ihn abblocken.
„Du musst es ja wissen“, stänkerte Kuroo, ohne den Blonden dabei anzusehen. Kenma schüttelte den Kopf.
„Konzentriere dich bitte auf das Spiel, Kuro“, bat er seinen Kapitän und legte ihm nach einer gekonnten Annahme einen weiteren eigentlich perfekten Ball vor, hätte sich Tsukishima nicht vorgenommen, alles zu kontern.
Vielleicht hatte er Kuroo damit nur reingelegt, herausgefordert und ihn dazu gebracht genau in seine Richtung zu attackieren. Punkt verspielt.
„Einmal berührt!“, rief Tsukishima zurück, drehte sich um und sah bereits wie Asahi hochschoss und den Ball mit einem Karacho zurück auf die andere Seite knallte, dass sogar die Hände des Liberos nicht mehr halfen. Der Ball schleuderte ins Aus, nachdem er kurz berührt wurde.
„Jawohl! Asahi!“, jubelte Nishinoya und sprang dabei das Ass erfreut an.
„Du bist einfach der Beste“, sagte er ihm und umarmte ihn fest, während Asahi seine Arme um den kleinen Körper legte, dass dieser nicht gleich wieder zu Boden stürzte.
„Noya… sag sowas doch nicht, das macht mich verlegen“, murmelte das schüchterne Ass.
Nishinoya legte ihm beide Hände an die Wangen und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen.
„Du sollst selbstbewusster sein, hab ich dir schon ein paar Mal gesagt“, stichelte er und sah Asahi ernst an, dass dieser schlucken musste. Angesprochener nickte und bemühte sich dann, den Libero wieder sanft abzusetzen.
„Ist doch eigentlich süß“, musste Kenma seinen Kapitän gegenüber zugeben, der sich das Haar aus dem Gesicht bließ.
„Ja, super süß und unschuldig, da bist mir du lieber“; sagte er dann, dass Kenma rote Farbe ins Gesicht schoss. Er beließ es dabei, immerhin hatte er ihn irgendwie herausgefordert. Es änderte aber nichts daran, dass er es doch irgendwie entzückend fand, wie Ass und Libero der gegnerischen Mannschaft umeinander herum tänzelten. Sie schienen ja noch nicht einmal zu ahnen, wie sehr es zwischen ihnen funkte.
„Die nächsten Punkte gehören uns“, sagte Kuroo dann und schlug bei Kenma ein, der die Hände etwas nach hinten von sich streckte.
Der nächste Aufschlag landete im Aus.
„Verdammt, sorry Leute!“, entschuldigte sich Tanaka.
„Wir holen uns den nächsten Punkt“, munterte ihn Sugawara auf und das Team stellte sich auf den nächsten Aufschlag von Nekoma zu barrieren.
Yamamoto war nun an der Reihe.
Der Punktestand baute sich mal hier mal da auf.
Auszeit – Wechsel – Sturz – Rettende Arme
Schlussendlich konnte Karasuno den zweiten Satz für sich entscheiden und legte bereits zu Beginn des dritten Satzes ordentlich los.
„Bist du dir sicher, dass du noch einen ganzen Satz spielen kannst?“, fragte Asahi Nishinoya besorgt, als dieser bereits nach kürzester Zeit wieder in seinen Armen landete. Er stützte ihn, während er ihre Rücken freihielt. Schon seit einigen Spielzügen riss es den Libero immer leichter zu Boden. Seine Ballsicherungen waren immer präzise, aber die Momente danach wirkten wackelig.
Asahi war dann zur Stelle.
„Asahi! Hau ihn rein!“, tadelte ihn Nishinoya jedes Mal, auch wenn er sich Mal fester an ihm festhielt, oder auch für einen Augenblick die Augen schloss.
So machte er ihm bezüglich seiner Frage auch gleich klar, dass er sich um ihn keine Sorgen machen sollte, er würde sich später um sein Bein kümmern, oder eben auch nicht.
Er wollte heute Abend nur noch dringend auf den Weihnachtsmarkt. Kitschige Basteileien bewundern, süßen Kinderpunsch trinken und Naschereien in sich hineinstopfen, weihnachtliche Gerüche aufnehmen und womöglich sehen, wem Asahi wohl sein Herz geschenkt hatte.
Bei dem Gedanken machte sein eigenes direkt einen Aussetzer.
Ja, er war neugierig, aber auf der anderen Seite hatte er Angst davor, zu sehen, wer es war.
Schnell riss er seine gesamte Aufmerksamkeit wieder ins Spiel. Mit der zermürbenden Erkenntnis konnte er sich später auch noch fertig machen.
„Ha!“, kam es von Tsukishima, der einen Block-Zweikampf mit Kuroo austrug und diesen gerade gewonnen hatte. Mit einem Grinsen kam er wieder am Boden auf und sah hinüber zum Kapitän des Gegners.
„Musst ‘nen guten Lehrer gehabt haben“, sagte Kuroo und grinste dabei frech. Tsukishima erwiderte.
„‘Nen ziemlich guten“, gab er zu und wartete nun Yamaguchis Aufschlag ab, der sich gewaschen hatte.
Nicht mehr viele dieser Sorte und der letzte Satz und das Spiel wären erledigt.
Chapter 21: Let's do this
Chapter Text
„Satzball Asahi! Mach ihn rein!“, forderte Nishinoya vom Rand des Spielfeldes. Irgendwann ließ es Coach Ukai einfach nicht mehr zu, dass sich der Libero so quälte.
Stets das gute Bein belastend feuerte Nishinoya nun das Team an und verlangte in den nächsten Minuten immer wieder, dass Asahi den Satzball reinschmetterte.
Nekoma ließ sich diesen dritten Platz aber einfach nicht nehmen.
Satzball – Ausgleich – Führung – Satzball – Ausgleich
Auch auf den Tribünen wurde es unruhig. Shiratorizawa und Aoba Josai bejubelten beide Mannschaften.
„So etwas Spannendes hab ich schon lange nicht mehr gesehen“, sagte Tendou hibbelig. Er hatte sich ans Geländer gelehnt und fixierte Tsukishima immerzu mit seinen Augen. Die Aufmerksamkeit lag dennoch beim gesamten Spiel.
Es ging weiter: Satzball – Ausgleich – Führung – Satzball – Ausgleich
„Coach! Ich schwöre, wenn Sie mich nicht wieder reinlassen, raste ich hier aus!“ Nishinoya konnte sich kaum noch halten, er sprang herum, wollte aufs Feld, wollte alle Bälle, die Nekoma rüber knallte annehmen und Asahi zuspielen, auch wenn er nicht Zuspieler war, er wollte durch seine Ballsicherungen so an den Ball kommen, dass Asahi eine Chance hatte, einen Punkt zu machen. Immer.
„Hat das irgendwann ein Ende?“, fragte Kenma erschöpft. Für eine Weile, war es sehr aufregend für ihn, aber nun wurmte es ihn einfach nur noch, dass das Spiel noch nicht vorbei war, absichtlich verlieren würde er aber niemals.
„Message angekommen“, sagte Kuroo, der sich auch nur mehr schwer auf den Beinen halten konnte. Zu oft war er hochgesprungen, wieder hinunter gegangen, von einer Seite zur anderen gesprintet.
Coach Ukai gab nur widerwillig nach, wusste er ja, mit wem er es zu tun hatte und er hatte den kleinen Wildfang nun lange genug beobachtet, dass er sich zumindest soweit ein Bild machen konnte, dass es dem beleidigten Bein vorübergehend besser ging.
Nishinoya klatschte mit Hinata ab.
Hinata wandte sich zu Asahi um.
„Wehe, wir verlieren, wenn ich nicht am Feld bin“, sagte er schroffer als geplant, dass sich der Angesprochene direkt schützend duckte.
Nishinoya stellte sich neben Asahi, sah zu ihm hoch und nickte ihm wohlwollend zu.
„Ich glaub an dich“, sagte er und positionierte sich dann richtig.
„Zwei Punkte“, rief Nishinoya dann an alle gerichtet, die daraufhin in euphorischen Jubel ausbrachen.
Kuroo war am Aufschlag und grinste.
Er würde nicht zulassen, dass sich Karasuno die nächsten zwei Punkte holen würde, er wollte beide Punkte selbst holen und das am besten direkt mit den Aufschlägen. Das war am schnellsten, am einfachsten.
Dabei hatte er aber nicht mit Nishinoya gerechnet, der in seinen Minuten am Spielfeldrand die nötige Energie gesammelt hatte, die sie alle bereits verspielt hatten.
Woooosh
Der erste Aufschlag ging gefährlich knapp über das Netz und kam dennoch mit einem Karacho angeschossen, dass Nishinoya ihn nur mit viel Mühe aufnehmen konnte.
Wieder rief er den Namen des Asses und Asahi lief nach vorne, stieg hoch empor und schmetterte den von Kageyama zugespielten Ball vernichtend zu Boden noch ehe Kuroo bei Lev und Inuoka ankommen konnte um zu blocken.
„Wir gleichen das sofort aus“, sagte der Kapitän als er erkannte, wer den Aufschlag machte.
„Tsukki macht den nicht rein“, sagte er sicher und wartete auf den tatsächlich nicht so vernichtenden Aufschlag.
Eigentlich hatte er vor, genau dasselbe zu machen, wie Nishinoya und Asahi, aber der Aufschlag war dafür nicht gemacht. Ein Netzroller.
Kenma musste nicht einmal springen, er ließ den Ball einfach auf sich zukommen und spielte ihn Kuroo zu, der genau recht kam.
Der ersehnte Ausgleich kam nicht. Karasunos Libero war zur Stelle, wenn auch er zu diesem Zeitpunkt nicht mit solch einem harten Schmetterball gerechnet hatte. Mehr mit dem Oberarm und der Schulter anstatt einer gekonnten Annahme mit den Unterarmen hinderte er den Ball daran, direkt an ihm vorbei wahrscheinlich genau vor der Auslinie noch im Spielfeld zu Boden zu knallen.
Der Ball schoss direkt ins gegnerische Feld zurück und Nishinoya stürzte ein letztes Mal direkt in Asahis Arme.
Nekoma spielte den Ball gekonnt einen neuen Angriff, doch diesmal musste Nishinoya nicht ran.
Tsukishima eilte in die Luft und presste das runde Leder sofort wieder zurück.
Gerade noch so konnte Yaku das Schlimmste verhindern. Der Ball blieb ihm Spiel.
„Ihr könnt einfach nicht nachgeben“, kam es motiviert von Kuroo, der zum nächsten Angriff ausholte.
„Können wir nicht“, konterte Tsukishima sowohl Ansage als auch Ball, augenblicklich war auch Kuroo wieder am Ball.
Block gegen Block.
Für den Bruchteil einer Sekunde klebten sowohl Tsukishima als auch Kuroo am Ball. Es wurde gepresst, gekeucht und schließlich ging der Ball zu Boden.
„Ich bin eifersüchtig“, schnurrte Tendou auf der Tribüne und leckte sich lasziv über die Lippen.
Die Halle brach in Jubelschreie aus, Hände schnellten nach oben, ein lautes Raunen ging durch die Halle.
Das Spiel war vorbei.
„Tsukki! Das war unglaublich!“, rief Yamaguchi und eilte zu seinem Freund um ihm auf die Schulter zu klopfen. Der Blonde starrte immer noch hinüber zu seinem Gegner. Kuroo stand auf der anderen Seite des Netzes und biss sich auch die Unterlippe. Kenma legte ihm die Hand auf den Oberarm.
Er musste nichts sagen, alles, was er gesagt hätte, hätte ihn wohl beleidigt und das lag dem Zuspieler fern.
Langsam rutschte die Hand Kuroos Arm entlang nach unten. Zögerlich glitten die Finger über den Handrücken. Gerade wollte Kenma sich zurückziehen, da erfasste Kuroo seine Finger und hinderte ihn daran. Er atmete tief ein und sah dann zu ihm.
„Wir haben wohl unser Bestes gegeben“, sagte er und drückte die Hand fest. Kenma lächelte sanft und nickte. So war es. Sie alle gaben ihr Bestes.
„Tsukki! Das war soooo cool!“, Hinata kam aufgebracht aufs Spielfeld gelaufen und sprang vergnügt und entzückt um Tsukishima herum.
Nishinoya hing weiterhin in Asahis Armen.
„Tut mir leid“, sagte er und versuchte sich widerholt von ihm wegzudrücken und knickte sofort wieder weg.
„Hey, das ist in Ordnung, ich hab dich“, sagte Asahi sanft während er ihm die nötige Stütze war.
„Nishinoya!“, rief Coach Ukai. Er wollte ihn sofort bei einem Arzt wissen, aber entschuldigte sich immer wieder, dass er ihn hatte weiterspielen lassen, auch Herr Takeda war außer sich vor Sorge, doch Nishinoya winkte nur ab.
„Es ist nichts, ich brauch nur… eine Pause“, sagte er und ließ sich vorsichtig zurück in Asahis Arme sinken, die ihn so wohlwollend aufnahmen. Für einen Moment, nur für einen kurzen Augenblick wollte er diese Situation genießen, so nahe am Herz des Asses zu sein. So sehr genoss er den Moment, dass er gar nicht merkte, wie schnell und nervös dieses Herz für ihn klopfte.
Chapter 22: Play with me
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Dunkelrote Augen starrten gerade aus. Schlanke blasse Finger wurden gestreckt, geneigt, abgeknickt und wieder gestreckt.
Neben Tendou lagen zusammengewickelte Bandagen, bereit angelegt zu werden.
„Soll ich sie dir verbinden?“, drang eine Stimme an seine Ohren. Er musste nicht hochsehen um zu erkennen, dass es Tsukishima war. Es wunderte ihn aber etwas, gerade ihn hier zu treffen.
Tendou verbrachte die letzten Minuten vor einem Spiel stets alleine. Vor dem Team sagte er, er würde sich so sammeln und auf das Match vorbereiten. In Wirklichkeit aber, war das vor Jahren schon ein Rat seines Coaches. Er brachte sonst die ganze Truppe durcheinander mit seiner aufgereizten Art. Die Zeit nutzte er normalerweise dafür, seine Finger neu zu verbinden und eigentlich konnte er das auch schon ganz gut alleine. Tsukishimas Angebot aber brachte ihn zum Schmunzeln. Er wollte es annehmen.
„Die Spannung zwischen dir und diesem Gockel hat mich etwas eifersüchtig gemacht“, sagte Tendou offen raus, ob er damit ehrlich war, hätte er selbst nicht so recht sagen können.
Tsukishima lachte.
„Du bist wegen Kuroo verunsichert?“, fragte er und Tendou schüttelte den Kopf.
„Ich bin nie verunsichert“, plädierte die Nummer fünf, dann reichte er Tsukishima die Bandagen und hielt ihm auffordernd die Hände hin.
Dann wollte er wissen, ob ihr Date noch stand und der Blonde bestätigte. Tsukishima nahm die Bandagen entgegen, legte drei davon weg, eine behielt er und griff nach Tendous linker Hand.
Vorsichtig betastete er diese mit seinen Fingern, ließ sie sanft über Handrücken und Handfläche wandern, ehe er etwas zögerlich über Tendous Indexfinger strich. Keiner sagte etwas.
Tendou biss sich auf die Lippen, natürlich wollte er etwas Blödes sagen, den Blonden irgendwie herausfordern, aber sogar er spürte den Moment, wusste, dass das jetzt unangebracht war und blieb daher mit dem Blick still auf den Fingern seines Gegenübers haften.
Tsukishima stellte sich wirklich geschickt an.
Mit der Präzisionsarbeit eines jungen Arztes hüllte er die dünnen angeschlagenen Finger in den stützenden Stoff. Erst die linke Hand, dann die rechte. Er ließ es sich dabei aber gewiss nicht nehmen, Tendou mit seinem Berührungen nicht wenig aus dem Konzept zu bringen.
Er spürte genau, wie das auf den Rotschopf wirkte, merkte, wie er immer wieder sanft wegzuckte, ihm die Finger dann aber entgegendrückte und die Situation zu genießen schien. Tsukishima hätte gelogen, hätte er verneint, dies nicht auch etwas genossen zu haben.
Viel zu schnell ließ der Blonde von Tendou ab, dass diesem nur noch ein sehnsüchtiges Seufzen entkam.
„Punkt für mich“, flüsterte Tsukishima mit einem breiten Grinsen. Tendou sah von seinen Fingern auf direkt in die gefährlich flackernden Augen des Brillenträgers. So hatte er den Anderen noch nicht gesehen, auch wenn er zugeben musste – und das zu seinem aufrichtigen Bedauern – dass das noch gar nicht so oft war.
„Oh hätte ich jetzt kein Spiel vor mir, würde ich mir einen Punkt nach dem anderen holen“, forderte er Tsukishima heraus. Dunkelrote Augen trafen auf Bernsteine. Die frisch verbundene Hand landete an Tsukishimas Hals. Beinahe hätte ihn der Andere einfach dazu verführt, all das herum zu vergessen und sich dazu verleiten zu lassen, den Blonden näher an sich zu ziehen und ihm einen leidenschaftlichen Kuss zu stehlen.
„Aber darauf warte ich bis heute Abend“, sagte Tendou und zwinkerte Tsukishima frech zu. Da war sie wieder. Die Unsicherheit in den karamelligen Augen. Tendou vermochte beinahe zu behaupten, es bereits zu lieben, den Anderen so zu necken.
„Wenn du für mich gewinnst, lass ich dich heute Abend vielleicht darauf zurückkommen“, war es nun an Tsukishima den Frechen raushängen zu lassen.
Tendous Lippen kräuselten sich. Oh, da hatte der Blonde vollkommen ins Schwarze getroffen, das war eindeutig der richtige Ansporn, sich noch einmal extra mehr Mühe zu geben. Tendou lehnte sich gefährlich nahe an Tsukishima heran, dass seine Lippen um ein Haar an seinem Ohr entlangstreichen konnten.
„Ich werd‘ dich nicht enttäuschen“, raunte er ihm direkt in den Gehörkanal, dass es Tsukishima die Nackenhaare aufstellte. Wie schaffte es der rothaarige Wildfang einfach immer wieder? Er ahnte ja nicht, dass er auf den Anderen ganz genau so wirkte.
„Tendou!“, rief man bereits nach ihm, dass er sich nur widerwillig von Tsukishima entfernte.
Ein abenteuerliches Grinsen lag ihm auf dem Gesicht.
Das konnte ja noch richtig spannend werden.
„Hey Romeo, komm schon“, sprach nun eine Stimme viel zu nah zu ihm und Tendou sah etwas ertappt in Semis Augen. Der Zuspieler sah von Tendou zu Tsukishima und schüttelte nur den Kopf.
„Wenn du ihn durcheinander bringen willst, dann hast du schlechte Karten“, wollte er den Blonden einschüchtern, doch Tendou gewahr ihm, zu schweigen.
„Keine Angst, er hat mir nur einen besonderen Ansporn gegeben, mich noch ein bisschen mehr anzustrengen, als sonst schon“, sagte der Rotschopf und warf Tsukishima, der bereits knallrot angelaufen war, einen heißen Blick zu, dass Semi nur verteidigend die Hände hoch.
„Ok, damit will ich gar nichts zu tun haben“, sagte er und wandte sich um.
„Aber komm, wir müssen uns aufwärmen, es geht gleich los“, sprach er weiter. Er konnte Tendou schwer einfach hier stehen lassen.
Nur wenige Augenblicke später fanden sich sowohl Semi als auch Tendou am Spielfeld wieder und Tsukishima saß neben Yamaguchi auf der Tribüne und war gespannt auf das Spiel Shiratorizawa gegen Aoba Johsai.
Irgendwie hoffte er ja wirklich, dass das Team in violett siegreich aus diesem Spiel ging, denn er musste sich eingesehen, er war sehr neugierig auf einen Abend bei dem sich der Rotschopf nicht zurückhalten würde. Je mehr er aber darüber nachdachte, was das alles bedeuten konnte, desto mehr kam ihm auch das Gespräch mit Kuroo wieder in den Sinn und das wiederum verunsicherte ihn, machte ihn nervös, auf eine aufregende Art und Weise.
„Ich weiß nicht, wen ich lieber verlieren sehen will“, knurrte Yamaguchi ungewohnt gereizt, dass Tsukishima augenblicklich aus seinen unanständigen Gedanken glitt.
„Wie meinst du das?“, wollte er wissen und Yamaguchi sah ertappt zu seinem Freund hinüber.
„Oh ich… naja… diesem Oikawa scheint einfach nie das blöde Grinsen zu vergehen, das mag ich nicht und Shiratorizawa…“, begann er während sein Blick wie besessen auf Tendou klebte.
„Ich kann die irgendwie nicht leiden“, sagte er dann verallgemeinert, obwohl er eigentlich nur diesen einen gewissen Mittelblocker mit der Nummer fünf meinte.
Tsukishima folgte dem Blick. Natürlich fiel ihm auf, dass Yamaguchi Tendou fixierte, doch jegliche Fragen wurden bei Seite geschoben, als ihm der Mittelblocker vom Spielfeld aus direkt frech ansah.
Er raubte ihmbald den letzten Nerv. Es war so schlimm, dass er nicht einmal bemerkte, wie beleidigt Yamaguchi neben ihm saß und Tendou wohl am liebsten in der Luft zerfetzt hatte. Eine Neigung, die dieser selbst gerade erst an sich entdeckte.
Chapter 23: Controll
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„Verdammte Scheiße!“, rief Tendou, seine Hände wurden brutal nach hinten geschleudert, irgendetwas knackte ungesund, ein Schmerz durchführ seine Finger, einen mehr als den anderen.
Tendou zog scharf Luft ein und spürte, wie der Schmerz vom Finger aus seinen ganzen Körper durchschoss.
Schon wieder. Es war schon wieder soweit.
Er kniff die Augen zu und versuchte sich abzulenken. Sofort wurde auf ihn eingeredet. Der Ball prallte hinter ihm am Boden ab.
„Coach!“, rief Semi, der Tendous Hand in seine genommen hatte. Der Zuspieler musste nicht besonders genau hinsehen um zu erkennen, dass der Mittelfinger gebrochen war.
„Nein“, sagte der Mittelblocker und sah seinen Teamkollegen mit einem irren einnehmenden Blick an.
„Sags ihm nicht! Ich muss das gewinnen“, zischte Tendou und wickelte sich schnell die Bandage herunter. Schneller als Semi es hätte aufhalten können band Tendou den Mittelfinger fest an den Ringfinger.
„Glaub mir, ich kann so spielen“, versicherte er ihm. Semi presste angespannt die Lippen aufeinander, die anderen kamen schon näher, wollten wissen, was passiert war. Die Augen des Zuspielers wanderten zwischen Tendou und dem Coach hin und her.
Eine Auszeit war bereits einberufen und Aoba Johsai nutzte die Zeit, um sich zu stärken. Wasser war dringend notwendig. Die letzten zwei Sätze waren für beide Teams sehr zehrend und fordernd, die Pausen dazwischen reichten kaum aus.
Ushijima trat heran und besah Tendous Hand, dann sah er zu Semi.
„Es scheint alles in Ordnung zu sein“, sagte der Zuspieler etwas widerwillig. Tendou grinste ihm dankend zu, sah dann aber zum Ass des Team. Er bestätigte ihm, was Semi sagte, erklärte nur, dass die Finger zusammenband um sie zu stützen, ehe er sich ernsthaft verletzte. Coach Washijo schien zu überlegen. Tendou hoffte inständig, der alte Mann hätte ihn nicht durchschaut und falls doch, dass er ihn zumindest verstand. Er konnte nicht zulassen, dass der dritte Satz verloren wurde, nicht jetzt wo er spürte, dass der Gegner nachließ.
Doch diese Rechnung hatte er ohne den Spieler der Aoba Johsai gemacht.
Oikawa sah durch die Runden, gab einen süßholzgeraspelten Kommentar nach dem anderen, nur um dann jeden Einzelnen ernst anzusehen, wie man es mit einem kleinen Kind gemacht hätte, das soeben mit voller Absicht einen Stein durch das geschlossene Fenster geworfen hatte.
„Ich erwarte mir, dass wir diesen Hinterwäldlern zeigen, wie man Volleyball spielt“, sagte er todernst und wie auf ein Stichwort jubelten beide Teams.
Tendou hatte nun alle davon überzeugt, dass alles okay war, Oikawa hatte in der Zwischenzeit den Teamgeist heraufbeschworen und es ging schließlich weiter.
„Die machens echt spannend“, sagte Daichi und besah neben Sugawara und Narita den Weiterverlauf des Spieles. Direkt hinter ihm saß Tsukishima, der soeben von einem für ihn undefinierbaren Blick dieses einen Mittelblockers mit dem gebrochenen Finger getroffen wurde.
Er fragte sich, was der Andere damit vermitteln wollte, es war zu viel darin zu lesen. Herausforderung, Sicherheit und dann dieser Hauch Verruchtheit, der Tsukishimas Herz schneller schlagen ließ.
„Ich hasse ihn ja so sehr“, knurrte Yamaguchi kaum hörbar und verdrehte die Augen. Natürlich war ihm nicht entgangen, wie sehr der Rotschopf seinen Sitznachbarn durcheinander zu bringen schien, aber er würde ihn nicht darauf ansprechen. Zu groß war die Angst, Dinge zu hören, die er gar nicht hören wollte. Ihm war letzte Nacht nicht entgangen, dass Tsukishima eine gewisse Zeit aus dem Schlafsaal verschwunden war und noch mehr war ihm dieses Grinsen aufgefallen, das er auf den Lippen des Blonden bis jetzt nur gesehen hatte, wenn er im Spiel richtig gut war und aufs Ganze ging.
Sein kleiner Ausbruch blieb ungehört, Tsukishima erreichten die Worte schlichtweg nicht, die anderen saßen zu weit weg. Dass ihn etwas aufregte aber, das schienen sie zu merken.
„Hey, Yamaguchi! Alles in Ordnung?”, fragte Hinata mit seiner entzückend naiven Art, dass der Brünette überrascht hochschreckte. Ihm war gar nicht bewusst, wie sehr er sein Innenleben einmal mehr nach Außen trug. Er lachte ertappt und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
„Ja, alles in Ordnung“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln und erklärte irgendetwas von wegen Spannung und Oikawas nächsten Aufschlag um den er den Zuspieler und Kapitän der Aoba Johsei beneidete. Ganz gelogen war das ja nicht. Er wollte auch Aufschläge liefern, die jemanden wie Nishinoya aus den Schuhen hoben und auch, wenn er von Mal zu Mal besser wurde, mit dem Drittklässler konnte er noch nicht mithalten.
Hinata nickte verstehend.
„Wir trainieren das beim nächsten Mal gemeinsam“, versprach er ihm und klatschte motiviert mit ihm ein.
Am Spielfeld trug sich in der Zwischenzeit wieder einiges zu. Die Zwanziger waren in knappen Abstand nun von beiden Teams erreicht, Aoba Johsai führte 23 : 20
„Sie haben bald Satzball, legt euch rein Leute!“, rief Goshiki und platzierte sich direkt hinter Tendou der bereit dafür war, den Aufschlag, den Semi gerade vorbereitete nach dem feindlichen Block zurückzuschlagen.
Semi war nicht schlecht, aber er war kein Toru Oikawa.
bash – bash
Wie Tendou es vermutet hatte, war Kindaichi zur Stelle und drauf und dran, den Ball gefährlich flink auf den Boden zu bringen. Doch hätte Tendou nicht vermutet, wäre er nicht zur Stelle.
Ein kurzer Blick über das gegnerische Feld verriet ihm aber eiligst, dass man darauf gefasst war.
Mit einer unerwarteten Leichtigkeit spielte er den Ball dann federleicht zurück und spielte dabei Goshiki perfekt in die Hand.
Wamm
Der Ball knallte direkt neben Oikawa auf den Boden. Er hätte geschworen, der war draußen, blieb deswegen auf der Linie stehen, nur um den Bruchteil einer Sekunde später zu merken, dass der Ball wie ausgemessen gerade noch im Feld landete.
Sauer knurrte er vor sich hin und versicherte seinen Mitspielern, dass das so nicht mehr vorkam, aber auch, dass sie sich gefälligst anstrengen sollten.
Ein weiteres Mal bereitete sich Semi zum Aufschlag vor. Diesmal blieb der Ball länger auf der gegnerischen Seite im Spiel, kam aber nicht minder ungefährlich wieder zurück.
Abermals war Tendou mit einem irren Grinsen zur Stelle. Diesmal holte sich Ushijima den Punkt.
„Ein Punkt noch dann sind wir gleich auf“, sagte das Ass zu Semi und warf ihn den Ball zu, der unter dem Netz zu ihnen zurück kam.
Semi nickte dem Hünen zu. Nun war es an der Zeit, am besten gleich die restlichen drei Punkte zu holen.
Tendous Blick wanderte für einen weiteren Moment vom Spielfeld direkt in Tsukishimas Augen.
„Ich mach das nur für dich“, wollte er ihm mit einem Zwinkern vermitteln und kümmerte sich dann darum, dass keiner der Bälle, die Aoba Johsai ihnen zurück aufs Feld schmetterte dort lange blieben.
Der Mittelblocker war einfach überall. Vielleicht aber lag es auch daran, dass der letzte Blick, den er der blonden Nummer 11 von Karasuno zugeworfen hatte mit einem frechen Grinsen erwidert wurde.
„Oh Tsukki“, flüsterte er vor sich hin und machte sich bereit, nach dem Ruf „Satzball“ den nächsten Aufschlag von Semi zu genau dem zu machen.
Chapter 24: Underneath the mistletoe
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Der wunderbare Geruch von gerösteten und kandierten Mandeln lag in der Luft, der Himmel war bereits schwarz, nur massenhaft Lichterketten, Kerzen und weihnachtliche Laternen erleuchteten den Adventsmarkt. Freundliche Stimmen warben für entzückende Basteleien, nannten Preise für alkoholische aber auch für ungepushte Heißgetränke, die in hübschen Tassen gleich darauf erst einmal als wundersame Wärmequelle dienten und wünschten schöne Festtage und eine besinnliche Zeit.
„Guck mal, Kageyama, da ist ein Lebkuchenherz, da steht König drauf“, kicherte Hinata, der in seine dicke Winterjacke gepackt mit seinem Teamkollegen über den Markt schlenderte. Der Größere verdrehte nur die Augen, entdeckte dabei aber den perfekten Konter: „Und da ist eins mit Zwerg!“
Augenblicklich verging Hinata das Lachen und er missbilligte Kageyama mit einem bemüht wütenden Gesichtsausdruck, den ihm allerdings niemand abnahm.
„Komm weiter, oder ich kaufs dir und du musst es bis Weihnachten tragen“, drohte der Zuspieler und ging einfach weiter. Der Kleinere würde ihm schon folgen.
Ein paar Stände weiter standen Sugawara und Daichi bei einem Glühwein.
Das Gespräch behandelte so viele Themen der vergangen beiden Tage. Es war verdammt viel passiert. Shiratorizawa hatte das kleine Turnier gewonnen, ihre Teamkollegen verhielten sich sehr eigenartig, aber auch in den anderen Teams schien der Zauber der Weihnachtszeit inne zu wohnen.
„Guck mal, sogar Oikawa lässt sich hinreißen“, sagte Sugawara und blinzelte über die Marktgasse zu einem Stand mit Gestecken. Unter anderem hingen dort Mistelzweige vom Dach der kleinen Hütte, unter einem stand der Starsetter mit Iwaizumi, dass er sich in diesem Moment besonders um die Gunst des Anderen bemühte blieb auch Sugawara nicht unbemerkt. Daichi hob eine Augenbraue.
„Nun, ich schätze, du hast dafür ein besseres Gespür“, ließ er der Nummer 2 diese Freude.
„Es ist Tradition“, sagte Oikawa, Iwaizumi schüttelte den Kopf.
„Brauch. Aber auch das, nicht hier“, besserte er ihn aus und wollte sich ein weiteres Mal losreißen, auch wenn die Wärme, die die Nähe des Zuspielers ausstrahlte, alles andere als unangenehm war.
„Aber irgendwo auf der Welt, so stark, dass es bis hier her durchgedrungen ist und die Leute diesen Brauch auch hier vollziehen“, kam es charmant von dem Brünetten. Iwaizumi schwieg, schien auf das schlagende Argument zu warten, doch noch kam es nicht.
Oikawa seufzte. „Wäre es wirklich so schlimm für dich, mich zu küssen?“, fragte er ungläubig, dass Iwaizumi lachte.
„Etwas mehr Engagement, als einfach mit einem Ast Misteln vor mir rumzufuchteln, kannst du wohl nicht aufbringen, was?“, sagte er und fügte noch bei: „Außerdem! NEIN!“
Der Fanklub schien zur Abwechslung einmal nicht direkt an Oikwas Fersen zu haften, oder waren die Gören nur zurückgeblieben und schmiedeten Pläne? Hatten sie vielleicht sogar damit gerechnet, dass der Kapitän einen Korb bekommen würde, vermutlich erwarteten sie das zwar eher von einem Mädchen, außerhalb ihrer Ränge, und nun, da der Korb verpasst wurde, waren die Spiele um seine Gunst eröffnet?
Doch der treue Oikawa-Fanklub stand tatsächlich nur ein paar Stände weiter ums Eckt und passte ab, bis der unumstrittene große König des Feldes und ihrer Herzen endlich einmal alleine war.
Der Brünette hatte dem Händler für etwas Bares einen Zweig des brauchgetränkten Schädlingsgewächs abgenommen und stiefelte nun Iwaizumi nach, der bereits zum nächsten Stand gegangen war.
„Weißt du, dafür, dass du den Unbeeindruckten mimst, hast du ganz schöne Ansprüche“, sagte er und schloss wieder mit ihm auf.
Iwaizumi sah etwas genervt zu ihm. Es war nicht so, als wäre er seinen Avancen gegenüber abgeneigt oder würde ihn nicht gerne an der Hand nehmen und mit ihm einen romantischen Spaziergang über den Adventmarkt machen, aber er war einfach nicht dieser Typ von Mensch. Er ließ sich ungerne auf Romantik oder Kitsch ein, auf Oikawa aber… es war verlockend, aber sicherlich nicht jetzt, wenn sie unter ständiger Beobachtung standen, denn auch, wenn dem Ass der Fanklub, nicht fern von ihnen, nicht direkt aufgefallen war, so waren doch zu viele bekannte Gesichter um sie herum. Bei all dem was die letzten 48 Stunden passiert war, brauchte er selbst nicht auch noch so eine Situation.
Außerdem mochte er es nicht, wenn andere mehr in Dinge interpretierten, als sie es waren.
Und er hasste es, wenn man etwas von ihm erwartete, was er sich selbst par tout nicht eingestehen wollte. Denn interessiert an dem großen König war er tatsächlich, wäre es nicht so ein verdammtes Klischee und wäre dieser nicht so verdammt überzeugt von sich selbst, würde es dem Ass wohl etwas leichter fallen.
„Darf ich dem Herrn einen Punsch spendieren?“, fragte Oikawa als letzten Versuch.
Skeptisch besah er seinen Kapitän, zuckte dann mit den Schultern, aber lächelte ihn sanft an.
„Gerne“, hauchte er und ließ sich zu einem Punsch-Stand begleiten.
Kinderpunsch wurde serviert, denn Oikawa untersticht, ihn nicht betrunken machen zu wollen um an sein Ziel zu kommen. Iwaizumi erklärte ihm zwar, dass er von einem Punsch schon nicht betrunken werden würde, gab aber nach.
Im Moment reichte es Oikawa wohl auch nur, Iwaizumi vor seinen Augen zu haben. Eingepackt in seinen schicken dunkelblauen Wintermantel und den schwarzen Schal aus Cashmere, den er letztes Jahr schon sehr an ihm bewundert hatte.
„Weißt du, zwei Niederlagen am Tag wären schon ziemlich hart“, sagte er und blies vorsichtig über die Flüssigkeit, die brennend heiß in seiner Tasse festsaß und so herrlich nach Orangen roch und dampfte.
Iwaizumi schnaubte.
„Also ist das auch nur ein Spiel für dich?“, fragte er ihn herausfordernd und wagte einen kleinen Schluck – ein Fehler, der Punsch war wirklich noch zu heiß, aber er ließ sich nicht anmerken, dass es ihm weit zu heiß auf der Zunge wurde.
„Hey, du verdrehst mir schon wieder die Worte im Mund“, erboste sich Oikawa, dass Iwaizumi kicherte. Er zuckte über seine eigene Reaktion zusammen, aber fing sich rasch wieder.
Dieser schreckliche hübsche Kerl.
„Wir könnten ja ein Spiel draus machen“, sagte Oikawa. Nannte einen Kuss zum Abschluss des Abends als seinen Gewinn, ein paar Wetten über die Widmungen diverser Herzen der konkurrierenden Schulen als Spiel.
Nicht weit von den beiden tänzelte Tanaka ebenfalls mit einem Ästchen des Traditionsgetränken Gestrüpp um die hübsche Managerin herum.
Shimizu hatte sich überrumpeln lassen und willigte mit gemischten Gefühlen in den gemeinsamen Gang auf den Weihnachtsmarkt ein. Yachi wollte sich mit Hinata und Kageyama treffen, nachdem sie noch „wichtige Besorgungen für Zuhause“ erledigt hatte. So hatte sie zumindest gesagt.
Chapter 25: Symphonie
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„Ich würde meinen, Nekoma ist die einfachste kleine Wette“, begann Oikawa, wollte seine Vermutung schon absetzen, doch Iwaizumi war schneller.
„Natürlich läuft da was zwischen dem Kapitän und dem Setter, aber das hätte ich dir vor dem gestrigen Spiel auch schon sagen können“, unterbrach ihn das Ass und verleibte sich zögerlich einen weiteren vorsichtigen Schluck seines Punsches ein. Viel besser, wenn es nicht mehr so verbrennend heiß war.
„Hey, das wäre auch meine Prognose gewesen“, empörte sich Oikawa doch Iwaizumi sah ihn nur herausfordernd an.
„Pech für dich, erster Punkt für mich“, sagte er und nippte noch einmal an seinem Punsch.
Am Rande des Adventmarktes saßen Kuroo und Kenma bei zwei Tassen Glühwein. Der Jüngere war dem Kapitän dankbar, dass sie hier den Abstand währten, nicht etwa, weil er wollte, dass sie zusammen Abstand hielten, aber er mochte es einfach nicht, Kenma mochte diese Ansammlungen an Leuten nicht und noch weniger mochte er es, sich durch zeitweilige Menschenmassen zu quetschen.
Kuroo war ihm also entgegengekommen, hatte ihn hier an einer Parkbank platziert und verschwand für eine viertel Stunde, angefühlt hatte es sich für den Kleineren wie eine ganze.
„Du bist doch sonst nicht so“, sagte Kuroo als er dem Blick des Zuspielers bereits den Vorwurf, zu lange gebraucht zu haben, ablesen konnte. Kenma nahm ihm eine Tasse ab und nickte nur.
„Hast recht“, sagte er leise und blies über die Oberfläche des Heißgetränkes.
Kuroo schüttelte etwas ungläubig den Kopf und setzte sich dann neben Kenma.
„Wir haben noch nicht so richtig über das von gestern gesprochen.“
Kenma nickte als er diese Worte hörte und griff in seine Jackentasche.
„Die hab ich dir gestern mitgenommen, als ich zurückkam, war ich so müde, dass ich mich gleich hingelegt habe“, sagte er und reichte ihm einen kleinen grünen Karton, der liebevoll verziert war und den Namen des Ramenladen als Aufschrift hatte. Kuroo nahm die Schachtel entgegen, ahnte bereits, was es sein konnte und grinste.
„Danke. Ich habs schon vermutet, ich war lange mit Tsukki unterwegs“, sagte er und verstand, dass Kenma einfach nicht darüber reden wollte. Er ließ ihn gewähren, vorerst. Spätestens sobald sie aber zuhause waren, würde er ihn nicht mehr auslassen.
„Möchtest du eines haben?“, fragte er ihn, als er sah, dass zwei in der Packung waren. Kenma sah sofort zu ihm, lächelte mild und nickte rasch. Kuroo schmunzelte. Er kannte Kenma und er wusste genau, hätte er ihm einfach nur Mochis mitnehmen wollen, hätte er sie ihm auf den Futon gelegt, anstatt darauf zu warten, dass Kuroo sie öffnete. Bereitwillig reichte er dem Kleineren die Box, sah zu, wie er erst darauf achtete, die Tasse in einer Hand gut im Griff zu haben und wie er dann nach einem der zwei Reiskleiebällchen griff.
Kuroo stellte die Schachtel dann auf der Bank neben sich ab, nahm sich das übrige Mochi und genoss dann gemeinsam mit Kenma die Süßigkeit.
„Die sind wirklich gut“, sagte er dann und erkundigte sich, ob er sie aus dem Laden hatte, wo er mit Hinata war, er hatte ja nie nach dem Namen gefragt.
Kenma nickte.
„Wie war es mit Karotten-Boy?“, fragte er dann. Er wusste, dass er nicht unnötig Smalltalk mit Kenma führen musste, er wusste, dass sie auch Stunden lang nebeneinander sitzen konnten, schweigen und dennoch die beste Zeit haben konnten, aber ihm war danach.
Kenma nickte abermals. Wieder kein richtiges Wort. Kuroo seufzte etwas. Dann ging er auf das Gespräch mit Tsukishima ein.
Erzählte Kenma, dass der Mittelblocker heute Abend mit Tendou hier sein würde.
„Wäre mir gar nicht aufgefallen, dass da etwas läuft“, murmelte Kenma und hatte sich nach dem Mochi wieder seinem Glühwein gewidmet. Mit beiden Händen um die Tasse genoss er die Hitze, die davon ausging und trank zaghaft davon. Irgendwie befürchtete er sonst, die Wärmequelle zu verlieren.
„Dafür, dass du so ein helles Köpfchen bist, hast du zwischenmenschlich echt gar nichts drauf“, kommentierte Kuroo augendrehend die Naivität seines Teamkollegen und Freundes.
„Dafür hab ich doch dich, nicht wahr?“, fragte Kenma und sah auffordernd zu Kuroo, der nur den Kopf schief legte. Ja, schon, irgendwie hatte er ja recht. Seit Jahren schon war er da und gab Kenma die notwendige Stütze, wenn es darum ging auf diesem Level mit Leuten klar zu kommen. Deutliche Fakten waren zwar durchaus sexy und attraktiv, halfen einem im Alltag auf der kameradschaftlichen Ebene aber kaum aus. Da brauchte man ein Lächeln, etwas Mimik und ein paar mehr Füllworte.
„Du hast recht, dafür bin ich da“, sagte Kuroo und hauchte noch leise das Wort „immer“ ehe er die Tasse an seine Lippen setzte.
Den Blickkontakt ließ er dabei nicht fallen.
Er erkannte bereits, wie in Kenmas Kopf die feinen Rädchen ineinander setzten und die Gedanken über die Bedeutung dieses intensiver werdenden Blicks wohl zum Überschwappen führen würden.
Der Kapitän rutschte etwa neunzig Grad auf der Bank um Kenma frontal ansehen zu können. Die Tasse wurde geleert, der Inhalt war bereits angenehm warm und drohte bei längerer Wartezeit, kalt zu werden und kalter Glühwein war nicht besonders toll, zumindest nicht für Kuroo, Kenma machte daraus kein Thema, er würde wohl den ganzen Abend an dieser Tasse rumnippen. Eine Eigenheit, die Kuroo gerade in diesem Augenblick etwas störte. Er rutschte näher an ihn ran, legte einen Finger an die erhobene Tasse und drückte sie mit sanfter Gewalt hinunter.
„Du willst nicht darüber reden, ist klar, aber zerbrich dir bitte nicht deinen süßen Kopf, ich reiß ihn dir schon nicht aus, wenn du einfach wieder tust, wonach dir ist“, sagte Kuroo eindringlich. Kenma war tatsächlich etwas überrascht darüber, wie genau ihn der Größere lesen konnte. Nicht sonderlich überrascht weil er ihn lesen konnte, aber gerade jetzt in einer so neuen Situation,mit so vielen neuen Empfindungen und Gedanken, die er selbst noch nicht sortieren konnte.
Ohne Kuroos zutun senkte sich die Tasse weiter, bis sie auf Kenmas Oberschenkel stand. Eine Hand blieb zur Stütze, die andere griff nach der von Kuroo.
Kenmas Augen hafteten dabei direkt auf den sich berührenden Fingern. Seine gesamte Aufmerksamkeit lag bei den überwältigenden Gefühlen, die ihn durchführen. Erst ein angenehmer Schauer, der wie ein Stromschlag vom Berührungsursprung seinen ganzen Arm hoch jagte und sein Herz zum schneller schlagen brachte.
Das hier war eine ganz andere Situation, wie der Kuss am Spielfeld gestern, den er Kuroo ganz unerhört einfach ohne Vorwarnung gestohlen hatte. Er war sich zwar sicher, dass es bestimmt nicht der erste Kuss des Anderen war, seiner war es aber. Hätte Kuroo dieses Spiel mit ihm gespielt, wäre er ihm wohl böse gewesen, war es aber nicht, als er nur ein paar Spielzüge später den Spieß umdrehte. Es erleichtere ihn, dass Kuroo auch nach dieser Art von Zuneigung suchte, war sich in diesem Moment aber nicht sicher, was die Intention war. Die spürte er erst später, als sie allein im Umkleideraum waren. Und es war anders, auch anders als das hier gerade.
Kuroo strich sanft über Kenmas Finger und sah von ihren Händen ab um ihn wieder direkt anzusehen. Auch Kenma wandte den Blick um.
Karamell traf auf dunkle Schokolade. Ein intensives Gefühl der Verbundenheit durchdrang beide ihrer Körper und Kuroo spürte, wie sein Herz schneller klopfte.
Irgendwie war es so einfach, jemanden zu küssen, ihn zu überfallen und auf eine so offensive Art Nähe und Zuneigung zu gewinnen, aber das hier war anders. Es war so unschuldig, intensiv und aufregend, dass Kuroo sofort an die Echtheit der Schmetterlinge im Bauch von Verliebten glaubte.
Es wurde so wild in seinem Magen, dass diese Metapher erstmals Sinn machte und er sie als absolut passend empfand.
Er grinste.
„Das ist wirklich nett“, sagte Kenma und Kuroo nickte, auch wenn er es bei jedem anderen eigenartig gefunden hätte, diese milde Beschreibung für einen solch schönen Augenblick zu hören.
Es war nett, sowas von nett.
Chapter 26: I like me better when I'm with you
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„Okay, gibt es was Eindeutigeres?“, fragte Oikawa dann, krätschte seiner Begleitung aber sofort rein, als er merkte, dass er wohl auch darauf eine Antwort hatte: „Azumane Asahi und Nishinoya Yuu von Karasuno!“, sagte er lauter als geplant und die Besprochenen wandten sich augenblicklich um.
Verdammt! Wie konnte es sein, dass die anderen über sie sprachen? Asahi lief der Schrecken seines Lebens den Rücken hinunter. Er blieb wie versteinert stehen und konnte nur tatenlos zusehen, wie Nishinoya die wenigen – humpelnden – Schritte zu dem unausgesprochenen Paar überbrückte um ihnen die Hölle heiß zu machen. Wie konnte der kleine Libero nur so locker mit einfach allem umgehen?
„Es geht euch einen Scheißdreck an, ob da was zwischen Asahi und mir ist oder nicht. Wisst ihr, ihr zwei Hohlbirnen, es wäre wohl das Schönste, wenn sich jemand wie dieser wundervolle Mensch in dieser Art und Weise für mich interessieren würde, aber glaubt mir, er steht auf jemand anderen, also haltet eure Nasen aus den Angelegenheiten anderer Leute raus!“, stauchte sie Nishinoya zusammen.
„Noya…“, hauchte Asahi, der zwar genau gehört hatte, was der Andere gesagt hatte, aber noch nicht so recht verstehen wollte. Es war nicht so, als wäre er dumm gewesen, aber konnte er das wirklich glauben? Hatte Nishinoya gerade wirklich irgendwie gesagt, dass da… dass er… dass sie vielleicht… er konnte ja noch nicht Mal in gedankliche Worte fassen, was das bedeuten konnte. Außerdem meldete sich nun auch sein Herz. Es klopfte schnell, raste regelrecht und ließ ihm das Blut laut und einnehmend durch den Körper schießen, dass er es hören konnte. Lautes Rauschen durchdrang seine Ohren und nur etwas abwesend bemerkte er, wie Nishinoya zu ihm zurückkam und ihn bat, einfach weiterzugehen, er wollte sich nicht streiten, schon gar nicht mit diesem ollen Oikawa.
„Was denkt der denn, wer er ist?“, knurrte er neben Asahi und zog diesen am Arm weiter. Das Ass ließ sich etwas überrumpelt mitziehen, sah noch kurz zu Oikawa und Iwaizumi, wandte sich dann aber Nishinoya zu, der angesäuert weiterging und bei jedem Schritt mit seinem beleidigten Bein etwas nachgeben musste.
„Weißt du, es reicht schon, dass du einen Rückzieher machst und lieber mit mir hier hergehst, aber dass die beiden Idioten nun auch noch sowas herumposaunen… ich mein… wie soll dein… also wer auch immer… wen auch immer du magst, wie soll der denn nach sowas überhaupt checken, was du fühlst?“, plapperte Nishinoya aufgeregt vor sich hin und blieb bei den letzten Worten mit Asahi stehen. Sie waren etwas abseits des Zentrums des Adventmarktes gelandet, aber es tummelten sich immer noch genug Leute hier.
Wie der Kleinere so zu ihm hochsah, mit dieser Sehnsucht in den Augen, da war es dann auch endlich zu Asahi durchgedrungen, warum der Libero solch einen Wirbel um dieses ganze Gefühlsdrama machte.
„Noya… ich…“, begann er und fragte sich, ob er es wirklich aussprechen konnte. Angesprochener war unheimlich nervös, anders nervös als vor einem Spiel, was positiver Aufregung gleichkam, das hier war tatsächlich mit Angst verbunden und das sah Asahi dem Kleineren an.
„Asahi, nun sag schon, wen magst du? Wer ist es?“, fragte Nishinoya und sah dann verlegen zur Seite. Er wollte es nicht ertragen, Asahi anzusehen, wenn er ihm einen Namen nannte. War es Sugawara? Daichi? Vielleicht jemand von den Jüngeren?
Das Ass schmunzelte etwas und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, dann griff er nach Nishinoyas Hand. Dieser riss den Kopf hoch, dass seine Augen sogleich in Asahis dunkelbraunen Tiefen verloren gingen.
„Weißt du, wenn du mit mir am Feld bist, dann bin ich immer besser. Du feuerst mich an, baust mich auf und holst alles aus mir raus, was in mir steckt und irgendwie ist das auch sonst so, du bist immer für mich da und auch wenn du manchmal grob und harsch bist, willst du nur das Beste für mich und ich… ich mag mich einfach mehr, wenn ich bei dir bin, wenn du… bei mir bist“, sagte Asahi und wurde mit jedem Wort nervöser und unsicherer. Nishinoya sah ihn verwundert an.
„Ich versteh nicht, was du mir sagen willst, Asahi“, wollte der Jüngere es klar und deutlich vorgekaut haben. Die Weihnachtsbeleuchtung spiegelte sich in Nishinoyas Augen wieder, gab ihnen einen ganz besonderen Glanz, der Asahi einfach nur entzückte, aber er seufzte.
„Noya… Es bist du! Es warst immer du und du wirst es immer sein“, sagte Asahi schließlich und unterstrich sein nun endlich eindeutiges Geständnis mit einem unschuldigen Kuss, der die Zeit stillstehen zu lassen schien.
Dieses ganze wirre Gerede machte endlich Sinn, Nishinoya war einfach mehr der Typ von Taten, die drangen einfach unmissverständlich zu ihm durch.
Der Libero schloss die Augen, legte Asahi die Arme um den Nacken und zog ihn weiter zu sich hinunter. Er wollte das hier nicht so sanft und harmlos enden lassen.
„Huch“, kam es überrascht von Asahi, doch mehr ließ der Kleinere nicht zu. Die Lippen wurden augenblicklich wieder versiegelt. Niemals hätte Asahi sich geweigert solch einem Fordern nachzugehen, er legte die Arme um Nishinoya und drückte ihn fest an sich, dennoch bedacht, ihn nicht zu erdrücken. Auch er hatte die Augen geschlossen und genoss nun wie Nishinoya den Kuss langsam auf ein anderes Level brachte. Er spürte, dass bis eben wohl einiges unterdrückt wurde, das nun einfach raus musste. Wie wenn der aufgeweckte Libero es am Spielfeld kaum glauben konnte, wie cool und genial ein Angriff war und dann erst die Ruhe vor dem Sturm in sich aufnahm um dann vor Begeisterung zu explodieren, so explodierten jetzt die Gefühle. Sein Herz klopfte schnell, stieg ihm bis zum Hals, sein Magen spielte verrückt und es fühlte sich an, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen, als würde er mit Asahi fallen, in eine tiefe Grube voller süßer weicher Zuckerwatte. Und Asahi fühlte genau dasselbe.
„Warum hast du nie was gesagt?“, fragte Nishinoya irgendwann leise, als er sich von Asahis Lippen löste.
Haselnussbraune Augen starrten in schokobraune. Der Atem bildete sichtbare Dampfwölkchen um sie herum, doch das war egal.
„Ich hab mich nicht getraut“, flüsterte Asahi, wollte gar nicht, dass sie sich viel ansehen und forderte sogleich einen weiteren Kuss, ging sogar einen Schritt weiter und glitt mit seiner Zunge sanft über Nishinoyas Lippen, die sich daraufhin öffneten und den Weg zu einem heftigen Zungenspiel offen legten.
Eine von Nishinoyas Händen lockerte sich in Asahis Nacken und legte sich direkt an dessen Kopf, fuhr ihm durchs Haar indem er nun auch entgegen jeder Rücksicht auf irgendeine Frisur die Finger versenkte und die Fingerkuppen in Asahis Kopfhaut drückte, nur um dann sanft locker zu lassen und mit sich verspielt mit dem samtig weichen Haar zu beschäftigen.
Asahi drängte seinen Oberkörper gegen den von Nishinoya, dass ihm sogar ein sanftes Keuchen entkam. Sofort hielt er inne. Er löste sich und sah dem anderen überrascht von sich selbst in die Augen.
„Ich glaube, das geht etwas zu weit“, gestand er ertappt, während sich Nishinoya frech über die Lippen leckte.
„Macht dich das geil?“, fragte der Kleinere direkt, dass Asahi um die Dunkelheit der Nacht dankbar war, so rot war er in seinem Leben noch nicht angelaufen.
„Sag sowas doch nicht“, murmelte er ertappt und sah zur Seite. Wie konnte ihn dieser Junge nur so durchschauen und bis eben nicht gecheckt haben, wie es um seine Gefühle stand?
„Du bist unglaublich“, flüsterte er noch.
„Du bist einzigartig“, hauchte Nishinoya und stahl sich noch einen sanften harmlosen Kuss, ehe er Asahi wieder los ließ.
Chapter 27: Maybe
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"Das tut mir aber leid, dass dich der Kleine so zusammengeputzt hat“, prustete Iwaizumi und hielt sich die Hand vor den Mund. Das war ja doch ganz schön amüsant.
Oikawa war nun tatsächlich etwas eingeschüchtert. Karasunos Nummer vier machte mit seiner Stimme und einschüchternden Art wahrhaftig wett, was ihm an Größe fehlte.
„Auch wenns mir nicht passt, so behandelt worden zu sein, spricht das nur dafür, dass ich recht hatte“, beteuerte er und Iwaizumi gestand ihm diesen Punkt zu.
„Und wenn wir schon bei Karasuno sind, was hältst du von der Nummer 11? Er ist so undurchsichtig, wie klar zu lesen“, sagte Iwaizumi und wartete neugierig auf die Einschätzung seines Gegenübers. Eigentlich war er selten oder eigentlich nie für diese Art von Tratsch, ja Tratsch allgemein, zu haben, aber das machte irgendwie Spaß.
„Ganz klar, der ist doch diesem fünfer Blocker von Shiratorizawa verfallen, der spielt den wie ‘ne Fidel“, sagte Oikawa und war sich sicher, in seiner Vermutung goldrichtig zu liegen.
Iwaizumi schmunzelte.
„Ich glaube, da ist mehr“, sagte er und sah zum Stand vis a vis, wo sich Yamaguchi gerade eine Zuckerstange in den Mund steckte, ihm gegenüber stand Shiratorizawas Zuspieler Eita Semi und nippte wie auch Iwaizumi an einem alkoholfreien Punsch. Die zwei waren bis eben in ein Gespräch vertieft ehe sie beide etwas bedrückt zur Seite sahen und sich je ihrer Süßigkeit widmeten.
„Die zwei doch nicht“, sagte Oikawa und Iwaizumi stimmte ihm zu. Natürlich meinte er nicht die beiden miteinander passé.
„Nein, die Nummer 12 steht eindeutig auf die Nummer 11“, sagte er, dass Oikawa die Augenbraue hoch hob.
Er stempelte das sofort als Blödsinn ab.
„Wir werden sehen“, sagte Iwaizumi und fragte sich sogleich, ob sie vielleicht noch etwas Spannung erleben durften.
Noch waren Tsukishima und Tendou nicht aufgekreuzt, was schlichtweg daran lag, dass Tsukishima Tendou absichtlich warten ließ. Einerseits hatte er einen späteren Zeitpunkt für ihr Treffen ausgemacht, dass nicht alle um sie herum zu gaffen begannen, andererseits würde er vorschieben, noch mit seinem Bruder telefoniert zu haben und dass das eben etwas länger gedauert hatte.
Als er dann aber auf sein vermeidliches Date traf, staunte er nicht schlecht. Der sonst so irre aussehende Mittelblocker stand in einer schwarzen blazerartigen Jacke da, mit einem dunkelblauen Schal um den Hals und sah abseits seines doch noch recht wahnsinnigen Blickes – das mussten einfach diese Augen sein – so verdammt edel aus, dass sich der Blonde in seinem hellblauen Parker doch etwas fehl am Platz fühlte.
Tendous Blick verriet Tsukishima auch schon, dass der Ausdruck in seinem Gesicht unverkennbar gelesen wurde. Dieses selbstgefällige Grinsen aber wollte er dem Rotschopf eiligst wieder austreiben, dabei war ihm egal, wie angebracht es in Wirklichkeit war.
Ein Arm zum Einhaken wurde angeboten, aber nicht einmal eines Blickes gewürdigt, da ging Tsukishima bereits an Tendou vorbei, blieb nur ein paar Schritte weiter stehen und drehte sich gespielt überrascht um.
„Kommst du? Ich dachte, wir hätten was vor?“, fragte er und gab ein süffisantes Lächeln zum Besten.
„Schon gut“, winkte Tendou ab und holt die Schritte schnell auf. Der Weg zum superkitschigen wohlduftenden Ziel war schnell hinter sie gebracht und Tendou hatte bald zwei Tassen Glühwein für sie organisiert, während Tsukishima einen Tisch besetzte.
„Darfst du das überhaupt schon trinken?“, fragte Tendou frech und legte den Kopf schief, während er eine Tasse zu ihm rüber schob. Tsukishima schnaubte, antwortete aber nicht. Tendou machte auch keine Anstalten, ihn aufzuhalten, er war nicht hier um ihn zu erziehen oder auf ihn aufzupassen.
Zum Gleichtrinken war der Glühwein aber noch viel zu heiß und so wärmten sie erst einmal ihre kalten Finger an den Tassen, dabei fiel Tsukishima auf, dass Tendou immer noch seine Bandagen auf hatte, aber auch, dass der eine Mittelfinger immer noch an den Ringfinger gebunden war.
„Schämst du dich etwa deiner Finger wegen?“, wollte er trocken wissen. Tendou sah ihn verwundert an, folgte dann aber seinem Blick. „Hmm“, machte er und zuckte mit den Schultern.
„Eigentlich nicht, aber sie sind nicht hübsch anzusehen, ich seh‘ sie selbst nicht gerne an“, erklärte er dann und verstärkte den Druck um das Porzellan, was dem Blonden nicht entging. Hatte er etwa einen wunden Punkt getroffen?
„Das ist echt ‘ne lahme Antwort“, sagte Tsukishima, dass Tendou abermals grinste.
„Ich steh drauf, wenn du so frech bist, lässt mich nicht so fühlen, als würde ich ein Kind verführen“, sprach er Tsukishimas unsicheres Verhalten der letzten 24 Stunden an.
„Keine Frage, ich mags, wie ich dich verunsichern kann“, sagte er noch frech. Der Blonde verzog das Gesicht und fragte sich, wo das wohl hinführen sollte.
„Ich habe einen Vorschlag für dich, wir sollten uns erst etwas besser kennenlernen“, drangen Worte an Tsukishimas Ohren, die er in dieser Vernunft nicht von dem Anderen erwartet hatte.
„Wir trinken hier das ein oder andere und dann verschanzen wir uns wieder in die Herberge, spielen ein Spiel, lernen uns kennen und wer weiß, was noch draus wird“, schlug Tendou vor. Seinem Grinsen zu urteilen, hatte er einen ganz genauen Plan, das ahnte Tsukishima bereits. Dennoch wollte er darauf eingehen, er war neugierig auf den rothaarigen Mittelblocker geworden, schon bei ihrem ersten Spiel, vielmehr danach, nach dem kurzen Moment, den sie miteinander teilten. Er nickte, willigte ein und dann war es da. Dieses Kribbeln in seinem Magen. Er war aufgeregt und fragte sich, wie gut er diesen Jungen vor sich wohl kennenlernen würde, was er selbst von sich Preis geben würde und was für ein Spiel das überhaupt sein sollte.
„Aber erst werde ich genießen, was du mir erlaubt hast“, raunte Tendou, lehnte sich keck am Tisch ab und sah Tsukishima tief in die Augen. Dieser Blick ließ das Kribbeln nur wilder werden, so direkt, so unausweichlich und intensiv. Tsukishima atmete überrascht ein, wollte sich abwenden, aber schaffte es nicht so ganz, doch dann kam ihm sein Glühwein ganz recht. Die Tasse an seine Lippen gesetzt und vorsichtig einen ersten Schluck genommen liefen ihm sofort die Brillengläser an und verwehrten dem Rotschopf den direkten Blick in seine goldbraunen Augen.
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"Unser Sherlock hier meint um deine Gefühle für den großen Blonden zu wissen, nicht, dass es mich irgendwie interessieren würde und weil ich dadurch vielleicht nicht bekomme, was ich gerne hätte, trotzdem, vielleicht solltest du es ihm sagen. Sherlock meint nämlich auch, dass es nicht so hoffnungslos zu sein scheint", sagte Oikawa ruhig zu Yamaguchi und nachdem Iwaizumi dem in der Zwischenzeit rot angelaufenen Jungen zunickte gingen die beiden auch einfach.
"Das war überraschend erwachsen von dir", sagte Iwaizumi bedacht, nicht zu begeistert zu klingen. Solch einen Zug hätte er dem Kapitän gar nicht zugetraut, zumal er nun mit den kleinen Romantikwetten im Rückstand lag. Yamaguchis Reaktion nämlich bestätigte durchaus Iwaizumis Vermutung.
"Was soll ich sagen, ich bin eben ein hoffnungsloser Romantiker", erwiderte der Brünette und streckte sich beim Verlassen des Adventmarktes. Iwaizumi konnte wieder nur die Augen verdrehen.
Oikawas Glück, denn dabei entdeckte er, dass direkt am Eingang einer dieser Mistelzweige hing, der den ganzen Abend für ihn erst so amüsant gemacht hatte. Er blieb stehen.
Etwas verwundert blieb auch Oikawa stehen und musterte seine Begleitung. Gerade wollte er sich für seinen Charme entschuldigen, da kam ihm Iwaizumi mit einer eindeutigen Avance entgegen, der er nicht wagte sich zu verwehren.
Später antwortete Iwaizumi auf den Fakt, dass er doch gewonnen hätte, mit einem Schmunzeln und den folgenden Worten: "Wir haben nicht besprochen, was ich bekomme, wenn ich gewinne, vielleicht wollte ich einfach einen erwachsenen amüsanten Abend mit Toru Oikawa, den ich gerne mit einem Kuss besiegeln möchte, wenn er sich anständig verhält."
Chapter 28: What is Love
Chapter Text
„Was bin ich eigentlich für dich?“, wollte Kuroo dann doch wissen. Was da in den letzten Stunden, ja eigentlich in den letzten Jahren so zwischen ihnen war, war etwas Besonderes, vor allem für ihn, dass es dem Anderen ähnlich ging, ahnte er ja erst seit diesem Kuss beim Spiel gestern und dann dieser zarte sanfte Kuss vor wenigen Minuten, der so überaus nett war.
So nett, dass Kenma nicht lange zögerte, sein Smartphone wieder rauszuholen, als Kuroo nichts mehr sagte und das Spiel zspielte, das er bereits das ganze Wochenende spielte.
„Du bist mein bester Freund, Kuro“, antwortete Kenma sachlich und bestimmend zwischen den Dashes im Spiel. Er dachte eigentlich, der Andere wusste das. Kuroo seufzte. Das wollte er so nicht hören und sagen, dass es auf Gegenseitigkeit beruht, erst recht nicht.
„Weißt du Kenma, unter diesen Umständen möchte ich eigentlich nicht mehr dein bester Freund sein“, sagte er. In seinen Augen lag ein gewisses Funkeln, welches der Kleinere aber nicht zu deuten wusste, geschweige denn, dass er ganz verstanden hätte, dass überhaupt etwas zu deuten da war.
„Oh“, sagte Kenma und senkte den Kopf. „Tut mir leid, dass es so schlimm mit mir ist“, sprach er weiter. Kuroo schlug sich die Hand an die Stirn. Er wusste ja, dass er mit Subtext nie besonders weit kam und so direkt wie er normalerweise war, das hier war eine ganz andere Situation.
„Ach Kenma, es ist doch nicht schlimm, eigentlich ist es sogar das Gegenteil und ich will etwas Besseres sein“, sagte er deswegen und hoffte, dass der Blonde ihm nun auf der Fährte war. In sich betete er, dass es nicht wirklich aussprechen musste.
„Etwas Besseres als ein bester Freund? Sowas gibt’s nicht, Kuro, deswegen heißt es ja auch bester Freund“, lautete Kenmas Todesstoß, der den Kapitän dann doch aussprechen ließ, was ihm auf dem Herzen lag: „Ich will dein Freund sein und kannst du vielleicht das Spiel mal weglegen?“
„Warum von besten Freund zu einem gewöhnlichen Freund herunter degradieren?“, wollte Kenma wissen, sprang digital in den Abgrund und tat etwas verwundert das Smartphone weg. „Hab ich was verpasst?“, fragte er dann und sah Kuroo direkt in die Augen. Eigentlich etwas, was er nicht gerne machte, bei ihm aber war es in Ordnung. Sehr in Ordnung. Mehr als einfach nur nett.
„Du raubst mir echt den letzten Nerv, ich will dein fester Freund sein, der der da draußen in aller Öffentlichkeit deine Hand hält, dich so küsst, wie wir das die letzten zwei Tage gemacht haben, ich mochte das wirklich sehr und ich… ich will, dass wir eine richtige Liebesbeziehung haben“, stieß Kuroo Kenma dann vor die Tatsachen. Es war raus, er hatte ihm gesagt, dass er mehr als Freundschaft ihn empfand, zumindest irgendwie, er musste das doch verstehen oder? Er musste doch checken, was es bedeutete, wenn er eine solche Beziehung mit ihm führen wollte.
Kenma stockte. Er dachte an Hinatas Worte, dass er hoffte, es klappe zwischen ihnen. Meinte er etwas das? Auch wiederholte er in Gedanken Kuroos Worte immer wieder. Seine Hand halten? In aller Öffentlichkeit? Wo sie alle sehen konnten? Wo alle sehen konnten, wie sie herausstachen? Anders waren und rebellisch?
Und auch küssen? Weiterhin? Kenma schmunzelte.
„Das hat mir auch sehr gefallen“, sagte er und grübelte dann über das Wort Liebesbeziehung nach. Kuroo wurde nervös. Er hätte nicht gedacht, dass Kenma ihn so zappeln lassen würde, aber er hatte den blond Gefärbten eindeutig etwas überrumpelt. Nicht, dass er es sich hätte anmerken lassen, aber Kuroo kannte ihn nun einmal schon lang genug.
Nekomas Nummer 1 strich sich angespannt durchs Haar und wartete bemüht geduldig.
„Liebe“, murmelte Kenma dann und sah Kuroo in die Augen. Sein Herz klopfte schneller, auch das seines Gegenübers. Er wusste, er empfand sehr viel für Kuroo, auch war ihm eigentlich bewusst, dass auch er etwas Besonderes für ihn war, tatsächlich mehr als sein bester Freund, aber er hätte es nicht nennen können. Seine Eltern hatten nicht solch eine Beziehung, auch die Eltern der anderen nicht, dass er niemals daran gedacht hatte.
„Verdammt, Kenma, bitte sag irgendwas“, platzte es nach weiteren ewig wehrenden Minuten des Schweigens aus Kuroo heraus, dass Angesprochener zusammenzuckte und sich augenblicklich entschuldigte. Auch Kuroo entschuldigte sich, er wollte nicht so grob sein. Er seufzte, dann nahm er Kenmas Hand in seine. Ihre Augenpaare trafen einander.
Sanft strich er mit dem Daumen über Kenmas Handrücken und verhakte ihre Finger miteinander. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr ihn, aber es gab keine Reaktion, zumindest keine eindeutige nach Außen dringende.
In Kenmas Inneren wiederum wurde ein Feuerwerk der Gefühle gezündet. Er wusste, dass Kuroo nach diesem Schuljahr eine andere Schule besuchen würde und irgendwie hatte er Angst, den Älteren deswegen weniger zu sehen, ihn zu verlieren und das schmerze.
Es gab Dinge, die man nicht aussprach. Die gab es doch? Und das war doch so etwas. Warum also sprach Kuroo es aus?
„Was heißt das?“, wollte Kenma wissen. Eigentlich wollte er sich abwenden, doch Kuroos Augen hatten ihn eingefangen, er konnte nicht.
„Liebe? Das weiß ich selbst nicht so ganz, aber ich möchte es gerne mit dir herausfinden“, sagte er ehrlich. Bis jetzt war er noch keine sonderlich ernsthafte Beziehung eingegangen. Er war zwar keineswegs die Unschuld vom Lande, aber ehrliche echte Liebe hatte er dennoch noch nie empfunden.
Kenma nickte.
„Okay, dann finden wir es gemeinsam raus“, sagte er und lächelte sogar, dass Kuroos Herz für einen Moment aussetzte.
Kenma hätte ihn wohl mit nichts anderem mehr aus dem Konzept bringen können, als mit einer solch entzückenden Mimik.
Er legte ihm die freie Hand an die Wange und Kenma schmiegte sich sogleich hinein. Eigentlich wollte er vorsichtig zu einem Kuss überleiten, doch dieser Anblick brachte ihn beinahe zum Schmelzen.
Kenma schloss die Augen und genoss die Wärme an seiner Haut.
Eine Weile verharrten sie so, dann machte der Jüngere den nächsten Schritt. Er rutschte näher an Kuroo heran und zückte wieder sein Smartphone.
„Ist das dein Ernst?“, wollte Kuroo wissen, während Kenma flink mit den Fingern über den Touchscreen glitt und eine Social Media App öffnete. Er navigierte zu den Einstellung und stoppte kurz vor der nächsten Schaltfläche.
„Möchtest du nicht, dass ich meinen Beziehungsstatus ändere?“, fragte Kenma ohne vom Bildschirm hochzusehen. Er verharrte mit dem Daumen in der Position in der er die Änderung noch nicht bestätigte, eingegeben war sie.
In einer Beziehung mit Tetsuro Kuroo
Kuroo grinste, Kenma hatte ihn eiskalt erwischt, denn tatsächlich glaubte er, der Kleinere würde einfach sein Spiel weiterspielen. Er gab ihm keine Antwort, sondern legte stattdessen seine Hand auf Kenmas und führte seinen Daumen zu der Bestätigung.
„Mein Freund“, flüsterte er. Kenmas Wangen liefen rot an, aber er nickte. „Mein Freund“, sagte dann auch er und sah wieder zu Kuroo. Dieser drohte zu schmelzen, denn noch nie hatte ein Blick so sehr gesagt: „Halt mich! Küss mich! Liebe mich!“
Chapter 29: Truth or Dare
Chapter Text
"Warst du schon einmal verliebt?", fragte Tsukishima.
Sie waren zu zweit zurück in die Herberge gegangen, noch zu einer Zeit, wo die anderen den Weihnachtsmarkt genossen. Später kommen und früher gehen, das war genau nach seinem Geschmack.
Nur knapp bemerkte er beim Gehen, dass Yamaguchi wohl mit dem Zuspieler der Shiratorizawa ins Gespräch gekommen war. Warum sollte sich der Brünette nicht auch etwas vergnügen?
Tendou hatte ihm noch wenige Minuten zuvor ins Ohr geflüstert, Wahrheit oder Pflicht spielen zu wollen, so lange, bis sie einander langweilig wurden und genau das taten sie nun.
Tsukishima wollte gerade wissen, ob der Rotschopf schon einmal verliebt war, so richtig und bekam zu seiner Überraschung ein trockenes "Ja" zurück. Der machte ihn ja immer neugieriger. Er wollte wissen in wen, doch Tendou winkte ab: "Nur eine Frage"
Kurz waltete Stille zwischen ihnen. Nun gut, dann würde Tsukishima wohl auf die nächste Runde warten müssen.
Der Blonde spielte die sichere Karte und blieb bei Wahrheit.
Tendou schmunzelte.
"Wovor hast du Angst?", fragte er. Seine Frage war klar auf das Spiel und Tsukishimas Ausweichen der Pflicht-Option gedeutet, allerdings ging er in seiner Frage nicht eindeutig darauf ein. Und dennoch, auch wenn Tsukishima seine Antwort allgemein halten wollte, so dass Tendou nichts damit anfangen konnte, so stockte er. Er überlegte, sah dem Anderen dabei direkt in die Augen, dass sich sein Herzschlag etwas beschleunigte.
"Etwas falsch zu machen, vermutlich", gab er zu und tatsächlich einen wunden Punkt von sich preis. Tendou schmunzelte etwas.
"Sag beim nächsten Mal einfach Pflicht, dann sag ich dir schon, was du machen kannst", sagte er und grinste dabei breit.
Tsukishima verdrehte die Augen. Der Rotschopf schaffte es doch auch wirklich immer wieder, ihn aus der Reserve zu locken.
Vielleicht würde er wirklich Pflicht nehmen. Doch erst wollte er wissen, in welche Art von Mensch Tendou wohl verliebt war.
"Pflicht", sagte Tendou. Damit hatte Tsukishima nicht gerechnet. Nun ja, eigentlich hätte er das müssen. Tendou war nicht der Typ, der lange die Wahrheitskarte spielte. Er musterte den Rothaarigen, sah an ihm herunter. So wie sie da saßen – auf dem Boden, mit verschränkten und angezogenen Beinen.
Seine Augen stoppten in Tendous Schoß, wo er seine Hände ruhen hatte.
„Nimm die Bandagen ab, bis Weihnachten, zumindest die von den Fingern, die nicht frisch gebrochen sind“, sagte Tsukishima und grinste. Tendou lachte kurz auf.
„Wenn du deine Möglichkeiten so verspielen willst“, sagte er und wickelte den weißen Stoff von seinen Fingern, schnell und unordentlich, dass Tsukishima ihm das schon fast abnehmen wollte, so sehr ärgerte ihn das chaotische Knäuel, doch er ließ es sein. Er wollte nicht, dass Tendou mehr darin deutete, als es zu sein hatte.
Ein weiteres Mal kamen die lädierten Finger des genialen Mittelblocker zum Vorschein. Der Mittelfinger schien wirklich frisch gebrochen zu sein, das geschah beim heutigen Spiel gegen Aoba Johsai und wurde wohl nach dem Spiel entsprechend verarztet.
„Den Gebrochenen kannst du doch verbunden lassen, der muss doch heilen“, wandte Tsukishima ein, doch Tendou zuckte nur mit den Schultern.
„Ich werde ihn ruhig halten, bei was auch immer wir noch vorhaben“; sagte er und zwinkerte dem Blonden zu. Kalt erwischt. Tsukishima fragte sich direkt, ob der Rothaarige denn wirklich immer einen solch derben Blick aufsetzen musste und das bei auch wirklich allem, was dieser tat.
Aber er war nun an der Reihe und er wollte kein Feigling sein.
"Pflicht", wählte er deswegen, auch wenn er bereits ahnte, was kommen würde, eigentlich hätte er es gleich tun und sich zu Tendou lehnen können.
"Küss mich!", war die erwartete Aufgabe, dennoch schüttelte Tsukishima ungläubig den Kopf. War er wirklich so einfältig? "Wo?", wollte er wissen und Tendou lehnte sich mit einem lasziven Grinsen zurück.
"Wo immer du willst", sagte er herausfordernd und schloss die Augen. Davor bedachte er noch, so viel von seinem Körper in Reichweite zu haben, dass Tsukishima sich wagen konnte, was er wollte.
Wo er die Lippen des Blonden dann aber spürte, überraschte ihn etwas.
Zuvor hatte er noch den Atem des anderen am Hals gespürt ehe er genau dort einen sanften Kuss vernahm. Tendou legte Tsukishima die Hand auf den Hinterkopf, während dieser sich vorsichtig an der dünnen Haut festsaugte. Ein Keuchen des Älteren später und Tsukishima löste sich wieder von ihm ab.
"Wahrheit", sagte Tendou und rechnete damit, dass der Blonde auf das Thema von vorhin zurückkommen würde. Doch es kam anders. Tiefer.
"Was bin ich für dich?", fragte Tsukishima. Seine Augen wirkten verunsichert, was Tendou aber nicht daran hinderten, ehrlich zu antworten.
"Eine Ablenkung" und das war die Wahrheit. Die pure Wahrheit, die Tsukishima trotz seiner Vermutungen etwas den Boden unter sich wegriss. Er stockte. Eigentlich wollte er einen blöden Kommentar abgeben, aber er schwieg.
"Ich bin doch auch nur eine Ablenkung für dich, sei nicht so, wir können trotzdem unseren Spaß haben", traf Tendou genau ins Schwarze, dass Tsukishima etwas beleidigt zur Seite sah. Tendou war wahrlich eine willkommene Ablenkung, schon damals, als er ihn das erste Mal küsste. Aber irgendwie hoffte er doch, dass da… mehr war? Immerhin hatte er ihn vollkommen aus der Bahn geworfen, war so direkt und überrumpelte ihn mit dieser direkten Art und Weise. Er schätzte es zwar sehr, wenn Leute ihm geradeaus sagten, was Sache war, aber noch nie war er in einer solchen Situation. Und irgendwie, ja irgendwie fühlte er sich ausgenutzt. Dann sah er Tendou wieder an. Tat er nicht genau dasselbe mit ihm? Ihn ausnutzen? Weil er sich mit den anderen Fragen und Unklarheiten in seinem Kopf nicht auseinandersetzen wollte?
Wäre Tendou nicht so verflucht verlockend.
„Pflicht“, traute er sich noch einmal. Tendou Grinste wieder breit.
„Schlaf mit mir“, sagte er und Tsukishimas Herz machte einen großen Sprung, der Hals wurde ihm Trocken, die Spucke blieb ihm weg. Sofort dachte er an Kuroo und was er ihm zu dem Rotschopf gesagt hatte. Tsukishima starrte Tendou an, doch dieser verzog keine Miene, sah ihn so wahnsinnig wie eh und je an, wartete ab, fuhr ihm sogar mit der Hand über den Arm, was eine Gänsehaut auslöste. Er zitterte für einen kurzen Moment. Sollte er wirklich durch so ein dummes Spiel seine Unschuld verlieren? Er schluckte und lehnte sich nach vorne.
„Ok“, hauchte er und zog Tendou in einen Kuss, der sehr schnell sehr innig und sehr leidenschaftlich wurde.
Tendou zog den Jüngeren näher an sich, legte ihm eine Hand an den Nacken und achtete dabei penibelst auf seinen gebrochenen Finger. Die andere Hand platzierte er zielsicher am Knie des Blonden
Tsukishima keuchte überrascht auf, als er spürte, wie sich sein Gegenüber über ihn lehnte und ihn etwas nach unten drückte.
Forsch wanderte Tendous Hand Tsukishimas Bein hoch aber stoppte dann als er die unerfahrenen Berührungen an seiner Hüfte spürte. Ein dumpfes Raunen entkam ihm, während er sich genau auf die Finger seines Gegenübers konzentrierte, die am Bund seines Shirts herumnestelten, ehe sie es ihm zögerlich etwas nach oben zogen.
„Du hast gewonnen“, hauchte Tendou in Tsukishimas Ohr, leckte darüber und bäumte sich dann wieder über ihm auf. Er sah ihn von oben herab an, funkelte angriffslustig, lächelte dann aber das erste Mal richtig mild.
„Du bist noch nicht so weit“, sagte er, nahm aber dennoch die Hand des Blonden und schob sie unter sein Shirt, an dem er bis eben noch unbeholfen rumgefummelt hatte.
„Probier‘ dich gerne etwas aus, aber wir werden nicht miteinander schlafen, zumindest nicht heute“, erklärte er die Geste.
„Du bist der Teufel“, erwiderte Tsukishima, wanderte mit der Hand über Tendous definierten Oberkörper, schlank und top in Form, weiter über das Schlüsselbein zum Hals, wo er ihn am Nacken wieder zu sich runter zog um ihn zu küssen.
Er wusste nicht, was ihn dazu trieb, aber diesen Kerl so zu küssen war genau das, wonach er sich das ganze Wochenende sehnte. Es war keine innige Beziehung, nach dem ihm war, auch kein One-Night-Stand, selbst wenn er sich wohl gerade dazu hätte überreden lassen.
Hätte er später gezögert?
Er wusste es nicht und deswegen war er dem Anderen sehr dankbar für seine Nachsicht, wenn auch gleich sie vollkommen unerwartet kam. Ein weiterer Grund, sich irgendwie gut zu fühlen.
„Bist du immer noch verliebt?“ – „Jep, aber das tut nichts zur Sache“
Chapter 30: Somebody to you
Chapter Text
„Und dann schnappt mich Asahi und wush schönster Kuss in meinem Leben und ich zieh ihn wämm ganz nah zu mir runter und lass ihn nicht mehr los und wir knutschen so voll heiß herum, ich kann gar nicht richtig sehen, weil man den Atem sehen kann und es ist so kalt und uns ist so heiß und ich kann gar nicht aufhören, ihn anzustarren und er ist einfach so toll“, erzählte Nishinoya den ersten Kuss zwischen ihm und Asahi lautstark dem ganzen Bus nach. Asahi war bereits bei den Blicken der anderen knallrot angelaufen und rutschte nun im Sitz neben Nishinoya immer tiefer hinunter, dass ihn der kleine Libero direkt überragte.
Er schämte sich nicht dafür, dass die beiden nun wohl eindeutig ein Paar waren, ganz und gar nicht, aber, dass der Kleinere so mit diesen intimen innigen Details um sich warf, war ihm unheimlich unangenehm.
„Und dann hat er mich noch einmal geküsst, noch heißer, so richtig mit Zunge und mir ist richtig schwindelig geworden und-“, doch dann stoppte Asahi ihn schließlich.
„Noya bitte!“, flehte er ihn an, kniff die Augen zusammen und drückte die Hand des Liberos fest mit seiner. Nishinoya verstummte und sah zu seinem Freund hinüber.
„Hab ich was falsch erzählt?“, wollte er wissen. Asahi schüttelte wild den Kopf.
„Nein, kein bisschen, aber… meinst du nicht, dass wir das unter uns lassen sollten?“, fragte er ihn und versuchte den neugierigen Blicken der Anderen auszuweichen, die bereits protestierten.
„Schämst du dich denn meinetwegen?“, fragte Nishinoya mit einer Unschuldsmiene, die dem Hünen fast den Rest gab. Er warf den Kopf in den Nacken und schlug sich die Hände ins Gesicht.
„Niemals, ich schäme mich nicht deinetwegen, aber das ist total intim und ich… ich will das nur mit dir teilen“, sagte er, wagte es aber nicht, die Hände aus dem Gesicht zu nehmen. Nishinoya grinste.
„Du bist so süß, Asahi“, sagte er und lehnte sich zu ihm hinüber.
„Ich behalt ab jetzt für mich, was du mit mir anstellst“, versprach er ihm leise, allerdings laut genug, dass die anderen es durchaus verstanden und die Pfiffe und Whoooos nur so auf Asahi hereinprasselten.
„Ich danke dir“, flüsterte er etwas sarkastisch, ließ sich aber durch einen Kuss besänftigen. Himmel, war ihm das unangenehm, dass ihn seine Teamkameraden in solch einer schwachen verliebten Situation beobachten konnten.
„Wie war es eigentlich bei dir und Shimizu?“, wollte Nishinoya aufgeregt von Tanaka wissen, doch dieser schüttelte – zwar mit geschwellter Brust – den Kopf und sagte: „Ein Gentleman genießt und schweigt.“
Ganz hinten saßen Tsukishima und Yamaguchi auf den beiden linken Sitzen der letzten Reihe. Tsukishima verdrehte die Augen und setzte sich anschließend seine altbewährten Kopfhörer auf. Er lehnte den Kopf ans Fenster und sah hinaus so lange bis ihm die Lider zu fielen.
Yamaguchi beobachtete verträumt, wie problemlos es für das Ass und den Libero zu sein schien, einerseits ihre Gefühle einander zu gestehen und andererseits diese auch auszuleben. Auch wenn er Asahi gut verstehen konnte, dass es ihm unangenehm war.
Langsam sah er hinüber zu Tsukishima, der gerade wegzudösen schien und seufzte.
Er hatte einfach nicht den Mut dazu, außerdem war da dieser idiotische Rotschopf, der ihm sowieso alle Chancen zu Nichte zu machen schien.
Da konnte er nicht mithalten, Yamaguchi hatte nicht einmal ein Viertel des Selbstvertrauen, das Tendou an den Tag legte. Da half auch Oikawas Zureden nicht. Oikawa konnte und wollte er in solch einer Situation einfach nicht vertrauen, auch wenn es eigentlich von Iwaizumi kam. Das Ass meinte, erkannt zu haben, dass Yamaguchi eine Chance bei Tsukishima hatte. Er konnte das nicht glauben
Sehnsüchtig sah er zu seinem Sitznachbarn. Die Anderen waren sowieso mit Nishinoya und Asahi beschäftigt.
Tsukishima sah so friedlich aus, dass Yamaguchi sich fragte, welche Musik er gerade hörte. Vielleicht etwas, das ihm der Mittelblocker von Shiratorizawa gezeigt hatte? Einen Lieblingssong? Vielleicht sogar einen Film Soundtrack?
Irgendwann rutschte Tsukishimas Hand von seinem Schoß auf den Sitz und sein Kopf ein kleines Stückchen nach vorne. Nun war er tatsächlich eingeschlafen. Yamaguchi lächelte sanft und sah dann zu der losen Hand zwischen ihnen. Für einen Augenblick zuckte er selbst mit seiner Hand hin, ließ es aber sein. Stattdessen drückte er sich die Finger in den Oberschenkel und ermahnte sich ein weiteres Mal, derlei Avancen am besten erst gar nicht in Gedanken durchzuspielen.
Es dauerte nicht lange, da hatte auch Yamaguchi die Augen geschlossen, döste aber nicht weg, sondern gab sich seinen Tagträumen hin. In seinen Gedanken griff er hinüber zu Tsukishimas Hand, umschloss seine Finger mit seinen und lehnte sich an den Größeren.
Wieder fragte er sich, wie er wohl ein bisschen wie Tendou sein könnte, zumindest für Tsukishima, ein bisschen verrucht und sich nicht zu schade, den ersten Schritt zu gehen, vermutlich ging Tendou all die Schritte – bei dem Gedanken schreckte Yamaguchi hoch.
Sofort sah er zu Tsukishima, doch der schien nichts gemerkt zu haben, er dämmerte weiter friedlich vor sich hin. Der Blick wanderte wieder nach unten zu der losen Hand. Da war er wieder, der Impuls, diesmal ging ihm Yamaguchi nach.
Etwas zögerlich dennoch nahm er Tsukishimas Hand. Fühlte, wie ein angenehmer Schauer durch seinen ganzen Körper jagte und spürte, dass das tatsächlich das war, was er sich wünschte. Etwas verträumt streichelte er über die Hand des Blonden und biss sich auf die Unterlippe.
Dass er ihn gestern auf dem Adventmarkt so vertieft ins Gespräch mit diesem Rotschopf gesehen hatte, stimmte ihn traurig und trauriger wurde er, als er daran dachte, wie die Beiden nach kürzester Zeit wieder gegangen waren und vor allem Tendou ein so schmutziges Grinsen auf den Lippen hatte, nachdem er Tsukishima etwas ins Ohr geflüstert hatte, was diesem die Schamesröte ins Gesicht getrieben hatte.
Als Yamaguchi zurück in die Herberge kam und sich nach der Abendhygiene in den Gemeinschaftsschlafraum begab, war Tsukishima noch nicht da gewesen, er war auch nicht da, als er wenige Stunden später mitten in der Nacht aufwachte. Was er gemacht hatte, ahnte Yamaguchi nicht. Irgendwann – der neue Tag war schon angebrochen, aber noch lange nicht gestartet – merkte er dann, wie sich der Blonde in den Schlafraum schlich. Niemand außer ihm schien es zu merken und er stellte sich schlafend.
Ruckartig riss Yamaguchi seine Hand wieder zu sich, als der Bus plötzlich bremste und Tsukishima durch den Ruck wachgerüttelt wurde.
"Das war knapp", dachte der Brünette bei sich und sah bedröppelt zur Seite.
"Was ist los?", fragte Tsukishima und schob sich die Kopfhörer an den Ohren. Yamaguchi sah hochrot zu ihm hinüber.
"Ich liebe dich! Das ist los!", schrie er ihn in Gedanken an, wagte es aber nicht, es tatsächlich zu tun.
"Nur Wahnsinnige unterwegs zu dieser Zeit", fluchte Coach Ukai und ein Blick nach vorne verriet Tsukishima auch schon, dass eigentlich alles schon wieder vorbei war. Es hatte den Anschein, sie wurden geschnitten. Der Blonde schüttelte genervt den Kopf, schob die Kopfhörer wieder über die Ohren, schloss die Augen und lehnte sich wieder zurück.
"Ich liebe dich, Tsukki", flüsterte Yamaguchi so leise, dass ihn niemand hören konnte. Er ließ den Kopf hängen und sah traurig vor sich auf die Rückseite des Sitzes seines Vordermanns, Tanaka, der in ein angeregtes Gespräch mich Nishinoya vertieft schien, ganz zu Asahis Missgunsten, denn der versteckte sich hinter seinen flachen Händen.
"Oh guckt mal, ich kann die Schule schon sehen, wir sind gleich da!", rief Hinata und alle sahen zu den Fenstern hinaus. Alle bis auf Tsukishima und Yamaguchi, denn der Blonde schlief und Yamaguchi sah diesem dabei zu.
"Tsukki? Wir sind da", sagte Yamaguchi wenig später und rüttelte sanft an seiner Schulter. Angesprochener streifte die Kopfhörer wieder runter, sah nach draußen und machte, wie auch die anderen, Anstalten aufzustehen und zu gehen.
Der Bus war schnell geräumt, jeder hatte seine Tasche und machte sich auf den Weg nach Hause. So gingen auch Yamaguchi und Tsukishima ihren Weg.
"Frohe Weihnachten, Tadashi", sagte Tsukishima und hob zum Gruß noch seine Hand ehe er zur Tür ging.
"Frohe Weihnachten, Tsukki", sagte auch Yamaguchi und sah dem Größeren traurig nach. Vielleicht nächstes Jahr, vielleicht fasste er nächstes Jahr den Mut, ihm endlich zu sagen, wie er für ihn empfand.
Vielleicht.
Chapter 31: Forgett
Summary:
1. Zwischenstand mit einem kleinen Resümee von Yamaguchi
Chapter Text
Das war also mal wieder Weihnachten. Der ganze Zauber ist vorbei. Wochenlange Vorbereitungen sind nun in ihrem Finale aufgegangen und heute, heute gibt es noch ein paar Nachwehen, morgen vielleicht auch noch und das wars dann mit dem Fest der Liebe. Man sieht aufs neue Jahr voraus.
All der Zauber ist dahin.
Nur etwas Magie bleibt und das ist das Funkeln in seinen Augen, wenn ich ihn ansehen darf und sich die Sterne darin wiederspiegeln.
Die Sterne… die sogar am Tag darin funkeln, weil ich sie hineininterpretiere, weil mein Herz höher schlägt, wenn ich ihn ansehe und in seiner Nähe bin. Aber das bleibt mir jetzt verwehrt.
Zumindest bis die Schule wieder weitergeht. Dann kann ich wieder bei ihm sein. Ich will mich in den Ferien nicht aufdrängen. Nicht nach diesem Wochenende.
Das Fest der Liebe habe ich mit meiner Familie verbracht. Keine Frage, ein schönes Fest, aber er fehlte einfach.
Tsukki fehlt immer, wenn er nicht da ist…
Jetzt sitze ich in meinem Zimmer und wische auf meinem Smartphone durch die Fotogalerie. Hinata und die Anderen und auch ich, wir alle haben immer mal wieder Fotos von unserem Ausflug und dem freundschaftlichen Weihnachtsturnier gemacht und wir haben sie ausgetauscht.
Bei einem Foto bleibe ich hängen. Im Vordergrund bin ich zu sehen, aber ich sehe nicht direkt in die Kamera, ich sehe dran vorbei. Semi hat es mir geschickt, es war vom Weihnachtsmarkt. Ich weiß noch genau, was ich gesehen habe und das erklärt den traurigen Blick. Ich habs eigentlich an dem Abend schon gewusst und beschlossen.
Es ist an der Zeit, das Ganze zu vergessen.
Allein der Gedanke, dass Tsukki mit diesem Tendou gegangen ist. Er war ganz rot im Gesicht und Tendou… er hatte ein so schmutziges Grinsen im Gesicht. Ich will mir gar nicht ausmalen, was die beiden getrieben haben in der Zeit, wo sie weg waren, wo sie wohl ganz allein und unter sich waren.
Warme Tränen laufen an meinen Wangen hinunter. Na toll. Ich heule schon wieder. Wie uncool… Tsukki würde nur über mich lachen. Ich beiße mir auf die Unterlippe, will das unterdrücken, aber es geht nicht. Ich fange an, richtig erbärmlich zu schluchzen. Warum bin ich so schwach? Warum muss ich mich auch verlieben? In meinen besten Freund?
Keine Ahnung, wie lange ich nun geweint habe. Irgendwann war es vorbei und ich blättere die Bilder weiter. Semi und ich haben auch ein Selfie gemacht. Er ist wirklich nett und er hat mir auch Mut zugesprochen. Er meinte, dass Tendou es nicht ernst meinen würde, das macht mich eigentlich noch trauriger.
Wenn schon, dann hätte ich gewollt, dass Tsukki glücklich wird.
Ich würde ihn so gerne fragen, was passiert ist, wie er und Tendou nun zueinander stehen.
Ob es eine einmalige Sache war und ob ich…
ob ich vielleicht doch
irgendwie
irgendwann
eine Chance hätte?
Aber ich habe Angst. Angst, dass ich niemals auch nur eine Option für ihn sein werde.
Chapter 32: Forgett
Summary:
Ca ein Jahr später.
Yamaguchis PoV
Chapter Text
Ob es eine einmalige Sache war und ob ich…
ob ich vielleicht doch
irgendwie
irgendwann
eine Chance hätte?
Aber ich habe Angst. Angst, dass ich niemals auch nur eine Option für ihn sein werde.
Diese blöden Gedanken haben mich nun fast ein ganzes verdammtes Jahr heimgesucht. Ich hab mich in dieser Zeit im Volleyball so viel gesteigert, nicht zuletzt wegen Tsukki, aber was meine Situation bei ihm angeht, hat sich rein gar nichts geändert. Ich watschle immer noch neben ihm her, rede ihm nach dem Mund, aber verschweige meine Gefühle.
Wie sollte ich es auch anders handhaben? Er hat jetzt einen Freund, einen festen Freund, eine ganz schöne Weile sogar schon, scheint echt ernst zu sein. Beim Training gabs deswegen sogar richtig Stress. Sie haben gesagt, Tsukki wäre ein Verräter, weil er sich mit dem Feind zusammengetan hat.
Ich musste mich einfach einmischen, ich musste ihnen sagen, dass das absolut keinen Sinn macht, weil wir seinem Freund in einem offiziellen Spiel nie wieder gegenüberstehen werden. Aber aber aber, man kennt das ja. Tsukki hat sich wunderbar rausgeredet und irgendwann war es dann egal. Vermutlich mit dem Wechsel des Schuljahres. So genau ist mir das nicht aufgefallen, weil ich zu investiert in ihre Beziehung war und nicht darin, wie sie im Team ankommt.
Mit dem neuen Schuljahr hat sich echt einiges geändert. Daichi, Sugawara und Asahi sind nicht mehr da – für Nishinoya war das der Untergang, dieses Drama hat wohl all die Aufmerksamkeit von Tsukki und seinem Freund umgelenkt. Wir haben echt viel Zeit damit verbracht, Nishinoya zu trösten, denn Asahi geht seit dem nicht einfach nur nicht mehr auf die Karasuo und ist damit kein Teil des Teams mehr, nein, er ist auch umgezogen, nach Tokyo, um zu studieren.
Nishinoya hat sogar angefangen, Coach Ukai im Sakanoshita Market auszuhelfen um sich Geld für Zugtickets zu verdienen. Irgendwie finde ich es bemerkenswert, wie die beiden es schaffen, aber vermutlich ist es ganz einfach, wenn man sich liebt und bemüht. Auf der anderen Seite macht es mir nur deutlich, dass es total verfangen ist, sich in jemand Älteres zu verlieben. Zumindest solange man noch zur Schule geht und studiert und lernt oder eine Ausbildung macht.
Tsukki und dieser Tendou verbringen meistens die Wochenende miteinander, nicht einmal alle, Tsukki macht das nichts aus, ihn wenig zu sehen, denn er verbringt auch mal Zeit nur mit mir. Manchmal bin ich dabei, wenn Tendou hier ist, aber es ist mir immer unangenehm, ich schätze auch, es ist ihm aufgefallen. Er ist und bleibt das Guess Monster, aber er spürt wohl auch, dass er in mir keinen ernst zu nehmenden Konkurrenten sehen muss, denn er hat Tsukki nie etwas gesagt. Zumindest glaube ich das, weil Tsukki sich mir gegenüber nicht anders verhält als sonst. Vielleicht ist der verrückte Kerl doch kein so schlechter Mensch.
Ja Mann, er ist kein schlechter Mensch. Er ist absolut in Ordnung und bringt Tsukki sogar zum Lachen! Nicht auf diese schadenfrohe Weise, wie er sonst lacht, sondern ehrlich, herzhaft und voller… Liebe. Es tut weh, ihn so zu sehen und nicht dafür verantwortlich zu sein.
Aber weil ich Tsukki ansehen kann, dass er glücklich ist, lasse ich es zu.
Chapter 33: Alle Jahre wieder
Chapter Text
In der ganzen Präfektur war bereits Weihnachtsstimmung aufgekommen. Der Winter war eingebrochen und die Jungs der Karasuno High mussten sich warm anziehen. Nicht nur im Hinblick auf das Wetter.
Der Vorentscheid für das anstehende Frühlingsturnier wurde zwar mit neuem Kapitän – Chikara Ennoshita – bravourös bestanden, aber wie hieß es gleich? “Nach dem Vorentscheid ist vor dem Turnier“ und das bedeutete, dass das Training von da an noch härter wurde und sie sich noch tiefer reinknien mussten, sogar im ganz übertragenem Sinne. Ohne Daichi als Festung im Hintergrund, musste diese Rolle nun jemand anderes übernehmen, vermutlich sogar zwei. Hinata hatte die Annahmen im letzten Jahr auf eine so bemerkenswerte Weise ausgebaut, aber dieser war als ihr Lockvogel und Wunsch-Ass anders einzusetzen.
Asahis Platz nahm seit dem neuen Schuljahr Tanaka ein. “Das Ass ohne Haare“, nannte man ihn bei den anderen Schulen und auch, wenn es dem Drittklässler anfangs nicht gefiel, trug er diesen Namen schließlich mit Stolz.
Yamaguchi nahm sich zum Ende der ersten Klasse schon vor, endlich einen Stammplatz im Team zu bekommen. Welch bessere Motivation konnte er also haben um Annahmen zu trainieren? Gemeinsam mit Kinoshita begann er sich also auf eben diese Dinge zu konzentrieren: Annahmen und Aufschläge.
„Wir dürfen unsere Geheimwaffen nicht vergessen! Yamaguchis und Kinoshitas Aufschläge!“, rief Coach Ukai immer wieder in den Trainingseinheiten. In den Spielen Team A gegen Team B hatten sie stets Yamaguchi in einem Team und Kinoshita im Anderen um auch die Annahmen eben dieser immer stärker werdenden Sprungflatteraufschläge zu üben.
Yamaguchi freute sich jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn Nishinoya auf der anderen Seite zu Boden ging und den Ball haarscharf verfehlte. Auch der neue Libero in Ausbildung scheiterte pfleglich. Weiters waren es die Triumphe, die er feiern konnte, wenn er auch endlich einmal an einen der Aufschläge des anderen Pinch Servers ran kam, die auch sein Selbstbewusstsein in die Höhe trieben.
Abseits des Spielfeldes war davon aber dann nicht mehr lange was zu sehen. Nach dem Training, nach den Spielen trottete Yamaguchi langsam aber sicher immer in seine altbewehrte Rolle zurück: Tsukishimas Anhang. Denn unter der Woche verlief ihre gemeinsame Zeit unverändert zu früher. Sie gingen gemeinsam nach Hause, machten zusammen Hausaufgaben und hingen auch am Pausenhof wie üblich miteinander ab.
So gingen sie auch stets gemeinsam zum Training, wie an diesem Tag, als Yamaguchi gemeinsam mit dem blonden Brillenträger frisch umgekleidet die Halle betrat und einen Anblick zu sehen bekam, der schon länger nicht mehr da war.
„Nicht doch, ist es schon wieder soweit?“, kam es stänkernd von Tsukishima. Seine Augen verdrehten sich dabei, dass man gar nicht ahnen würde, dass dieser blonde Skeptiker selbst einen Freund hatte und dieses wundervolle Gefühl der Liebe in sich beherbergte und empfand.
„Kiyooookoooo“ – „Asaaaahiiiiii“
So hallten die weinerlichen Stimmen von Tanaka und Nishinoya durch den weiten Raum, schallten an den hohen Wänden ab und knallten ihnen regelrecht wieder in den Nacken, nur um in ihren bereits knieenden und zu Boden geneigten Haltungen noch weiter nach unten zu sinken.
„Sie vermissen die beiden eben“, sagte Yamaguchi und lächelte seinen besten Freund liebevoll an. „Kannst du es ihnen denn verübeln?“, fragte er noch, bekam aber nur einen Zischlaut als Antwort.
Besser wurde es auch wenig später nicht, als ihre amtierende Managerin hinzukam und sich ähnlich wehmütig auf den Boden warf und um all jenen zu trauern, die sie – ihre Worte – viel zu früh verlassen hatten, auch Sugawara und Sawamura.
Nicht weit von ihnen waren Hinata und Kageyama bereits drauf und dran, ihre Angriffe zu üben, was weder Yamaguchi noch Tsukishima groß überraschte. Auf der anderen Seite des Netzes bemühten sich dafür Kinoshita und der Nachwuchslibero um die Annahmen des Powerduos.
„Ihr benehmt euch, als wäre jemand gestorben“, knurrte Tsukishima und richtete sich seine Sportbrille.
„Es löst wirklich Brechreiz bei mir aus, dass ich das sagen muss, aber nehmt euch doch ein Beispiel an dem König und seinem Hofnarren“, warf er weiter ein. Yamaguchi konnte ihm regelrecht ansehen, wie schwer es ihm fiel, diese Worte über die Lippen zu bringen. Dass er augenblicklich lachte.
„Tsukki, willst du etwa sagen, das die beiden vorbildlich sind?“, fragte er seinen besten Freund, doch dieser warf ihm mit einem genervten Blick ein tadelndes „Yamaguchi!“, entgegen.
„Sorry, Tsukki“, sagte der Brünette wie eh und je und begann sich zu dehnen.
Sein Blick fiel dabei immer wieder auf die drei Trauergäste. Es kam schon lange nicht mehr vor, dass sie so niedergeschlagen wegen den Austritten der Ehemaligen waren.
„Es ist Weihnachten!“, machte Nishinoya seiner Trauer Platz und Tanaka nickte rasch. „Kiyoko war immer so hübsch zu Weihnachten“, klagte dieser der Tatsache, Shimizu nicht sehen zu können. Auch Yachi nickte. Dann erhob Nishinoya wieder das Wort.
„Und Jesus-Asahi… wir werden ihn dieses Jahr nicht erleben und bewundern dürfen“, wurde er dabei noch viel dramatischer, dass sich die beiden Burschen flennend in die Arme fielen.
„Jungs… Jungs! Wir müssen das anders sehen“, versuchte Yachi dann doch die Situation zu retten, doch bevor sie ihre aufmunternden Worte anbringen konnte, kam Coach Ukai herein und klatschte einmal fest in die Hände, dass es nur so durch die Halle schallte.
„Benehmt euch! Herr Takeda hat Neuigkeiten für euch!“, rief er das gesamte Team zusammen. Die Jungs stellten sich brav auf, wenngleich nicht alle besonders aufrecht und respektvoll. Nishinoya und Tanaka waren immer noch geknickt.
Herr Takeda kam dann auch schon, etwas aufgeregt, hereingestolpert, mit seinen Fingern umklammerte er sein Klemmbrett und strahlte das gesamte Team an. Als er die beiden Trauerweiden sah, verfiel seine freudige Miene aber sofort.
„Hey, Jungs, was ist passiert? Ist jemand gestorben?“, fragte er aufgebracht und Nishinoya brachte nur ein verheultes: „Asaaaaahiiiii~“ heraus, dass es dem Lehrer wie durch einen Blitz getroffen durchzog.
„WAS?! Was ist passiert?!“, wollte er panisch wissen und sah durch die versammelte Runde. Tanaka und Yachi nickten betroffen und Ukai schlug sich heftig die Hand ins Gesicht.
„Niemand ist gestorben! Azumane geht’s gut, er ist nur in Tokio“, sagte er und Takeda sah ihn etwas verwundert an. „Aber das ist er ja schon das ganze Schuljahr“, erwiderte er etwas perplex.
„Tja, anscheinend wird der Verlust zu Weihnachten gerade wieder neu aufgerollt“, schlussfolgerte Ukai, aber bat den Schwarzhaarigen umgehend darum, die Nachrichten zu verkünden, die dieser hatte. Vielleicht – ja sehr wahrscheinlich sogar – würde dies die Gemüter erhellen. Alle.
2. Weihnachtliches Freundschaftsturnier
Karasuno High
Johzenji High
Fukurodani Academy
Date Tech High
In Tokyo
“TOKYO?? Da ist Asahi!!” - “Und Kiyoko!!”
Chapter 34: Lovebirds
Chapter Text
„Oh, da werdet ihr so viel Spaß haben! Soll ich zum Anfeuern kommen?“, kicherte Tendou und wälzte sich mit der neuesten Ausgabe der Jump in Tsukishimas Bett während dieser mit seinem besten Freund am Boden saß und an einem Schulprojekt arbeitete. Großes Plakatpapier war vor ihnen ausgebreitet mit Bildern, gut sortierten Überschriften, Jahreszahlen und Verbindungslinien.
„Ich hab gesagt, du darfst hier sein, wenn du leise bist, bis wir fertig sind“, sagte Tsukishima sehr bestimmt zu seinem Freund. Das Thema mit dem Weihnachtsturnier war bereits beim Eintreffen des ehemaligen Schülers der Shiratorizawa angesprochen worden und nach einer kurzen Reaktion – dem Schwelgen in Erinnerungen, wie toll es letztes Jahr nicht war – wurde dem Älteren direkt der Mund verboten, dass Yamaguchi sogar zusammenzuckte. Die Beziehung zwischen seinem geheimen Schwarm und dem Rotschopf war schon etwas ganz Eigenes. Aber es schien für sie beide gut zu klappen. Auch wirkte es so, als hätte Tsukishima Tendou gut im Griff.
„Wir sind doch ohnehin gleich fertig“, sagte Yamaguchi mit einem sanften Lächeln. Es war ihm immer etwas unangenehm, wenn er die beiden gemeinsam erlebte, aber mit der Zeit wurde es doch irgendwie besser. Die Akzeptanz, dass sein bester Freund nun vergeben war, bald ein Jahr, war schon da, er war aber trotzdem mit einem Pärchen zusammen, alleine und fühlte sich immer wie ein Störfaktor. Dazu kam natürlich noch der Schmerz.
„Ich hab nein gesagt!“, wandte sich der Blonde nun auch etwas harscher an Yamaguchi. „Sorry, Tuskki“, sagte dieser und bemühte sich, die letzten Klebaufgaben auf ihren Plakat über die Französische Revolution zu erledigen.
„Ihr hättet wirklich mein Altes haben können, das steht mit all dem anderen Kram immer noch bei uns im Keller rum“, flötete Tendou und landete in seinen Bewegungen schließlich so, dass er am Rücken quer übers Bett lag, die Beine hatte er an der Wand abgestützt und sein Kopf hing am Bettrand zwischen Tsukishima und Yamaguchi hinunter geneigt. Seine Augen huschten rasch zwischen beiden hin und her und wieder zurück.
„Was du mir über Napoleon erzählt hast, lässt mich ahnen, dass man dein Plakat lieber in der Ruhmeshalle für Vollidioten ausstellen sollte“, sagte Tsukishima, setzte noch ein paar geordnete Striche und Farbakzente und dann konnten sie auch schon wegpacken.
Tendou streckte die Zunge raus und stellte sich gespielt beleidigt. Yamaguchi glaubte ihm sofort während Tsukishima ihm anwies, sich nicht so anzustellen, er würde von ihm keine Sonderbehandlung bekommen, nur weil sie zusammen waren.
„Oh, ich bekomm schon ganz andere Sonderbehandlungen von dir, da musst du nicht auch noch nett zu mir sein“, setzte der Rotschopf Bilder in Yamaguchis Kopf frei, die er dort nie haben wollte. Ein kurzer Ausruf des Entsetzens kam ihm über die Lippen und er ließ vor Schreck sogar die Stifte fallen, die er eben noch aufgesammelt hatte um sie wegzulegen.
„Reiß dich zusammen, Yamaguchi, und du pass auf, was du vor anderen sagst“, ermahnte Tsukishima beide.
„Sorry, Tsukki“, kam es ihm im Gleichklang entgegen, dass sie fast schon stolz betrachtet wurden, dann nahm er Yamaguchi den erbärmlich zusammengehaltenen Rest an Stiften ab, stellte sie in seinen Stifteköcher und sorgte auch sonst rasch für Ordnung.
Wenig später saßen sie alle drei mehr oder weniger entspannt in Tsukishimas Zimmer und tranken Limonade.
Yamaguchi saß auf dem Schreibtischsessel seines besten Freundes, trank aus seinem Glas und beobachtete mit immer röter werdenden Wangen, wie sich Tsukishima schließlich zu Tendou aufs Bett setzte, ihm mit seinem gewohnten Befehlston sagte, wie dieser sich zu setzen hatte und dann seine Hand nahm. Für einen Augenblick sahen die beiden wie ein ganz normales Pärchen aus. Wenn man nicht gewusst hätte, wer Tendou war und wie Tsukishima mit ihm umging.
Nun ja, wenn sie sich nicht gerade beobachtet fühlten oder wirklich abgelenkt waren, da konnte man sogar liebevolle Gesten beobachten, die allerdings sofort wieder durch ihr Gerede an Wirkung verloren.
„Also, Tsukki-chan, wi-“, weiter kam der Ältere aber nicht, da erreichte ihn bereits Tsukishimas Todesblick gefolgt der mahnenden Worte, diese Anrede sein zu lassen. Er mochte das auch nicht, wenn sie unter sich waren. Auch Yamaguchi mochte das nicht, aber das sagte er nicht.
„‘Kay, Kei“, sagte er und Angesprochener seufzte. Er hasste es eindeutig noch mehr, wenn sein Freund diesen Gag brachte. Der war so billig und wurde dazu auch noch viel zu oft verwendet.
„Also, darf ich dich nun anfeuern kommen?“, fragte er und Tsukishima verneinte sofort.
„Ist dir das peinlich?“, fragte Tendou weiter und auch das wurde verneint.
„Magst du mich nicht mehr?“ – „Blödsinn“ – „Ha! Du willst nur nicht, dass mich jemand wegschnappt“ – „Als würde das einer wollen“ – das Gezanke ging dann erst richtig los.
Während sich Tendou in allen Facetten seiner emotionalen Fähigkeiten präsentierte, blieb Tsukishima ruhig, antwortete trocken und eher genervt – meistens verneinend.
„Ich… ich glaube, ich sollte gehen, muss meinen Text noch üben und im Haushalt helfen“, sagte Yamaguchi und erhob sich schnell. Irgendwann kam es eben immer an den Punkt, wo die beiden sich so hochschaukelten, dass es für ihn unerträglich wurde. Denn obwohl sie sich ärgerten und manchmal sogar ziemlich gemeine Dinge zueinander sagten – vor allem Tsukishima – spürte er, dass sich zwischen ihnen eine ganz andere Spannung aufbaute, die ihn jedes Mal zum Flüchten zwang. Schnell trank er also seine Limonade aus, stellte das leere Glas auf dem Tisch ab und ging zur Zimmertür.
„Auf Wiedersehen, Tendou-san“, sagte er und nahm die Klinke in die Hand um zu gehen. Als er ihnen dabei den Rücken zuwandte, hörte er nur kurz das zarte Geräusch von Lippen, die für eine sanfte Geste aufeinandertrafen. Ja, er hatte das akzeptiert, aber es machte ihn dennoch unsagbar traurig, wenn er dann so etwas mitbekam.
„Bis baaa~aaald“, sang Tendou, Tsukishima stand auf um Yamaguchi nach draußen zu begleiten.
„Mach nichts kaputt“, warnte er beim Verlassen des Zimmers seinen Freund, der sofort verteidigend die Hände hoch hob – er würde nie etwas anstellen oder kaputt machen.
Tsukishima schnaubte, aber wandte sich mit einem im Ansatz sanften Lächeln um.
„Ihr seid schon ein ganz besonderes Paar“, sagte Yamaguchi mit gesenktem Kopf, aber mühte sich, für Tsukishima eines freundlichen Ausdrucks im Gesicht.
„Er ist einfach ein Idiot“, konterte der Blonde und nahm Yamaguchi beim Schuhwechsel die Hausschuhe ab um sie in das Regal zu stellen. „Aber du magst ihn“, hakte dieser nach. Ein Seufzen erklang.
„Sehr sogar“
Chapter 35: Freckles-chan
Chapter Text
Yamaguchi war am Wochenende vor dem kleinen Weihnachtsturnier mit seinen Eltern zum Weihnachtsmarkt auf der Sendai Burg gefahren und sah sich gerade bei den Glücksbringern um, weil er gerne einen für Tsukishima erstanden hätte. Der Blonde machte sich zwar nichts aus solchen Dingen, aber für Yamaguchi hatte es eine tiefere Bedeutung.
„Na? Suchst du was Süßes für deine Freundin?“, drang hinter ihm eine unangenehm bekannte Stimme an seine Ohren. Yamaguchi hatte ja fest damit gerechnet, hier auf jemanden von der Aoba Johsai zu treffen, aber diese Stimme gehörte wem Anderen.
Mit einem schnellen Ruck stand der Brünette ganz gerade da, erstarrt zur Salzsäule.
„Ich… ich… ich hab keine Freundin“, stotterte er heraus, er wagte es gar nicht, sich umzudrehen. Diese Stimme ließ ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen. Warum musste ausgerechnet er jetzt auf ihn treffen? Alleine? Na gut, es gab wohl einige, auf die er alleine nie treffen wollte.
„Nicht? Das ist aber schade“, sagte der Überraschungsgast und trat einen Schritt in Yamaguchis Sichtfeld. Die blondgefärbten Haare sprangen sofort in die Augen, auch wenn man nicht direkt hinsah und vertrieben das letzte bisschen Hoffnung, dass er sich doch vertan hatte, dass er vielleicht gar nicht angesprochen wurde und vielleicht nur in ein Fettnäpfchen getreten war, verschwand sofort.
Die Augen seines neuen Gegenübers suchten sofort den Blickkontakt, ließen aber erahnen, dass er etwas im Schilde führte, oder waren das einfach die Vorurteile, die Yamaguchi Terushima gegenüber hegte? Er schluckte einmal stark.
„W…Warum schade? Das… hat doch gar nichts mit dir zu tun“, machte er ihn aufmerksam und Terushima lachte. „Wohl wahr“, mit diesen Worten wandte er sich ab, um selbst einen Blick auf die Glücksbringer zu werfen.
„Hast du denn einen Schönen gefunden, Freckles-chan?“, fragte er und ließ Yamaguchi die Schamesröte ins Gesicht steigen. Hatte er das gerade wirklich gesagt?
„F-Freckles? Chan?“, wiederholte er, doch Terushima reagierte gar nicht, stattdessen griff er nach einem Glücksbringer, den auch Yamaguchi vorhin eine Weile angesehen hatte, nicht aber, weil er dachte, dass er Tsukishima gefallen würde, sondern weil er ihn selbst hübsch fand.
„Oh, der ist schön“, sagte er etwas geistesabwesend. Die Mundwinkel des Blonden zuckten nach oben. Er schloss seinen Kauf ab, steckte den Glücksbringer in seine dicke rote Winterjacke und wandte sich wieder ganz Yamaguchi zu.
„Freust du dich denn auch schon auf das Freundschaftsturnier nächstes Wochenende?“, fragte er ihn aufgeregt, als wären sie zwei ganz normale Jungs, die ein ganz normales Gespräch führten. Nun ja, wäre das so falsch? Yamaguchi musterte den Kapitän der Johzenji und nickte zögerlich. „Ja, ja eigentlich schon“, sagte er eher schüchtern und zurückhaltend. Hätte er nicht im Hinterkopf, dass sich dieser Kerl letztes Jahr an Shimizu ranmachen wollte, wäre die Situation für ihn wohl nicht so eigenartig. Etwas bestimmt schon, weil Yamaguchi genau wusste, was für ein aufgedrehter Kerl da vor ihm stand. Er rechnete ja schon damit, dass jeden Moment etwas Unangenehmes und vor allem Lautes passierte, was die Aufmerksamkeit auf sie reißen würde. Das würde er nicht wollen. Yamaguchi wollte lieber unbemerkt mit seinen Eltern über diesen Markt gehen. Da fiel ihm ein:
„Oh… ich sollte meine Eltern suchen“, sagte er. So konnte er sich aus der Situation schummeln oder? Terushima wollte sicherlich nicht mit Erwachsenen gesehen werden, das war bestimmt uncool. Volltreffer. Der Störenfried wich direkt zurück, hob die Hände und erklärte, dass er sowieso noch verabredet war und war dann auch schon ganz schnell dahin. Was diese ganze Aktion wohl bedeuten mochte? Vermutlich, wie Yamaguchi den Älteren einschätzte: Rein gar nichts.
Aber konnte er sich überhaupt anmaßen, Terushima einzuschätzen? Irgendwie fühlte er sich ja schlecht für seine Vorurteile, nur weil der Kerl immer so aufgedreht war. Vermutlich war er ernsthaft an Shimizu interessiert und wusste einfach nicht, wie man mit Mädchen umging. Nun gut, Yamaguchi würde auch niemals von sich behaupten, dass er wusste, wie man mit Mädchen umging, er wusste nur, dass man ruhiger und netter sein sollte und nicht so direkt.
Es sei denn, es ging um Tanakas Schwester. Bei ihr würde Terushimas Art vielleicht sogar gut ankommen, doch diesen Gedanken teilte er lieber mit niemandem. Weder mit den Blonden, noch mit Tanaka und noch viel weniger mit dessen Schwester.
„Tadashi! Wo bleibst du denn? Wir wollen uns Punsch holen“, rief ihn plötzlich seine Mutter, dass ihm ein Stein vom Herzen fiel. Terushima war weg und seine Eltern hatte er auch nicht lange suchen müssen.
„Ich bin hier“, sagte er etwas lauter und entfernte sich vom Stand mit den Glücksbringern, ohne einen gekauft zu haben. Das Richtige war irgendwie nicht dabei. Für die Auswahl von Talismanen hatte er nämlich eine ganz besondere Vorgehensweise: Ansehen, perfekt finden, kaufen. Das passierte heute nicht. Zumindest nicht für ihn.
Kurz darauf stand er mit einem Kinderpunsch und seinen Eltern an einem kleinen Stehtisch und genoss das heiße Getränk. Es war schon richtig kalt geworden. Schnee blieb zwar bisweilen noch aus, aber der kalte Wind war schon allumgebend, dass er die Schultern anzog und somit seinen dicken Schal weiter nach oben schieben konnte. Seine Ohren waren durch seine Ohrenschoner geschützt, aber sein Gesicht war der Kälte voll und ganz ausgeliefert. Da musste der angenehme warme Dampf des Punsches herhalten.
„Wer war dein Freund vorhin?“, fragte sein Vater neugierig und Yamaguchi zuckte erschrocken hoch, dass er ein paar Spritzer von seinem Heißgetränk verschüttete. „Oh, ähm… er ist kein Freund, er geht auf eine andere Schule, wir… wir kennen uns vom Volleyball“, antwortete er seinem Vater und der nickte knapp bevor er sich kurz umsah.
„Das ist gut, Tadashi, der Bursche sieht schon ziemlich wild aus, wir wollen nicht, dass du dich mit so jemanden abgibst“, sagte sein alter Herr. Der Junge fühlte sich augenblicklich schlecht. „Natürlich nicht“, sagte er, aber hätte am liebsten protestiert und klargestellt, dass Terushima bestimmt ein guter Kerl war. Im Grunde teilten sie ja eine gemeinsame Leidenschaft, so verschieden konnten sie doch nicht sein oder? Außerdem wusste sein Vater nichts von ihm, er urteilte rein auf das Aussehen. Yamaguchi würde es aber niemals wagen, seinem Vater zu widersprechen, auch wenn er es unfair fand. Abgesehen davon wusste er selbst nicht viel über Terushima und lehnte ihn eher ab.
Ob er sich bei diesem für seinen Vater entschuldigen und sich bemühen sollte, ihn besser kennenzulernen? Lieber nicht. Das würde nur sein schlechtes Gewissen beruhigen und vermutlich wollte sich Terushima auch gar nicht mit ihm abgeben, er würde ihm im schlimmsten Fall auch noch vorwerfen, dass er ihn vor seinen Eltern nicht verteidigt hatte.
Er merkte dabei auch gar nicht, wie absurd seine Gedanken waren.
Chapter 36: Reise
Chapter Text
„Kommt schon. Kommt schon! KOMMT SCHON!“, trieb Coach Ukai seine Jungs zu früher Morgenstunde am Samstag des Weihnachtsturniers mit klatschenden Händen in den Bus.
Müdes Gähnen, zarte Proteste und das Geräusch von herumgezogenen Sporttaschen, die in den Laderaum des Busses geräumt wurden, folgten nach den starken Worten.
„Ich frage mich ja echt schon seit letztem Jahr, wie du nur so früh so wach sein kannst“, gab Herr Takeda seiner Verwunderung kund und gähnte dabei einmal herzhaft.
„Und ich sage Ihnen seit letztem Jahr, dass ich das durch den Laden gewohnt bin“, antwortete Ukai und wies das Team weiter ein. „Natürlich“, dachte Takeda bei sich, aber empfand Gewohnheit nicht als Begründung dafür zu einer solch unmenschlichen Uhrzeit so viel Energie zu haben. Er stand ja auch regelmäßig früh auf, aber er konnte mit dem Coach nicht mithalten.
„Kenma und Nekoma wünschen uns viel Spaß“, jubelte Hinata, der aufgeweckt auf seinem Handy herumtippte, ganz zu Kageyamas Missgunst, der dem Energiebündel aus Reflex an den Hals ging und ihn mit einem finsteren Blick anstierte.
„Kannst du. Bitte. Deine Klappe. Halten?“, knurrte Kageyama und versuchte es auch einmal mit Höflichkeit. Hinatas Augen weiteten sich während sein ganzer Körper erstarrte.
„W-W-Was hast du denn, Grumpy-Yama?“, konnte er es sich aber trotzdem nicht verkneifen, den Zuspieler zu ärgern, was beinahe in ein grobes Handgemenge geführt hätte, wäre Ennoshita nicht eingeschritten.
„Wir sind alle müde – okay, fast alle – aber der Großteil! Und ich würde euch beide bitten, diese Auseinandersetzung ein wenig später fortzuführen, lasst uns in Tokyo ankommen, dann könnt ihr aus dem Bus steigen und euch gegenseitig die Hälse umdrehen, die Haare ausreißen oder die Finger abbeißen, das ist mir dann egal, aber jetzt! Will ich! Meine verdammte! Ruhe! Haben!“, machte er den beiden deutlich und tätschelte ihnen gezwungen liebevoll die Schultern, dann stieg er in den Bus und ließ die Streithähne vollkommen eingeschüchtert zurück.
„Ihr seid echt lächerlich“, sagte Tsukishima im Vorbeigehen. Seine Sporttasche war mit einem gezielten Wurf im Laderaum gelandet, genauso wie die von Yamaguchi eher vorsichtig auf die Ladefläche gestellt wurde. Der Brünette gähnte ausgibit, aber übte sich ansonsten in Schweigen. Wenn das Duo sich so aufstachelte und es zu Ärger kam, gab er doch gerne einen Kommentar ab, aber nicht an diesem Morgen, es war zu früh und er sehnte sich bereits nach seinem Platz im Bus, wo er friedlich zur Seite kippen würde und mit dem Gesicht ans Fenster gedrückt wegdösen würde, während Tsukishima mit seiner Schlafmaske im einwandfrei geraden Sitz ein paar erholsame Momente aus der Busfahrt schlagen würde.
Wenn sie sich da nicht beide irrten, ebenso wie Ennoshita, der auf eine ruhige entspannte Busfahrt hoffte, denn im nächsten Moment wurde die frisch erlangte Stille schon wieder viel zu laut unterbrochen.
„Asahi~“ – „Kiyoko~“ - „Asahi~“ – „Kiyoko~“ - „Asahiiii~“ – „Kiyoooooko~“
Gut gelaunter Sing-Sang kam hinter dem Bus hervor, sowie Nishinoya und Tanaka im Galoppschritt auf die Gruppe zusprangen. Ennoshita fasste sich angestrengt an die Schläfen, massierte die Stellen und stieg zur Sicherheit des gesamten Teams schließlich in den Bus ein, wie auch Narita und Kinoshita es bereits getan hatten und auch zwei ihrer Neulinge. Der dritte und letzte Erstklässler stand noch draußen und sah sich neugierig zu dem Power-Duo um.
„Yaotome! Du wirst bald die beiden tollsten Menschen kennenlernen, die diese Welt je gesehen hat!“, schwärmte Tanaka und Nishinoya umarmte sich selbst um die Zuneigung, die er für Asahi empfand, auszudrücken.
„Zuerst wäre da Asahi, unser ehemaliges Volleyball-Ass und amtierendes und ewigwährendes Ass meines Herzens“, erklärte Nishinoya dem Erstklässler und Tanaka begann Herzen in die Luft zu zeichnen, sowie lobpreisende Handgesten zu machen.
„Und dann ist da das tollste Mädchen, die wundervollste Managerin, die Allerschönste! Kyoko, die sogar eine Ablehnung wunderschön aussprechen kann und es fühlt sich gu~t an“, stellte er seine Traumfrau in Beschreibung vor und der Nachwuchslibero nickte beiden eifrig zu. Natürlich freute er sich schon sehr, diese beiden Legenden kennenzulernen. Es war nicht das erste Mal, dass die zwei von ihnen schwärmten. Das ganze Team hatte ja schon gut über sie gesprochen, genauso wie über Sawamura und Sugawara, doch ob er die beiden auch sehen würde, wusste der Junior nicht.
Nachdem die Taschen mit den beiden letzten nun endlich alle verstaut waren, komplimentierte Ukai die restlichen Spieler in den Bus und setzte sich selbst schwungvoll hinters Steuer um die Fahrt in die Hauptstadt zu beschreiten.
Als wäre es das unausgesprochene Stichwort gewesen, wurde es endlich leise, als der Motor gestartet wurde und sich der Bus in Bewegung setzte. Einzelne Schüler, wie Hinata und Yaotome, saßen zwar weiterhin aufgeweckt auf ihren Plätzen und wippten nervös und aufgeregt auf und ab, doch die anderen waren fast alle weggedämmert. Ennoshita blätterte mit Yachi ein paar neue Strategienotizen durch, die sie probieren wollten. Der Kapitän wollte vor allem den neuen Libero als eben diesen einsetzen und Nishinoya als regulären Spieler verwenden um die Verteidigung zu stärken. In einem offiziellen Spiel wäre das bestimmt fatal, da eignete sich dieses kleine Turnier umso besser, mal was Verrücktes auszuprobieren. Wenn es nicht klappte, konnten sie es als gescheiterten Versuch ad acta legen und vergessen.
„Wenn du kotzen musst, mach es nicht in Tanakas Schoß“, sagte Hinata gerade zu Yaotome, der in seiner Aufregung sehr an Hinatas erste lange Busfahrt erinnerte. Das war natürlich sofort etwas, das Ennoshitas Alarmglocken läuten ließ. Der Drittklässler sah umgehend mit einem tadelnden Blick zurück.
„Yaotome, wenn du kotzen musst, sag es uns bitte rechtzeitig und Coach Ukai fährt rechts ran, in Ordnung?“, bat er den Jüngeren, der wieder eifrig nickte und beteuerte, dass er sich nicht übergeben musste und dass er nur aufgeregt war.
„Niemand kotzt mir in den Bus, verstanden?“, machte es dann aber auch Ukai noch deutlich, dass sowohl Yaotome als auch Hinata zusammenschreckten und zustimmend nicken.
„Ja, Sir, niemand kotzt hier“, versicherte Hinata und spürte, dass ihn allein der Druck, nicht zu kotzen, überforderte.
Wenig später stand der Bus bereits am Straßengraben und Tanaka beschwerte sich lautstark darüber, dass er immer das Opfer sein musste.
„Boke hats auch noch geschafft, dass mich Yaotome erwischt hat“, schimpfte Kageyama, der Tanaka ähnlich auf der Seite stand und seine angekotzte Hose durch seine zweite Jogginghose tauschte und die schmutzige in eine Plastiktüte tat.
„Ich kann nichts für meinen nervösen Magen“, quängelte Hinata während der Erklässler gerade eine zweite Ladung in den Straßengraben losließ. „Ich kanns einfach nicht sehen, wenn Andere kotzen“, japste der Jüngere verzweifelt nach Luft. Takeda gab den beiden Wasserflaschen und bat sie kopfschüttelnd, nicht zu viel zu trinken, weil das durchaus nach hinten losgehen konnte.
„Ich hätte echt gedacht, nach über einem Jahr wärst du endlich bereit, Bus zu fahren“, war Tsukishimas Kommentar, als die Verunglückten wieder in den Bus siegen. Angesprochen hatte er damit natürlich Hinata, der dem Blonden frech die Zunge rausstreckte.
Die Fahrt konnte aber endlich weitergehen.
Chapter 37: Für dich
Chapter Text
Das Quartier wurde bezogen, die Herberge, sowie die angrenzende Sporthalle begutachtet und der ganze Zinnober um die ungemütliche Busfahrt war vergessen. Beinahe zumindest.
Während sich der Großteil der Jungs ordentlich zusammenpackte und sich für das erste Spiel an diesem Nachmittag aufmachte, verschlug es Hinata, wie es für ihn üblich war, zu den Toiletten. Zwar hatte er dieses Mal den Erstklässler Yaotome dabei, aber das unangenehme Gefühl, dass er hier auf einen einschüchternden Zeitgenossen treffen würde, war allgegenwärtig.
„Was ist los, Shoyo-kun?“, fragte Yaotome als er beobachtete wie Hinata zögerlich zu der Klinke griff. Grade wollte er selbst voranschreiten und die Tür öffnen, doch da bewahrheitete sich auch schon das ungute Gefühl des Älteren.
„Hab gehört, ihr habt den ganzen Bus voll gereiert. Jetzt ist auch klar, warum es hier so nach Niederlage stinkt“, waren die Worte, die Hinata hochschrecken ließen, wusste er es doch! Er sah, wie auch Yaotome, sofort zum Urheber und musste den Kopf anheben um in Futakuchis selbstgefällig grinsendes Gesicht zu sehen.
„Das ist was ganz Normales, dass einem schlecht wird beim Busfahren! Haben total viele Leute“, verteidigte sich Hinata, der Jüngere blieb stumm neben ihm stehen. Futakuchis Erscheinung war durchaus eine einschüchternde und die beiden waren je ein gutes Stück kleiner als der Drittklässler.
„Das Einzige, was hier nach Niederlage stinkt, bist du!“, drang Tanakas dominante Stimme an den beiden Kotzwütigen vorbei und schaffte genau, was sie geplant hatte. Sie hetzte Futakuchi auf, der aber umgehend inne hielt, als die Hand des großen nahezu stummen Mittelblockers der Date Tech auf seiner Schulter landete. Futakuchi duckte sich und sah überrascht zurück zu seinem Teamkollegen.
„Aone!“, frohlockte Hinata und auch der Hüne legte einen sanften Blick auf um seiner Freude Platz zu machen. Er nickte.
„Lasst uns doch am Spielfeld rausfinden, wo dieser Geruch herkommt, was sagt ihr?“, warf Ennoshita ein. Er tauchte gerade hinter Tanaka auf und deutete seinem Team, weiterzugehen in die Richtung wo Coach Ukai auf sie wartete und ihnen die Umkleidekabinen zeigen wollte.
„Was für ein Geruch? War einer scheißen?“, fragte Kageyama, der nun auch hinter Ennoshita ankam. Er kassierte sofort einen tadelnden Blick des orangehaarigen Wirbelwindes.
„Du bist immer so vulgär, Kageyama!“, beschwerte sich dieser und hätte sich umgehend in ein Wortgefecht mit Kageyama geworfen, doch auch dieses wusste der Kapitän zu unterbrechen und scheuchte alle weiter.
„Ich weiß wirklich nicht, wie Sawamura-san das geschafft hat und noch keine grauen Haare hat… ich spür meine ja jetzt schon wachsen“, seufzte der Drittklässler, als sie sich in der Umkleidekabine endlich umzogen.
„Daichi hatte Sugawara und Asahi, du hast uns“, sagte Narita und deutete dabei motiviert auf sich und Kinoshita, der gerade den Kopf durch sein Trikot steckte. „Genau, wir sind deine Unterstützung!“, stimmte er sogleich zu.
Währenddessen wirbelte Tanaka nur ein paar Schritte weiter sein schwarzes Alltagsleibchen über dem Kopf im Kreis und schleuderte es mit ordentlich Karacho in den Spind und Nishinoya präsentierte sein neuestes Kunststück: „Rooooolling Trikot-an Thunder!“, rief er als er sich mit nacktem Oberkörper durch den Raum rollte und durch seinen Trick mit dem Trikot angezogen wieder aufsprang.
„Wooooow!“, gab es sofort Beifall von Hinata und den Erstklässlern, auch Tanaka jubelte, doch Ennoshita seufzte.
„Ihr dürft euch gerne gleich einsetzen und unserem Donnergott erklären, dass er sein Trikot verkehrt herum anhat“, sagte er zu seiner selbsternannten Unterstützung und ging als Erster aus der Umkleide hinaus aufs Spielfeld.
Es dauerte nicht lange, da folgte ihm auch das restliche Team. Die Trikots waren dabei alle richtig herum angezogen. Draußen wartete schon das gegnerische Team, bereit für blöde Sprüche, anmaßende Kommentare und Herausforderungen, doch wurde noch aufgehalten.
„Yuu!“, rief es von der Tribüne hinunter und Adressierter blickte mit dem Ausdruck der absoluten Glückseligkeit nach oben zu Asahi, der tatsächlich direkt zum Anfeuern gekommen war und ein ziemlich cooles – bestimmt selbst designtes – Karasuno-Fanshirt trug. Neben ihm standen Shimada und Takinoue, nicht weniger motiviert.
„Oi… die haben sogar ‘nen Fanclub mit“, lachte sich Futakuchi ins Fäustchen, wurde aber sofort still gestellt, als urplötzlich der allseits bekannte Banner der Date Tech über das Gelände fiel und direkt dahinter Moniwa, Kamasaki und Sasaya auftauchten.
Die Miene des Kapitäns verdunkelte sich sofort.
„Go go Dateko, Let’s go”, riefen die drei Ehemaligen im klassischen Date Tech Gesang, dass Koganegawa sofort mit strahlendem Gesicht hoch sah zu den dreien und jubelnd die Hände hoch riss. So konnten sie doch nur gewinnen, nicht wahr? Futakuchi aber war anderer Meinung. Zumindest war er nicht erfreut darüber.
„Ihr Idioten kommt sogar jetzt noch? Und dann auch noch nach Tokio? Zu einem Freundschaftsturnier? Ihr habt sie doch nicht mehr alle!“, rief er bissig hoch, aber Moniwa winkte ab.
„Wir waren ganz zufällig in der Gegend“, war seine Antwort, die ihm der Brünette aber einfach nicht abnahm. Ganz zufällig, natürlich… Alle drei… genau!
„Asahi! Ich spiel dieses Spiel nur für dich!“, rief Nishinoya, dass sich das ehemalige Ass verlegen an die Wangen griff, aber nach einem genaueren Blick bemerkte, dass sein Freund ein ganz normales Jersey an hatte und nicht das übliche herausstechende Liberotrikot, stattdessen stand ein anderer junger Mann auf dem Spielfeld und erinnerte Asahi in dessen unsicheren Haltung sofort an sich selbst. Was war denn da bitte los?
Nishinoya sah die Verwunderung natürlich sofort, würde dies aber sicher nicht auf die Entfernung klären. Asahi sollte selbst sehen, welche coolen Moves sie geplant hatten. Lange musste man darauf auch nicht warten, da wurden die Seiten nach einem kurzen Aufwärmen zugeteilt, der erste Aufschlag getätigt und der Ball wurde von einem Spieler zum nächsten gepasst.
Yamaguchi stand noch außerhalb des Feldes, er war nicht Teil der Startaufstellung, aber er wusste, er würde bald zum Zug kommen. Erst einmal mussten ein paar Punkte gemacht werden, dann konnte er die eiserne Mauer mit seinen Aufschlägen durcheinander bringen.
Yaotome machte sich in seiner Position als Libero gar nicht schlecht. Nachdem der Jüngste am Feld seine anfängliche Nervosität angebracht hatte, sorgte er gemeinsam mit Nishinoya dafür, dass hinten einfach nichts zu Boden ging.
„Spitze, Jungs!“, rief Coach Ukai ein und klatsche anerkennend. Diese Kombination war vielleicht wirklich nicht schlecht. Blieb nur abzuwarten, wie es dem Erstklässler ging, wenn sie länger spielten. Und ob Nishinoya damit auch einverstanden war. Doch der schien – zumindest im Moment – kein Problem damit zu haben.
Asahi sah von der Tribüne aus gespannt zu. Was Karasuno da experimentierte, fand er äußerst interessant. Ihm war auch direkt aufgefallen, dass Tanaka aktuell die Rolle des Asses einnahm und dieser Bezeichnung wirklich alle Ehre machte. Der Drittklässler hatte sich in den letzten Monaten wirklich sehr gemausert und verlor sogar etwas von seiner übermäßigen Energie, oder – so war Asahi überzeugt – bündelte diese nun im perfekten Einklang mit seiner Kraft in Angriffen.
Was dem ehemaligen Ass dann aber am meisten die Luft nahm, war der nächste Move.
„Kageyama, das ist meiner!“, rief Nishinoya als der Ball von diesem angenommen wurde und der eigentliche Libero mit einem Zunder Anlauf nahm und mit dem Zuspieler einen Schnellangriff der Superlative hinlegte.
Asahi klappte der Mund auf, seine Hände sanken langsam hinunter und er würde später versichern: Sein Herz stoppte für den Augenblick.
„Mein erster Punkt ist für Asahi!“, rief Nishinoya als der Ball auf der Spielfeldseite von Date Tech auf den Boden knallte und den Satz Ball für Karasuno entschied. Der Drittklässler drehte sich sofort zur Tribüne, hielt in cooler Pose einen Daumen hoch und löste in Asahi nach seiner Realisierung die lautesten Jubelrufe aus, die dieser je getätigt hatte. Karasunos Team lief dabei jubelnd auf den kleinen Kerl zu, der Date Tech vollkommen auf dem falschen Fuß erwischt hatte.
24 : 20 für Karasuno.
Chapter 38: Hey Princess
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Der zweite Satz begann mit Futakuchi, der sich den Ball zum Aufschlag vorbereitete. Er drehte das Leder mit den grünen und roten Highlights zwischen seinen Fingern, setzte bereits an und wäre da nicht diese unaushaltbare Unterbrechung von den billigen Plätzen, wäre es gleich losgegangen.
„Yo! Futakuchi, wenn du den reinmachst, knutsch ich Kaname!“, rief Kamasaki von der Tribüne hinunter, dass der ehemalige Kapitän schockiert zusammenzuckte. „Du machst bitte was?!“, fragte dieser seinen Kumpel mit geweiteten Augen.
Futakuchi schüttelte auf seiner Aufschlagsposition den Kopf. Das war doch wirklich ein Idiot. Eigentlich sollte er ihn absichtlich daneben schlagen um ihm den Gefallen nicht zu tun.
Am Spielfeld ging ein Gemurmel los und Yamaguchi ertappte sich selbst dabei, dass er kicherte.
Er musste direkt an letztes Jahr denken, als bei diesem Weihnachtsturnier auch schon so viel Romantik in der Luft lag. Dabei fand er es richtig süß, dass dieser junge Mann auf der Tribüne wohl gerade um das Herz des anderen warb. Oder so.
„Weißt du was?“, fragte Moniwa seinen Kumpel und wandte sich dann wieder zum Spielfeld: „Hau ihn nur rein, das will ich sehen“, rief er und sah Kamasaki danach herausfordernd an. Er stemmte seine Hände in die Hüften und wartete darauf, dass das Unausweichliche passierte. Beide hatten für den Moment ein Pokerface auf.
„Für die Liebe!“, rief Nishinoya neckend, aber auch Tanaka und Hinata waren Feuer und Flamme, dass Yamaguchi nun befürchtete, dass die Jungs den Ball absichtlich herschenken würden. Das war sogar etwas, das Futakuchi ahnte, also machte er es sich einfach. Seine Mundwinkel zuckten frech nach oben, er drehte den Ball noch einmal zwischen seinen Fingern, warf ihn hoch und…
„Netzball!“, rief Koganegawa und drehte sich enttäuscht mit einem Stampfen zu seinem Kapitän um. „Hast du denn keinen Sinn für Romantik?“, fragte er und Angesprochener sah ihn mit einem Blick an, der jegliche Widerworte ersparte. Natürlich hatte er keinen Sinn für Romantik, wollte er auch nicht. Koganegawa drehte sich seufzend wieder um.
Der Ball wurde von Aone mit einem Brustpass gen Boden auf die andere Seite befördert, wo Yamaguchi endlich seinen großen Einsatz hatte.
Wäre er nicht sofort zusammengezuckt, weil von den Rängen plötzlich diese ungut bekannte Stimme mit einem motivierten „Go! Freckles-chan“ ertönte, hätte der Pinch Server zu den Ehemaligen der Date Tech geschaut und hätte dort erkannt, dass Moniwa Kamasaki die Zunge rausstreckte und sich eiskalt wieder dem Spiel widmete. Aber unter dieser ungeahnten Überraschung wagte er es erst gar nicht, wo anders hinzusehen als auf seinen Fixpunkt, den er sich am Basketballkorb auf der Vis-a-vis-Seite gesetzt hatte.
„Was für ein Idiot“, blaffte Tsukishima laut von der Ersatzbank aus und verdrehte die Augen, die er gleich noch einmal mehr verdrehte, als sich sein bester Freund mit seinem „Sorry, Tsukki“, dafür entschuldigte. Da konnte er doch nichts für… oder? Tsukishima musterte Yamaguchi, doch dieser sah ihn gar nicht an, denn der Pfiff für den Aufschlag ertönte.
„Meiner!“, rief Futakuchi und lief dem Ball auch schon zielstrebig entgegen, aber musste mit Entsetzen feststellen, dass er direkt vor seiner Nase die Bahn änderte und neben ihm wie auch neben Sakunami, der im letzten Moment gesehen hatte, dass der Ball abfälschte, auf dem Boden aufkam.
„Das war knapp“, zischte der Libero, der sich die Hand abschüttelte, weil er wohl doch noch dran war, aber eben nicht gut genug. Futakuchi schüttelte den Kopf. „Schon gut, das sind zwei Punkte, mehr bekommen sie nicht“, sagte dieser und hob den Ball hoch um ihn wieder zu Karasuno zu spielen.
Der Ball erreichte Yamaguchi wieder und dieser wagte nun doch einen Blick zur Tribüne, wo etwas abseits von Asahi, der gespannt auf den nächsten Aufschlag war, auch noch Terushima erkannte, wie er ihm den Daumen hoch hielt. Was wollte dieser Trottel damit bezwecken? Wollte er ihn so aus dem Konzept bringen, dass er den Ball versemmelte? Rechnete er damit, dass Johzenji gegen Fukurodani gewann und wollte er dann gegen Date Tech spielen? War der feindliche Kapitän so durchfuchst?
„Yamaguchi!“, rief ihn Coach Ukai aus seinen Gedanken zurück. Schnell fasste er wieder Konzentration und legte einen weiteren tadellosen Sprungflatteraufschlag hin. Dabei zog sich sofort ein Lächeln über seine Lippen.
Der Ball wurde zwar angenommen, aber sehr unsauber, dass der Date Tech kein guter Angriff gelang und der schnell gesetzte schräge Aufsteiger von Kageyama und Hinata auf der entgegengesetzten Seite die eiserne Mauer durchbrach.
„Jawohl!“, schrie Tanaka, aber maß Kageyama dann direkt mit einem ernsten Blick. „Du darfst sowas auch gerne mit dem amtierenden Ass machen“, sagte er und bekam von dem Zuspieler ein ruhiges zustimmendes Nicken gefolgt von einem knappen „Ja“. Kageyama, aus ihm würde er wohl nie schlau werden. Aber das musste er auch nicht, die Kommunikation mit ihm war so zumindest einfach. Mit Hinata war das anders, der seinen eigenen Angriff gerade wieder mit Worten wie „Wumms“ und „Padong“ beschrieb. Das wiederum verstand Kageyama und was wohl das Wichtigste war, wie auch Ennoshita fand, der den rückkehrenden Ball zu Yamaguchi weiterleitete.
„Mach noch ein paar solche und wir haben einen schönen Vorsprung“, sagte er und als hätte er es damit verwunschen, kam Sakunami diesmal perfekt unter den Ball und konnte ihn Koganegawa weiterspielen, der für Futakuchi ein Bilderbuchzuspiel aufbereiten konnte.
Punkt für Date Tech. Karasuno führte weiterhin.
Yamaguchi ärgerte sich natürlich, wurde aber von seinem Kapitän direkt aufgemuntert: „Du zeigst jetzt einfach, wie gut deine Annahmen geworden sind.“
Daraufhin nickte er und wollte sich wirklich beweisen. Er hatte die letzten Wochen so hart daran gearbeitet, dass er schon ganz heiß darauf war, auch endlich zu überraschen, so wie Hinata damals beim Frühlingsturnier. Das wäre toll.
Den weiteren Satz über, wurde immer wieder von den Rängen gejubelt, sei es Asahi, die anderen beiden Teams oder die drei Anhänger von Date Tech, aber auch die Ersatzspieler taten ihren Beitrag.
Mit den Annahmen erging es Yamaguchi in den folgenden Spielminuten gar nicht so schlecht, aber es war, sowie er vorne ans Netz kam, Zeit, Tsukishima wieder einwechseln zu lassen.
„Gut gemacht, Yamaguchi“, sagte ihm sein bester Freund beim Wechsel, dass der Stolz ihn nur so übermannte. „Danke, Tsukki“, freute er sich mit weiten glasigen Augen und sah ihm nach, wie er das Feld betrat. Nun durfte er wieder die Spitzenblocks seines heimlichen Schwarms beobachten.
Kinoshita bekam dann auch seine Chance, seine Aufschläge zu demonstrieren, als es für Hinata an der Zeit gewesen wäre, doch es half nichts. Die eiserne Mauer hatte sich nach dem ersten Satz vollkommen neu formatiert und streckte immer mehr Angriffe von Karasuno nieder.
21 : 24 für Date Tech
Chapter 39: Bloody Hell
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In der kurzen Pause zwischen den beiden Sätzen, hatte Tsukishima Yamaguchi darauf angesprochen, warum ihn der Kapitän der Johzenji vorhin angefeuert hatte.
„Du hast dich doch nicht mit dem Affen angefreundet, oder?“ kam auch direkt hinter ihm der Tadel von Tanaka.
Yamaguchis Hände schnellten verteidigend nach oben und er schüttelte schnell verneinend den Kopf.
„Nein, nein! Bestimmt nicht. Er ist mir nur über den Weg gelaufen, als ich mit meinen Eltern am Adventmarkt auf der Burg Sendai war“, versuchte er die Situation zu entschärfen, doch es schien nicht besser zu werden. Tsukishima sah ihn skeptisch an und Tanaka fragte ihn, warum er dort ausgerechnet auf ihn getroffen war und nicht auf jemanden von der Aoba Johsei, da stöhnte der blonde Mittelblöcker genervt.
„Er hat es sich ja wohl nicht ausgemacht, wer ihn da überrascht“, warf dieser ein, sah aber trotzdem prüfend zu seinem besten Freund. Als würde er nachhacken, reagierte Yamaguchi sogar empört.
„Aber ich bitte doch! Ich mach mir doch mit so einem nichts aus!“, seine Stimme überschlug sich dabei etwas und seine Augen huschten für einen Moment hoch zur Tribüne. Terushima war nicht zu sehen, zum Glück. Dessen blödes Grinsen hätte ihm jetzt gerade noch gefehlt.
„Ich glaube, er will uns verwirren“, sagte Kageyama plötzlich ganz trocken von der Seite. Er setzte gerade von seiner Trinkflasche ab und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund.
„Oh, der König erahnt einen feindlichen Angriff?“, lachte Tsukishima auf seine sarkastische Weise und wollte sich, nachdem sie aufgefordert wurden, sich auf ihre Startpositionen zu stellen, genau dorthin begeben, doch Kageyama hinderte ihn daran, indem er ihn am Trikot packte. „Wen nennst du hier König? Ich dachte, diesen Kinderkram hätten wir hinter uns“, keifte ihn dieser an, doch Tsukishima grinste nur herausfordernd. „Dich, wen sonst, Eure Hoheit, hab ich Euch verärgert?“, fragte er und ehe Kageyama weiter ausholen konnte – egal ob mit Worten oder Händen – stemmte sich Hinata dazwischen. Er drückte beide seine Handflächen je eine auf Kageyamas, die andere auf Tsukishimas Bauch und schob sie auseinander.
„Kommt, wir nutzen diese Energie und machen damit Dateko fertig!“, jubelte er und sprang schließlich auf seine Position. Die beiden Streithähne trugen ihren Zwist zwar noch mit ein paar Blicken fort, aber taten es dann auch den anderen gleich.
Aufschlag Karasuno. Kageyama.
Der dritte und letzte Satz verlangte beiden Teams wahnsinnig viel ab. Denn obwohl es ‘nur‘ ein Freundschaftsturnier war, nahmen es die Jungs sehr ernst, wie immer. Alle.
Beinahe umgehend wurden verlorene Punkte aufgeholt, es wurde verzweifelt nach Bällen gefischt und Hinata und Tanaka hätten schwören können, die eiserne Mauer wurde mit dem weiteren Spielverlauf immer undurchdringbarer. Hatten sie sich das etwa aufgehoben?
„Nicht mit uns!“, rief Yaotome bevor er sich auf den Boden warf. Er gelang haarscharf unter den Ball, der umgehend zu Kageyama gespielt wurde. Der Zuspieler machte nur einen Schritt zurück, atmete einmal tief ein und Yaotome konnte von seiner Position die volle Pracht des Synchronangriffes bewundern.
Aus dieser Perspektive war das Ganze gleich noch viel beeindruckender und ließ ihn auch mitfiebern, wer den Ball wohl bekommen würde.
„Flying~ Thundeeeer!“, rief Nishinoya und holte zu seinem Überraschungsangriff aus. Die eiserne Mauer formierte sich genau vor ihm, sprang hoch und sah mit Entsetzen in das schelmisch grinsende Gesicht des ursprünglichen Liberos.
„Ätschi~“ rief dieser nachdem er ohne Ballkontakt wieder am Boden aufkam. Zeitgleich schmetterte Tanaka das Leder ins gegnerische Feld.
„Jawoooohl!“, brüllte das Ass los und knallte Kageyama nur so ein doppeltes Highfive entgegen, dass dieser danach ganz perplex auf seine pulsierenden Handflächen starrte.
„Hey, Tanaka! Wir gewinnen keine Punkte, wenn du dem Zuspieler die Hände abschlägst!“, mahnte Ennoshita. Tanaka fasste sich ertappt an den Kopf und entschuldigte sich aufrichtig bei Kageyama, der wiederum nur mit den Schultern zuckte. Das Spiel ging weiter. Yamaguchi wechselte für Tsukishimas Aufschlag ein.
„Du warst so toll, Tsukki“, lobte er seinen Schwarm, doch dieser reagierte kaum. Er machte doch nur, was man von ihm erwartete.
Auf der Tribüne ging für den Zweitklässler neues Gejubel los und Yamaguchi musste mit Entsetzen feststellen, dass diese nervige Stimme von Terushima wieder viel zu deutlich rauszuhören war. Am liebsten würde er ihm direkt die Leviten lesen, aber das schüchterte ihn bereits in Gedanken vollkommen ein, dass er schon wusste, dass er sicher nichts sagen würde. Am besten, er ignorierte es einfach. Irgendwie war es ja nett, dass ihn der andere Kapitän anfeuerte, auch wenn er nicht wusste, was dahinter steckte. Vermutlich einfach gar nichts, eine Laune, das sähe ihm ähnlich. Genau! Das musste es sein.
Mit diesem Gedanken fiel es dem Pinch Server auch gleich viel einfacher, sich zu sammeln und seinen Sprungflatteraufschlag und damit die nächsten erbarmungslosen Ballwechsel loszulösen.
„Toll Yamaguchi!“, rief Ennoshita, als er kurz darauf einen schwierigen Ball annahm. Yamaguchi lief auch direkt rot an im Gesicht vor Stolz und Rührung. Sein Kapitän verstand es wirklich, wie man ihn und eigentlich das gesamte Team aufbaute. Vielleicht sogar etwas zu sehr?
Denn Yamaguchi war für einen Moment so abgelenkt, dass und in seiner nächsten Bewegung erstarrte und er nun auch endlich an der Reihe war, seinen‘Face-Receive‘ zu machen. Der Ball traf ihn mit voller Wucht im Gesicht und landete darauf wild drehend im Netz.
Yamaguchi selbst stolperte zurück und knallte rückwärts auf den Boden. Seine Hand hob er dabei zittrig zögernd hoch um seine Nase zu ertasten, die just in diesem Moment die warme rote Flüssigkeit losließ, die kurz darauf verdächtig stark nach Eisen schmeckte.
„Oh mein Gott“, flüsterte er während sich langsam die Panik in ihm löste. Er blutete! Verdammt! Er blutete richtig stark!
„Ai… Yamaguchi“, kam es dann von Coach Ukai, die anderen Spieler eilten bereits zum Verletzten. Der Ball lag am Boden.
„Hey, du musst sofort zum Arzt“, sagte Tanaka und riss sich das Trikot vom Leib um es Yamaguchi für seine blutende Nase anzubieten.
„Oh Gott, nein danke“, sagte dieser aber und Ennoshita mahnte das Ass auch gleich, dass er sich gefälligst wieder anziehen sollte. Was war denn das für ein unorthodoxes Angebot?
Ukai winkte sofort Narita herbei, der sollte erst einmal für Yamaguchi einspringen und dieser wiederum wurde sofort von Yachi zur Krankenschwester abgeführt.
Das Blut lief dem Brünetten dabei nur so aus der Nase.
„Alles wird gut, Yama-guchi-kun“, fiepte die blonde Managerin und hielt ihm auch direkt ein Taschentuch hin, das dieser lieber annahm als das verschwitzte Trikot von Tanaka.
„Das wird schon wieder, er ist nicht der erste, der den Ball in die Fresse bekommen hat“, sagte Tsukishima zu den anderen, allerdings mehr, um sich selbst zu beruhigen. So harsch seine Worte auch waren, er sorgte sich um seinen besten Freund. Vor so etwas blieb Yamaguchi bis jetzt noch immer verschont.
Die Bluttropfen am Boden wurden weggewischt und das Spiel ging weiter. Narita unterstützte die Verteidigung und beim nächsten Wechsel war auch Tsukishima wieder fürs Blocken dabei.
Als wäre der Ausfall des Zweitklässlers ein Ansporn gewesen, noch einmal richtig loszulegen, boten sich beide Teams für die nächsten 7 Punkte ein wahres Kopf an Kopf Rennen:
Karasuno führt – Gleichstand – Date Tech führt – Gleichstand – Karasuno führt
Und irgendwann blieb es bei: Karasuno führt.
28 : 26 für Karasuno
Chapter 40: Tadashi
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„Hey, hey! Freckles-chan! Das war ‘ne astreine Annahme vorhin”, war da wieder diese unerwünschte Stimme mit diesen genauso unerwünschten Kosenamen. Was wollte der Kerl nur von Yamaguchi? Nun gut, er sagte es ja und er wollte ihn wohl eindeutig aufziehen. Wie peinlich! Dennoch: Was sollte das? Das fragte sich wohl auch Tsukishima, denn dieser teilte Terushima gerade mit, dass er auch einen richtigen Namen hatte.
„Tadashi oder?“, fragte der Kapitän und Tsukishima seufzte. „Yamaguchi“, besserte er ihn aus, doch Terushima hatte bereits entschieden, dass er ihn lieber beim Vornamen nennen würde.
„Tadashi oder Freckles-chan oder Aufschlagass oder bloody Mary oder-“, sagte er mit Schulterzucken und Yamaguchi ging dann doch dazwischen, als Tsukishima sich vor dem Punk aufbauen wollte.
„Es ist in Ordnung, Tadashi ist okay“, beruhigte er zuerst seinen Freund und wandte sich dann an Terushima, der mit einem breiten Grinsen nickte.
„Also, was ich sagen wollte, ich fand das richtig toll, wie du das weggesteckt hast“, sagte Terushima bewundernd, doch Yamaguchi dachte immer noch, er würde ihn nur aufziehen. Entsprechend sah er ihn auch an.
„Ich meine, ja, klar du hast volle Kanne geblutet, aber du hast nicht die Miene verzogen! Ich hätte voll losgebrüllt an deiner Stelle. Ich hätte zwar bestimmt nicht geflennt, aber hey, du bist da voll stumm gesessen und hast einfach nur geblutet, das war total cool“, kamen die unkonventionellen Worte des Lobes und der Verehrung über Terushimas Lippen. Tsukishima verdrehte die Augen. Der Andere war eindeutig am Weg zur Umkleide, aus der sie gerade kamen um nach der Dusche nun das anstehende Match anzusehen. Es war also eigentlich kein Wunder, dass sie sich nun über den Weg liefen, dennoch hätte der Mittelblocker gerne auf diese wenig geistreichen Gedankenergüsse verzichten können.
„Oh… ähm D-danke“, stotterte Yamaguchi und legte sich die Hand verlegen an den Hinterkopf. Hätte er nicht vorhin einiges an Blut verloren, wäre es ihm jetzt wohl in die Wangen geschossen, doch das blieb gerade zur Abwechslung aus. Dennoch war dies ein weiterer Grund für Tsukishima seinen besten Freund weiterzuschieben.
„Hat uns nicht gefreut“, sagte der Brillenträger, aber Terushima ließ sich dadurch nicht kleinreden. „Ebenso“, sagte er und streckte vor allem Tsukishima die Zunge raus, Yamaguchi winkte er noch zu, ehe sie sich so weit voneinander entfernten, dass sie außer Reichweite waren.
„Du musst echt an deinem Selbstbewusstsein arbeiten, Yamaguchi, es kann doch nicht sein, dass du wegen so einem bekloppten Kommentar, das bitte hoffentlich nicht als Kompliment gelten sollte, verlegen wirst“, rügte Tsukishima um Yamaguchis altbewährtes: „Sorry, Tsukki“, zu hören. Er seufzte, aber die beiden gingen dann wie ihre Teamkammeraden auch zu den Rängen.
Im Anschluss sollten Fukurodani gegen die Johzenji spielen und Tsukishima war schon richtig neugierig wie sich die Eulen ohne ihr skurriles Ass schlugen. Natürlich wusste man, dass sie immer noch ein Topteam waren, aber im letzten Jahr waren doch viele von ihnen bereits in der dritten Klasse, dass Akaashi fast alleine zurück blieb.
Die Trainingscamps mit dem neuen Team wirkten noch etwas unkoordiniert, aber dennoch hatte es auch die Eliteschule wieder geschafft, sich für das anstehende Frühlingsturnier zu qualifizieren. Alles andere hätte Tsukishima auch sehr gewundert.
Was Tsukishima dann aber als nächstes hörte, noch ehe sie um die Ecke gegangen waren, ließ ihn beinahe wünschen, bei Tersuhima geblieben zu sein.
„Wie könnte ich mir das denn entgehen lassen?“, fragte eine aufgekratzte Stimme, die er nur zu gut zuordnen konnte.
„Du hättest es dir beinahe entgehen lassen, weil du keinen Plan von Buslinien hast“, stänkerte eine weitere bekannte Stimme, direkt darauf folgte ein dumpfes Geräusch, das ein Klapps auf den Hinterkopf gewesen sein könnte.
„Gut, dass dich Konoha-san so im Griff hat“, sagte Tsukishima als er mit Yamaguchi um die Ecke ging, er machte dabei aber keinen Anstand, stehen zu bleiben. Seine Schritte wurden sogar noch schneller, als Bokuto ihm nachrief. Yamaguchi stockte nur kurz, er begrüßte die beiden Ehemaligen der Fukurodani, aber lief lieber seinem Schwarm hinterher. Sie blieben dennoch in Hörweite, denn es versprach ja doch, irgendwie aberwitzig zu werden.
Bokuto und Konoha blieben bei Hinata, Yaotome und Tanaka zurück und erklärten erst einmal, wie umständlich die Anreise war und dass Bokutos Orientierung ihn alleine wohl nach Yokohama gebracht hätte.
„Akaashi hat die Linie doch genau genannt“, warf Konoha noch ein und Bokuto protestierte, dass der Bus einfach in die falsche Richtung gefahren war: „Ich war in den Ferien mit meinen Eltern in Europa auf Urlaub! Da fahren die alle auf der anderen Seite!“
„Aber das war vor über einem halben Jahr!“, konterte Konoha genervt. Er hatte heute echt schon genug durchgemacht.
Denn wäre Bokuto nicht sogar mit einem Bus zu früh gefahren, wäre er – nachdem er in die falsche Richtung gefahren ist – wohl nie an Konoha vorbei gefahren und diesem wäre der grauweiße Haarschopf wohl nicht aufgefallen, weswegen er dem Bus eine ganze Station nachgelaufen war, um Bokuto beim nächsten Halt rauszurufen, der erst einmal nur gewunken hatte, ehe er verstand, dass er aussteigen sollte, tja leider zu spät, denn der Bus fuhr weiter und Konoha durfte noch eine ganze Station laufen. Hätte Konoha anrufen können? Ja. Hätte Bokuto dann genau gewusst, was zu tun war? Unsicher. Hätte er das riskieren sollen? Nein!
„Mich wunderts echt, dass du es täglich in die Uni schaffst“, sagte Konoha und sah zu Bokuto, der dafür auch keine richtige Antwort hatte. Vermutlich lag es daran, dass er diesen Weg ja eben täglich beschritt, noch wahrscheinlicher aber daran, dass er nicht weit weg wohnte.
„Bokuto geht zur Uni? Was studiert er denn? Eulenkunde?“, fragte Tsukishima mit einem neckenden Gesichtsausdruck. Bokuto nahm diese Beleidigung aber gar nicht richtig auf und strahlte Tsukishima viel mehr begeistert an. Die Nachfrage, ob man das wirklich studieren konnte, machte dem Blonden dann deutlich, dass Bokuto echt keine Ahnung vom Leben hatte. Die Antwort auf die eigentliche Frage, übernahm dann aber Konoha: „Das würdet ihr eh nicht glauben.“
Das wiederum wollte Tsukishima gleich glauben, deswegen ging er auch schon einmal mit Yamaguchi weiter und setzte sich mit diesem nach einer kurzen Begrüßung des ehemaligen Asses etwas abseits von dem Trubel hin, wo vor allem Yamaguchi direkt gespannt hinunter aufs Spielfeld sah.
„Was hast du mit ihm zu schaffen?“, fragte Tsukishima plötzlich, dass Yamaguchi etwas verdattert zu ihm rüber sah. „Hm?“, machte er, dann wurde ihm erklärt, dass Terushima gemeint war.
Er schüttelte sofort den Kopf. „Ich hab gar nichts mit ihm zu schaffen. Wir waren nur zufällig beide auf diesem Adventmarkt und… er war nicht ungut oder so“, erklärte er knapp.
„Und es ist okay, dass er Tadashi sagt?“, fragte Tsukishima skeptisch. Yamaguchi zuckte mit den Schultern.
„Ist doch mein Name“, sagte er, dann kreuzte sein Blick plötzlich den mit Terushima, er sich gerade aufwärmte und ihm ein freches Lächeln schenkte.
„Klar ist es dein Name, aber er ist unhöflich“ – „Er meint es bestimmt nicht so“
Chapter 41: Shutter
Chapter Text
Das Spiel der Johzenji High gegen die Fukurodani Academy versprach schon vom ersten Moment an, sehr spannend zu werden.
Auf der einen Seite stand das Team der – ohne Bokuto nun – ruhigen und ausgeglichenen Eulen, die in dieser Konstellation vor Monaten noch massive Startschwierigkeiten hatten und auf der anderen Seite sprangen diese schrägen Vögel der Johzenji herum, die sich wie Affen benahmen, aber schon lange ein eingespieltes Team waren.
Bereits nach den ersten Ballwechseln und notierten Punkten war klar, es gab keinen eindeutigen Favoriten, auch wenn es ganz zu Anfang den Anschein gemacht hatte, dass Fukurodani deutlich im Vorteil war. Vermutlich aber waren sie (zurecht) von Johzenjis unüblichem Spielstil überrascht. Oft waren die beiden Teams in der Vergangenheit nicht aufeinander getroffen.
„Sie haben den Zufall echt auf ihrer Seite“, zischte Akaashi beim nächsten Spielzug, der Zugunsten des gelben Teams ausging. Aber der Zuspieler hatte bereits einige Strategien parat um auch dem Zufall ordentlich eins auszuwischen.
„Habt ihr gehört, dass sie gar kein Ass mehr haben?“, fragte Futakuchi auf der Tribüne und konnte dabei nicht weniger schadenfroh sein. Ihm war ja ganz bewusst, dass eben das ehemalige Ass in unmittelbarer Umgebung saß.
„Wir haben doch auch kein Ass“, sagte Koganegawa, dass Futakuchi ihn irritiert musterte. „Und Aone?“, fragte er, dass dieser auf der anderen Seite des Zuspielers tief brummte.
„Ja okay, okay, habt recht, unser Ass ist Aone, richtig“, korrigierte er sich und Aone nickte mit einem wohlwollenden Seufzton.
„Wenn alle auf dem Feld toll sind, braucht es kein explizites Ass, alle sind Ass, vor allem macht Akaashi alle zum Ass, so wie er zuspielt“, mischte sich Bokuto von einer Reihe hinter den dreien ein. Futakuchis Grinsen wurde breiter, als habe seine Falle genau zugeschlagen.
Langsam und in aller Ruhe lehnte sich der Kapitän zurück und sah Bokuto aber auch Konoha mit einem herausfordernden Blick an.
„Habt ihr das einstudiert?“, fragte er frech und Bokuto sprang direkt darauf ein, Konoha seufzte, blieb aber vorerst ruhig neben Bokuto sitzen.
„Warum sollte ich was einstudieren? Außerdem ist es unmöglich für Akaashi sein altes Ass zu ersetzen“, schwellte der Ehemalige die Brust und Futakuchi lachte. War der Kerl wirklich so von sich überzeugt? Nun gut, der Brünette wusste ja, mit wem er sprach und er wusste auch, dass Bokuto alles Recht hatte, etwas eingebildet zu sein, allerdings kam seine Art nicht so rüber, es schien mehr als wüsste er schlicht ergreifend, dass er gut war und er war eindeutig stolz darauf, immer noch.
„Du hast recht, Bokuto, keiner kann dich ersetzen“, sagte Konoha und tätschelte seinem Sitznachbarn die Schulter, dann sah er zu Futakuchi.
„Und du. Wenn du nur stänkern willst, such dir wen anderen, ich hab genau gecheckt, wie du das angegangen bist“, sagte er zu diesem und konterte die Herausforderung in dessen Augen mit einem eher faden Blick. Bokuto versuchte er dabei schön abzulenken und auf den hübschen Zuspieler fokussieren zu lassen, sein Blick blieb bei dem vorlauten Kapitän, der sich vorerst geschlagen gab und dem Spiel folgte. „Is‘ ja langweilig“, maulte der dabei vor sich hin.
Akaashi koordinierte mit seinen Angreifern eine ganz hervorragende Vorstellung des klassischen Synchronangriffes, doch schlug den Ball dann selbst lässig durchs Handgelenk auf den Boden des gegnerischen Spielfeldes.
Terushima kam auf der anderen Seite des Netztes vor Akaashi am Boden auf und staunte diesen nicht wenig begeistert an.
„Alter! Das war ein scheiße geiler Move!“, bejubelte er ihn, dass der Zuspieler doch etwas beschämt zur Seite sah. Er war es zwar gewohnt, dass man direkt zu ihm war, vor allem durch Bokuto, doch die Wortwahl war dann schon next Level.
„Danke… oder so“, sagte er und blinzelte nur für einen Moment über das Spielfeld hinter sich. Gut, den Überblick hatte er.
„Hat der gerade gesagt, dass Akaashi scheiße geil ist?“, kam es regelrecht fiepend von Bokuto. Konoha fuhr sich selbst durch das in der Zwischenzeit etwas längere Haar. Vielleicht würde er es irgendwann abschneiden, aber jetzt brauchte er es noch, für genau solche Situationen. Langsam zog er die Finger wieder heraus und sah unbegeistert zu seinem Kumpel.
„Vielleicht solltest du ihm das auch endlich sagen“, schlug er vor, doch dann verfiel das ehemalige Ass wieder in eine ganz eigenartige Phase. Nicht zu vergleichen mit diesen depressiven Episoden, die er noch vor einem Jahr auf dem Spielfeld zelebrierte. Es folgte die von Konoha bereits im Schlaf bekannte und aufzählbare Reihenfolge von: Empörung, massiven Versuchen, es abzustreiten, gefolgt von pubertärem Gekicher und sowie Konoha eine zur Fortführung betende Handgeste machte, kam der Knick in vollkommener Verzweiflung, dass er Akaashi niemals wiedersehen würde, würde er seine Gefühle auch nur im Ansatz über seine Lippen kommen lassen. Die Angst vor der Schmach, die eindeutige Niederlage, das Ende von Kotaro Bokuto. Es wäre schön, ihn gekannt zu haben.
Tja, Konoha kannte das ja schon, nicht so aber der Kapitän vor ihm. Futakuchi war eigentlich stark dazu aufgelegt, einen blöden und niederschmetternden Kommentar abzugeben, doch zwei Dinge hinderten ihn daran.
Einerseits war da dieser einschüchternde eindringliche Blick des Aschblonden und auf der anderen Seite musste er gestehen, dass zu beobachten, wie Bokuto sich ganz alleine immer tiefe in diese beschissene Stimmung schaukelte einem wunderschönen Schauspiel gleich zog, das er nur zu gerne beobachtete.
Zufrieden nickte Konoha, weil er Futakuchi abgewehrt hatte – zumindest glaubte er, dass er es war – und sah dann aber verzweifelt aufs Spielfeld. Normalerweise half es in dieser Situation, wenn er Akaashi eine Nachricht zukommen ließ, er wäre gerade bei Boktuo und sie dachten an ihn und der neue Kapitän schickte immer aufbauende Worte zurück, die Bokuto durch mehrmaliges Lesen immer wieder zurück holten. Mal ging es schnell, mal dauerte es lange, aber jetzt war Akaashi beschäftigt, er konnte ihm nicht einfach schreiben.
Doch Akaashi wäre nicht Akaashi, wenn er nicht just in diesem Moment den Blick auf sich gespürt hätte. Er sah hoch zu Konoha, der schier eine Gänsehaut bekam, aber direkt an Bokutos Schulter rüttelte, dass dieser den Kopf hob um mit seinen trüben traurigen Augen zu Akaashi zu sehen. Der Zuspieler verweilte mit seinem Blick einen Wimpernschlag lange auf Bokuto und schenkte diesem ein ganz unerwartetes Lächeln. Konoha konnte sogar aus den Augenwinkeln beobachten, wie das Strahlen wieder in Bokutos Augen zurückkam, bemerkte aber auch, wie sein eigenes Herz schneller schlug bei dem Anblick und einen Stich verpasst bekam, weil dieses Lächeln nicht ihm galt. Es galt ganz Bokuto und der saugte all die schöne Energie in sich auf und zog sich damit aus dem tiefen Loch heraus, in das nun Konoha langsam, Schritt für Schritt herab trabte.
„Ihr seid echt ein komischer Haufen“, sagte Futakuchi und widmete sich wieder dem Spiel. Auch Akaashis Aufmerksamkeit wurde wieder dorthin gelenkt.
Zum Aufschlag kam einer der Erstklässler, der bereits auf dessen Unterstufe für monsterhafte Auflagen bekannt war, er würde wohl einem Toru Oikawa irgendwann Konkurrenz machen können.
Doch bevor sich das Aufschlagsass beweisen konnte, wurde von Johzenji eine Auszeit einberufen.
„Können wir das auch machen? Takeharu! Bitte mach das auch!“, flehte Terushima den Zuspieler regelrecht an. Ganz zu Anabaras und Kuribayashis Überraschung. Das Timeout wurde einberufen, um dem Team einen Moment zu geben, weil das bereits der vierte Punkt in Folge war, den diese vergaben und die Managerin befürchtete, dass die Jungs langsam frustriert wurden.
„Frustriert? Wir? Wir werden jetzt erst richtig heiß“, sagte Terushima und unterstrich seine Aussage mit einem irren Grinsen. Nun gut, das musste sie so hinnehmen.
„Aber… macht es nicht einfach nach, die rechnen ja damit, macht lieber einen richtigen Synchronangriff“, schlug sie vor, dieser einen Technik, die sie vor über einem Jahr bei Karasuno gesehen hatten und instant versucht hatten, zu kopieren, noch einmal eine Chance zu geben.
Terushima wechselte ein paar Blicke mit seinen Kollegen, die ihm alle zunickten.
„Siehst du, Runa, deswegen haben wir dich“, sagte der Kapitän und boxte der Zweitklässlerin zwar liebevoll gemeint, aber nicht besonders sanft in der Durchführung gegen den Oberarm.
Die Auszeit wurde aufgelöst und der erbarmungslose Aufschlag des Erstklässlers führte in 3 Runden hintereinander schließlich zum Ende des ersten Satzes.
18 : 24 für Fukurodani
Chapter 42: Teller me more
Chapter Text
Liebe ist schon ein komisches Ding. Das wusste Konoha seit einiger Zeit. Um genau zu sein, seit dem Moment, als er Akaashi das erste Mal gesehen hatte. Er mag dabei oberflächlich gewesen sein, aber dieser Junge mit seinem porzellanpuppenartigen Gesicht hatte sein Herz von Moment eins an erobert. Doch zu deutlich wurde bereits in den Folgemomenten, dass es Bokuto nicht anders ging.
Und was sollte er tun? Mit einem seiner besten Freunde um einen Jungen buhlen? Sicher nicht. Das war nicht seine Art. Außerdem war es unsportlich und unkollegial und allgemein einfach verwerflich. Was also tun? Genau: heimlich leiden und nicht versuchen auszuticken, wenn er bemerkte, dass auch Akaashi ein Auge auf das damalige Ass geworfen hatte und nicht verzweifeln, wenn man beobachten musste, wie bekloppt sich tatsächlich beide dabei anstellten.
Denn ihnen beiden klar zu machen, was sich da ganz offensichtlich vor deren Augen abspielte, wäre einerseits zu einfach gewesen, anderseits hätte es ihm das eh schon angeknackste Herz vollends gebrochen.
Als Konoha aber kurz vor dem Ende des ersten Satzes diesen Blickkontakt beobachtet hatte, wurde ihm klar, dass er das Loslassen nun endlich abschließen musste.
„Bo… du solltest Akaashi vielleicht fragen, ob ihr heute Abend noch was unternehmt“, sagte er in der kurzen Pause des Seitenwechsels, als es auch auf der Tribüne etwas lauter wurde. Dennoch lehnte er sich zu seinem Kumpel und bemühte sich, leise zu reden.
„Du meinst, wie ein Date?“, fragte Bokuto und wippte etwas mit dem Kopf. „Ja, ja warum eigentlich nicht wie ein Date“, stimmte Konoha schließlich zu und klopfte ihm wohlwollend auf die Schulter. Ja, es war an der Zeit, aufzuhören, diesem Hirngespinst nachzulaufen. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf Konohas Lippen und irgendwie fühlte er sich sogar etwas erleichtert.
Der zweite Satz ging los und während Bokuto in den wildesten Ideen für das perfekte Date mit Akaashi aufging, lief es auf dem Spielfeld erschreckend gut für Johzenji.
„Sie sind wie ausgetauscht“, sagte Yamaguchi anerkennend, Tsukishima zuckte mit den Schultern.
Dass beim Wechsel die Worte der Managerin wie Magie gewirkt hatten, hatte ja keiner von ihnen bemerkt. Kuribayashi hatte ihre ganz eigene Art, das Team zu motivieren und die Jungs von ihren wahnwitzigen Ideen abzubringen und bereits Bewährtes – oder zumindest Harmloseres – so cool zu reden, dass sie direkt Feuer und Flamme waren.
So funktionierte der Synchronangriff direkt beim ersten Mal und auch Terushimas wuchtiger Angriff von Hinten hatte ihnen schon Punkte eingesackt, die sie ohne die Worte ihrer Managerin wohl nicht bekommen hätten.
„Takeharu!“, rief Terushima und sprintete zum wiederholten Mal zurück um einen weiteren dieser Angriffe anzuzetteln. Futamata drehte sich mit dem Rücken zum Netz und schien auch schon alles darauf zu setzen, seinem Kapitän den Ball perfekt zuzuspielen.
„Nicht mit uns“, feixte Akaashi und deutete dem Libero zurück zu gehen, diese Angriffe landeten bis jetzt immer knapp an der Linie, auch die anderen Jungs für die Annahme machten je einen Schritt zurück, dass Futamatas Finte genau in der Mitte des nun geöffneten Spielfeldes landete.
Der Zuspieler war hochgesprungen und spielte den Ball für seine Position nicht nach vorne zu Terushima, sondern einfach rückwärts über seinen Kopf und das Netz und über Akaashi hinweg auf den Boden.
„Oi! Nicht cool! Den wollte ich versenken!“, knurrte der Kapitän, der gerade enttäuscht hinter der Spielfeldlinie aufkam. „Du machst den Nächsten rein“, rief Kuribayashi vom Rand und hoffte, dass Terushima nun keinen Stress machte.
„Du hast doch selbst vorhin gesagt, ich soll sowas auch machen“, warf ihm Futamata vor, aber wandte sich zu Akaashi um, der ihm den Ball unter den Netz reichte.
„Da hast du mich eiskalt erwischt, gut gemacht, kommt nicht wieder vor“, sagte dieser ohne die ausdruckslose Miene zu verziehen. Richtig einschüchternd, wie Futamata fand. Dennoch bedankte er sich bei ihm und warf den Ball zurück zu Bobata für den Aufschlag.
Der Satz hielt sich weiter aufregend, dass es auf den Rängen nahezu leise war, weil sie alle so gespannt zusahen. Nur Nishinoya konnte sich nicht in Schweigen üben – konnte er nie.
Er war schon nach dem Karasuno Match beinahe mit tropfnassen Haaren nach draußen gelaufen um Asahi endlich gebührend zu begrüßen, hätte ihn Ukai nicht direkt an der Tür abgefangen, umgelenkt und ihm aufgetragen, sich zu föhnen oder zumindest mit einem Handtuch das Schlimmste zu verhindern. Es war immerhin Winter und er wollte nicht riskieren, dass die Jungs krank wurden.
Die übermütige Begrüßung musste also etwas warten, aber war deswegen später nicht weniger intensiv und brachte das ehemalige Ass zum Sturz.
„Geht es deinem Hintern schon besser?“, fragte Nishinoya seinen Freund nachdem nun einiges an Zeit vergangen war und sie wie auch die anderen gerade den zweiten Satz von Johzenji gegen Fukurodani verfolgten.
„Ja, ja natürlich“, lachte der künftige Designer und strich dem Wildfang liebevoll durchs Haar. „Ich mag sie, wenn sie ungestyled sind, da kann ich das tun“, sagte er. Der Libero überlegte dabei angestrengt, ob er das gut oder schlecht finden sollte. Die Geste war schon sehr schön und er liebte es, wenn Asahi das machte, wenn sie alleine waren aber hier unter all den Leuten hatte er das Gefühl, man würde seine Männlichkeit dadurch untergraben – die Anderen! Nicht Asahi. Dieser wiederum war aufmerksam, immer schon, noch mehr natürlich, wenn es um diesen entzückenden und weit männlicheren und stärkeren jungen Mann ging, der gerade neben ihm saß. „Ich lass es“, sagte er verständnisvoll, löste seine Finger und nahm stattdessen Nishinoyas Hand in seine. Das war für sie beide ein wunderschöner Kompromiss und ließ den Kleineren breit grinsen, als wäre schon Weihnachten.
„Und… wie kam es denn nun dazu, dass du nicht auf deiner üblichen Position spielst?“, fragte Asahi als wäre es ein Stichwort gewesen, dass Johzenjis Libero gerade einen Ball verfehlte und Fukurodani zum Aufholen begann.
„Ich dachte schon, du fragst nie“, kicherte Nishinoya. Er streichelte Asahis Handrücken sanft und erzählte dann auch schon, wie es war.
An dem Tag als Nishinoya das erste Mal in die Sporthalle kam und ihm so richtig bewusst wurde, dass Asahi, sein Ass, nie wieder hier an seiner Seite mit ihm spielen würde, da verließ ihn für einige Wochen der Mut.
Die Jungs suchten gemeinsam mit Yachi bereits erfolgreich nach neuen Mitgliedern und wie der Zufall es so wollte, war unter den drei Neuzugängen aus der ersten Klasse ein Libero dabei. Ukai hatte Nishinoya eine gewisse Auszeit gegönnt, aber verlangte von ihm, dass er zumindest zum Training kam um den Teamgeist nicht ganz zu verlieren.
Als er dann beobachtete, wie Yaotome sich in das Team einband und wie sehr dieser zu Tanaka und Hinata aufsah, erkannte er sich selbst wieder und fand neue Kraft.
„Wir spielen also mal so mal so und… auch wenn es mir nie wichtig war, Punkte zu machen und ich lieber jeden Ball auffischen wollte, dass du einen Angriff machen kannst, naja… als du nicht mehr da warst, da wollte ich irgendwie auch mal wissen, wie es ist“, erzählte Nishinoya weiter und Asahi schmunzelte. Er nickte begeistert.
„Das kann ich gut verstehen, aber… warum hast du mir nie etwas gesagt, wenn wir uns gesehen haben?“, fragte er ihn ganz verwundert. Da zog direkt ein breites Grinsen über Nishinoyas Gesicht.
„Wegen deiner Reaktion, ich wollte, dass du es siehst! Es sollte eine Überraschung sein, aber es war mächtig hart, dir nichts zu sagen“, sagte Nishinoya. Asahi lachte. Er konnte sich zu gut vorstellen, wie schwer es für dieses Energiebündel gewesen sein musste, den Mund diesbezüglich zu halten. Und Asahi hatte ihn auch noch so oft gefragt, was sich bei ihnen im Team so tat, wie sich die Neuen anstellten und wie es dem Libero ging. Es tat ihm ja schon auch weh, dass sein Wegfall solche Auswirkungen auf ihn hatte, aber es ging ihm dabei ja nicht anders. In Tokio war alles neu, alles groß und er war ganz allein auf der Uni, zumindest solange, bis er herausfand, dass Shimizu gar nicht so weit entfernt ihre Ausbildung machte. Von da an hatte er zumindest eine gute Freundin, die ihm Gesellschaft leistete und ihn aufbaute, wenn nicht gerade dieser Wirbelwind von einem Libero zu Besuch war – oder besucht wurde.
„Es war wirklich eine Überraschung“, sagte Asahi und hätte damit auch den Moment meinen können, in dem sich Johzenji nach einer regelrechten Angriffsschlacht den Matchball sicherte und diesen mit einer spontanen ganz eigenen Interpretation des schrägen Aufsteigers für sich entschied.
„Ihr seid solche Idioten!“, schrie die zierliche Managerin, die daraufhin augenblicklich rot an lief. Peinlich berührt über ihren emotionalen Anflug.
Das Team stockte sogar in ihren Jubelschreien und sah geduckt zu Kuribayashi.
„Aber es hat doch geklappt“, gab Terushima kleinlaut bei.
25 : 23 für Johzenji
Chapter 43: Bother
Chapter Text
„Wenn wir diesen Satz gewinnen, schmeißen wir am Abend die Party des Jahres!“, rief Terushima und das gesamte Johzenji-Team sprang jubelnd in die Luft. Eine Ansage, die die Jungs in den gelben Trikots wirklich anspornte, denn Fukurodani musste im Anschluss für jeden Punkt hart kämpfen und biss sich regelrecht die Zähne aus.
Akaashis Blick wanderte sehnsüchtig auf die Tribüne. Er mochte sein aktuelles Team, sie waren alle gut, aber niemand war eben auch nur annähernd wie Bokuto. In seinen Gedanken hatte er ihm an diesem Tag schon ein paar Mal zugespielt, aber damit hatte er einen großen Fehler gemacht, die Angreifer, die er jetzt bei sich am Feld hatten, brauchten die Bälle anders. Tiefer oder höher, weiter vorne oder auch weiter hinten, doch keiner von ihnen verfiel nach mehreren aufeinanderfolgenden Fehlschlägen in schlechte Stimmung, sie waren zwar nicht erfreut, aber sein ganzes Wissen, dass er über Bokutos Schwachstellen aufgebaut hatte, brachte Akaashi nun nichts mehr.
Als er merkte, wie hell ihn Bokuto anstrahlte, musste er seinen Blick wieder abwenden, es war ohnehin von Vorteil, wenn er bei der Sache war, noch wollte er den Satz und somit das Match nicht herschenken. Sie hatten Chancen, auch wenn Akaashi nicht ganz auf der Höhe war. Verfiel etwa er nun in eine Downphase? Weil sein Ass nicht neben ihm stand?
Der nächste Aufschlag wurde sauber angenommen und an den Zuspieler nach vor gebracht. Akaashi spielte den Ball hoch. Es wurde von rechts angegriffen. Dieses Mal hatte er wieder eine hervorragende Vorlage geliefert, wie man es von ihm gewohnt war. Dennoch. Der Angriff wurde abgeblockt. Die Johzenji übte immer noch den Großteil ihres Trainings den Zweikampf in der Luft. Da waren sie einfach einsame Spitze.
Terushima war nun am Aufschlag und diese Disziplin schien ebenso vermehrt geübt worden zu sein, denn auch hier hatte sich das gelbe Team stark verbessert. Wenige Sekunden später knallte der Ball auch schon zwischen Libero und Annahme auf den Boden, dass der Kapitän nur verhaltene Entschuldigungen auf der anderen Seite hören konnte.
Mit einem breiten Grinsen bereitete er sich auf den nächsten Aufschlag vor, sah dabei aber noch kurz hoch zu den Zuschauern. Sein Blick suchte ein Gesicht ganz besonders. Dieses eine mit den vielen hübschen Sommersprossen.
Als seine Augenpaare endlich die von Yamaguchi gefunden und getroffen hatten, machte sein Herz auch direkt einen Sprung, weil er so genau wusste, dass ihn der Brünette beobachtete und dass er wohl seine ganze Aufmerksamkeit hatte – Terushima stand massiv auf Aufmerksamkeit. Seine Mundwinkel zogen sich weit auseinander und nach einem kessen Zwinkern und dem Pfiff für den Aufschlag wandte er sich wieder dem Spielfeld zu und holte sich den nächsten Punkt, der sich gewaschen hatte. Akaashi seufzte, fuchtelte für seine Verhältnisse wild mit den Händen herum und machte sich selbst bereit, dass es kein dritter Punkt in Folge wurde.
„Was zur Hölle war das?“, fragte Tsukishima auf der Tribüne seinen Sitznachbar, der wohl nicht röter angelaufen sein konnte. Wie peinlich war das denn bitte, dass dieser Idiot da unten so auffällig nach ihm gesucht hatte und ihm auch noch zuzwinkerte? Und was sollte das überhaupt?
„Ich w-w-w-weiß nicht, w-w-was du meinst”, presste er zwischen den Lippen hervor, kniff die Augen zu und krallte sich an der Sitzfläche fest. Tsukishima hob die Augen skeptisch und fragte sich nun, wessen Verhalten gerade merkwürdiger war. Das des Johzenji Kapitäns, das immer eigenartig war und somit eigentlich gar nicht herausstechen sollte oder das seines Freundes, der sich wie ertappt verhielt? Nun ja, auch nicht gerade eine Beobachtung, die er selten machte.
Vermutlich war also doch alles normal und hier trafen sich gerade zwei absolute Volldeppen und er war mittendrinnen.
Doch bei dem Gedanken seufzte Tsukishima, er fand ja nicht, dass Yamaguchi ein Volldepp war, auch kein halber oder auch nur im Ansatz. Er war immerhin sein bester Freund, er hielt viel von und auf ihn, auch wenn er sich manchmal etwas seltsam benahm und sehr schüchtern war, so kannte er ihn nun einmal. Dass dieser Gefühle für ihn hatte, war für ihn ausgeschlossen. Der süße Junge mit den Sommersprossen hatte nie Andeutungen gemacht, aber vermutlich brauchte es Tsukishima deutlicher, so wie Tendou es mit ihm gemacht hatte, auch wenn dieser ein beklopptes Katz‘- und Mausspiel veranstaltet hatte. Tsukishima musste sich aber eingestehen: Er mochte das. Tendou war einfach… anders.
„Das kann doch nicht wahr sein!“, verlor am Spielfeld plötzlich Akaashi die Beherrschung und raufte sich das schwarze Haar, dass von Haus aus schon ganz durcheinander war. Kaum hatte Fukurodani einen Punkt gelandet, folgte spätestens nach dem zweiten der Wechsel.
„Es ist nur ein Freundschaftsspiel“, wurde ihm zugerufen, was ihn direkt noch mehr ärgerte, aber nicht etwa, weil es seinem Teamkammeraden aus diesem Grund nicht wichtig war, sondern mehr wegen sich selbst.
Wie konnte er bei einem Freundschaftsspiel so die Fassung verlieren? Lag es daran, dass dieser aufgedrehte Kerl in den Rängen saß und ihm zusah? Oder war er überarbeitet? Bestimmt das. Er brauchte Urlaub Ferien. Eindeutig. Aber nach diesem kleinen Turnier hier war es auch endlich soweit. Dann konnte er in aller Ruhe lernen und sich auf die Prüfungen vorbereiten. Auch wenn er selbst dann noch weiter zum Training gehen würde, alles andere war ausgeschlossen!
„Es tut mir aufrichtig leid“, sagte er nachdem er sich gefangen hatte und verneigte sich vor seinen Teamkammeraden. Die schoben alle die Hände vor sich, winkten die Situation ab und baten ihn, sich wieder zu erheben. Als einziger Drittklässler im Team hatte er schon einen ganz besonderen Status, dass diese Situation den Anderen schnell unangenehm wurde.
„Ach, ist doch nicht der Rede wert“, wurde das Ganze schnell abgeklärt und das Spiel ging weiter, ganz zu Johzenjis Vorteil, die heute richtig gut in Form waren. Da übertrieb es wohl keiner mit dem Lernen – welch garstiger Gedanke, für den sich Akaashi augenblicklich schämte. Er wollte nicht einmal in seinen Gedanken bösartig sein.
„Johzenji macht sich echt gut, kann sein, dass wir gegen deinen neuen Freund spielen morgen“, sagte Tsukishima und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Yamaguchi starrte ihn schockiert an.
„Mein was? Wer? Teru- Mein was?! Er ist doch nicht me-mei-mein Freund! Tsukki!“, stotterte Yamaguchi, dass der Blonde dafür nur lachen konnte.
„Sorry~ Yamaguchi~“, sagte er und genoss es richtig, diese Floskel auch einmal zu verwenden. Das war ja unerhört, doch Yamaguchi hatte nicht den Mut, sich entsprechend aufzustellen und angemessen zu protestieren. Stattdessen verschränkte er eingeschnappt die Arme vor der Brust und beobachtete die letzten Spielzüge, die den Satz und somit auch das Match entschieden.
25 : 19 für Johzenji
Chapter 44: First Date
Chapter Text
Yamaguchi versuchte sich gerade noch stammelnd aus der Einladung des blonden Kapitäns zu winden, da ergriff Tanaka die Chance, sich von der Gruppe abzukapseln.
Nishinoya deutete seinem Kumpel noch den Daumen hoch und schenkte ihm ein breites Grinsen, das sofort selbstbewusst angenommen wurde.
Karasunos neues Teamass zog sich seine Mütze auf, schlüpfte beim Verlassen der Sporthallte in seine Jacke und schritt mit aufgeregt schlagendem Herzen voran. Seine Hände hatte er dabei in die Jackentaschen geschoben, nicht zuletzt um der unbarmherzigen Kälte auszuweichen. Vor seinen Lippen bildeten sich leichte Dunstwölkchen und als hätte er nicht schon gewusst, dass es kalt war, zog ihm der Wind eisig um den Hals und ließ ihn direkt bereuen, keinen Schal umgebunden zu haben. Aber dazu war es zu spät. Er wollte pünktlich sein.
Der Großteil von Karasuno aber auch die Spieler von Date Tech und Fukurodani nahmen an einer allgemeinen Diskussion über die breit ausgesprochene Einladung von Johzenji zum Feiern im Gemeinschaftsraum teil.
„Wer bringt Alkohol?“ – „Ich hab ‘nen gefälschten Ausweis“ – „Wa-Wa-Was ist mit den Trainern und Lehrern?“ – „Sei nicht so ein Weichei, Yamaguchi“ – „Sorry, Tsukki“ – „Lasst uns dann Flaschendrehen spielen!“ – „Fla-Fla-Flaschendrehen?“ – „Du musst nicht mitspielen, wenn du nicht möchtest, Yachi“ – „Wir sind fast nur Jungs“ – „Dann wird halt nicht nur rumgemacht!“
Und während sich die meisten Jungs, wenige hatten sich abgewandt, damit auseinandersetzten, wie sie den Abend spaßig und spannend hinter sich brachten, hatte Bokuto den schwarzhaarigen Zuspieler und neuen Kapitän des Teams seiner ehemaligen Schule beiseite genommen und versuchte nun fast schon händeringend das von Konoha vorgeschlagene Date zu erfragen.
Das ehemalige Ass wippte nervös auf seinen Fußsohlen herum, strich sich verlegen über den Nacken und wagte dann, die Frage zu stellen, die ihn in die richtige Richtung treiben sollte: „Hast du Hunger, Akaashi?“
„Oh, nein, Bokuto-san, wir haben gerade gegessen, ich dachte, du warst mit Konoha-san“, erklärte der Jüngere und suchte den Bereich um sie herum nach dem Aschblonden ab. War ja klar, Konoha stand bei der Gruppe und warf munter Vorschläge ein, aber riskierte dennoch immer wieder einen prüfenden Blick zu Bokuto und Akaashi. Am liebsten hätte er seinem Kumpel genau vorgekaut, was er sagen sollte und wie man das anstellte, aber eigentlich hatte er selbst keine Ahnung. Da musste der verrückte Vogel nun ganz alleine durch.
„Aber wir könnten auf einen Tee gehen und wenn du noch Hunger hast, könntest du dort etwas essen“, schlug Akaashi ruhig vor, als ahnte er schon, dass Bokuto eben noch nichts gegessen hatte und rettete damit die Situation ganz von alleine. Das war eine hervorragende Idee, dass der Ältere direkt begeistert einstimmte und zum Gehen motivieren wollte. Doch als Kapitän wollte sich Akaashi natürlich vergewissern, dass sein Team entsprechend abgesichert war und er musste sich natürlich abmelden – Was Tanaka zuvor nicht getan hatte.
„Und du meinst, es ist angebracht, dass ich, obwohl ich gar nicht mehr Teil des Teams bin und nicht mehr mit euch zur Schule gehe, dabei bin?“, fragte Asahi seinen Freund gerade etwas schüchtern, doch ganz Karasuno winkte ab. Einerseits war doch auch Konoha dabei und Asahi konnte einfach Tanaka ersetzen – wo auch immer der gerade hin war, sowie Konoha Akaashi ersetzen würde, wie sich herausstellte.
Der Blick des Ersatzspielers ging sofort zurück zu Bokuto, dem man seine Aufregung absolut ansah. Er war das reinste Nervenbündel und konnte sich wohl gerade so noch zusammenreißen um nicht laut loszujubeln, weil Akaashi tatsächlich mit ihm auf ein Date ging. Das versetzte Konoha zwar einen weiteren unangenehmen Stich mitten ins Herz, aber er wollte sich freuen für die Beiden, denn er konnte dem Zuspieler ansehen, dass auch er von einer gewissen Nervosität geplagt wurde. Da konnte dieser auf die anderen noch so gefasst und ruhig wirken, er merkte das.
„Hey, wenn er dir auf die Nerven geht, schick ihn einfach heim“, gab er dem Schwarzhaarigen mit und tätschelte ihm wehmütig die Schulter. Akaashi schüttelte den Kopf. „Ich habe Bokuto-san lang genug studiert, dass ich weiß, wie ich ihn beruhigen kann“, sagte der Kapitän und schenkte Konoha einen sanften Blick mit einem zarten Lächeln.
Wie konnte er nur so dumm sein? Natürlich wusste dieser Junge ganz genau, wie er Bokuto zu händeln hatte. Das hatte er zwei Jahre lang gelernt und perfektioniert.
Sehnsüchtig sah Konoha Akaashi und Bokuto nach, als diese die Gruppe nun ganz verließen, sich ihre Jacken überzogen und den Gang und direkt darauf die Unterkunft verließen. Dabei bemerkte er nicht, dass er selbst äußerst neugierig und interessiert beobachtet wurde.
Als er wieder zurück zu den anderen sah, war der Blick abgewendet und die Unterhaltung über die weitere Planung ging weiter.
Im Grunde war es ganz einfach, sie wollten alle noch für diverse lustige Aufgaben sorgen – natürlich hatten sie berücksichtigt, dass sie fast nur Jungs waren und dass sie sich einfach eine amüsante, wenn auch herausfordernde und aufregende Zeit machen wollten – Utensilien beschaffen, Getränke besorgen und noch irgendwie an Alkohol kommen und obwohl es für Asahi vielleicht sogar möglich gewesen wäre, hatte er sich massiv dagegen gewehrt. Er würde sich doch nicht dafür verantwortlich machen, dass Jugendliche etwas Verbotenes machten. Es reichte schon, dass sie dieses verwegene Spiel spielen würden.
„Na gut, dann mach ich das, ich will ja kein Spielverderber sein, aber sorgt ihr dafür für ausreichend Antis, okay?“, sagte Konoha, wobei ihm Terushima erfreut um den Hals sprang.
„Danke, Kumpel, ich hab vergessen, wie du heißt, aber danke! Das ist der absolute Hammer!“, bedankte sich der Blondgefärbte, ließ ihn wieder los und schnappte sich seinen besten Freund. Ein wenig planen mussten sie noch, der Raum sollte frei sein, aber sie mussten abwarten, bis die Lehrer und Coaches die Örtlichkeiten verließen und selbst einen über den Durst trinken gingen und hier kam Nishinoya ins Spiel. Er wollte Saeko aushören, die sich jetzt, wo ihr Bruder Ass des Teams war, kein einziges Trainingsspiel mehr entgehen ließ und somit auch anwesend war und eine der lautesten Jubelnden war.
Nishinoya war zwar auf sich selbst gestellt, den sanften Riesen ließ er dabei lieber bei den anderen zurück – er hätte sie sofort verraten mit seiner Nervosität. Das war eigentlich eine absolut liebenswerte Seite an ihm, aber sie brachte ihnen allen gerade gar nichts. Und auch Tanaka konnte er sich nicht zur Unterstützung mitnehmen. Er wäre zwar jemand, mit dem er wusste, dass dieser Job des Aushörens hervorragend funktioniert hätte, doch er wusste, dass dieser eindeutig etwas Besseres zu tun hatte.
Das Ass der Karasuno hatte auch bereits den Weg hinter sich gebracht und kam gerade am ausgemachten Treffpunkt an. Kurz zückte Tanaka sein Smartphone und checkte die Uhrzeit noch einmal. Sehr gut, er war pünktlich, überpünktlich sogar, dass er nun ausreichend Zeit hatte, innerlich komplett auszuflippen. Das Herz schlug ihm bis zum Halse, weil er wusste: Jeden Moment würde er das schönste Mädchen auf der ganzen Welt endlich wiedersehen. Mühsam schaffte er es, seinen Atem zu zügeln, doch schreckte er dennoch zusammen, als ihm jemand sachte auf die Schulter tapste: „Tanaka-san?“
Erschrocken drehte sich Angesprochener um und sah voller Freude in diese atemberaubenden dunkelgrauen Augen.
„Kyoko“
Chapter 45: Headfirst
Chapter Text
Während sich Tanaka draußen in der Kälte um Kopf und Kragen redete um diese eine besondere Schwarzhaarige zu umgarnen und Bokuto mit Akaashi in einem süßen kleinen Café saß, sammelten sich die anderen Jungs und die wenigen Mädchen der Teams sowie Asahi, die drei ehemaligen von Date Tech und Konoha im Gemeinschaftsraum Herberge.
Johzenji übernahm die Koordination des Raumes, denn die Partymannschaft wusste immerhin wie man das machte.
Tische wurden an die Wände geschoben, die Sitzkissen der Sessel landeten am Boden, eine kleine Bar wurde improvisiert und nachdem eine wohl eher undefinierbare Bowle mit den Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung standen, gepanscht wurde, hatten sie auch eine leere Flasche für das Hauptspiel des Abends.
„Also! Wer spielt mit Flaschendrehen?“, fragte Terushima in die Runde, als der Raum soweit hergerichtet war.
„Natürlich spielen wir mit!“, rief Nishinoya begeistert und gab Asahi dabei seinen sanften Klaps auf den Rücken, der den Brünetten zusammenzucken ließ, aber nicht des Klapses wegen. Das war einzig wegen der Aussicht, solch ein anstößiges Spiel zu spielen.
„Aber!“, Nishinoya wurde ernst und ließ seinen Blick gefährlich durch die Runde schweifen. „No funny Business“, sagte er und deutete mit dem Finger unmissverständlich: Nein.
Asahi schluckte. Okay, also den richtig unangenehmen Situationen konnte er so wohl ausweichen. Andere küssen, als Nishinoya, das konnte er sich noch nicht einmal vorstellen, wenn er es gewollt hätte. Verhaltenes Nicken bestätigte den Wunsch.
Nachdem das geklärt war und sich die Gruppe sammelte – wer nicht mitspielen wollte, stand abseits in Grüppchen zusammen und unterhielt sich angeregt bei Getränken. Der Bowle wurde dabei vorerst noch ausgewichen.
Für Ennoshita war das gerade auch eine gute Möglichkeit, die Spieler der anderen Teams besser kennen zu lernen, so stand er gemeinsam mit Narita bei Sakunami von Date Tech, aber auch ein paar schüchterne Jungsters der Fukurodani standen dabei.
An anderer Stelle zupfte Hinata gerade an Aones Ärmel und versuchte, ihn dazu zu überreden, auch mitzuspielen. Der ruhige Riese versuchte sich zwar mit sanften Gesten der Ablehnung aus der Atmosphäre zu ziehen, aber als ihn schließlich auch sein Kapitän dazu ermutigte, mitzuspielen, wurde Aone weich und nahm mit einem gemächlichen Nicken an.
Zu Terushimas Freude hatten sich also Asahi und Nishinoya gemeldet, auch Futakuchi war dabei mit Aone und Koganegawa. Tsukishima schob lieber Yamaguchi vor, der sich durch dieses Spiel gerne einmal etwas Mut aneignen sollte, er selbst würde lieber nur zusehen, denn die Tatsache, dass dieses Spiel in der für ihn bereits so gut bekannten ‘Wahrheit oder Pflicht‘-Frage enden würde, erinnerte ihn doch zu sehr an den Abend vor gut einem Jahr, an dem er seinem Freund so viel näher gekommen war. Das war für ihn etwas Besonderes. Und da Yachi keine Spielverderberin sein wollte, ließ sie sich als Unterstützung für den jetzt schon verzweifelten Yamaguchi ermutigen.
Neben Asahi waren als Ehemalige auch noch die drei Jungs von Date Tech dabei ebenso wie Konoha, der noch zwei aktive Spieler der Fukurodani überzeugte. Bei Karasuno standen zusätzlich Hinata, Yaotome und Kinoshita zur Verfügung und sogar Kageyama hatte sich überreden lassen – wenn man ihm sagte, er wäre feige, ließ er sich schon hinreißen, sowas würde er niemals auf sich sitzen lassen, schon gar nicht, wenn die Herausforderung von Hinata kam.
„Das ist ja klasse, dass wir so viele sind“, jubelte Terushima und konnte mit Stolz erkennen, dass bei ihm das ganze Team mitspielte. Es wäre in seinen Augen auch ein Armutszeugnis gewesen, wenn jemand von Johzenji gekniffen hätte.
Die spielende Gruppe ließ aber nichts anbrennen und vertiefte sich sofort in das Spiel. Die Sitzplätze auf den Kissen am Boden waren schnell eingenommen und Terushima als Initiator nahm direkt den Start in die Hand. Die leere Flasche traf nach einem schwungvollen Dreh ihr erstes Opfer: Nishinoya
Und dieser wählte natürlich sofort ohne zu überlegen: Pflicht.
„Nimm dir ‘nen Becher von der Bowle“, verlangte Terushima, immerhin hatte er sie gemeinsam mit Futamata mit ganz viel Liebe – oder zumindest würden sie das behaupten – gemacht. Die Augenpaare aller versammelten, Nichtspieler inklusive, wurden sofort auf die große Schüssel hinter dem blonden Kapitän gerichtet. „Mutig, wenn er das macht“, flüsterte Date Techs Libero und Ennoshita wurde schon etwas nervös. Wie sollte Nishinoya morgen ein gutes Spiel liefern? Sein Einwand fand aber kein Gehör und Nishinoya saß kurz darauf mit einem Pappbecher voll mit dieser undefinierbaren Bowle. Was hatte Terushima gesagt, wäre drinnen? Sekt, Bier, Limo und Kräuterschnaps, den er irgendwo aufgetrieben hatte? Das konnte nicht gut sein.
Der Libero setzte den Becher an seine Lippen und schaffte es dabei, dass neben seinem Freund alle Anwesenden an diesen hingen. Er machte einen Schluck und ließ seine Augen durch die Menge wandern. Natürlich fühlte er sich beobachtet und das sogar auf eine ziemlich unangenehme Weise. Gleich machte er noch einen Schluck ehe er den Becher mit einer doch sehr ernsten und ruhigen Miene abstellte.
Luft wurde tief eingeatmet und dann wandte er sich an den Koch: „Es ist abartig, wie interessant das schmeckt“, sagte er, dass Asahi erleichtert seufzte. Er hatte schon damit gerechnet, dass das Getränk direkt wieder ausgespuckt wurde, im Optimalfall zumindest in den Becher.
Terushima konnte dafür nicht zufriedener sein. Seine spontan gemischte Brühe war gar nicht schlecht und fand somit auch bei den anderen Anklang.
Während Nishinoya also die Flasche in Bewegung setzte um den Nächsten bestimmen zu lassen, wurde auch die Bowle großzügig verteilt und verkostet. Sie traf dabei auf verschiedenste Reaktionen, aber so richtig begeistert war keiner. „Immerhin ist nicht viel Starkes drinnen“, murmelte Ennoshita dennoch etwas besorgt und schenkte bei den Erstklässlern noch einmal extra Limonade drauf, dass es ja nichts haben konnte.
Die Flasche traf Kenji Futakuchi, der natürlich ebenso wie sein Vorgänger ‘Pflicht‘ wählte.
"Denk dir ein Liebeslied für Karasuno aus und sing es uns vor! Entweder jetzt oder wenn wir wieder Gegner auf dem Feld sind, egal ob offiziell oder Training!", forderte Nishinoya und sah Futakuchi herausfordernd an, diesem entgleiste regelrecht das Gesicht. Lieber hätte er sich ausgezogen, ja lieber hätte er wohl sogar nackt auf der Straße zu Macarena getanzt!
"Du mieses....", zischte er, aber bemühte sich, sich zu sammeln. Das war seine Aufgabe, das hatte er sich selbst eingebrockt. Futakuchi zog scharf Luft ein und überlegte natürlich angestrengt.
"Okay... also dass eines klar ist: Wenn wir Gegner sind, sing ich euch maximal meine Lobeshymne an mich selbst!", stellte er erst mal fest. Währenddessen schenkte er sich auch etwas von der Bowle in den Becher, das würde er nüchtern nicht schaffen.
"So... eure Farben sind doch Orange und Schwarz, nicht wahr? Und die kleine Nummer 10... Hinata? Sowas wie euer Maskottchen", begann er zusammenzufassen und dabei fiel ihm sogar ihr bekloppter Banner ein: Fliegt.
Futakuchi machte noch einen großen Schluck, dann räusperte er sich und legte dann eine Handfläche auf Aones Schulter.
„Yo, Aone, gib mir nen Beat“
Chapter 46: Awkward
Chapter Text
„Yo, Aone, gib mir ‘nen Beat!“, verlangte Futakuchi von seinem Sitznachbarn und dieser legte direkt los. Koganegawa klappte der Mund auf, als Aone anfing einen richtig coolen Beatboxbeat zum besten zu geben und Futakuchi nach einem weiteren Schluck dieser eher schrecklichen Bowle tatsächlich die Anstalten machte, zu singen oder viel mehr zu … rappen.
“Karasuno, jo
Schwarz und Orange
Krähen die nicht mehr fliegen können?
Nicht so sehr! No more
~~~
Da gibts die Nummer 10
Hinata Sho~YOOO
und diesen krassen Libero, jo
und das Ass, das Ass
dass sogar~ jo die stramme
stramme eiserne Mauer von Date bricht
Jo... ~~~
Ein Team voll cooler Dudes und jo
nen scharfen Choach ham die und WHAAAT?
ne süße Managerin
Yeah Karasuno...Fliegt!
Karasuno fliegt ~ ich liebe euch“
"Nicht", flüsterte er dann und exte den Rest aus seinem Becher. "Woah", fauchte er mit hochrotem Kopf und sah zu Nishinoya. "Genehm?", wollte er etwas angesäuert wissen und dieser nickte augenblicklich, sowie die anderen applaudierten und eine Zugabe verlangten. Aber das würde es bestimmt nicht spielen. Es war wirklich unerhört, was für eine Blöße sich der Kapitän da gerade geben musste. Moniwa war sogar vor Lachen – oder war es Begeisterung? – nach hinten gekippt und zerkugelte sich von Herzen.
Auch Kamasaki und Sasaya amüsierten sich herrlich über ihren einstigen Kohai.
„Das kriegst du zurück“, drohte Futakuchi und drehte die Falsche mit einem scharfen heraufordernden Blick. Natürlich traf er nicht Nishinoya um sich zu rächen, sondern Yaotome, dem Liberoneuzugang, der eingeschüchtert die Wahrheitsmöglichkeit erbat. Langweilig, wie Futakuchi empfand. Sein Blick schielte dennoch wieder zu seinem Peiniger hinüber. Das würde er Nishinoya niemals verzeihen, doch diesen scherte das gar nicht, das war doch eine ganz normale spaßige Rivalität.
„Willst du ihm den Stammplatz als Libero streitig machen?“, fragte Futakuchi mit einem gehässigen Grinsen, dass Yaotome erschrocken japste. „Sicher nicht… also… nicht böswillig, natürlich will ich Stammspieler sein, aber Nishinoya-senpais Platz würde ich nie wegnehmen wollen!“, plauderte der Erstklässler drauf los und Futakuchi musste gestehen: Das wirkte sehr pur und somit nach der Wahrheit. Eigentlich wollte er etwas Streit entfachen, wo er schon so gedemütigt wurde, aber dieser Plan ging absolut nicht auf.
„Ach, mach dir nichts draus, Kenji, dein Rap war toll“, lachte Moniwa nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte. „Rappen ist für Deppen“, gluckste Kamasaki, doch verstummte sofort wieder, wie ihn Futakuchi mit einem Blick maß, der ihn befürchten ließ, er würde sterben, wäre das mit Blicken möglich. „Schon gut, schon gut, war super“, sagte er und hob zur Verteidigung die Hände.
Das Spiel ging weiter und nun war es an Konoha eine Möglichkeit zu wählen. Er nahm die sichere Variante, wobei er doch meinte, dass er bei dem jungen Libero auch Pflicht hätte nehmen können – zu früh entschieden.
„Bist du gerade verliebt?“, war die Frage, die Konoha direkt die Luft anhalten ließ. Der Aschblonde sah etwas verlegen zur Seite. Er hatte nur Glück, dass derjenige welche gerade nicht da war. Sein Pokerface hätte er dabei nicht behalten, wenn er Akaashi auch noch angesehen hätte.
„Ja“, sagte er knapp und wollte direkt zu der Flasche greifen um das Spiel weiter zu treiben und somit von sich abzulenken. „In wen? In die ehemalige Managerin?“, fragte einer der beiden Spieler von Fukurodani und Konoha schüttelte schnell den Kopf.
„Yo, er muss nur eine Frage beantworten“, mischte sich Futakuchi plötzlich ein. Sein Kopf war immer noch etwas rot vor Scham, aber gerade deswegen verstand er nun auch zu gut, wie es dem ehemaligen Spiker der Fukurodani gehen musste. Konoha lächelte ihm dankbar zu und nickte. „Solltest du mich bekommen und ich wähle Wahrheit, kannst du mich ja fragen“, sagte er zu dem Jüngeren neben sich, beschloss aber: Nie wieder Wahrheit!
Etwas ähnliches entschied auch Yamaguchi für sich. Er würde im Erdboden versinken, würde ihn jemand hier vor allen und dann auch noch vor Tsukishima fragen, in wen er verliebt war.
Die Flasche wählte als nächstes Terushima und dieser musste nach seiner Pflicht-Wahl 30 Liegestütze machen, die der Punk unter Jubelrufen mit Leichtigkeit demonstrierte, sogar ohne einen Schweißtropfen zu vergießen. Dennoch zupfte er danach an seinem Shirt und fächerte sich Luft zu. Ein Schluck von der Bowle sollte seine Zunge noch entsprechend befeuchten und dann wurde auch schon das nächste Opfer bestimmt.
„Tadashi! Wahrheit oder Pflicht?“, fragte Terushima und fixierte ihn mit seinen mandelfarbenen Augen, dass er dem Blick gar nicht entkommen konnte. Yamaguchi schluckte. Wahrheit war eigentlich raus, zu viel Angst hatte er vor den Konsequenzen, aber sollte er wirklich bei diesem Draufgänger, der das Spiel hätte erfunden haben können, Pflicht wählen?
„Komm schon, Yamaguchi, trau dich!“, rief Tsukishima von der Seite rein, er hatte sich bis dahin zwar knapp mit einem von Fukurodanis neuen Mittelblockern unterhalten, doch das Spiel, vor allem seinen besten Freund, hatte er dabei gut im Überblick.
Yamaguchi nickte schnell und sagte tatsächlich: „Pflicht“, wenngleich er die Augen zukniff und es mehr nach einer Frage als nach einer Antwort klang.
„Gib mir deine Handynummer“, sagte Terushima und fuhr sich etwas angestrengt über die Stirn. Nun gut, so ganz unberührt blieb er durch die spontane körperliche Betätigung dann doch nicht.
„Was?… Eh… Warum?“, fragte Yamaguchi, nahm aber das Smartphone entgegen, das ihm hingehalten wurde. „Na weil das deine Pflicht ist, Tadashi“, sagte Terushima und summte seinen Namen dabei regelrecht. Yamaguchi nickte schnell und sah vollkommen überfordert auf das fremde Handy.
„Du ähm, du musst es entsperren“, sagte er, hielt es dem Besitzer wieder hin und Terushima rutschte näher an ihn heran. Sein Atem ging dabei etwas schneller, was aber klar mit der sportlichen Betätigung von gerade eben in Verbindung stand. Seine Finger berührten die des Anderen kurz und für den Bruchteil einer Sekunden sahen sie einander überrascht direkt in die Augen. Yamaguchi war sich dabei nicht sicher, aber er meinte eindeutig etwas mehr in diesen so schlicht erscheinenden aber nun auf diese Nähe viel tiefer wirkenden Augen zu erkennen. Doch der Moment war zu kurz. Terushima hatte das Display entsperrt, zog die Hand zurück, genauso wie diesen Blick, der direkt auf das Nummernfeld gerichtet wurde, welches Yamaguchi zum Tippen seiner Handynummer aufgerufen hatte.
Irgendwie war er wahnsinnig nervös dabei, wusste aber gar nicht richtig, warum. Umso erleichterter war er, als sich der Blonde wieder zurück setzte und er an der Reihe war, die Flasche zu drehen.
Chapter 47: Worte it
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Kageyama war mit der Aufgabe, die ihm gegeben wurde, alles andere als einverstanden. „Muss es wahr sein?“, fragte er deswegen umgehend, nachdem er verpflichtet wurde, etwas Nettes über Hinata zu sagen, der augenblicklich eine Schnute zog: „Du bist so gemein, Bakayama… fällt dir echt nicht eine nette Sache zu mir ein, die wahr ist?“
Natürlich sollte es wahr sein. Er hatte zwar nicht Wahrheit gewählt, aber wenn er schon etwas Nettes sagen musste, dann sollte es auch stimmen, so äußerte sich die Spielgemeinde und Kageyama blieb nichts Anderes übrig.
Er schnaubte und überlegte. Auffällig unauffällig scannte er Hinata ab, der hibbeliger nicht sein konnte. Verdammt, war das nervig. Da konnte man ja nicht brauchbar überlegen, geschweige denn, wirklich etwas Nettes in den Gehirnwindungen finden.
Als es langsam unruhig wurde, man ihn schon aufforderte und auch Hinata noch aufgedrehter wurde, er wollte es kaum glauben, war er endlich bereit für sein Kompliment. Da hatte sich Yamaguchi echt was einfallen lassen… Tja, hätte dieser nur geahnt, wie stark diese Aufgabe einschlagen würde.
„Okay okay… du hast orangene Haare, wie eine Mandarine und… ich mag Mandarinen, das ist doch nett oder?“, fragte Kageyama und starrte in die Runde. Er verzog dabei keinen Muskel im Gesicht, die Reaktionen der Anderen waren schon eindeutiger. Es wurde gelacht, nachgefragt, ob das wirklich alles war, ob er nicht mehr schaffte, doch Hinata schien durchaus begeistert zu sein.
„Du hast gesagt, du maaaagst mich~“, jubelte der kleine Mittelblocker und konnte gar nicht schnell genug reagieren, da hatte er Kageyamas Hand am Hals.
„Ich hab nicht gesagt, dass ich dich mag“, knurrte dieser, doch Hinata kam aus seiner Haut nicht raus und musste ihn weiter provozieren, auch Tsukishima stimmte mit ein und bekräftigte schadenfroh, was Hinata gesagt hatte.
Einzig ein tadelnder Zwischenruf des Kapitäns beruhigte die drei wieder. Außerdem wurde auch direkt zum Weiterspielen aufgefordert.
„Gut, Hinata? Putz‘ meine Sportschuhe“, verlangte Kageyama.
„Du Trottel-König musst zuerst die Flasche drehen und dann Wahrheit oder Pflicht fragen und nicht Hinata, sondern den, den es trifft!“, korrigierte Tuskishima direkt diese Aktion und fasste sich angestrengt an die Stirn. Wie konnte es denn so schwer sein, dieses simple Spiel zu verstehen? Den vernichtenden Blick des Zuspielers ignorierte er dabei gekonnt, denn obwohl es ihm normalerweise unheimliche Genugtuung bescherte, war er jetzt nur noch genervt: Von Eurer Dummdusseligkeit.
„Genau, Baka-yama! Ich putz deine Schuhe erst, wenn‘s die Flasche sagt“, schloss sich Hinata dem Hohn an, doch merkte nicht, dass er es wohl genauso wenig verstanden hatte.
„Wen, nennst du hier Flasche, du Volltrottel?“ knurrte Kageyama und Hinata deutete mit beiden Händen besonders deutlich, als würde er ein Flugzeug einweisen, auf die Flasche.
„Die Flasche, du Flasche“ – Und diese Flasche entschied natürlich nicht, dass Hinata Kageyamas Schuhe putzen musste. Stattdessen wurden andere Aufgaben vergeben und auch mehr oder weniger peinliche Fragen gestellt.
Einer der Fukurodani Erstklässler musste zur Musik tanzen und machte sich dabei hervorragend zum Affen, Bobata muste einem Mädchen aus seiner Klasse eine Flirtnachricht schicken, dafür musste Kuribayashi sagen, von wem sie aus dieser Runde am ehesten angeflirtet werden wollte – keinem, aber auf wiederholtes Drängen hin, deutete sie auf Aone, weil er ruhig und zurückhaltend war. Doch dieser wäre darauf am liebsten im Erdboden versunken. Sein Kopf wurde hochrot, dass sein helles Haar noch mehr hervorstach.
Kamasaki musste beantworten, wie viele Mädchen er bereits geküsst hatte – seine Mutter, Tanten und andere Verwandte zählte dabei nicht – Keines… Moniwa war ganz verwundert darüber, da der Blonde doch immer recht selbstbewusst rüber kam. Er würde sich aber nicht anmaßen, ein Urteil zu fällen, außerdem fand er es ja irgendwie… süß.
Aone wiederrum musste später etwas „richtig Cooles“ machen und entschied sich für einen speziellen Handshake mit Koganegawa, der ihm direkt darauf stolz auf die Schulter klopfte. Als der Hüne dann aber seine Frage an Futakuchi stellen sollte, war die gesamte Runde überrascht.
„Welches Pornogenre findest du am besten?“, fragte Aone und erntete von allen Anwesenden überraschte Blicke. Einerseits hatte niemand damit gerechnet, dass der stumme Riese tatsächlich etwas fragen würde und andererseits war das eine sehr explizite direkte Frage. Aber Futakuchi würde sie beantworten.
Souverän legte er sich die Hand ans Kinn und gönnte sich einen Moment des Überlegens. Sein Blick haftete dabei auf Konoha und bildete ein verschlagenes Grinsen, was dem Aschblonden irgendwie unangenehm wurde.
„Schwer zu sagen, ich steh auf Blondinen, das drum herum ist mir dabei ziemlich egal“, antworte der Brünette schließlich und zwinkerte Konoha frech zu, bevor er selbst wieder zur Flasche griff und weiterspielte.
Die nächste Aktion, die gerade Konoha etwas aus der Reserve locken würde. Nach diesem eigenartigen Augenkontakt würde er nun, nachdem der Flaschenhals auf ihn zeigte, noch weniger Wahrheit nehmen, wie er es sich eh schon vorgenommen hatte, aber gerade jetzt Pflicht zu nehmen? War das klug?
„Pflicht“, sagte er, ohne lang genug darüber nachgedacht zu haben und verfluchte sich regelrecht dafür. Futakuchis Mundwinkel zuckten nach oben.
„Geh morgen mit mir auf den Weihnachtsmarkt“, sagte er und schielte dann zu Kamasaki hinüber. „So macht man das. Smooth“, sagte er mit einer untermalenden Handgeste, sah dann aber wieder zu seinem Opfer, das noch mit einer Antwort haderte, aber schließlich nickte. Futakuchi hätte auch gar nichts Anderes zugelassen. Immerhin war es seine Plicht.
Konoha war sich nun wirklich nicht sicher, was das alles bedeuten sollte, aber irgendwie fühlte er sich doch geschmeichelt, dass gerade jemand wie Futakuchi mit ihm gemeinsam Zeit verbringen wollte. Wie es klang, ja sogar allein, oder sollte es nur so klingen um zu beweisen, wie viel besser er in solchen Dingen war, als Kamasaki, zudem war Konoha blond und Futakuchi stand auf Blondinen… Moment! Machte er sich diese Gedanken gerade wirklich? Absurd! So absurd. Er sollte einfach weiterspielen, was er dann auch tat und so durfte schließlich Asahi die Frage beantworten, wie sich dieser sein Traumdate vorstellte, was ganz schnell erklärt war: Der Adventsmarkt, so wie bei seinem ersten Date mit Nishinoya.
Das wiederum machte Konoha nur noch nervöser und ließ ihn das gerade weggeschobene Gedankenmuster zurückfallen. Er fragte sich, ob das morgen auch ein Date sein sollte. Immerhin hatte Asahi erzählt, wie es bei ihnen dazu kam, nämlich gar nicht als Date geplant, es war einfach geschehen. Was wohl morgen mit Futakuchi geschehen würde? Einfach darauf einlassen. Vielleicht wollte der Drittklässler nur seinen Schalk mit ihm treiben, da würde er sich jetzt nicht verunsichern lassen. Genau. Eines wusste er aber jetzt schon, es würde ihn bestimmt von seinem Liebeskummer ablenken. Das tat das Spiel im Grunde schon ziemlich gut. Konoha hatte richtig Spaß und konnte seit langem seine Gefühle für den Jungen, den er zuvor regelrecht in Bokutos Arme getrieben hatte, verdrängen.
Die Runden gingen weiter. Koganegawa musste einen anderen Mitspieler – er entschied sich für Hinata – mit Chips füttern. Der wiederum sollte einen Blowjob an einer Banane demonstrieren, was in einem absoluten Desaster geendet endete, aber Hinata war glücklich, denn der hatte eine leckere Banane gegessen.
Futamata musste ein peinliches Foto von sich zeigen – laut Terushima war die Auswahl viel zu groß, aber die Gruppe war begeistert von den gestellten Duck-Face-Fotos des Zuspielers, die ihm doch ziemlich unangenehm waren. Er wollte nun einmal auch probieren, ob ihm dieser Trend stand: Nein!
Von Yachi wollte man wissen, ob sie schon einmal etwas Unanständiges gemacht hatte – natürlich nicht, das bestätigten auch alle Mitspielenden und Nichtmitspielenden der Karasuno.
Die Aufgabe, die sie schließlich Moniwa gab, wurde von diesem nur süß belächelt und er teilte gerne mit der Gruppe seine letzten Google-Suchanfragen. Harmlos, wie er meinte.
Hätte Kamasaki da nicht ein besonderes kleines Detail entdeckt. Moniwa hatte nach einem Teashop gesucht, der für sein besonders leckeres Monaka bekannt war, Kamasakis absolutes Lieblingsdessert. Er wusste ja gar nicht, dass sie beiden diese Gemeinsamkeit hatten und freute sich sogleich darüber.
Chapter 48: Date?
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Akaashi hing in der Zeit, in der die anderen dieses Spiel spielten, regelrecht an Bokutos Lippen. Sie saßen in einem kleinen Café – kleine Holztischchen mit zierlichen Hockern, Stoffe mit traditionellen aber auch modernen Mustern hingen in unterschiedlichen Größen wie Flaggen von der Decke und das Licht war bereits etwas gedimmt, da es schon sehr dunkel war – und der Ehemalige erzählte mit großen Gesten und lauten Worten, wie er das Leben auf der Uni genoss. Dass er eigentlich nie zu Vorlesungen musste, es gab wenig Pflichttermine und die Prüfungen konnte er sich selbst ausmachen oder zumindest einen der Verfügbaren Termine auswählen und er musste auch gar nicht alles gleich machen, er konnte sich Zeit lassen.
Nun ja, da hatte Akaashi doch hier und da etwas einzuwenden und er erklärte dem Studenten, wie wichtig es war, zu den Vorlesungen zu gehen und dass es doch auch ratsam war, Prüfungen lieber zeitnah zu machen, als sie aufzuschieben, aber er wollte ihn dabei nicht bevormunden, er hatte immer noch größten Respekt vor Bokuto und hätte eigentlich niemals gedacht, dass es den Sportler auf die Universität ziehen würde. Vielleicht amte er da einer seiner Schwestern nach? Wie dem auch sei. Es war sehr schön für ihn, mehr über das Leben des Anderen zu erfahren, jetzt wo sie einander nicht mehr täglich in der Schule sahen und beide wohl auch mit Lernen beschäftigt waren, denn Akaashi war nun in seinem letzten Jahr, er brauchte gute Noten um selbst einen guten Einstieg ins Studierendenleben zu haben und wollte aber um keinen Preis aufgeben, im Club weiter Volleyball zu spielen, weil er dort, auch wenn er nicht da war, Bokuto immer noch am nächsten war. Und auch Bokuto lernte, denn er erzählte neben seinem Snack, den er sich in Form einer Portion Takoyaki gönnte, von bereits positiv abgeschlossenen Kursen. Wenn es auch nicht so viele waren, wie Akaashi sie an seiner Stelle erledigt hätte, aber Akaashi ging sowas auch weit strukturierter und durchplanter an. Bokuto genoss sein Leben und das wiederum begeisterte Akaashi, bereits so lange er den ehemaligen Kapitän kannte.
Irgendwann war es dann leider Zeit doch zu gehen. Akaashi störte sich nicht daran, dass er gar nicht viel von sich erzählt hatte, er genoss es viel mehr dem Älteren zuzuhören und die Begeisterung in dessen Gesicht dabei zu sehen. Auch bemerkte er, dass er über Niederlagen – tatsächlich wurde bereits eine Prüfung in den Sand gesetzt – schon ganz anders hinwegkam. Fast fühlte sich Akaashi nutzlos, rief sich dann aber in Erinnerung, dass Bokuto ihn damals wirklich brauchte und dass er eben jetzt auch seine Nähe und Gesellschaft suchte.
Wie ein richtiger Gentleman bot Bokuto Akaashi dann auch an, ihm die Jacke anzuziehen, was dieser aber ablehnte. Wie sah das denn aus? Und dann spazierten sie auch schon den Weg zurück zur Unterkunft.
„Es ist schade, dass ihr morgen nicht spielt… ich hätte dich gerne noch einmal gesehen“, sagte Bokuto. Er ließ den Kopf dabei etwas hängen, doch Akaashi neigte sich im Gehen so, dass sein Gesicht genau im Blickfeld des ehemaligen Ass der Fukurodani auftauchen konnte.
„Was hindert dich daran, dass wir uns morgen nicht auch sehen“, fragte der Jüngere mit seinem üblich matten Ausdruck, doch vermittelte Bokuto dabei eine gewisse Wärme durch das Funkeln seiner Augen, dass dieser den Kopf sofort wieder hochzog und Akaashi erfreut ansah.
„Du meinst, wir könnten morgen auch ein Date haben?“, fragte er ganz plump aber begeistert.
„Ein… Date? Auch?“, fragte Akaashi mit hochgezogenen Augenbrauen. Jedem anderen wäre deutlich ersichtlich gewesen, dass der Zuspieler angestrengt überlegte, wann das hier als Date deklariert wurde.
„Oh ja… also… das hier soll eigentlich ein Date sein, ähm… Überraschung? Konoha hat gesagt, ich sollte dich doch mal um ein Date fragen, aber ich hab mich nicht so direkt fragen getraut, also ist es ein Überraschungsdate… Nur, wenn du das willst natürlich“, erklärte Bokuto und schwankte allein in dieser kurzen Ansprache einige Male in der Stimmung. Er war erst peinlich berührt darüber, dass er so rumdrücken musste, dann freute er sich darüber, dass die Überraschung – zumindest in seinen Augen – geglückt war, dann war er wieder unsicher und nach einem weiteren Anflug von Freude sank die Stimmung wieder, aus Angst, Akaashi könnte das wirklich nicht wollen.
„Konoha…“, hauchte dieser den Namen ihres vermeidlichen Verkupplers und musste tatsächlich im Ansatz lächeln, dann sah er Bokuto an und nickte. Ja, es durfte gerne ein Date sein, aber leicht würde er es dem Anderen nicht machen. Nachdem er sich zwei Jahre ununterbrochen um die Stimmung des Asses gekümmert hatte und jeden Anflug von schlechter Laune mit Überzeugung beseitigen konnte, war es nun auch gerne einmal an ihm, die Stimmung zu retten. Auch wenn sie für Akaashi nicht verloren war. Ganz im Gegenteil. Das Kribbeln in seinem Bauch war sogar Bestätigung genug, dass es ein voller Erfolg war.
Aber auch diesen würde er Bokuto nicht an die Nase binden. Noch nicht.
Bokuto versuchte angestrengt zu interpretieren, wie Akaashis Reaktion zu deuten war, denn er war ruhig. Ungewohnt ruhig, fast schon besorgniserregend und es hätte jemanden beinahe die Beherrschung geraubt. Doch dann machte Bokuto etwas sehr entzückendes.
Mit einem breiten – wunderschönen – Lächeln hielt er Akaashi den Arm hin und wies ihm so, sich einzuhängen. Er wollte nicht übertrieben schnell seine Hand halten, was ihm wirklich hoch angerechnet wurde. So deutlich die Nennung dieses Treffens, dieses Dates auch war, Akaashi war schüchtern und er würde nicht direkt ein süßes Liebespärchen mimen wollen, immerhin war es ihr erstes Date und wer wusste schon, ob diese zarten Gefühle, die sich nach Bokutos Aufmerksamkeit, Nähe und Wertschätzung sehnten auch wirklich mehr waren.
Vorsichtig legte Akaashi seine Hand von hinten durchgeschlungen an Bokutos Armbeuge und legte seine Finger auf seinem durch die viel zu dünne Jacke an den Oberarm des sonst so aufgedrehten großen Kerls. Etwas überrascht spürte er, dass Bokuto sofort seine andere Hand auf seine legte, sie sanft tätschelte, aber auch direkt wieder abließ. Für den kurzen Augenblick war Akaashis Herz stehen geblieben und er traute sich gar nicht, zu atmen. Seine Augen haftete auf seinen Fingern, die bis eben noch diese wunderschöne Wärme wahrgenommen hatten, dann sah er hoch in diese atemberaubenden leuchtenden gelben Augen.
„Es war wirklich schön in dem Café und es wäre auch schön, wenn wir das morgen wiederholen könnten, vielleicht auf den Adventmarkt?“, schlug Akaashi vor als sie bei der Unterkunft der Teams ankamen. Er blieb stehen, Bokuto wäre beinahe weitergegangen, als wäre alles wie immer und er würde wie früher mit allen die Nacht im Gemeinschaftsraum verbringen und für Unterhaltung sorgen, auf die man um diese Uhrzeit gerne verzichten konnte.
„Ja! Natürlich und wir sehen das Spiel morgen gemeinsam! Immerhin muss ich sehen, wie mein Schüler Johzenji fertig macht“, sagte Bokuto mit geschwellter Brust, dass Akaashi mit einem müden seufzten den Kopf schüttelte. Nichts könnte ihn gerade glücklicher machen, als die Tatsache, zu wissen, dass Bokuto einfach Bokuto war und nie anders sein würde. Etwas erwachsener und ein weniger reifer vielleicht.
Aber Bokuto… war immer Bokuto.
Chapter 49: Attack
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Am nächsten Morgen sah man nicht nur den Schülern an, dass die Nacht etwas länger wurde, als sie es eigentlich hätte sein sollen. Als hätte man der jungen Dame ein Zeichen gegeben war nämlich Saeko Tanaka genau recht zur Sperrstunde mit einer Flasche Reisschnaps aufgetaucht und überredete die Coaches und Trainer zum Mahjong spielen.
„Wir sollten dringend darüber reden, wie ihr mich ab dem nächsten Schuljahr dazu überredet bei euren Treffen dabei zu sein, wenn mein süßer kleiner Bruder nicht mehr bei Karasuno ist“, hatte Saeko Ukai und Takeda zugegluckst, als sie sich verabschiedet hatte.
„Vielleicht fällt mir morgen auf dem Adventmarkt etwas ein“, sagte Ukai und sah Saeko bewundernd nach, wie diese mit so viel Schnaps in sich souverän und absolut gerade zu ihrem Zimmer ging, das ihr hier bereit gestellt wurde. „Eine bemerkenswerte junge Frau“, sagte Takeda, der mehr schlecht als recht an der Wand lehnte und Ukai lachte. „Da sagen Sie was“.
Und dasselbe hatten die beiden über die Blondine bereits am nächsten Morgen gesagt, denn die war wach und frisch, als wäre der vergangene Abend nie gewesen. Sie stand neben Shimada und Takinoue und jubelte einem Cheerleader gleich, als Tanaka einen weiteren Punkt für Karasuno holte.
„Komm schon, Yamaguchi, den nächsten machst du direkt rein“, rief Tanaka zurück zu dem Pinch Server, der zumindest seinen ersten Aufschlag direkt reingemacht hatte und den zweiten so geschlagen hatte, dass er schlecht angenommen wurde und das Ass eine perfekte Möglichkeit zum punkteholenden Angriff hatte.
„Tja, den hätte ich auch locker reingemacht“, sagte Nishinoya und tappte sich dabei mit den Fingern auf die geschwellte Brust.
„Jaja, du musst dich hier nicht aufspielen, Asahi ist eh schon begeistert von dir, lass mich doch vor Kyoko noch besser dastehen“, flüsterte das Ass seinem Kumpel zu. Sie sahen beide hoch zu den Rängen, wo Shimizu neben Asahi stand und für ihre Verhältnisse begeistert klatschte – sie klatschte und lächelte. „Ach, du bist doch gestern eindeutig so gut dagestanden, dass sie heute hier ist, nur wegen dir“, sagte Nishinoya und gab Tanaka einen saftigen Klapps auf die Schulter, der wiederum stolperte einen guten Schritt nach vorne.
„Du übertreibst, sie ist doch auch wegen euch hier“, sagte er während er sich die Schulter rieb. Was der Kleinere an Größe nicht hatte, machte er eindeutig mit Kraft wett.
Yamaguchi hielt in der Zwischenzeit den Ball wieder in seinen Händen und nahm konzentriert die lederne Oberfläche wahr. Auf der anderen Seite sah er, wie schon bei den vorhergehenden Aufschlägen, direkt in Terushimas herausforderndes Gesicht. Hätte er nicht den gestrigen Abend mit der großen Gruppe verbracht, wäre er jetzt wohl absolut eingeschüchtert, aber die gemeinsamen Stunden zeigten ihm, dass auch der Blondgefärbte nur ein ganz normaler Teenie war, der sogar ähnlich wie Hinata einfach nur zu viel Energie hatte. Außerdem hatte er dieses ansteckende Lächeln, das er zugegebener Weise irgendwie sehr gerne mochte.
„Hör auf zu flirten, Yamaguchi!“, rief Tsukishima von der Seite rein, für den der Pinch Server vor kurzer Zeit eingewechselt wurde um eben seine Aufschläge zum Besten zu geben. Bei dem Vorwurf zuckte er aber zusammen und ließ sein ewig gleiches „Sorry, Tsukki“, verlauten.
Er atmete einmal tief ein und versuchte das nun nicht mehr herausfordernde sondern vielmehr selbstgefällige Grinsen zu ignorieren.
Der Pfiff erklang, Yamaguchi atmete ruhig aus, drehte den Ball zwischen seinen Fingern, nahm Anlauf und warf sich das Leder für einen wuchtigen Sprungflatteraufschlag hoch, der ausgerechnet Terushima durch seine abgefälschte Bahn mit einer Härte ins Gesicht prallte, dass es den Kapitän die Füße vom Parkett riss und er in Sekundenschnelle auf dem Boden der Tatsachen landete.
Hinter ihm spielte Bobata den Ball aber nach vorne zu Futamata, der ihn direkt Higashiyama für einen Angriff zuspielte.
Die Flagge ging hoch. Der Ball war draußen. Yamaguchi stand seit dem Aufprall seines Aufschlages wie angewurzelt stehen. Seine Hände hatte er sich auf den Mund geschlagen und sah mit geweiteten Augen zu Terushima, dem das Blut aus allen Gesichtsöffnungen zu quellen schien – natürlich war das übertrieben, aber Yamaguchi glaubte dennoch, er hätte den Anderen schwer verletzt.
Terushima saß auf der anderen Seite am Boden und betastete sein Gesicht. Die Nase blutete eindeutig, er schmeckte auch im Mund mehr Blut, als er eigentlich sollte.
Ohne zu überlegen öffnete er den Mund und deutete Futamata, zu schauen. Der gab nur einen entsetzten Ton von sich und nachdem auch Trainer Anabara gesehen hatte, was passiert war, wurde die gelbe Nummer eins vom Spielfeld verwiesen. Jetzt war erst einmal ein Besuch bei der hiesigen Krankenschwester angesagte.
„So kann man die Gegner auch ausschalten“, sagte Terushima frech als er am Spielfeldrand neben Yamaguchi vorbei ging, doch schenkte ihm ein Grinsen, das nicht zur Situation passte und zwinkerte ihm kess zu.
„Es tut mir so leid, Terushima-san“, sagte der Brünette und konnte nun endlich seine Füße vom Parkett lösen um die paar Schritte zu Terushima zu überbrücken, die zwischen ihnen waren.
„Ich sagte doch, du sollst Yuuji sagen“, wiederholte Terushima, was er Yamaguchi in einer Nachricht geschrieben hatte. Das machte die Situation für Yamaguchi aber nicht viel einfacher. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass er ihm böse war und ihm vielleicht sogar etwas Harsches an den Kopf werfen würde, doch Terushima war fröhlich wie eh und je.
Das blutende Gesicht trug auch dazu bei, dass sich Yamaguchi schlecht fühlte.
„Ich will das wieder gut machen“, sagte er, wusste er aber gar nicht recht wie. Vielleicht sollte er am Adventmarkt einen ruhigen Moment nutzen und Terushima ein Getränk aufgeben. Wobei… ob der bei seiner Verletzung überhaupt noch raus wollte? Dumme Überlegung – natürlich. Vor allem auf den Adventmarkt wollte der Kapitän.
„Mach den nächsten einfach nicht rein, dass ich Zeit habe, wieder mitzuspielen“, sagte Terushima und ging seinen Weg zur Krankenschwester weiter. Yamaguchi seufzte. Er würde doch nicht absichtlich einen Ball verspielen? Freundschaftsspiel hin oder her! Das machte er nicht.
Etwas wehmütig, eben weil er jemanden verletzt hatte, sah er Terushima nach und versuchte sich dann auf seinen nächsten Aufschlag zu konzentrieren, der ihm durch die Schuldgefühle aber gar nicht gelingen wollte.
„Schon okay, Yamaguchi, kann jedem passieren“, rief Hinata zurück, als der Ball auf den Boden fiel, nachdem sich dieser im Netz gefangen hatte. Der Aufschlag wechselte, der erste Satz ging dennoch an Karasuno.
25 : 19 für Karusuno
Chapter 50: Fall for you
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Die Pause zwischen den zwei Sätzen war dieses Mal etwas länger, weil man nach gutem Zureden auf den angeschlagenen Kapitän der Johzenji wartete, der aber auch nicht lange auf sich warten ließ.
Terushima ging mit einem breiten Grinsen aber mit durch Tupfer gestopfter Nase an Karasunos Ersatzspielern vorbei und blieb für einen Augenblick bei Yamaguchi stehen, der sofort eingeschüchtert den Kopf einzog. Auf Tsukishimas Einwände hin, hob der Kapitän nur die Hand um ihm zu weisen, doch ruhig zu sein, dann wandte er sich wieder dem Brünetten zu.
„Hab gehört, du hast den Aufschlag wirklich vergeben, aber irgendwie fühlt sich das noch nicht gut an“, meinte er und deutete sich dabei auf seine Nase.
„E- es tut mir l-leid“, japste Yamaguchi nach Luft, doch Terushima schüttelte den Kopf. Er sah ihn dabei nicht bösartig an oder irgendwie nachtragend. Sein Gesicht zierte sogar ein richtig nettes aufrichtiges Lächeln während er umgehend einen besseren Vorschlag machte.
„Wie wäre es mit was Süßem?“, fragte der Ältere, dass Yamaguchi außer einem schockierten Ton gar nichts mehr raus brachte.
„Gott, bist du entzückend“, sagte Terushima begeistert und klatschte in die Hände, doch dann legte er Yamaguchi eine Hand auf die Schultern und versuchte ihn doch irgendwie zu beruhigen. Diesen beruhigte das aber keinesfalls. Er war doch nicht entzückend! Rote Farbe ging ihm im Gesicht auf und er versuchte verkrampft, nicht wegzusehen, aber Augenkontakt konnte er auch nicht halten. Das war ihm gerade alles zu peinlich und warf zu viel Aufmerksam auf seine Person.
Der Rest vom Team stand mehr oder weniger gespannt um die Beiden herum – Kageyama stänkerte, dass sie endlich weitermachen sollten, dass sie den zweiten Satz starten konnten.
„Am Adventmarkt, wo denkst du denn hin!“, klärte Terushima laut lachend auf, zwinkerte einmal und ging dann an seinen Platz auf der anderen Seite des Spielfeldes.
Coach Ukai schüttelte am Spielfeldrand den Kopf und wandte sich leise an Herrn Takeda: „Und ich dachte, das hätte sich letztes Jahr erledigt.“
Der Lehrer wusste aber, dass sie hier mit Jugendlichen zu tun hatten, mitten in der Pubertät und dass es doch dieses Mal so viel harmloser verlief wie im Jahr davor. Yamaguchi hätte auf diese Pubertät wohl gerne verzichtet, denn diesem war bewusst, dass er mit hochrotem Kopf nun da stand und ihn alle anstarrten, die nicht auf den ersten Aufschlag von Ennoshita warteten. Da Kapitän brachte den Ball souverän auf die andere Seite, wohl platziert genau zwischen die zwei Verteidiger, die darauf zusammenprallten.
„Yo! Das war meiner“, pflaumte Bobata und sein Kollege nickte. Natürlich war es seiner. Der Ball ging zurück und wurde erneut aufgeschlagen.
Ennoshita warf sich den Ball wieder in aller Ruhe hoch und ließ diese gezielten Fallen treffsicher versenken.
Nach dem zweiten Reinfall wies Terushima die beiden hinteren Spieler an, sich anders aufzustellen. Machte er es dem anderen Kapitän wirklich so leicht? Ennoshita schätzte Terushima zwar nicht als großen Denker ein, aber so bekloppt konnte er doch nicht sein. Also lieber eine Nummer sicher gehen.
„Netzroller!“, jubelte Hinata, doch der hatte vergessen, dass Johzenjis Zuspieler für genau sowas einen Spezialmove hatte.
Futamata holte den Ball mit dem Fuß ins Spiel und Terushima knallte diesen sofort ohne weiteren Zwischenmann bei Karasuno auf den Boden. Yamaguchi musste schon sagen, die Form, die der gegnerische Kapitän in der Luft hielt, war bemerkenswert, wie ein schmächtiger Ushiwaka, dachte er dabei und bemerkte gar nicht, wie er zu starren schien, denn Kinoshita stieß ihm mit dem Ellenbogen sanft in die Seite. „Wenn du so starrst, will er sicher was anderes Süßes auch“, sagte der zweite Pinch Server im Team. So schnell konnte Yamaguchi gar nicht protestieren, kicherten die Erstklässler auch schon. Oh Mann, das war so peinlich, dass der Brünette am liebsten im Erdboden versunken wäre.
Da machte es der darauffolge Aufschlag des johzenjischen Partymeister nicht besser, weil ihm dieser Kerl einen weiteren flirtenden Blick schickte, den der Jüngere aber eigentlich gar nicht so genau deuten konnte.
„Ich glaub, der steht auf dich“, kicherte Yaotome, der in der Rotation als Libero gerade kurz raus musste. Yamaguchi schlug das Herz dabei bis zum Hals und er schüttelte wild den Kopf. Nein, nein, ganz bestimmt nicht. Niemand stand auf ihn, da war er sich ganz sicher. Das versuchte er unter Stottern auch deutlich zu machen.
Eine Schande… so viel Mut und Selbstbewusstsein hatte er sich im Vergleich zum letzten Jahr antrainiert, nur dass ihn so etwas nun Meilen zurück versetzte.
Die Unsicherheit stand ihm auch noch stark in den Knochen, als er nach einigen Ballwechseln und Punkten zum Aufschlag eingewechselt wurde. Es war an der Zeit, mit seinem Sprungflatteraufschlag wieder einmal dafür zu sorgen, dass dem Spaßvogel dort drüben das Lachen verging.
Terushima ließ es sich dabei nicht nehmen, im Spaß seine Hand direkt vor seine Nase zu halten und Yamaguchi ganz genau anzuvisieren und ihn mit den Augen zu fixieren.
„Stell dich nicht so an, Yamaguchi, knall ihm halt noch einen rein“, versuchte Tsukishima die Aufregung zu glätten, doch wirklich besser machte er es nicht.
„Schon gut, Tadashi, ich vertrau dir“, rief Terushima und tat die Hand wieder hinunter. So recht wusste der Zweitklässler noch immer nicht, wie er es finden sollte, dass gerade dieser Kerl ihn beim Vornamen nannte, aber im Grunde störte es ihn nicht. Und dass er ihm vertraute – es wirkte einfach nicht daher gesagt – fand er doch auch irgendwie schön. Tsukishima schnaubte, aber Yamaguchi konnte wirklich Ruhe fassen und legte sich den Ball für einen richtig guten angefälschten Aufschlag bereit – diesmal ohne getroffener Nase.
Der Ball wurde gerade noch angenommen, kam sofort wieder zurück und wurde von Kageyama in Windeseile für einen Schnellangriff von Hinata zugespielt.
Punkt für Karasuno. Der Aufschlag lag wieder bei Yamaguchi, dem zugerufen wurde, er sollte es genau so wieder machen.
Mit einem verhaltenen Nicken nahm er sich das auch vor. Diesmal schlug der Ball auf die andere Seite aus und überraschte den gegnerischen Libero, der bereits zur Seite rutschte und dem Boden näher war, als es ihm für die Fluglinie des Balles lieb war. Ein abenteuerliches Manöver ließ ihn den Ball aber mit seinem Kopf annehmen, direkt zu Bobata abfälschen, der ohne Probleme zu Futamata nach vorne spielen konnte, der wiederum dem Kapitän einen idealen Angriff durchführen ließ.
Als hätte Ennoshita bereits damit gerechnet war er direkt ein paar Schritte zurück gegangen und nahm den Schmetterball mit nun brennenden Armen von unten an. Perfekte Auflage für Kageyama, der Tanaka zuspielte. Der Ball blieb ihm Spiel und schoss nach einem weiteren harten Angriff direkt auf Yamaguchi zu.
Anders als es wohl noch vor ein paar Wochen ausgegangen wäre, positionierte sich dieser genau unter dem Ball und ließ diesen mit einem lauten Schnalzer kerzengerade nach oben schnellen.
Das Spiel verlor direkt an Geschwindigkeit und das Team konnte sich wieder besser aufstellen um den nächsten Punkt zu holen.
Chapter 51: In my head
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Johzenji konnte den zweiten Satz nach einem erbitterlichen Schlagabtausch um den Satzball für sich entscheiden und schlug sich auch bereits zu Beginn des dritten und letzten Satzes des gesamten Weihnachtsturnieres nicht schlecht.
Yamaguchi gelang es immer öfter, eine saubere Annahme zu machen, ganz zur Freude des Teams und auch Kinoshita zeigte, was er drauf hatte, so wie dieser für Hinatas Aufschläge aufs Feld kam. Gemeinsam mit dem Drittklässler konnte Yamaguchi aber nie spielen, das war auch nicht so geplant. Er war für Tsukishimas Aufschläge im Team und Kinoshita eben für den aufbrausenden Decoy.
Karasuno erreichte als erstes den zweistelligen Punktestand. Yamaguchi stand an der Außenlinie und fieberte dem spannenden Spiel nach. Johzenji hatte sich in ihrer Aufstellung zu letztem Jahr zwar nicht geänderten, aber sie spielten ganz anders als es damals im Vorentscheid war, bei dem sie in diesem Jahr nicht aufeinander getroffen waren. Auch im Oberschulturnier hatten sie sich ganz anders angestellt und sich nun noch einmal mehr gewandelt.
Einfachheit und Stärke
Dieser Spruch passte in ihren Augen noch nie zu ihnen, auch Yamaguchi fand, dass gerade Einfachheit nicht richtig war. Johzenji war experimentierfreudig, noch mehr als Karasuno, die zwar gerne Neues ausprobierten, aber nicht mitten im Spiel auf neue Ideen kamen.
Terushima hatte Futamata dazu überredet, Akaashis coolen Move nachzuahmen, der klappte, denn es war absolut unvorhergesehen, vielleicht sogar für Futamata selbst.
Aber auch das Blocken der Date Tech versuchten sie, zu kopieren. Weniger erfolgreich, weswegen sie auch bereits sechs Punke hinten lagen.
„Angriff ist sowieso die beste Verteidigung!“, rief Terushima und animierte das gelbe Team dazu, wieder wilder und angriffslustiger zu sein. Nicht umsonst übten sie den Zweikampf in der Luft so regelmäßig, darin waren sie einfach unschlagbar. Blocks von Karasuno endeten selten in Punkten, dafür die Angriffe umso mehr.
Besonders unangenehm erlebte das Tsukishima, der Terushimas Attacke blockieren wollte, dieser aber sofort hochgeschnellt war um den blockierten Ball zurück zu schleudern, mit besonders viel Kraft dahinter, dass er direkt an den Fingern des Mittelblockers abprallte und in Hinatas Händen landete, der neben Yamaguchi stand und hibbelig darauf wartete, wieder ins Spiel genommen zu werden.
Johzenji holte auf, aber lange ließ Karasuno ihnen das nicht durchgehen. Durch einen Synchronangriff, der von Yaotome hinter der Mittellinie ausging wurde mit Nishinoyas Überraschungsangriff der Aufschlag wieder auf ihre Seite geholt.
Hinata durfte wieder aufs Feld, Kinoshita kam heraus und wurde von Yamaguchi mit einem erfreuten „Das waren klasse Aufschläge“ und einem Highfive begrüßt.
„Nicht wahr?“, sagte Kinoshita stolz, schwellte die Brust und hob den Daumen hoch. Yamaguchi und die anderen Ersatzspieler nickten rasch.
„Faszinierend, dass Nishinoya eine normale Position spielt“, sagte Shimizu überrascht, Asahi nickte bereits wissend, gestand ihr aber direkt, dass er am Vortag nicht weniger verwundert war.
Auch Futakuchi war an diese Änderung nicht gewohnt. Schon als sie gegen Karasuno gespielt hatten.
„Das können die nicht einfach machen, rechnet ja keiner damit, dass der Zwerg plötzlich angreift…“, grummelte er vor sich hin. Sakunami fand das gar nicht so blöd. Für Gegner, die das Team bereits gut kannten, war das wirklich eine hervorragende Chance, für Verwirrung zu sorgen, außerdem machte der eigentliche Libero auch eine verdammt gute Figur als Angreifer.
„Sie könnten damit ein Doppellockvogelmodell aufstellen, wenn er und Hinata ihr Ding durchziehen“, sagte Sakunmaki und Futakuchi blies angespannt Luft aus, was seine Haare zum wehen brachte. Natürlich hatte der Libero recht. Nishinoya gehörte auch zu der Sorte Spieler, die zwar klein waren, aber ausgesprochen schnell. Kaum fischte er nach einem Ball, war er auch sofort wieder aufgesprungen und bereit für einen Angriff oder zumindest das Antäuschen eben dessen, was gerade wieder einmal sehr gut funktioniert hatte.
Ein Angriff von Johzenji wurde durch Nishinoya vereitelt, der direkt danach schon zum Angriff ausholte. Die Augen waren noch auf dem Drittklässler, da war Hinata auch schon auf der anderen Seite viel weiter oben und schmetterte den Ball auf Johzenjis Spielfeldseite auf den Boden.
Tsukishima war wieder am Aufschlag, somit Einsatz für Yamaguchi, der lächelnd mit seinem Schwarm und besten Freund abklatschte – wenngleich dieser nur seine übliche Mimik im Gesicht walten ließ, dennoch ein Moment, der das Herz des Pinch Servers höher schlagen ließ. Jede Interaktion mit dem blonden Mittelblocker machte ihn aufgeregt und freute ihn. Nun gut, alle, die nicht mit Tendou zu tun hatten, denn diese brachen ihm das Herz. Mal um Mal. Er kam ja aus seiner Haut nicht raus. Vermutlich musste erst jemand kommen, der ihm die Füße vom Boden wegriss. Genau so wie er es vorhin bei Terushima gemacht hatte, nur lieber nicht ganz so übertragen.
„Hau ihn rein, Yamaguchi!“, rief Hinata begeistert, dass Angesprochener zusammenzuckte. Genau, er sollte lieber nicht in Gedanken versinken und seine Aufgabe hier erfüllen.
Das wäre auch viel einfacher, würde ihn der Kapitän des gegnerischen Team nicht mit einem so einschüchternden Blick anstarren.
„Yo, wenn ich den annehme, gehst du nach dem Match mit mir auf den Weihnachtsmarkt. Nur du und ich, okay?“, rief Terushima hinüber. Yamaguchi zuckte sofort wieder zusammen. Er spürte, wie ihm die rote Farbe bereits in die Wangen aufstieg. Sollte er sich deswegen geschmeichelt fühlen? Oder wollte ihn der Andere nur aus der Fassung bringen, dass er den Ball im Optimalfall auch noch direkt ins Netz schlug.
Oh, sollte er ihn zur Sicherheit daneben gehen lassen? Nein! Lieber wollte er den Ball mit so einer Wucht über das Netz bringen, dass Terushima sein blaues Wunder erleben würde – oder lieber doch nicht? Er wollte ihn nicht noch mehr verletzten.
Ein Blick zur Seite bestätigte ihm den aktuellen Spielstand: 17 : 21 für Karasuno. Eigentlich sollte er einfach die nächsten 4 Bälle reinmachen und die Sache wäre gegessen. Er konnte sich mit Tsukishima eine schöne Zeit auf dem Markt machen, hatte seine Ruhe von diesem aufdringlichen Kapitän und wäre auch noch so etwas wie der Held des Tages.
Genau. Yamaguchi wollte gerade unbedingt der Held sein. Was er aber nicht wusste, war wie noch viel mehr Terushima mit Yamaguchi den Nachmittag verbringen wollte. Geglaubt hätte er es ihm im Grunde nicht einmal, wenn er versucht hätte, es in Worten auszudrücken.
Aber Terushima machte es mit einer halsbrecherischen Tat ganz deutlich.
Der Ball wurde hochgeworfen, Yamaguchi machte zwei schnelle Schritte, sprang hoch und schlug das Leder mit einem perfekten Treffer hinüber auf die andere Seite. Anvisiert wurde dabei genau der linke Außenverteidiger, dem sich nun auch Terushima näherte. Aber Yamaguchis Aufschläge waren nicht so einfach zu durchschauen. Direkt vor dem Kapitän wechselte die Bahn, dass Yamaguchi schon erleichtert seufzte. Doch Terushima wandte sich mit einem Sprung, um Momentum zu gewinnen, zum Ball um und erwischte ihn im Flug bei seiner Drehung mit dem Fuß und schleuderte ihn über seinen Kopf hinweg zurück auf Karasunos Spielfeld, wo er von Ennoshita angenommen wurde. Terushima landete mit hochgestreckten Beinen am Rücken, rollte sich aber schnellstmöglich zur Seite um bereit für einen Angriff zu sein. Dass er sich bei seinem vermeidlichen Fallrückzieher den Hinterkopf am Boden geschlagen hatte, merkte er auch erst, als es ihn beim Schritt nach vorne drehte.
Aber eines hatte er deutlich gemacht, auch wenn der nächste Punkt und wenig später auch der Satz und somit das Match an Karasuno ging: Er wollte um jeden Preis mit Yamaguchi auf den Weihnachtsmarkt. Und hatte das auch geschafft.
Chapter 52: That's Why
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„Ich verstehe noch immer nicht so ganz, warum du so unbedingt mit mir hier sein willst“, hinterfragte Yamaguchi die Situation, in der er sich gerade befand das erste Mal auch laut heraus. Seit dem Moment, als Terushima das vor seinem Aufschlag gesagt hatte, hämmerte diese Frage auf den Zweitklässler ein.
Er konnte sich keine brauchbare Antwort ausdenken, nicht während dem Rest des dritten Satzes, nicht in der Umkleidekabine und auch nicht, als er mit seinem besten Freund darüber gesprochen hatte. Tsukishima hatte Parallelen – unangenehme Parallelen – zu einem gewissen Rotschopf erkannt, von dem Yamaguchi gar nicht sprechen wollte. Den Vergleich fand er dabei gleicherweise absurd wie auch einschüchternd.
Seine Antwort auf das ‘Warum‘ konnte er damit auch nicht beantworten, egal welches Ende der Befürchtungen es betreffen könnte.
Dafür war Terushimas Begründung doch einfach zu bekloppt: „Ich glaube, ich könnte dich sehr glücklich machen“.
Was sollte das denn bitte bedeuten? Und warum schlug man sich deswegen den Kopf am Hallenboden? Aus diesem Kerl konnte man wohl nicht schlau werden oder?
Vermutlich war das auch gar nicht das erste Mal und der Kapitän war bereits vollkommen wirr im Schädel. Genau, das musste es sein. Denn Yamaguchi sehr glücklich zu machen – wohl mit einem Punsch und einer Süßspeise? Einem Früchtespieß vielleicht? – war ein absolut wirrer Wunsch.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, murmelte er deswegen nur vor sich hin während er mit dem Älteren über die Straße ging um nur wenige Meter weiter den Eingang des Weihnachtsmarktes passieren zu können, aber das taten sie nicht, denn Terushima blieb stehen, so dass auch Yamaguchi inne hielt. Oh nein, hatte er jetzt auch noch was Falsches gesagt? Er wusste zwar nicht, was das alles hier sollte oder ob er Terushima überhaupt besonders gerne mochte, eigentlich nicht, er war vom ersten Moment an eingeschüchtert von ihm und hätte nie mit ihm alleine sein wollen – nun gut, es war mehr als ein ganzes Jahr vergangen und er war kein Angsthase mehr, zumindest nicht mehr so sehr wie damals, als er der Johzenji das erste Mal gegenüber stand.
„Entschuldige bitte“, sagte er der Vorsicht wegen, doch Terushima schüttelte energisch den Kopf.
Nein, Yamaguchi sollte sich nicht entschuldigen, ihm war auch irgendwie bewusst, dass das vielleicht ein doofer Spruch war und pausierte auf die Frage hin, wozu er eigentlich Sprüche brauchte.
Terushima musterte Yamaguchi eingehend. Merkte er wirklich nicht, dass das nicht einfach nur Sprüche waren? Dass er ihn abcheckte und dass es verdammte Anmachsprüche waren? Er musste wohl deutlicher werden. Und das war auch etwas, das ihm Karasunos ehemalige Managerin damals gesagt hatte, als er doch irgendwie zu ihrer Handynummer kam.
Genau über diese Situation unterhielten sich an anderer Stelle Tanaka und Shimizu gerade.
„Ja, wenn ich es dir doch sage, er dachte wirklich, ich würde als Managerin vermitteln zwischen ihm und Yamaguchi, er hat sich so angestellt, weil er vor seinen Teamkollegen cool dastehen wollte, aber er ist wohl doch etwas schüchterner als er wirkt“, erzählte die schwarzhaarige Schönheit während Tanaka nicht aus dem Lachen herauskam.
„Und du hast das alles für dich behalten? So lange?“, fragte er sie und Shimizu nickte. Auf ihrem Gesicht lag ein sanftes Lächeln, weil sie es genoss, wie ausgelassen das Ass lachte, das mochte sie immer schon an ihm. Er konnte einfach jede Emotion ungehalten herauslassen und schämte sich kein bisschen dafür. Da war sie ganz anders, lieber zurückgezogen und stets darauf bedacht, nicht zu sehr aufzufallen und unabsichtlich im Mittelpunkt zu stehen. Aber hier unterhielten sich alle so gut miteinander, dass sogar das schallende Gelächter im Getümmel unterging.
„Natürlich, er hat gesagt, es ist ein Geheimnis“, erklärte sie und auch, dass sie sich unwohl in der Rolle der Vermittlerin fühlte, weswegen sie ihm lieber Tipps gab. Auch wenn sie in Sachen Flirten nicht gut war. Das Wichtigste, was sie ihm mitgeben konnte, war, dass er Yamaguchi nicht überfallen durfte und dass er sich lieber langsam herantasten sollte. So wie am Adventsmarkt bei der Burg Sendai, als er ihn durch die Blume fragte, ob er vergeben war. Seine Versuche bei gemeinsamen Spielen waren nämlich leider absolut nicht angekommen. Weswegen Terushima entschieden hatte, zu diesem Wochenende nun doch etwas offensiver zu sein, dabei war ihm dann auch egal, wie sein Team ihn sehen würde. Sein Interesse bestand nun schon so lange, dass er es direkt etwas Ernstes nennen wollte und dafür würde er sich nicht schämen.
„Ich find dich toll, okay?“, pampte er deswegen Yamaguchi regelrecht an, dass dieser einen Schritt zurück machte und Terushima überrascht anblinzelte. Er hob den Arm und zeigte mit dem Zeigefinger auf sich selbst. „Du meinst mich? Toll? Bist du dir sicher, was das Wort bedeutet? Du musst dir den Kopf wirklich hart gestoßen haben…“, unterstellte er dem Kapitän vorsichtig, aber sehr direkt. Terushima protestierte auch sofort und gestikulierte dabei wild, was Yamaguchi noch einen Schritt zurück weichen ließ.
„Nein… bitte geh nicht weg“, flehte er ihn an und ging einen Schritt auf ihn zu. Yamaguchi bliebt stehen. Jetzt wurde ihm doch irgendwie anders. Der Schritt war viel größer als seine zwei und Terushima war ihm plötzlich so nahe, dass ihm sein billiges, aber gut riechendes Cologne in die Nase drang. „Ich will, dass das was Besonderes ist“, unterstrich der Blonde. Yamaguchi konnte ihm weiterhin nicht folgen.
„Warum?“, fragte er deswegen und Terushima fasste sich etwas angestrengt an die Stirn. „Wir drehen uns im Kreis… ich finde dich toll, ich meine das ernst! Du bist wahnsinnig hübsch, ich find dich süß und ich steh total auf deine Sommersprossen, außerdem find ich es schön, anzusehen, wenn du einen Aufschlag machst oder wenn du voll konzentriert dem Ball folgst, egal, ob du am Spielfeld oder am Rand stehst“, plapperte er vor sich hin und redete noch weiter davon, dass er vom ersten Moment an ein Auge auf den hübschen Jungen mit den süßen Sommersprossen geworfen hatte.
Und der war damit sichtlich überfordert und wich weiter zurück, Terushima schloss im Reden auf. Keiner der Beiden bemerkte dabei, dass der Jüngere jeden Moment über einen Kabelschacht für die Stromleitungen der Stände hier stolpern und fallen würde. Erst als es fast zu spät war, reagierte Terushima reflexartig und packte den Jungen, dem er gerade versuchte zu gestehen, dass er in ihn verknallt war.
Diesem riss es gerade die Füße weg, zwar nicht genau das, woran er zuvor noch gedacht hatte, dass mal jemand kommen musste, der ihm den Boden unter den Füßen wegreißen musste, aber Yamaguchi brauchte es vermutlich wirklich ganz deutlich und direkt und wortwörtlich.
Terushima fing ihn auf, er gab ihm Halt und durch diese Nähe dann auch noch massives Herzrasen. So nahe war Yamaguchi noch nie einer Person gewesen.
„O-okay… ich glaub’, das… das hab ich verstanden, aber… aber ich raffs noch nicht ganz“, sagte er stotternd und bemerkte auf diese knappe Entfernung, wie ansteckend Terushimas Lächeln war, dass seine Mundwinkel auch direkt weiter hoch wanderten, wie er ihn so ansah.
„Dann lass es mich dir zeigen, okay?“, fragte Terushima und Yamaguchi nickte.
Chapter 53: Painkiller
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Im Gegensatz zu Yamaguchi hatte Konoha bereits aufzugeben, die Frage nach dem ‘Warum‘ zu beantworten, er hatte es bereits am Vorabend sein lassen, darüber nachzudenken. Das fiel ihm dabei auch ziemlich einfach, denn er hatte Anderes, was ihn beschäftigte, als er gestern spät abends versuchte in seinem Bett einzuschlafen: Bokutos Date mit Akaashi.
Ob er sich ungeschickt anstellte? Ob Akaashi überhaupt wusste, dass sie auf einem Date waren? Oh, Bokuto würde er zutrauen, dass er dieses feine Detail ausgelassen hätte.
Der Gedanke, dass die beiden einfach nur in einem Café saßen und über die Schule und die Uni redeten und sich dann schließlich voneinander verabschiedeten, ohne, dass sie endlich verstanden, dass das Interesse für den jeweils Anderen erwidert wurde, machte Konoha unruhig. Konnte dieses Pflaster, das eindeutig mit Panzertape oder Superkleber festgemacht war, nicht endlich abgerissen werden? Er wusste ja, dass es nicht einfach werden würde, umso mehr wollte er es hinter sich bringen, er wollte das abschließen nach über zwei Jahren des Schwärmens, Sichzurückhalten und des Verzweifeln, weil diese zwei Idioten – ja in dieser Hinsicht war auch Akaashi nicht besonders hell – sich so unmöglich anstellten und manchmal richtig peinlich umeinander herum tänzelten.
In der Schule und vor allem im Team war es ja nicht nur Konoha aufgefallen, sogar die anderen wie Komi und Washio hatten gecheckt, was da läuft, oder viel mehr laufen sollte und nie eine Chance bekam. Außer jetzt. Jetzt wo Konoha Bokuto endlich in die richtige Richtung gestoßen hatte.
„Was sagst du? Bringt es Unglück, wenn man sich so einem Brauch sträubt?“, fragte Futakuchi und Konoha ertappte sich dabei, dass diese Gedanken nicht nur seinen Einschlafrhythmus gestört hatten, sondern gerade auch seine Zeit mit dem Brünetten Kapitän. Nur nichts anmerken lassen. Konoha sah rasch dorthin, wo auch Futakuchi hin sah – über sie beide. Ein Glück, dass ihn der Andere nicht angesehen hatte, sonst hätte dieser erstens gemerkt, wie er ihn aus den Gedanken gerissen hatten und außerdem hätte Konoha so keine Chance gehabt, den Ursprung dieser Frage ausfindig zu machen.
„Oh… ähm… Ich hab nicht das Gefühl, dass ich besonders viel Glück hatte bis jetzt, viel schlimmer kanns wohl nicht werden“, lachte er etwas verhalten und senkte dem Kopf wieder. Futakuchi sah ihn daraufhin an.
„Das mag für dich stimmen, aber ich hab keinen Bock auf Unglück“, sagte er und fragte sich, wie viel schwerer diese Nuss noch zu knacken war. Er spürte die ganze Zeit schon, dass Konoha etwas abwesend war und versuchte es mit den mit seinem Stolz vereinbaren Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ihm war schon klar, dass er einem Studenten gegenüberstand, der seinen Kopf wohl auch am Wochenende in Uni-Sachen hängen hatte, aber er wollte schon meinen, dass er weit interessanter war, als irgendwelche Pharmaka. Den Smalltalk hatte er zumindest schon so weit gelenkt, dass er wusste, in welche Richtung es mit dem Studium des Älteren ging. Aber besonders warm geworden waren sie eben nicht.
Konoha schmunzelte. Futakuchi machte das wirklich ziemlich smooth, das musste er ihm schon lassen. Ihm war ja nicht entgangen, wie sehr er sich bemühte, wenngleich er immer wieder gedanklich abdriftete. Den ersten Glühwein hatten sie wohl recht rasch getrunken, denn er spürte bereits, wie ihm von innen wohlig warm wurde oder war das die Art und Weise dieses Jungen, der ihn gerade durch den Mistelzweig über ihnen fragte, ob er ihn küssen durfte – oder wollte er geküsst werden?
„Möchtest du etwa?“, fragte Konoha schließlich und machte einen Schritt auf Futakuchi zu, der sofort die Führung an sich riss und ihn in einen Kuss lenkte, der ihm deutlich machte: Ja, er wollte ihn küssen. Konoha war für einen Augenblick vollkommen überwältigt. Er erwiderte erst etwas zögerlich, aber er musste sich eingestehen, dass er es schon sehr genoss. Er sehnte sich zwar nach der Nähe und Zuneigung einer anderen Person, aber Futakuchi wusste, wie man Schmetterlinge aufscheuchte. Als würde ein kleines Kind über eine Blumenwiese tollen und dabei die Falter vertreiben, herrschte wildes Treiben in Konohas Bauch, aber er hielt sich noch bedacht. Immerhin konnte er nicht einfach so nach ein paar gemeinsamen Stunden gestern und heute mit einem Jungen rumknutschen, den er davor nur am Spielfeld als Gegner getroffen hatte – und auch das nicht gerade oft.
„Ich hoffe, dass das mit deinem Unglück jetzt erledigt ist“, sagte Konoha nach dem nicht ganz so unschuldigen Kuss, der doch einiges in ihm auslöste. Vor allem eben in seinem Magen. Er sah Futakuchi schüchtern in die Augen und musste bei dem darauffolgenden intensiven Blick den Kontakt abbrechen. Wow, dass jemand mit seinen Augen so viel aussagen konnte, war ihm noch nie über den Weg gelaufen. Als er aber so an dem Brünetten vorbei sah, lief ihm etwas ganz Anderes über den Weg. Etwas, das verdammt stark an seinem Panzertape-Pflaster zog.
„Drauf geschissen!“, sagte Konoha plötzlich und übernahm nun von sich aus die Initiative um Futakuchi diese fiese Schmetterlingsattacke mit einem doch recht aktiven und fordernden Kuss zurückzugeben. Was Konoha dabei etwas überraschte: Es wirkte, als hätte der Andere bereits darauf gewartet, denn dessen Hand fand sich augenblicklich in seinem Nacken wieder, sowie der Aufprall ihrer Lippen nicht weniger heftig erwidert wurde.
Die Hand, die sich von Konohas Nacken langsam in sein blondes Haar stahl, löste eine Gänsehaut aus und ließ ihm einen aufregenden Schauer über den Rücken laufen. Ihm fielen sogar die Augen zu und er konnte endlich, für einen Moment zumindest, absolut abschalten und in den von Futakuchi entfachten Zungenkampf fallen. Der Brünette machte echt keine halben Sachen und zeigte gerade ganz deutlich, dass vorsichtig und sanft nicht seine Art war. Aufregend eigentlich. So aufregend, dass Konoha sich von den wilden Lippen lösen musste um Luft zu holen und sich zu sammeln.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals, sein Atem ging etwas schneller und er spürte, dass ihm die Hitze in die Wangen gestiegen war. Futakuchis selbstgefälliges Grinsen bestätigte ihm das auch, dass er beschämt zur Seite sah, wo er direkt wieder einen Blick auf das werfen konnte, was ihn überhaupt erst zu dieser Wiederholung getrieben hatte. Bokuto und Akaashi, die händchenhaltend an ihnen vorbeigingen. Vielleicht waren sie auf ihn aufmerksam geworden und gingen langsamer um ihn anzusprechen, aber trauten sich jetzt gar nicht mehr. Schnell wandte er das Gesicht wieder ab. Direkt in Futakuchis Antlitz.
„So ist das also“, sagte dieser, weil er ganz genau gesehen hatte, was da gerade für ein Film vor seinen tatsächlichen Augen ablief. Konoha fühlte sich gleich noch ertappter, als wegen der roten Farbe auf seinen Wangen schon. Sein Gestammel, das Erklärungen ausdrücken wollte, war nicht besonders erfolgreich, dennoch wurde die Situation richtig gedeutet.
„Kein Ding, ich kann dein Rebound-Guy sein, ich steh eigentlich auch auf wen anderen, aber ich find dich trotzdem gut“, sagte Futakuchi und zog erst dann die Hand aus dem schönen blonden Haar seines Gegenübers. Quälend langsam, dass es nur so kribbelte, für beide. Konoha sah ihm fragend in die Augen. Endlich war seine Aufmerksamkeit dort, wo sie sein sollte.
„Auf wen denn?“, fragte er neugierig – natürlich wollte er auch wissen, für wen er gerade als Trostpreis angenommen wurde.
„Ist es bei dir Bokuto oder der Zuspieler?“, wollte Futakuchi zuerst wissen. Konoha seufzte. „Akaashi…“
Eine kurze Pause entstand zwischen ihnen. „Karasunos Coach“, sagte Futakuchi schließlich.
Chapter 54: Must be Love
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Die Schüler tummelten sich in Paaren aber auch in größeren Gruppen über den stimmigen Adventsmarkt, so hing der Großteil von Karasuno beisammen und ließ sich von Asahi erzählen, wie das Leben auf der Universität so war.
Im Grunde, war es keine große Sache – „Du sagst das auch leicht, für dich war es nie ein Problem, zu lernen“, mischte sich Nishinoya ein und schmiegte sich dabei aber liebevoll an die Seite seines Freundes, der daraufhin den Arm hob und sich verlegen in den Nacken fasste.
„Naja, lernen muss man schon fleißig“, erwiderte er und Hinata und Kageyama setzten sofort einen Strich unter dieses Kapitel.
„Ich werde sowieso Profispieler!“, posaunten die beiden gleichzeitig heraus und starrten einander sofort an, als wollten sie es dem jeweils Anderen direkt wieder ausreden, doch der Blick, der sich zwischen ihnen kreuzte, traf wohl mitten ins Sprachzentrum. Beide verharrten. Die Spannung baute sich auf, auch die anderen trauten sich nichts zu sagen, weil sich hier etwas abspielte ähnlich einem Dragonball-Kampfes in dem die Gegner ihre Saiyajin-Form aufbauten, bevor das Gefecht losging.
Und wären sie nicht auf einem recht lauten Weihnachtsmarkt unterwegs, an einem Stand, Punsch und Glückwein trinken, dann hätte man wohl im Hintergrund Stroh-Geästbällchen gesehen und irgendwo wäre leiser Western ertönt.
Erst als sich Ennoshita genervt die Hand ins Gesicht schlug, ging die Streiterei los.
„Du spielst viel zu Amateurhaft“ – „Du kannst mit Anderen nicht spielen“ – „Ohne andere bist du doch nichts wert“ – „Ich bin der Einzige, der dein Zuspiel blind versteht“ – „Ich bin der Einzige, der weiß, wie man dir zuspielen muss“ – „Dann musst du mir eben für immer zuspielen“ – „Dann ist das so“ – „Okay!“ – „Okay!“
Schweigen.
„Das war intensiv“, sagte Asahi nach einer Weile leise und nahm einen Schluck von seinem Glühmost. Die Stimmung lockerte sich wieder. Hinata strahlte über beide Ohren und Kageyama schüttelte nur genervt den Kopf. Warum war dieser orangene Flummi von einer Persönlichkeit nur immer so gut gelaunt? Das war eine Frage, die er sich stellte, seit er ihm vor über zwei Jahren das erste Mal mit einem Netz zwischen ihnen gegenüber stand. Und warum wärmte es ihm das Herz so sehr? Diese Frage wiederum stellte er sich seit einigen Monaten erst. Kageyama war zwar schlecht in der Schule, aber er meinte, dass er auch mit guten Noten diese Logik nicht verstehen würde und bezweifelte, dass ihm jemand anderes erklären konnte, was dahinter steckte.
Wie falsch er da nicht lag.
„Intensiv?“, fragte Tsukishima hinter seiner Tasse hervor. Die Brille war ihm etwas angelaufen, von der Hitze des Getränks, aber er wusste ja, wo seine Teamkollegen standen.
„Das war doch eine ganz normale alltägliche Situation zwischen unserem Trottelkönig und seinem Trottel“, schnaubte er aus und kassierte von Nishinoya direkt einen Boxschlag gegen den Oberarm.
„Und du bist nur so garstig, weil dein Freund nicht da ist“, sagte der Libero. Die beschlagenen Gläser wurden augenblicklich klar und Tsukishima konnte Nishinoya genau ansehen. „Du solltest doch am besten wissen, dass das nichts mit ihm zu tun hat“, knurrte er und versteckte sich direkt wieder hinter einem Schluck aus seiner Tasse. Ja, irgendwie war es ihm unangenehm, dass er hier vor allen auf Tendou angesprochen wurde.
„Das ist doch jetzt ein Jahr her, wo das zwischen euch angefangen hat oder?“, fragte Narita neugierig von der Seite. Der Blonde sah über den Tassenrand hinweg zu ihm.
„Nun ja, wenn man alles berücksichtigen möchte, hat es bereits im Oktober angefangen“, erklärte er ohne weitere Details und erntete genau deswegen verwirrte Blicke. Tja, das wussten sie ja alle nicht. Er hatte das nur Yamaguchi erzählt und der hatte dicht gehalten. Anders hatte er es von seinem besten Freund ja auch gar nicht erwartet.
Jetzt musste er der Gruppe aber erst einmal deutlich machen, dass er sicher kein weiteres Wort darüber verlieren würde. Es war seine Sache.
„Hmm… wenn schon so viel Zuneigung und Liebe in der Luft liegt, warum erzählt ihr uns nicht, wann eure Gefühle füreinander begonnen haben und wie lange es gedauert hat?“, fragte Kinoshita den Libero und das ehemalige Ass. Letzterer lief sofort rot an und Nishinoya schwellte direkt die Brust.
„Ich wusste seit seinem ersten Angriff, dass er der Mann meiner Träume ist“, sagte er stolz. „Asahi hatte auch von Anfang an Gefühlte für mich, auch wenn es eher Angst und Unsicherheit waren…“, erzählte er munter weiter. Ein verhaltenes Kichern kam über Asahis Lippen, aber er nickte.
„Du warst laut, ungestüm und verdammt gut, wie konnte ich da nicht eingeschüchtert sein?“, fragte er seinen Freund und verwendete das Wort, das er lieber statt Angst oder Unsicherheit verwendete.
„Ich glaub, mir wird schlecht“, erwiderte Tsukishima über so viel Romantik.
„Na und wie wars dann bei euch? Wenn das im Oktober war, war das doch auch Liebe auf den ersten Blick, Heuchler“, stellte sich Nishinoya vor dem großen Mittelblocker auf, der darauf nur die Augen verdrehte. „Pfft… Liebe, das ist doch nicht Liebe“, erklärte er knapp, aber wurde nun doch etwas unsicher. Asahi bemerkte für sich sofort, dass er Tsukishima so noch nie gesehen hatte, auch der Rest der Gruppe würde das bestätigen und Nishinoya ließ nicht locker. Er wollte wissen, was es sonst war. Was sie machten und wie er das bitte labeln wollte.
„Wir verbringen Zeit miteinander, er ist gerne bei mir und… naja, ich bin nicht abgeneigt, wenn er da ist oder ich bei ihm bin“, antwortete Tsukishima schulterzuckend. Mehr konnte man von ihm doch nicht verlangen oder? Schon gar nicht jemand, der sich ganz offiziell sein Freund nennen wollte.
„Und ihr knutscht oder? Und vö-“ doch weiter kam Nishinoya nicht, da wurde er durch ein entsetztes „Yuu!“ von Asahi unterbrochen, dem er sich umgehend zuwandte.
„Was, ich sprech nur aus, was wir uns alle denken“, sagte er zu ihm, die Hände hob er hoch um zu beteuern, dass er sich keiner Schuld bewusst war. Es war nicht so, ,als würde er Tsukishima etwas unmoralisches unterstellen. War doch ganz normal, dass man in einer Beziehung innig miteinander war.
„Ja, wir schlafen miteinander“, antwortete der Blonde trocken, zur Überraschung alleranderen. Nishinoya hatte nun Blut geleckt. Er wollte den sonst so zynischen und angriffslustigen Rhetoriker nun so richtig aus der Reserve locken und ihm all die Fragen stellen, die beim gestrigen Spiel nicht möglich waren, weil dieser nicht mitgespielt hatte. Jeder, aber wirklich jeder hätte ihn zu seiner Beziehung zum ehemaligen Guess Monster ausgefragt.
Aber Tsukishima ließ sich nicht einfach ausfragen.
Nishinoya wollte wissen, ob sie danach kuschelten – „Und wenn? Er mag das“, dann fragte er, ob er beim Küssen die Augen schloss, weil es dann schöner wäre – „Vielleicht“ und neben Fragen zu der Art und Weise wie sie miteinander umgingen – vielleicht grob, vielleicht ganz liebevoll, aber vermutlich nicht so, wie Nishinoya und Asahi miteinander waren – oder vielleicht doch? – wollte er noch wissen, ob er ihn gerade vermisste. Darauf bekam er keine Antwort. Zumindest keine verbale. Denn das Funkeln in seinen Augen gab sogar dem Emotionsschwächsten die klare Bestätigung: Tsukishima vermisste Tendou unsäglich.
„Tja, ist wohl doch Liebe!“, wusste Nishinoya schließlich. Tsukishima ließ das dann so stehen.
Chapter 55: 99 Luftballons
Chapter Text
Terushima schnappte ungefragt Yamaguchis Hand und zog ihn auch gleich weiter. Immerhin waren sie in Japan, in Tokio auf einem Weihnachtsmarkt, da gab es auch Spielbuden und andere Attraktionen einem Jahrmarkt ähnlich. Für Terushima war sowieso der Junge an seiner Hand die größte Attraktion, aber diesem wollte er ja gerade zeigen, warum er ihn so toll fand. Außerdem wäre er nicht Johzenjis Kapitän, wenn Spaß nicht an erster Stelle stehen würde.
„Komm“, forderte er ihn auf, als es im Grunde schon zu spät war und Yamaguchi mit sanfter Gewalt gezwungen wurde, ihm zu folgen. Schnellen Schrittes ging er ihm nach und gab der Hand, die seine so fest umschloss, gar nicht so viel Bedeutung. Er ahnte ja, es kam aus der Intension heraus, dass er ihm nachgehen – fast schon nachlaufen – sollte.
Die beiden kamen vor einem Schießbudenstand zum Stehen, wo man allen Anschein nach mit Dartpfeilen auf eine Wand mit kleinen Luftballons schoss um mehr oder weniger coole Preise zu gewinnen.
„Yo, Tadashi, magst du das machen? Das ist bestimmt lustig!“, fragte Terushima während der Budenherr gerade noch zuvor geplatzte Ballons ersetzte. Yamaguchi nickte schüchtern. Zwar war er der Überzeugung, er wäre nicht gut im Dartspielen, aber das hier war ja ganz anders. Er hatte eine ganze Wand vor sich, die voll war mit Zielen.
„Es ist ganz einfach, seht ihr die Farben?“, fragte der Mann auf der anderen Seite den Tresen und deutete auf die verschiedenfärbigen Ballons. Den beiden fiel direkt auf, dass alle Farben gut vertreten waren, nur die roten Ballons waren selten.
Das Spielprinzip war auch schnell erklärt.
Für einen kleinen Unkostenbeitrag erhielten sie 5 Pfeile. Wenn jeder der Pfeile traf, gab es grundsätzlich schon einmal einen kleinen Preis. Wenn von einer Farbe mehrere Ballons getroffen wurden, wurde der Preis schon interessanter, noch spannender wurde es bei gehäuften gleichen Farben und für die fünf roten würden sie den Hauptpreis bekommen: Ein riesiger Teddybär.
„Wenn ich den für dich gewinne, würdest du dann mit ihm kuscheln?“, fragte Terushima mit einem frechen Grinsen. Yamaguchi sah zwischen ihm, den Teddy und den Ballons abwechselnd hin und her.
„Dazu müsstest du ganz schön gut sein“, beantwortete er die Frage nicht direkt. Der Gedanke mit einem riesigen Teddy zu kuscheln war irgendwie nett, es war bestimmt weich und er ahnte bereits, dass man so sicherlich leicht einschlafen konnte, aber wenn Terushima diesen für ihn gewinnen würde, dann würde er ihn doch immer mit ihm in Verbindung bringen und das war ihm direkt unangenehm. Er wollte eigentlich nicht daran denken, mit Terushima zu kuscheln.
„Ich bemüh‘ mich einfach“, sagte er und ließ sich für ein paar Scheine fünf Pfeile aushändigen. Mit diesen wandte er sich an seine Begleitung.
„Puste drauf“, sagte er und zwinkerte ihm zu. Yamaguchi sah ihn skeptisch an. „Bitte was?“, fragte er ihn verdattert, als ihm der Blonde die Pfeile hinhielt. „Für Glück, wie in den Filmen, wenn die im Casino dieses Spiel mit den Würfeln haben“, erklärte er ihm. Das war zwar noch keine brauchbare Erklärung für den Anderen, der über solch eine Szene wohl noch nie gestolpert war, aber er sah Terushima auch an, dass er nicht weitermachen würde, ehe er tat, was er von ihm verlangte, also pustete er vorsichtig gegen die Finger, die um die Pfeile geschlungen waren. Neugierig wartete er dann ab, wie er sich gleich anstellen würde.
Der Kapitän grinste die ganze Zeit über aufgeregt, zog dann seine Hand zurück und nahm den ersten Pfeil in seine rechte Hand. Die Finger schlang er dabei an den Griff, visierte einen der fünf roten Ballons an und …
Puff
„Wow, wie cool“, sagte Yamaguchi begeistert, als der erste rote Ballon zerplatzte. Terushimas Grinsen wurde breiter, die Aufregung größer. „Nur noch vier“, sagte er siegessicher und visierte auch schon direkt den nächsten roten Ballon an. Kurz wichen seine Augen vom Ziel, blinzelten zu Yamaguchi und sahen sofort wieder zurück auf die Wand. Der Brünette stand weiterhin neben ihm und beobachtete gespannt, was als nächstes passierte.
Puff
Der zweite rote Ballon wurde getroffen und Yamaguchi klatschte begeistert. Terushima legte direkt nach und –
Puff
Drei rote Ballons waren ausgemerzt.
„Nur noch zwei“, sagte Yamaguchi, der nun richtig aufgeregt wurde. An die Konsequenzen, die es mitziehen würde, wenn er mit einem riesigen Teddybär am Abend in den Bus steigen würde, dachte er gar nicht. Er fand es in diesem Moment wahnsinnig aufregend, Terushima zu beobachten, wie er sich für den vierten Wurf konzentriert über die Lippen leckte, den vierten roten Ballon anvisierte und schoss.
Puff
„Verdammt!“, platzte es aus Terushima heraus. Er hatte zwar getroffen, aber statt dem roten Ballon hatte er den gelben direkt daneben erwischt. Yamaguchi spürte, wie sich die Aufregung und Anspannung etwas löste. Er hatte sich so sehr auf das Spiel und die Spannung eingelassen und alles um sie herum abgeschaltet, dass er wohl einen ähnlichen Druck verspürt hatte, wie ihn sich Terushima selbst gemacht hatte, weil er doch unbedingt etwas richtig Cooles machen wollte und den Hauptpreis zu holen wäre wirklich verdammt cool gewesen.
„Das war aber auch sehr knapp“, sagte Yamaguchi und legte dem Punk die Hand sanft auf die Schulter. Dieser sah direkt zu ihm und erkannte die Wärme in den Augen des Anderen.
„Wow… Hast du mal ne Landkarte? Ich verlier mich gerade in deinen Augen“, sagte er zu Yamaguchi, dass dieser die Hand sofort wieder zurück zog und mit roten Wangen zur Seite sah. „S-sag sowas d-dock nicht“, bat er gleich darauf und legte sich die kalten Finger auf die heißen Wangen. Wie peinlich!
„Sorry…“, sagte Terushima und reichte ihm den letzten Pfeil. „Willst du?“, fragte er ihn und würde ihm den letzten Wurf überlassen. Yamaguchi nahm den Pfeil zögerlich aus Terushimas Hand, wobei seine Finger die Haut des Anderen berührten und er für einen kurzen Moment ein ungewohntes Kribbeln fühlte. Zumindest ungewohnt, wenn es um diesen Kerl ging. In Tsukishimas Anwesenheit kam dieses Kribbeln schon öfter auf, doch an diesen dachte er gerade nicht einmal. Terushima hatte ihn wirklich hervorragend abgelenkt.
„Also, noch einen roten oder?“, fragte er und Terushima nickte schnell. Dann visierte auch Yamaguchi erstmal diesen Abend einen roten Ballon an. Er kniff die Augen leicht zusammen und presste seine Lippen fester aufeinander, dann hielt er die Luft an und schoss.
Puff
„Wie schade… Tut mir leid“, sagte er gleich darauf und sah etwas traurig hinunter. Terushima legte dennoch begeistert den Arm um den Jüngeren.
„Aber nicht doch, du hast ‘nen gelben erwischt, das ist n Full House, oder so“, lachte er, denn das bedeutete, dass sie nur zwei Farben getroffen haben und das war schon einmal besser als nur drei der gleich Farbe zu treffen. Yamaguchi hob auch gleich wieder den Kopf und sah zu Terushima hinüber. „Du meinst, das war gar nicht schlecht?“, fragte er ihn und bekam ein begeistertes Nicken zur Antwort.
Der Budenbesitzer zeigte ihnen dann, zwischen welchen Preisen die entscheiden durften. Da waren Plüschies, hübsche Fächer und ein Gutschein für eine zweite Runde.
Terushima entschied sofort, dass es kein doofer Gutschein wurde und auch einen Fächer würde er Yamaguchi nicht schenken wollen, also wurde es wohl ein Plüschtier.
„Schwein oder Teddy?“, fragte er deswegen und ließ ihn entscheiden. Sofort huschte ein entzücktes Lächeln über Yamaguchis Gesicht. „Ich liebe Schweine“, sagte er entzückt, was Terushima ein weiteres breites Grinsen für diesen Abend entlockte.
„Ich bin ein Schwein – also im Sternzeichen“, sagte er und schoss sofort das Detail nach, als er Yamaguchis überforderten Blick sah. Er war doch kein Ferkel! Wobei… nun ja… naja vielleicht, aber das hatte hier jetzt nichts verloren. Yamaguchi brachte die Situation dann sogar zum Lachen. Es war ihm zwar peinlich, dass er das zuerst noch falsch verstanden hatte, aber zu wissen, dass der andere das Sternzeichen, des Tieres trug, das er am liebsten mochte, war doch irgendwie ein schöner Zufall. Außerdem hielt er kurz darauf ein super süßes rosa Plüschschweinchen in den Händen, welches er sofort an sich drückte und sein Gesicht darin schmiegte. „Danke“, flüsterte er und lächelte Terushima glücklich an.
„Du hast so süße Grübchen, lachst du denn noch mal für mich?“, forderte dieser, dass Yamaguchi sogar ein verlegenes Kichern verlauten ließ. „Du bist doch doof“, sagte er, aber Terushima grinste zufrieden.
„Mag sein, aber siehst du? Das ist genau das, was du mit mir machst, wenn ich dich nur sehen darf“, sagte Terushima und legte Yamaguchi die Hand sanft an die Wange um mit dem Daumen zärtlich über die feinen Lachgrübchen zu streichen. Yamaguchi sah peinlich berührt zur Seite, aber fühlte sich unheimlich geschmeichelt.
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas bei jemanden auslösen kann“, sagte er leise. Vor allem bei jemanden wie Terushima, doch dieses Detail ließ er lieber aus. Er wollte ihm nicht erklären müssen, dass er eigentlich eher Angst vor ihm gehabt hatte und ihn einschüchternd fand. Einschüchternd war das Ganze mit ihm immer noch, nur irgendwie wurde es gerade anders, da er spürte, dass Terushima keine bösen Absichten hatte und er hatte wirklich die Geduld aufgebracht, ihm ein ehrliches Lachen zu entlocken und das mit dem ganzen Aufwand dieses Spieles und dem Gewinn und nun auch mit der zarten Geste an seiner Wange. Irgendwie genoss er das mehr, als er es je erwartet hätte.
Chapter 56: Shut up & Kiss me
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Und während sich Konoha mit dem Gedanken arrangierte, eine Ablenkung für Futakuchi zu sein und dieser seine sein wollte, wandten sich Bokuto und Akaashi von dem vermeidlichen Pärchen ab, an dem sie jeden Moment vorbeigegangen wären und steckten schelmisch die Köpfe zusammen.
„Dachte nicht, dass Konoha auf böse Jungs steht“, kicherte Bokuto, doch Akaashi wies ihm, leise zu sein. Sie konnten sie vielleicht noch hören, außerdem war es ihm unangenehm, so über einen Freund zu sprechen.
„Also wusstet du auch nichts davon?“, fragte er ihn später, als er davon ausging, dass sie nun weit genug weg wären. Bokuto schüttelte den Kopf. Nein, das war wohl ganz neu, offenbarte er ihm. Zwar hatte er nicht besonders viel Kontakt mit Konoha, aber sie sahen sich schon immer wieder, allein auf der Uni liefen sie sich doch hier und da über den Weg.
Akaashi überlegte kurz. Ob er sich Sorgen machen sollte? Konoha machte nie den Anschein, dass er besonders über solche Dinge nachdachte. Sie sprachen zwar als sie noch in einem Team spielten, sehr selten über dieses Thema, aber gerade der Blonde war immer sofort ausgewichen und zog es vor, zu verschwinden. Selbst, wenn Akaashi nicht gerne darüber gesprochen hatte, wegen seiner Gefühle für Bokuto, die er unerwidert erahnte, da eben dieser gerne herumposaunte, wie er sich seine Traumfrau vorstellte. Ach hätte Akaashi nur richtig zugehört, dann hätte er schon damals verstanden, dass das ehemalige Ass immer nur von ihm geschwärmt hatte.
“Sie soll natürlich kleiner sein als ich, aber das ist nicht schwer und sie sollte klug sein, dass sie mir beim Lernen helfen kann oder halt im Leben, dabei kann sie auch harsch sein, ich brauch das und sie muss Volleyball mögen, am besten sogar spielen, wenn sie mir zuspielen könnte… das wäre ein Traum. Oh und dunkle Haare! Ich mag dunkle Haare und schöne Augen! Ich hab mal wem in die Augen gesehen und war sofort verknallt…“
Tja, wenn er sich das jetzt so durch den Kopf gehen ließ, fühlte sich Akaashi direkt dumm. Aber wie sagte man so schön? Später war man immer klüger als vorher. Auch wenn Akaashi gerne immer schon vorher wusste, was zu tun oder was richtig war. Aber er lebte auch gerne im Hier und Jetzt und vergeudete selten Gedanken an die Vergangenheit, zumindest nicht an Was-wäre-wenn-Spielchen. Bokutos Hand hielt er jetzt in seiner und nichts anderes zählte mehr auf dieser Ebene.
„Du musst mir unbedingt eines Tages wieder zuspielen“, sagte dieser, da er eine Aufmerksamkeitsspanne gleich einer Fliege hatte, nichts was für Akaashi neu gewesen wäre. Vermutlich sollte er es ihm bei dieser Sache gleich tun. Konoha war erwachsen, er war älter und vermutlich war Futakuchi auch gar kein schlechter Typ.
„Mit Freuden“, sagte er zu Bokuto und schlug für den Moment aber erst einmal ein wärmendes Heißgetränk vor, da es selbst zum Nachmittag ausgesprochen kalt war. Wie konnte es mitten im Winter auch anders sein? Der Vorschlag wurde sofort motiviert angenommen und die Suche nach dem perfekten Angebot gestartet. Die Wahl wurde schnell getroffen, denn Akaashi hätte gerne einen Beerenpunsch, Bokuto wollte es ihm gleich tun und ließ es sich auch nicht nehmen, seiner Begleitung einen Auszugeben. Er sah Akaashi dann auch ganz aufmerksam dabei zu, wie er den ersten und sogar seinen zweiten Schluck machte.
Die Getränke kühlten bei der Kälte und während des Gespräches über allgemeine Zukunftspläne recht gut ab, dass auch der letzte Schluck schnell folgte und Bokuto direkt ein verschmitztes Lächelns ins Gesicht zauberte
„Hey, du hast da noch was“, sagte er und griff Akaashi mit den Fingern ans Kinn um ihn zu sich zu ziehen. Akaashis schluckte dabei unweigerlich, unterließ es aber, sich über die Lippen zu lecken, weil er bereits vermutete, dass Bokuto etwas ganz anderes geplant hatte, was ihm auch durch sein wild schlagendes Herz deutlich gemacht wurde. Akaashi schloss die Augen, Bokuto strich mit seinem Daumen über die weichen Lippen um die zarten Überreste einer Himbeere abzustreifen, dann zog er die Hand zurück und ließ Akaashi vollkommen verdutzt wie im Regen stehen. Dieser machte die Augen wieder auf und starrte ihm etwas irritiert in die schönen gelben Augen. Warum hatte er auch erwartet, dass er ihn direkt hier vor all den Besuchern küssen würde? Nachdem sie gestern doch erst ihr erstes Date hatten – wenngleich als Überraschungsdate – und einander deutlich gemacht hatten, dass sie Interesse füreinander hegten.
„Dachtest, ich küss dich, was?“, sagte Bokuto und lachte knapp. Akaashi senkte den Kopf. Natürlich hatte er das. Warum musste das jetzt so hervorgehoben werden? Und warum wurde jetzt auch noch wirklich eine Antwort erwartet? War seine Verlegenheit nicht Antwort genug? – War sie.
„Ich wollte nur sicher gehen, dass es für dich auch okay ist“, sagte Bokuto, Akaashi sah Bokuto eingehendst an. War das sein ernst? Brauchte er wirklich eine Einladung? Gut, die konnte er haben: „Dann halt die Klappe und küss mich!“, forderte er harsch und spürte direkt darauf die Finger wieder in seinem Gesicht und dann endlich die Lippen des Anderen auf seinen. Die Augen fielen umgehend zu und das Herz schlug ihm bis zum Hals, aber dieser Kuss fühlte sich jetzt schon so erlösend an und stillte einiges an Sehnsucht, die sich über die Zeit aufgebaut hatte. Akaashi machte noch einen Schritt weiter auf Bokuto zu, um den Abstand zwischen ihnen gegen null gehen zu lassen schlang beide Arme um den Nacken des Größeren. Bokuto legte ihm die andere Hand auf den Rücken und schob ihn das letzte Stück zu sich um diese wunderschöne Nähe genießen zu können. Endlich. Endlich durfte er Akaashi küssen und all diese Gefühle zulassen.
Just in diesem Moment gingen Tanaka, Shimizu und ein riesiger Teddybär in Shimizus Armen an ihnen vorbei.
„Schätze, ich bin Toruu Oikawa n Milchbrötchen schuldig“, sagte Tanaka und sah etwas verstohlen zu Shimizu hinüber, die ein gutmütiges Lächeln auf dem Gesicht hatte. „Ich finds schön, wie viel Liebe zu dieser Zeit ist der Luft liegt“, sagte sie, dabei zogen sich ihre Lippen etwas weiter hoch und Tanaka blieb stehen. War das? War das der Moment? Hatte Shimizu etwa auch Liebe? In der Luft oder lieber im Herzen? Für ihn?
„Kyoko…“, sagte er und auch sie blieb dann stehen. Shimizu legte den Kopf schief und sah Tanaka dabei zu, wie er vor ihr auf die Knie ging.
„Bitte heirate mich“, bat er, wie er es schon vor fast drei Jahren das erste Mal getan hatte. Er war sich so sicher, dass es diesmal klappen sollte.
„Nein“, sagte Shimizu entgegen aller Erwartungen und ging schließlich mit ihrem riesigen Teddy weiter. Tanaka musste erst einmal für einen Moment inne halten. Das war wirklich… gemein!
„Ich heirate doch niemanden, der noch zur Schule geht“, sagte die dunkelhaarige Schönheit, was Tanaka sofort aufhorchen ließ. Okay! Er war noch im Rennen! Er hatte sich eindeutig gut angestellt. Das fand auch Saeko, die nicht weit entfernt mit Ukai und Takeda bei ihrem vierten Glühwein stand.
„Sieht so aus, als wäre ich nächstes Jahr fest eingespannt, eine Hochzeit zu planen“, kicherte sie. „Also wirst du uns nicht weiter anfeuern?“, fragte Ukai etwas wehmütig. Saekos Hand schnellte in sein Gesicht und ihre Finger drückten in Zusammenarbeit mit ihrem Daumen seine Wangen ein und seine Lippen somit zu einer Schnute.
„Ach, wenn ich damit für dieses traurige Gesicht verantwortlich bin, kann ich doch gar nicht anders“, sagte sie und ließ dann wieder von ihm ab.
Sie sah zu Takeda und versprach den beiden, dass sie zumindest zu den wichtigen Spielen kommen würde, immerhin waren ihr auch die anderen Jungs ans Herz gewachsen.
„Gut, dass wir das geklärt hätten… Wir sollten die Jung nun sowieso zusammentrommeln und die Heimreise antreten, dass sie noch rechtzeitig ins Bett können, auch wenn morgen die Ferien offiziell beginnen“, sagte Ukai, klatschte einmal fest in die Hände und die drei sammelten das Karasuno Volleyballteam auf, das sich auf dem Markt verteilt hatte um sie gebunden zum Bus zu bringen, wo sich schließlich auch Terushima von Yamaguchi verabschiedete. Gerade hatte er ihm noch an die Nummer, die er am Vorabend beim Flaschendrehen bekommen konnte, eine kurze Nachricht geschickt, die Yamaguchi bestimmt erst im Bus lesen würde.
„Bis bald, Tadashi“, sagte Terushima, hob die Hand zum Gruß und nahm etwas Abstand. Yamaguchi nickte und gab ein schüchternes „Bis bald… Y-Yuuji“, zurück, dann reihte er sich neben Tsukishima ein um in den Bus zu steigen, aber drehte sich doch noch einmal zu dem Kapitän der Johzenji High um.
Terushima wartete wohl genau diesen Moment ab und hielt seine Hand entsprechend um einen Telefonhörer zu mimen. Er hielt sich den Daumen ans Ohr, den kleinen Finger zum Mund und formte mit den Lippen „Call me“, dann zwinkerte er und verschwand hinter dem Bus wo ihn die Jungs bereits begeistert empfingen und ihm zustimmend auf die Schulter klopften, mit der Faust gegen den Oberarm boxten und ihn direkt ausfragten, ob er denn erfolgreich war.
„Und? Magst du ihn?“, fragte Tsukishima, der sich gerade auf einem Zweierplatz niederließ und zur Fensterseite rutschte, dass sich Yamaguchi direkt neben ihn setzen konnte. Dieser zuckte ertappt zusammen, aber nickte mit einem zustimmenden Mhm-Ton.
„Das ist doch gut“, nahm Tsukishima an und legte sich seine Kopfhörer erst einmal um den Hals, dann steckte er die Klinke in den MP3 Player und öffnete dort seine Playlist für die Heimfahrt.
„Ja, ich… ich glaube auch“, sagte Yamaguchi und konnte nicht verhindern, dass sich seine Lippen zu einem sanften Lächeln zogen. Selbst Tsukishima entwich dann ein sanftes Lächeln. Er war sehr froh darüber, dass sein bester Freund jemanden mochte, auch wenn er mit der Wahl nicht sehr zufrieden war, aber wer war er, dass er sich einmischte? Yamaguchi hatte auch nie ein schlechtes Wort über Tendou gesagt, er unterstützte ihn und ließ sich darauf ein, genau das wollte er auch machen. Auch wenn ihm jetzt schon vor so etwas wie einem Doppeldate mit den beiden Idioten (Tendou und Tersushima) gräuelte.
Yamaguchi zog nun sein Handy aus der Tasche und entdeckte die Nachricht, die ihm der Ältere zuvor geschrieben hatte. Als Reaktion lehnte er sich an Tsukishima vorbei zum Fenster und lächelte beim Wegfahren hinaus als er Terushima noch einmal erblickte.
-schau in deine jackentasche und
-lächle nochmal für mich
In der Jackentasche hatte er den kleinen Glücksbringer gefunden, den Terushima am Weihnachtsmarkt auf der Burg Sendai gekauft hatte, der wohl von nun an mit den rosa Plüschschweinchen zu seinen besonderen Besitztümern gehören sollte.
Chapter 57: Liebe
Summary:
Kleiner Zwischenepilog aus Tendous Sicht.
Es folgen danach Kapitel, die als zusammenhängende OS geschrieben wurden.
Chapter Text
Ich bin nicht unsicher. Bin nicht der Typ dazu, niemals. Böse Zungen würden wohl auch behaupten, ich wäre nicht der Typ für Liebe, mein Freund zum Beispiel. Er traut mir das nicht zu, dabei mein ich das absolut ernst mit ihm. Für mich war es Liebe auf den ersten Blick – Jaja, blabla gibt’s nicht, gibt’s schon! Ich bin das Guess Monster, war das Guess Monster, wie auch immer. Es ist meine Spezialität, andere zu durchschauen und Kei hab ich von Anfang an durchschaut.
Er hat den starken gemimt, ist damals kurz vor dem Moment gestanden, als er seine wahre tiefe Leidenschaft für Volleyball entdeckt hat und ich hab ihm das angesehen.
Gut, ich hab ihn vielleicht unterschätzt, meinen Normalo, der wirklich alles andere als normal ist, das hab ich aber erst gesehen, als ich ihm das erste Mal direkt Auge in Auge gegenüber gestanden bin. Es ging mir direkt auf die Nerven, wie tief sich sein Blick in mich hineingebohrt hat, aber ich hab die Chance genutzt und hab ihm in die Seele geschaut und dort jemanden entdeckt, in den ich mit augenblicklich Hals über Kopf verliebt habe.
Schon eigenartig diese Gefühle. Komische Sache, aber ich hab einfach handeln müssen. Ich hab aber auch gleich gesehen, dass sein bester Freund hoffnungslos in ihn verliebt ist. Als Konkurrenten hab ich ihn aber nur minimal gesehen, immerhin wäre Kei schon lange mit ihm zusammen gewesen, hätte er auch Gefühle für ihn. Glaube ich zumindest.
Wie auch immer, jetzt haben wir ja diesen verrückten Johnzenji Kapitän dabei und unsere Dates mit Beiwagen sind richtige Doppeldates geworden.
Zwar sehe ich Kei oft an, dass er sich schämt, Tadashi will oft im Boden versinken, aber ich verstehe mich einfach zu gut mit Yuuji. Er hat tolle Ideen, wir machen dann immer lustige Sachen und ich komme in den Genuss von Keis Lachen. Er lacht wunderschön, wenn er es endlich einmal tut.
Yuuji und Tadashi sind aber auch ein richtig entzückendes Pärchen, dass ich vielleicht sogar manchmal etwas neidisch bin, weil sie so ungehalten sein können. Kei mag das in der Öffentlichkeit nicht, dafür bekomm ich umso mehr Zucker, wenn wir alleine sind.
Er kann da ein richtig anderer Mensch sein und liebe einfach jede Seite an ihm.
Liebe.
Ja, ich hab gerade wirklich über Liebe nachgedacht. Ich glaube, ich liebe Kei Tsukishima wirklich. Und ich hoffe sehr, er liebt mich auch, denn das ist leider eine Ebene in der mich meine Intuition vollkommen enttäuscht und wo Kei sich nicht in die Karten schauen lässt. Ich sehe zwar oft ein Funkeln in seinen Augen, aber irgendwie werde ich unsicher. Ja, ich ich werde unsicher. Nur bei ihm.
Aber es ist Weihnachten, wir gehen seit fast einem Jahr miteinander und es hat schon vor mehr als einem Jahr so massiv zwischen uns gefunkt. Ich muss es ihm sagen, sowas kann ich ihm nicht verheimlichen und da muss ich aus riskieren, einen Punkt zu verlieren.
„Kei?“, fragte ich ihn, er sieht mich, zieht die Mundwinkel minimal hoch und nickt. Verdammt, ich verliere diesen Punkt.
„Ich liebe dich auch, Satori“, nimmt er mir den Job des Guess Monsters ab, dass ich nur noch staunen kann. Dieser Junge ist einfach unglaublich und ja, ich liebe ihn!
„Unentschieden“, sagte ich, er lacht und wir küssen uns.
Chapter 58: An OneShot not about Love but Sex
Summary:
Wie sich Konoha und Futakuchi so über ihre unerwiderte Liebe trösten.
Warnung: sexuelle Handlung
Chapter Text
Was gibt es wohl Schlimmeres als unerwiderte Liebe? Vielleicht, die Liebe seines jungen Lebens in die Arme eines Anderen zu treiben? Weil die beiden einfach Hilfe brauchten? Und man einfach nicht mehr zusehen konnte, weil es so schmerzlich war? Vermutlich das.
Irgendwo in sich hörte Akinori Konoha immer noch dieses Stimmchen, das ihm bittersüß vorlog, dass er noch eine Chance bei dem hübschen Zuspieler haben könnte, vielleicht, irgendwie, er müsste nur darauf warten, aber sein Realismus mühte sich mit stummen Diskussionen ab. Das Stimmlein war nicht ruhig zu kriegen und so saß Konoha in diesem frühlingshaften Nachmittag abermals in Schlabberklamotten vor seinem kleinen Wohnzimmertisch am Boden in der winzigen Einzimmerwohnung, die er sich nahe der Uni mit seinem Aushilfskellnerlohn gerade noch leisten konnte, und stellte eine kleine Blechbox aus der Lade auf die Tischfläche.
Mit geübten flinken Fingern fummelte er erst ein Plastiktütchen mit einem hopfenähnlichem Gewächs heraus. Es war getrocknet und wirkte wie angezuckert.
Konoha zog eine Blüte heraus und hielt sie bis auf Augenhöhe hoch um sie genauer zu betrachten. Die Kristalle an den braunen reifen Trichomen glitzerten im Sonnenlicht, das beim Fenster hereinkam und zeugten so von der Potenz des Krautes. Das Prachtstück wurde bedacht gedreht, bewundert und schließlich wieder gesenkt, dass er sich mit einer Nagelschere ein paar Stückchen auf eine Feinwaage abzwickte um auch die richtige Menge zu haben.
Das getrocknete Kraut wurde sorgfältig in das Plastik zurückgesteckt dessen Verschluss mit einer gezogenen drückenden Finger-Daumen-Koordination luftdicht verräumt werden konnte und verschwand darauf gemeinsam mit der Schere wieder in der Blechbox. Dererstatt nahm Konoha nun seine Gewürzmühle, wie der unter Kiffern handelsübliche Grinder im Fachladen verkauft wurde um die Behörden zu täuschen. Nun ja, im Grunde war es ja nicht falsch, denn durch diese Mühle war es ein Leichtes, kleine Saat so fein zu zerkleinern, dass sie zum Würzen von Speisen taugten. Wäre da nicht dieses Feinsieb, das die letzten und kleinsten Partikel der Marihuanablüte auffing um bei ausreichende Ansammlung für einen ganz besonders reinen und puren Kick sorgen würde.
Ein Blick unter eben dieses Sieb ließ ihn erahnen, dass bereits genug da war um zum Abend hin in genau diesem Genuss stehen zu können. Wenn er den Tag überstanden hatte.
Jetzt zupfte er sich aber erst einmal ein Pape aus einer kleinen Kartonschachtel, die direkt nach dem Herausfischen auch wieder in der Blechbox landete.
Das dünne Papier wurde längs in der Mitte gefaltet und mit naturbelassenem Tabak aus einem Trafikantensäckchen soweit gefüllt, bis Konoha zufrieden war. Auch der restliche Tabak wurde gleich darauf weggepackt, dann folgte das darüberstreuen der eben zerstückelten Blütenfragmente. Ein Aktivkohlefilter fand noch seinen Weg auf das Pape, dann wurde die Box mit allem außer dem Fertigbausets seines Joints in der Lade verstaut und Konoha drehte die Kräutermischung mit bewährter Präzession zu einer dünnen rauschherbeiführenden Zigarette zusammen. Er leckte das letzte Stücken Pape längsnach um sein Werkstück perfekt zusammen zu kleben und ließ es mit dem Filter abwärts zwei Mal zwischen seinen Finger auf den Tisch klopfen um den Inhalt zu lockern und für die richtige Zuggewähr zu verteilen.
Stolz betrachtete er das Ergebnis und ließ es verspielt zwischen den Finger balancieren während er zum Feuerzeug aus der Lade griff. Er wollte sich schließlich gleich die Möglichkeit geben, seine heutige Grundanspannung herunterzuschrauben, wäre da nicht in letzter Sekunde dieses nervige Geräusch der Türglocke ertönt.
Schnaufend packte Konoha sowohl Joint als auch Feuerzeug in die Lade, schob sie schnell zu, stand auf und würde wohl eines der erwarteten Pakete entgegen nehmen.
Was er aber im nächsten Augenblick vor der Tür vorfand, war nicht etwa der Paketbote, sondern seine großgewachsene brünette Ablenkung, die ihm in der Weihnachtszeit einiges an Kummer nahm, nur um nach dem westlichen Jahreswechsel wieder in seiner Traurigkeit zu versinken.
„Hab‘ meinen Eltern gesagt, ich bin bei meinem Freund und dass sie dich irgendwann kennenlernen“, sagte Futakuchi zur Begrüßung und betrat die Wohnung des Studenten, als wäre es seine eigene. Konoha sah ihm nach, hielt dabei die Türklinke noch in der Hand und konnte vor Verwunderung kaum mehr machen, als zu staunen.
Sie hatten sich nach den heißen Küssen, die sie vor ein paar Monaten erstmals ausgetauscht hatten, kaum gesehen, einmal schon war Futakuchi hier, weil er sich vom Trainingscamp zum Feiertag der Reichsgründung weggeschlichen hatte und Konoha übers soziale Netzwerk kontaktieren konnte um sich mit ihm zu treffen. Es kam dem Aschblonden gerade recht, denn der verfluchte Valentinstag stand vor der Tür und so ließ er Futakuchi an diesem Tag das erste und vorerst letzte Mal in seine Wohnung. Über das, was sie gemacht hatten, sprach er mit niemandem, aber er ahnte, dass der Jüngere daraus interpretieren könnte, dass sie so etwas wie eine Beziehung hatten, wenngleich es eine sehr abstrakte wäre.
„Aber ich bin nicht dein Freund… oder?“, sagte fragte er als er sich wieder fing und auch die Tür schließen konnte. Futakuchi hatte die Schuhe bereits abgestreift und spazierte direkt zum Wohnzimmertisch um sich mit einem lauten Seufzen auf der Couch niederzulassen.
„Nein, natürlich nicht, aber sie hätten mich doch nie in den Zug steigen lassen, wenn ich ihnen gesagt hätte, dass ich meinen Fuck-Buddy treffe“, sagte Futakuchi trocken und Konoha verschluckte sich umgehend an dem wenigen Speichel, der sich bereits im Gusto auf den Joint in seinem Mund angesammelt hatte.
„Dein was? Hab ich etwas verpasst?“, fragte er zurecht verdattert und Futakuchi legte den Kopf schief.
„Oh und ich dachte, wir treffen uns, weil wir frustriert sind und vögeln ‘n bisschen rum, wie letztes Mal“, nahm der Oberschüler kein Blatt vor den Mund, dass es Konoha dieser Ehrlichkeit und Offenheit eiskalt den Rücken runter lief. Irgendwie hatte er ja recht, Konoha dachte nur nicht, dass das bereits besprochene und ausgemachte Sache war. Korrigieren würde er ihn nun aber auch nicht.
„Was ist passiert?“, fragte er, weil er genau wusste, dass solch ein Besuch, so spontan, einen Auslöser brauchte. Er setzte sich auf den Boden zwischen Couch und Tisch. Die Lade wurde wieder geöffnet, der Joint herausgenommen und endlich angezündet um den ersten tiefen Zug inhalieren zu können. Vor Futakuchi hatte er diesbezüglich keine Sorge, da war er von Anfang an offen. Der Brünette seufzte abermals.
„Haben gegen Karasuno gespielt…“, sagte er und Konoha wusste sofort, wo der Schuh drückte.
„Ist er mit ihr-“ – „Nein, glaube nicht“
Konoha wollte sich um den Beziehungsstatus des blonden Coaches erkundigen, doch wurde sofort abgeschmettert. Nun gut, dann schwiegen sie sich eben an. Für eine Weile zumindest. Das kam ihm sowieso gelegen, weil er gerade erst einmal sein eigenes inneres Volume herunterdrehen musste. Er schloss die Augen und nahm den zweiten Zug tief in seiner Lunge auf, hielt an und ließ den Rauch langsam wieder seinen Lippen entweichen. Eine Pause walteten, in der man beide nur atmen konnte, Konoha machte einen dritten Zug und spürte endlich, wie es in seinem Kopf ruhiger wurde, langsamer und sich der Druck löste. Dann wurde die Stille gebrochen.
„Wie geht’s dir… mit ihm“, fragte Futakuchi ungeahnt vorsichtig nach, dass Konoha die Augen aufmachte und zu ihm zurücksah. „Beschissen“, antwortete er ehrlich, aber zuckte mit den Schultern. Futakuchi lächelte bitter. So war das nun einmal.
Konoha wandte sich für einen weiteren Zug ab. Wieder Stille.
Wenig später, der Joint war nur mehr zu einem Viertel da, griff Futakuchi auf Konohas Schulter und zog den Älteren zurück.
Konoha ließ sich lenken und richtete sich auf um zurück auf die Couch zu klettern. Doch Futakuchi wollte ihn nicht einfach neben sich sitzen haben, sondern wies ihn direkt auf seinem Schoß ein, wo sich der Ältere mit einem süßen Lächeln niederließ und so nah wie möglich an ihn heranrutschte.
Eine von Futakuchis Händen griff nach der, in der Konoha den Joint hielt und führte sie sich näher ans Gesicht. Er fragte nicht nach Erlaubnis, sondern legte seine Lippen neugierig auf Konohas Finger um seinen ersten Zug der bewusstseinserweiternden Kräutermischung in sich aufzunehmen. Konoha beobachtete genau, wie ihm die Augen zufielen und wie überraschend smooth der Jüngere das machte, von dem er noch nicht einmal annahm, dass er sich jemals an einer normalen Zigarette versucht hatte.
Die erwartete Reaktion folgte aber sogleich beim Übergang vom Einatmen ins Ausatmen.
Futakuchi begann heftig zu husten, Konoha nahm ihm den Rest des Joints ab und sprach ihm gut zu während er ihm mit dem Daumen liebevoll über die Wange strich.
Ein tiefer Atemzug folge dem starken Hustanfall und ihre Blicke trafen sich wieder. Als wäre der Funke just in dem Moment übergesprungen, packte Futakuchi Konoha fest an seinem T-Shirt, riss ihn an sich heran und verwickelte ihn fast umgehend in einen heftigen Kuss mit wildem Zungenkampf, der Konoha in seiner Leidenschaft einfach vollkommen überrumpelte. Futakuchi war so anders, als Konoha es sich je von seinem Partner gedacht hätte. Solch eine Aggressivität hätte er nie von Akaashi erwartet, den er einfach nicht aus seinem Kopf bekam.
Zwischen den Küssen nahm Konoha irgendwann luftringend den letzten Zug seines Joints und gewahr der Glut in einem dafür bereitgestellten Keramik-Schälchen zu versiegen ehe er sich von Futakuchi fordernd in die Tiefen der weichen Couch drücken ließ.
Die Lippen des Brünetten lösten sich von Konohas, setzten aber kurz darauf an dessen Hals fort. Konoha hob den Kopf, schob dabei sein Haupt weiter in die Couch und schloss unter dem reizvollen Saugen an der dünnen Haut die Augen. Ein erstes Keuchen entwich ihm, als Futakuchis flinke Finger unter seinem T-Shirt verschwanden und mit der Kühle eine Gänsehaut verursachten.
Schon beim ersten Mal war er überrascht, wie zielstrebig Futakuchi war. Doch das war gar nicht so schlecht. Sie mussten nicht besonders vorsichtig miteinander sein, auch wenn es für Konoha schöner wäre, sie würden sich sanft und bedacht lieben. Aber das war nun einmal das Problem. Sie liebten einander nicht.
Die Kleidung fand ihren Weg Stück für Stück auf den Boden, die Couchlehne, eine Socke landete sogar am Tisch und als Futakuchi immer tiefer an Konohas Oberkörper hinunterrutschte und das letzte Kleidungsstück über dessen schlanke Beine abstreifte, landeten die Boxershorts auf der Fensterbank weit hinter der Couch.
Aber diesem Umstand schenke Konoha absolut keine Beachtung, denn mit der Zunge wanderten auch die Finger des Anderen immer weiter Richtung seiner Körpermitte und benebelten seinen Verstand neben dem Rauschgift nur noch mehr. Klar denken war nicht mehr möglich, seit einigen Augenblicken schon und als Futakuchi seine Lippen ansetzte und Konohas bereits stattliche Erregung tief in seinem Mund versenkte, war das letzte Fünkchen Nachdenken erloschen.
Ein lautes Stöhnen erklang und Konoha krallte seine Finger einerseits in den Bezug der Couch und andererseits fest in Futakuchis Haar, durch das er gerade noch etwas nervös geglitten war. Damit hatte er einfach nicht gerechnet, das war das letzte Mal nicht geschehen, aber hinterfragen, weder verbal noch nur in Gedanken, konnte er das nicht, stattdessen streckte er den Rücken durch und genoss Futakuchis Liebkosungen an seiner Männlichkeit, die Mal um Mal tiefer in seinen Mund glitt und die feuchte heiße Höhle wieder verließ um noch einmal tiefer aufgenommen zu werden.
Er wollte ihn zu nichts drängen, aber die Hand im Haar des Anderen packte ganz automatisch fester zu, dass er ihn unterbewusst immer wieder mehr an sich schob. Futakuchi ließ ihn vorerst machen, hätte auch ein breites schmutziges Grinsen vermerkt, hätte er den Mund nicht so voll. Stattdessen verwöhnte er seinen Gastgeber mit all den Dingen, die er in Erotikstreifen gesehen und von denen er irgendwie auch gelernt hatte. Konoha war ihm dankbar für die intensive Recherche, denn schon nach kurzer Zeit spürte er, wie sich die Hitze immer mehr in seiner Mitte sammelte. Sein Atem wurde schneller, flacher und die Augen begannen zu flackern. Ihm wurde schwindelig und hinter geschlossenen Lidern drehte sich alles, was durch den Drogenrausch abgebildet wurde. Farben, die er gar nicht wirklich sah, verschwommen ineinander, Formen gerieten aus den Fugen und er meinte, seinen Herzschlag pulsieren zu sehen, als er seinem Höhepunkt in Wellen immer näher kam.
„Kenji! Vorsicht, ich… oh Gott, Kenji, ich komme“, presste er hinter seinen Lippen hervor und bereute gleich, den Anderen nicht eher gewarnt zu haben, aber es übermannte ihn schlichtweg und Futakuchi ließ es zu. Er ließ zu, dass sich Konohas Druck unter dessen lautem Stöhnen ergiebiger als erwartet in seinem Mund abließ, aber entschied schnell: Schlucken würde er das Zeug sicher nicht!
Schwer atmend lag Konoha vor und unter Futakuchi und konnte ihm während seinem Ausklang nur unbeholfen eine Socke zum Spucken anbieten, welche aus der Not heraus angenommen und entweiht wurde.
„Küss mich“, verlangte Konoha direkt darauf und zog ihn im Nacken auch schon an sich heran. Gierige Lippenpaare prallten aufeinander, dabei war auch der bittere Beigeschmack seiner selbst egal, er brauchte diese Art der Nähe jetzt, die ihm noch ein Mal ein Keuchen entlockte, wie er nun Futakuchi deutlich zwischen seinen Beinen spürte.
„Soll ich?“, fragte er etwas außer Puste und zeigte mit seiner Hand an Futakuchis Lenden sofort, was er meinte. Doch dieser schüttelte den Kopf und küsste ihn nur wieder fest und verlangend. Er hatte eindeutig mehr vor, als einfach nur aneinander herumzuspielen. Futakuchi schien beim Entkleiden auch darauf geachtet zu haben, seine Hose in Griffweite zu behalten, denn diese ertastete er gerade blind und fummelte aus einer der Taschen ein quadratisch verpacktes Kondom heraus. Konoha erkannte es noch nicht, so benebelt war er noch von Kuss und vorhergehendem Hohepunkt, aber das Rascheln und die Bewegung ließ ihn bereits erahnen, wohin es führen würde. Wieder.
Er ließ zu, dass Futakuchis Hände von ihm abließen, aber hielt ihn stattdessen mit beiden Armen im Nacken nah an sich. Sollte er sich das Kondom nur überziehen, er war bereit, er würde sich auch jeden Moment für ihn umdrehen, nur erst wollte er noch mehr von diesen Lippen und diesen Küssen, die ihm bei ihrem ersten Date am Weihnachtsmarkt schon den Verstand geraubt hatten.
Futakuchi küsste ihn natürlich auch genau so, wie er es verlangte, dazu stand er auch einfach zu sehr darauf. Mit den Fingern riss er nebenbei die Packung auf, hob sein Becken an und rollte sich das Kondom über. Kaum merkte Konoha, dass Futakuchi genauso bereit war wie er, löste er sich von ihm und sah ihm erregt und erschöpft zugleich in die Augen. Zwar war er bereits zum Schuss gekommen, aber die Küsse und der Ausblick hatten ihn schnell wieder auf das heiße willige Level gebracht.
„Warte, ich will dich diesmal ansehen dabei“, verlangte Futakuchi und hielt Konoha in seiner eben begonnenen Bewegung auf. Etwas überrascht musterte der Blonde seinen Gast. Ob das so einfach ging? Denn nein, sie wussten nicht recht, wie sie einander richtig vorbereiteten. In den heißen Filmchen ging es immer gleich zur Sache und auch wenn sie wussten, wie fern das der Realität war, so kannten sie nur das. Extrafeuchte Kondome, die Luft anhalten und dann vorsichtig, behutsam und nur nicht zu schnell, so gingen sie beim letzten Mal vor, so würden sie es auch jetzt machen. Sie waren jung, sie waren am Ausprobieren und Lernen und gerade ging es um Druck ablassen, was ein bisschen Schmerz nicht abhalten würde. Schon gar nicht Futakuchi, denn der fühlte ihn ja nicht und Konoha hatte sich beim letzten Mal nicht beschwert. Vermutlich wirkte das High des Älteren auch entsprechend hemmend und half, dass ihr erstes gemeinsames Mal eine grundsätzlich positive Erfahrung war, wäre da nicht der Grund, der dazu geführt hätte. Dass sie eben nicht einander suchten.
Futakuchi trug etwas Gleitgel auf – Konoha wusste nicht, wo das plötzlich herkam, er hatte aber auch keinen Kopf dafür, sich darüber Gedanken zu machen. Sein aktuelles High hinderte ihn ganz allgemein daran, auch nur irgendetwas zu hinterfragen und so wog er sich in Futakuchis Armen in Sicherheit und riss den Kopf auf der Couch in den Nacken, als er kurz darauf das vorsichtige langsame Eindringen wahrnahm. Diesmal konnte er sein Gesicht nicht einfach in ein Kissen drücken und seine Lautstärke zügeln oder seine Reaktion verstecken.
Auch für Futakuchi war es diesmal ganz anders. Er hatte mit den heißen gespreizten Beinen zu hantieren, müsste später beim Zustoßen aufpassen, dass er Konoha nicht noch zusätzlich verletzte, indem er etwas zwischen ihnen einzwickte und die Position war einfach ganz anders, nicht so einfach, aber er wollte das so, denn Konohas Gesicht gefiel ihm.
Vorsichtig lehnte er sich beim Eindringen nach vorne und legte seine Stirn keuchend und schwer atmend an Konohas Schulter ab. Seinen linken Arm stützte er zwischen dem Studenten und der Lehne ab, die unterstützende rechte ließ langsam von seiner Erregung ab, je tiefer ein in seinem Partner drang und gewahr ihm dann die Seite des Anderen zu erfassen und ihn dort kräftig anzupacken. Zwischen den beiden lief neben der Zeit des ersten Eindringen nichts zart und sanft ab, denn sie beide hatten Frust, der abgebaut werden musste und so hob er Konoha mit einem festen Griff an der Hüfte hoch und stieß ein erstes Mal erlösungsfordernd zu.
Lautes ungeregeltes Keuchen stieß auf wildes Atmen. Finger wurden in Haut und Stoff vergraben, aber schoben sich auch durch blondes und braunes Haar. Verschwitzte Körper rieben aneinander, heiße Küsse wurden ausgetauscht und aus Keuchen wurde Stöhnen, drückende Finger hinterließen dünne rote Striemen und Namen wurden in Ekstase verlautet.
„Keiji!“ – Futakuchi hielt abrupt inne und Konoha wurde sich sofort seines fatalen Fehlers bewusst. „Es… es tut mir leid“, drückte er unter schwerem Keuchen hervor, aber Futakuchi rührte sich nicht, er verharrte und starrte Konoha mit einem schier verurteilenden Bick an, atmete aber genauso schwer. Konoha ahnte schon, dass er alles, was sich zwischen ihnen ergeben hatte – wenngleich es für Beide nicht von tiefer Bedeutung war – gerade mit nur einem falschen Buchstaben zerstört hat.
„Alter, ich weiß, du bist unglücklich… und high… und ich bin nicht deine erste Wahl, aber wenn du noch einmal seinen Namen stöhnst oder auch nur daran denkst, dann trete ich dich aus deiner eigenen Wohnung!“, drohte Futakuchi und stieß direkt einmal fest zu, dass es Konoha eine Lehre war. Tränen sammelten sich in seinen Augen, aber er nickte und Futakuchi setzte seine Stöße nun ohne weiter Rücksicht zu nehmen fort. Er war sauer, richtig wütend und das wollte er den Älteren auch deutlich spüren lassen, aber er war eben auch verdammt geil, weswegen er ihn nun sicher nicht aus der Wohnung jagen würde.
Konoha blieb dabei nicht einmal die Chance, sich noch einmal zu entschuldigen oder zuzustimmen, denn ein erbarmungsloser Stoß nach dem anderen folgte. Hilfesuchend schlang er die Arme um Fuktakuchis Oberkörper und fragte sich, wie er dieses Abenteuer überstehen sollte. Der Andere raubte ihm gerade jegliche Möglichkeit, klar zu denken, das abzugrenzen oder sich irgendwie zu sammeln. Stattdessen wurde sein Stöhnen lauter und ungehaltener, aber auch an Futakuchis Tönen konnte er deuten, dass es nicht mehr lange dauern würde, ehe er wieder in aller Ruhe nach Luft schnappen und sich sammeln konnte, aber gerade meinte er, gutmachen zu müssen, was er angestellt hatte. Er wusste, und dazu konnte er noch so high sein, den falschen Namen sagte stöhnte man nicht, das war unverzeihlich und umso verwunderlicher war es, dass Futakuchi nicht gleich abgehauen war und Konoha zum Teufeln gejagt hatte, aber als hätten sich die Wogen wieder geglättet ging ihr heftiges Frustabbauen weiter und endete schließlich in Futakuchis erlöstem Stöhnen und einem letzten Stoß, nachdem er einen Moment tief in Kononha verharrte, der sich das verschwitzte Haar aus der Stirn strich und hoch in Futakuchis braune Iriden sah. Bis eben war Konohas Augen geschlossen und er wünschte sich sehnlichst, in Akaashis mystische türkise Augen zu sehen, doch was dieses Braun gerade an unerwarteter Sicherheit ausstrahlte, ließ ihn ebenso schlucken, als hätte er in Akaashis Augen gesehen.
„Ich liebe ihn…“, sagte er und schmiegte sich unter zittern fest an Futakuchi, der ihn eng an sich schob.
„Ich weiß…“
Chapter 59: An OneShot about two Kinds of Love
Summary:
Tendou, Tsukki, Terushima und Yamaguchi gehen auf ein Doppeldate
Chapter Text
"Tendou ist für zwei Wochen hier, da könnt ihr euer blödes Ding planen", gab Tsukishima eher unfreiwillig seine Zustimmung zu dem Doppeldate kund, das Terushima und Tendou beide so feiern würden. Gott, worauf ließ er sich da bitte ein? Das konnte doch nur im Chaos versinken, mindestens aber würde es höchst unangenehm werden, da war er sich sicher.
"Warum nennst du ihn eigentlich nicht Satori?", fragte Yamaguchi komplett am wichtigen Teil der Information vorbei. Eigentlich sollte er fragen, was in den Rahmen passte, welcher Tag Tsukishima am liebsten war und wie viel Zeit sie einplanen durften – je weniger, desto besser. Aber nein, er fragte nach der Namenskonvention...
"Ich nenne ihn ja Satori... hin und wieder", antwortete Tsukishima und wich einem Blick von Yamaguchi aus, den er nicht mochte. Die Mundwinkel des Brünetten zogen sich weit auseinander, die Augenbrauen hoben sich in Bögen und der ganze Ausdruck wurde schelmisch und verschlagen. Yamaguchi konnte es faustdick hinter den Ohren haben, so schüchtern er auch war, Tsukishima kannte einfach jede Ecke und Kante seiner Persönlichkeit, dass er jetzt zwar nicht überrascht war, peinlich war ihm die Richtung dennoch.
"Wenn ihr alleine seid~?", fragte Yamaguchi und wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.
"Yamaguchi!", mahnte Tsukishima sofort, zwar mit geröteten Wangen aber zielführend. Denn Yamaguchi entschuldigte sich und ging nicht weiter auf das Thema ein. Stattdessen zückte er sein Handy und tippte rasch eine Nachricht. An Terushima wohl. Tsukishima seufzte. Dieses Funkeln, das er in seinen Augen erkannte, hat er zuvor noch nie gesehen, erst seit dieser sich regelmäßiger mit dem Kapitän der Johzenji traf. Hach, eigentlich war er ja der Letzte, der den gewählten Umgang verurteilen sollte, aber war es so falsch von ihm, sich Sorgen um seinen besten Freund zu machen?
"Seid ihr jetzt eigentlich zusammen?", fragte er und Yamaguchi blieb augenblicklich mit hochrotem Kopf stehen.
Oh, also nicht.
"Wärst du es gerne?", wurde weitergefragt ohne eine verbale Antwort abzuwarten, die Reaktion war deutlich genug. Yamaguchi wandte sich ab, stammelte dabei irgendetwas Unverständliches, aber auch das war für Tsukishima deutlich genug. Ein verhaltenes Lachen entkam seinen Lippen und er zuckte mit den Schultern. "Vielleicht solltest du mit ihm darüber reden", schlug er vor und ging einfach weiter. Wegen so einer Lappalie würde er seinen Heimweg sicherlich nicht länger gestalten als notwendig.
Ein bisschen wunderte er sich schon darüber, dass der Punk das Ding noch nicht klar gemacht hat. War Terushima etwa doch taktvoller als Tsukishima es ihm zugetraut hat?
"J-ja vielleicht", fand Yamaguchi seine Sprache wieder und stolperte dem Blonden hastig nach. Die Farbe in seinem Gesicht nahm noch keinen gesunden Ton an. "Wie lange geht ihr schon auf Dates?", fragte Tsukishima weiter – das mit der Farbe würde so schnell also nicht besser werden.
"Fast drei Monate... a-aber nicht so oft alleine. Wir sind meistens einfach nur mit seinen Freunden beim Skatepark oder in der Spielhalle. Er ist immer so aufgedreht und fröhlich. Wenn ich bei ihm bin, fühle ich mich unbeschwert und auch wenn er manchmal etwas lebensmüde wirkt und so als kennt er kein Risiko… er ist total wehleidig, das ist irgendwie süß, er versucht das immer zu verstecken, aber ich merk das. Wenn er mal stürzt ist er für einen Moment ganz anders, er wirkt so zerbrechlich und… oh mein Gott, ich rede zu viel über ihn, bitte entschuldige, Tsukki“, plapperte Yamaguchi vor sich hin und schlug sich die Hände vors Gesicht. Tsukishima seufzte. Eigentlich fand er es ja schön, dass er so begeistert von einem anderen Menschen war. Letztes Jahr hat er noch so bedrückt gewirkt und so als würde er etwas vor ihm verheimlichen. Was dahinter steckte, hat er nie hinterfragt und er war umso dankbarer, dass dieser dahergelaufene Punk dafür sorgte, dass Yamaguchi irgendwie aus seinem Schneckenhaus heraus kam.
Yamaguchi kam sogar manchmal mit dem Skateboard zur Schule, zwar noch sehr amateurhaft, aber es schien ihm Spaß zu machen und er bewies damit auch noch einiges an Mut. Tsukishima mochte auch das Lächeln gerne, das Yamaguchis Lippen zierte, wenn dieser erzählte, dass er wieder einen Nachmittag mit Terushima verbracht hat, aber er war noch nicht so ganz warm mit der Idee geworden, dass der schüchterne süße Yamaguchi mit dem aufgekratzten Punk so viel Zeit verbrachte und es durchaus sehr viel romantisches Potential hatte.
Tsukishima mochte es nicht, wenn Terushima Yamaguchi von der Schule holte und einen seiner billigen und schlechten Anmachsprüche losließ. Er verdrehte dabei immer die Augen, immer öfter seufzte er dabei genervt. Am meisten nervten ihn aber wohl Yamaguchis Reaktionen. Dieses bekloppte Kichern, die rote Farbe im Gesicht und das Runterspielen der doch manchmal sehr eindeutigen Ansagen.
„Und wenn ihr alleine seid? Wie ist er dann? Er ist doch nicht aufdringlich oder?“, wollte er wissen und Yamaguchi antwortete sofort.
„Nein, gar nicht! E-er ist sehr zärtlich und vorsichtig“, war die Antwort, mit einem schüchternen Lächeln begleitet. Bei Tsukishima klingelten natürlich umgehend die Alarmglocken.
„Wie oft ward ihr schon alleine? Habt ihr schon miteinander geschla-“, doch er konnte seine Frage nicht fertig stellen, da fuhr ihm Yamaguchi mit einem empörten „Tsukki“ drüber.
"Entschuldige bitte, Yamaguchi", sagte Tsukishima, allerdings war in seinem Blick kein bisschen Reue. Ganz gegensätzlich des Gesagten zogen sich seine Mundwinkel breit. Er genoss das gerade richtig aber klopfte seinem Freund dennoch liebevoll auf die Schulter. "Schon gut, pass einfach auf“, sagte er zu ihm und wandte sich seinem Haus zu, das sie soeben erreichten.
„Bis dann, Yamaguchi“, sagte er und verabschiedete sich von seinem besten Freund, der weiterhin mit seiner Empörung kämpfte.
Hätte er geahnt, was die drei sich für das Doppeldate ausdenken würden, hätte er das mit dem Mitleid bestimmt sein lassen. Aber im Moment tat es ihm doch etwas leid, dass er Yamaguchi so vor den Kopf gestoßen hatte.
Später erfuhr er, dass Terushima Yamaguchi erst einmal geküsst hat, zum Abschied, flüchtig und danach war er rückwärts die Stufen vor Yamaguchis Haustür hinunter gestolpert.
„Vollidiot“, hat Tsukishima sich über die Erzählung lustig gemacht.
An diese Vorstellung dachte er auch, als sie sich zu dem vermeidlichen Doppeldate trafen. Tsukishima und Yamaguchi waren überpünktlich. Yamaguchi war nervös für sie beide, denn Tsukishima konnte es nicht egaler sein. Tendou schrieb gerade, dass er sich um ein paar Minuten verspäten würde und Terushima kam war in kurzer Entfernung bereits auf dem Skateboard zu erkennen.
„Wow… gibt’s hier in der Nähe ‘nen Flughafen oder ist das mein Herz, das da gerade abhebt?“, fragte er als er direkt vor den beiden stehen blieb und mit einem coolen Kick das Board hoch brachte, es unter seinem Arm einzuklemmend. Sein Blick und seine Aufmerksamkeit gehörte ausschließlich Yamaguchi, wogegen Tsukishima wahrlich nichts einzuwenden hatte. Er schnaubte den Spruch für sich weg, während der Brünette seine Fassung darüber zu verlieren schien.
Zu beobachten, wie sein bester Freund darauf reagierte, war schon seltsam, wie er auf seinen Füßen herumtapste, den Kopf senkte, sich die Hand in den Nacken legte und verzweifelt versuchte, durch Wegsehen die Schamesröte zu verstecken. Ganz schön uncool. Aber irgendwie süß.
„Lasst uns reingehen, Tendou kommt in ein paar Minuten“, sagte Tsukishima und entfernte sich damit umgehend von dieser unangenehmen Situation. Yamaguchi stotterte noch etwas Unverständliches für die beiden Blonden, aber folgte mit Terushima in das Lokal, das dieser ausgewählt hat.
Ki Bar, eine Karaoke Bar, wie Tsukishima nach dem Eintreten feststellen musste. „Das ist nicht euer ernst oder?“, fragte er und wandte sich sogleich wieder zum Gehen nur um in zwei absolut überbeflügelte Gesichter zu blicken. Na toll, die beiden waren jetzt schon so ausgespaced, dass ein Fluchtversuch zwecklos war. Man wollte sich ja auf das hier einlassen.
Ein Doppeldate. Tsukishima und sein Freund und Yamaguchi und… nun ja, Terushima.
Selbst als Tendou wenig später auch erschien und die vier gemeinsam auf einem runden Tisch saßen, Getränke hatten und aus einer Liste wählten, welche Songs sie singen wollten, war Tsukishima dieser Umstand noch zuwider.
„Ich nehm‘ Sweet but Psycho! Wakatoshi-kun hat mal gesagt, das passt zu mir“, kicherte Tendou und stierte mit einem frechen Gesichtsausdruck zu Tsukishima, der den letzten Satz mit argwöhnischem Ton und Augendrehen wiederholte.
„Kei! Du wirst doch nicht eifersüchtig sein!“ gab Tendou gespielt schockiert von sich, auch Mimik und Gestik waren übertrieben, so übertrieben, dass Tsukishima gar nicht darauf einging.
„Ich nehm das hier“, sagte er und loggte einen Song ein. Dass er sich hatte überreden lassen zu bleiben war der Aussicht zu verdanken, wie sehr sich die anderen blamieren würden. Solange nicht noch seine ganze Klasse oder der restliche Volleyballclub hier auftauchen würde, wog er sich auch in Sicherheit.
„Dein Lied kenn ich gar nicht“, sagte Terushima, als Yamaguchi sich für einen eher unbekannten Titel entschied. „Ich glaub, du wirst es mögen“, antwortete der Brünette und sah etwas verlegen zur Seite, dass Terushima ihn mit einem schelmischen Grinsen betrachtete. „Wird es eine Liebeserklärung?“, wollte er wissen. Yamaguchi trieb es die rote Farbe wieder in die Wangen und die Stimme aus dem Hals, denn außer einem erstickten Laut kam nichts über seine Lippen.
„Fang lieber an, Romeo“, stänkerte Tsukishima und schob Terushima von Yamaguchi weg und in die Richtung der kleinen Darstellerbühne.
„Also ich würde es sehr romantisch finden, wenn du ihm so deine Gefühle ausdrücken würdest“, sagte Tendou und unterstrich seine Worte mit unterstützenden Handgesten. Yamaguchi zuckte zusammen, Tsukishima verdrehte die Augen.
Und dann begann Terushima schon einen viel zu klischeebehafteten Karaoke Klassiker mit einem „Yeah“
Der Text flimmerte auf einem Bildschirm mit, ein Punkt sprang von Wort zu Wort und die Schrift färbte sich um wenn die Zeit des Einsatzes vergangen war und Terushima sang mit besonders viel Schmalz in der Stimme und zu Tsukishimas Überraschung nicht einmal mies. Wäre der Song nicht so grottenschlecht ausgewählt worden…
You are my fire
You are my fire
The one desire
The one desire
Believe when I say
Believe when I say
I want it that way
I want it that way
Yamaguchi hing förmlich an den Lippen den blondgefärbten Punks und auch Tendou war hellauf begeistert und klatschte und pfiff und jubelte als der Pseudo-Backstreet Boy mit einer coolen Pose von der Bühne sprang und sich wieder an den Tisch setzte um mit ihm abzuwechseln. Tendou gab in für Tsukishima unerträglicher Inbrunst den angekündigten Hit von Ava Max zum Besten.
„Ich glaube nicht, dass du auf Ushiwaka eifersüchtig sein musst“, sagte Terushima, dem ein weiteres unerfreutes Augendrehen des Brillenträgers auffiel. Oh, Tsukishima hätte seine Augen direkt lauter verdreht, wäre das nur möglich gewesen.
„Darum geht es nicht, ich mag es nicht, wenn man ihn als Psycho bezeichnet, er ist kein Psycho“, sagte Tsukishima und nahm schnell darauf einen Schluck von seiner Limonade. Was er in Tendou wirklich sah, sagte er niemandem, schon gar nicht Terushima, Yamaguchi vielleicht und ganz vielleicht Tendou, der sich aber vorerst damit zufrieden geben musste, dass er ihn unter vier Augen beim Vornamen nannte und Zärtlichkeiten mit ihm austauschte.
„Und was ist er dann?“, fragte Terushima rotzfrech nach, obwohl deutlich zu erkennen war, dass der Schluck vom Getränk einem Ausweichen zum Weiterreden gleichbedeutend war. Yamaguchi sah etwas unsicher zu seinem besten Freund, der sich erfolgreich weigerte, zu antworten, da drehte Tendou mit seinem Gesang gleich noch einmal etwas mehr auf, wohl um seinen Standpunkt deutlich zu machen.
You're just like me, you're out your mind
You're just like me, you're out your mind
I know it's strange, we're both the crazy kind
I know it's strange, we're both the crazy kind
You're tellin' me that I'm insane
You're tellin' me that I'm insane
Boy, don't pretend that you don't love the pain
Boy, don't pretend that you don't love the pain
Tsukishima seufzte. „Gut, vielleicht ist er doch ein Psycho“, murmelte er resignierend zu Terushima, als Tendou sich mit dem breitesten und verrücktesten Lächeln wieder an den Tisch warf und seinen Rücken sowie Nacken so verrenkte, dass sein Körper eigentlich in der oberen Mitte durchbrechen müsste.
„Ganz dein Psycho“, trällerte er und schmiegte seinen Kopf an Tsukishimas Schulter, einen sanften Kuss auf dessen Hals platzierend.
„Was für eine Ehre“, sagte Tsukishima unbegeistert, aber strich sich mit einem gesunden rötlichen Schimmer auf den Wangen über die geküsste Stelle, dass sogar dem Unaufmerksamsten auffiel, wie nah sich die beiden eigentlich standen. Yamaguchi presste die Lippen aufeinander und versuchte damit einen wissenden Ausdruck zu verbergen, sah dabei aber in Tsukishimas Augen nur noch dämlich aus.
„Yamaguchi! Wisch dir das dümmliche Grinsen aus dem Gesicht und mach weiter“, ermahnte dieser und der Brünette schlürfte der Aufforderung folgend an Terushima vorbei, der es dabei nicht unterlassen konnte, ihn flüchtig an der Hüfte und dem Gesäß zu berühren. Etwas verlegen huschte Yamaguchi nun auch auf die Bühne, nahm das Mikrofon in die Hand und wippte mit dem Kopf erst noch zu der sanften Startmelodie seines ausgewählten Songs „Cowboy Take Me Away „ und formten dann mit seinen Lippen auch schon die ersten Verse.
Leise und unsicher sang Yamaguchi seine kleine Offenbarung und wurde beim Refrain etwas lauter und selbstsicherer. Terushima bettete einen Kopf auf seinen Handflächen, während er seine Ellenbogen am Tisch abgestützt hatte und himmelte den Jüngsten der Runde mit strahlenden Augen an. „Das nehm ich voll und ganz als Liebeserklärung“, flüsterte er vor sich hin, sein Blick wurde verträumter und für Tsukishima war es abermals Zeit, mit den Augen zu rollen.
Cowboy take me away
Cowboy take me away mind
Fly this girl as high as you can into the wild blue
Fly this girl as high as you can into the wild blue
Set me free, oh, I pray
Set me free, oh, I pray
Closer to heaven above and closer to you
Closer to heaven above and closer to you
Closer to you
Closer to you
Closer to you
Closer to you
Cowboy take me away
Cowboy take me away mind
Closer to you
Closer to you
„Ich wäre gerne dein Cowboy“, sagte Terushima und machte Yamaguchi nach dem Lied wieder Platz. Beim Aufstehen erkannte Tsukishima, wie Yamaguchi auf seiner Unterlippe rumnibbelte und durch den Schreck hochzuckte, den ihm Tendou direkt einjagte, indem dieser nach Tsukishimas Aufstehen näher ran rutschte und mit einem lauten „Yuuji ist so ein Cowboy!“ einfach alles bestätigte: Liedwahl, Wunsch und Versprechen.
Auch sah Tsukishima wie Terushima nach Yamaguchis Hand gegriffen hat und wie ihm dieser mit schüchternen Blick in die Augen sah, aber eben auch, dass Terushima sanft war, wie Yamaguchi ihn beschrieben hat. Denn der Daumen des Punks strich zögerlich über Yamaguchis Handrücken und selbst das freche Grinsen wich einem süßen Lächeln.
„Man könnte brechen…“, sagte Tsukishima zu sich selbst, schritt die zwei Treppen zur Bühne hoch und eröffnete die Eminem Show .
Bei den gerappten Worten klappte Terushima der Mund. Tendou und Yamaguchi wussten bereits, welch ein Talent in Tsukishima schlummerte.
„The real Slim Shady“, sagte Terushima begeistert und die drei wippten bei der Einlage mit und sogar Tsukishima musste sich eingestehen, dass er massig Spaß hatte. Kurz spielte er mit dem Gedanken so etwas öfter zu machen, doch dann fiel ihm wieder ein, wie ungerne er sich zu solch kindischen Dummheiten hinreißen ließ. Dennoch, dem Rap widmete er all sein Können, hing sich richtig rein und lieferte eine einmalige Darbietung um die Hinata und vor allem Kageyama ungemein neidisch wären.
Now this looks like a job for me
Now this looks like a job for me
So everybody, just follow me
So everybody, just follow me
'Cause we need a little, controversy
'Cause we need a little, controversy
'Cause it feels so empty, without me
'Cause it feels so empty, without me
I said, this looks like a job for me
I said, this looks like a job for me
So everybody, just follow me
So everybody, just follow me
'Cause we need a little, controversy
'Cause we need a little, controversy
'Cause it feels so empty, without me
'Cause it feels so empty, without me
Dem letzten Part folgte ein charaktertreuer Mic-Drop und Tsukishima setzte sich nach getaner Arbeit wieder zurück an den Tisch, direkt neben Tendou.
„Lass das“, sagte er und befreite seine Hand aus dem Fängen der schlanken Finger. Tendou kannte ihn ja, also reagierte er kaum darauf.
„Gut, dass wir keine dummen Duetts singen“, sagte Tsukishima, sah dabei aber voller Enttäuschung in Terushimas überlegen grinsende Grimasse, denn dieser hat gerade mit Yamaguchi entschieden, den Karaoke-Duett-Klassiker schlechthin zu performen. Die beiden sprangen auf, ließen die Aufgabe zurück, selbst noch Duett-Songs zu wählen und gingen voll und ganz in Don’t Go Breaking My Heart auf.
„Müssen wir wirklich auch?“, fragte Tsukishima. Sein Arm war am Tisch angelehnt und er hatte sein Kinn an seinem Handballen abgestützt. Die Begeisterung hätte geringer nicht sein können, dafür schien Tendou alle fehlende Motivation dafür auszugleichen.
„Ich sing danach eines mit Yuuji, aber bitte, bitte sing dann eines mit mir, ja?“, flehte Tendou seinen Freund regelrecht an.
Tsukishima schloss die Augen, atmete tief ein und langsam wieder aus. „Okay… such was aus“, übergab er das Schicksal komplett in die Hände des Teufels und beobachtete doch recht amüsiert das Duett der beiden anderen. Terushima und Yamaguchi hätten unterschiedlicher nicht sein können. Denn auf Yamguchis schüchtern gesungenem Part:
Nobody knows it
Nobody knows it
When I was down
When I was down
- folgte Terushima mit dem Anschluss:
I was your clown
I was your clown
Und Tsukishima musste erkennen: Das passte.
„Die zwei sind so süß! Sind sie nicht unheimlich süß?“, fragte Tendou und lehnte sich zu ihm hinüber, während es auf der Bühne so wirkte, als gäbe es gerade nur Terushima und Yamaguchi, die sich mit dem Lied das Versprechen abnahmen, einander eben nicht die Herzen zu brechen.
„Ja … unbeschreiblich süß“, sagte Tsukishima vor Sarkasmus nur so triefend, dass Tendou laut auflachte, seine Hände um Tsukishima schlang und sich ganz nah an ihm schmiegte. Für einen Augenblick genoss Tsukishima die Geste sogar, nahm den angenehmen Geruch seines Freundes auf, den er sonst nur bei sich oder bei ihm daheim so gut aufnehmen konnte, weil er es in der Öffentlichkeit eigentlich kaum zuließ, dass sie einander nahe kamen. Er mochte das einfach nicht.
Nach kürzester Zeit aber drückte er ihn mit den Worten „das reicht jetzt, du bist zu anhänglich“ von sich, aber gönnte es ihm, seine Hand zumindest noch so lange zu halten, bis Terushima und Yamaguchi in den letzten Wiederholungen den Song abschlossen.
Don’t go breaking my heart
Don’t go breaking my heart
I won’t go breaking your heart
I won’t go breaking your heart
„Hey, Yuuji, bleib gleich oben“, rief Tendou Terushima zu und klatschte mit Yamaguchi ab, der ganz überrascht und etwas überrumpelt neben Tsukishima Platz nahm.
„Macht ihr denn auch eines?“, fragte er seinen besten Freund und dieser nickte ergeben. „Anscheinend“, sagte er und Tendou ließ den Song]-einleitenden Lacher los, da war auch Terushima schon voll dabei den ersten Part von Scary-Spice zu übernehmen:
Yo, I'll tell you what I want, what I really, really want
Yo, I'll tell you what I want, what I really, really want
So tell me what you want, what you really, really want
So tell me what you want, what you really, really want
Erschreckend, empfand Tsukishima, was für eine tolle Performance die beiden da hinlegten, auch wenn er fand, dass die zwei auf der Bühne sich die Worte des Songs mehr zu Herzen nehmen sollten, als irgendjemand anderes. Tsukishima würde wohl doch irgendwann die Best-Friend-Karte spielen, würde ihm das alles mit Terushima zu bunt werden. Er würde aber Tendou aber genauso zum Teufel jagen, hätte Yamaguchi ein Problem mit ihm. Hatte er nicht. Und Tsukishima war froh darüber. Er musste bei der Einlage sogar lachen und erntete von Tendou ein mit den Händen geformtes Herz, das sein glückliches Gesicht gleich wieder schwinden ließ. Man sollte ihm doch nicht ansehen, wie hervorragend er sich gerade amüsierte!
Mit einem abschließendem If you wanna be my lover verschränkten Terushima und Tendou je die Arme vor der Brust und beendeten Rücken an Rücken den Song. Yamaguchi sprang auf und klatsche begeistert, Tsukishima schmunzelte und sah mit einem für viele undefinierbaren Blick zu Tendou, der ihm direkt zuzwinkerte und ihn durch winken zu sich bat. Das war er also, der Moment, wo er mit Tendou irgendein affiges Lied singen musste und sich auslachen lassen durfte.
Zum Glück waren nur Terushima und Yamaguchi hier und eine Hand voll Leute, die er noch nie in seinem Leben gesehen hat.
Tendou flüsterte Terushima noch etwas zu, dieser nickte und klopfte Tsukishima beim Wechsel enthusiastisch auf die Schulter.
Ob Tsukishima das gutheißen sollte? Oder auch, dass Terushima direkt mit Yamaguchi zu tuscheln begann und dieser rasch nickte und ihm ein breites Grinsen schenkte? Oh, die Idioten führten doch etwas im Schilde…
Tsukishima erkannte den Song leider gleich, seine Eltern hatten in seiner jüngsten Kindeszeit einmal Grease gesehen und zu beginn hat er noch zusehen dürfen, irgendwann wurde er dann ins Bett gebracht.
Summer Nights ging mit den typischen Basstönen los, unterstützt durch Drums und dann startete Tendou auch schon den Part von Danny:
Summer loving had me a blast
Summer loving had me a blast
Summer loving happened so fast
Oh, nein…
I met a girl crazy for me
I met a boy crazy for me
Met a boy cute as can be
Ganz bestimmt nicht
Passend zum Einsatz sprangen Terushima und Yamaguchi vom Tisch auf und sangen die Teile der Mädchenhorde und dem Jungsrudel:
Well-a, well-a, well-a, huh
Well-a, well-a, well-a, huh
Tell me more, tell me more
Tell me more, tell me more
Did you get very far?
Did you get very far?
Tell me more, tell me more
Tell me more, tell me more
Like does he have a car?
Like does he have a car?
“Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dich in diesem Moment dafür verachte, aber… wenn du unbedingt willst“, sagte Tsukishima während dem Ge-Uh-huh-e der beiden anderen und ließ sich auf den Song mit allem drum und dran ein und ja, wer hätte das gedacht, er versank sogar so sehr in den fiktiven Sommernächten, dass es ihm unheimlichen Spaß bereitete, den Part der Sandy einzunehmen und mit seinem Freund zusammen ein Liebeslied zu singen.
Dannys “Nihiiiights” zum Ende aber wurde ganz Tendous trainierter Inbrunst überlassen, der in diesem Grande Finale tatsächlich noch einmal mehr drauflegte und auf seinen Knien den letzten Ton versiegen ließ.
„Gut“, sagte Tsukishima abschließend in seiner gewohnten Trockenheit, stieg als erster von der Bühne und setzte sich wieder an den Tisch. Am Bedienpanel stellte er ein, dass sich jemand ums Abkassieren kümmern sollte und zückte bereits seine Brieftasche, seinen Anteil an der Rechnung parat zu haben.
„Lass stecken, Tsukki, das war unsere Idee, geht also auf uns“, sagte Terushima, legte seine Hand auf Tsukishimas und schob diese mit dem Portemonnaie über den Tisch zurück. Tsukishima staunte nicht schlecht, hob die Augenbrauen und besah seinen besten Freund und dessen Part ihres Doppeldates. Yamaguchi nickte schnell und zückte bereits ein paar Scheine um mit Terushima gemeinsam die Rechnung übernehmen zu können.
„Das nächste Mal geht dann auf uns“, versicherte Tendou, duckte sich aber unter Tsukishimas tadelnden Blick hinfort. „Nur über meine Leiche gibt es ein nächstes Mal“, sagte dieser, steckte die Brieftasche weg und trank seine Limonade aus.
„Wir könnten auch ins Kino gehen“, schlug Tendou vor, der genau wusste, was das Problem des Blonden war und dieser musterte die übrigen drei mit prüfendem Blick. Jeder Einzelne mühte sich eines unschuldigen Blickes, so übertrieben, dass er nicht einmal den von Yamaguchi für voll nehmen konnte.
„Oder Mini-Golf“ – „Oder ein Escape Room“ – „Oder Brettspiele“ – „Uags… wie wärs mit Kochen?“ – „Oder dem Skatepark“ – „Ihr seid ständig im Skatepark“ – „Aber ihr nicht“
Tsukishima ließ die drei eine Weile diskutieren während sie die Karaoke Bar verließen und entschied sich zum Abschied für: „Kino, ich such den Film aus, ihr seid ruhig, wenn ihr euch zusammenreißt, gehen wir danach noch was trinken“, sagte er und griff das erste Mal auf offener Straße nach Tendous Hand.
„Oh und wir machen das nur mit einem echten Pärchen“, sagte er an Terushima gewandte, beim Umdrehen zwinkerte er Yamaguchi zu, dem die Schamesröte schon wieder aufgestiegen war.
„Was meint er damit?“, fragte Terushima und Yamaguchi japse nach Luft. „Naja, also… wir… naja, wir daten jetzt schon ein halbes Jahr und… wir haben noch gar nicht darüber geredet, ob wir… ob wir zu-zusammen sind, s-so wie Tsukki und Tendou“, sagte Yamaguchi etwas zögerlich, dass Tsukishima, der mit Tendou bereits ein paar Schritte gegangen war, den Kopf schüttelte.
„Er will nicht so mit ihm zusammen sein wie wir“, seufzte er leise und Tendou legte im Gehen den Kopf schief. Er streichelte die Hand in seiner. „Keine Sorge, niemand ist so zusammen wie wir“, sagte er und tänzelte um Tsukishima herum, nahm dabei die zweite Hand und zwang ihn in eine Drehung, die darin endete, dass er ganz eng in seinen Armen landete.
„Du weißt, dass es darum nicht geht“, sagte Tsukishima und schmiegte seinen Kopf in Tendous Halsbeuge. Tendou legte seinen Kopf auf den blonden Haarschopf und seufzte. „Ich weiß“, sagte er und streichelte ihm sanft über den Rücken.
„Aber ich komme nach meiner Ausbildung wieder“, versprach er und löste sich langsam wieder, weil er genau wusste, dass Tsukishima sich schnell eingeengt fühlte, doch wider Erwarten suchte dieser die Nähe sofort wieder.
„Lass uns die letzten anderthalb Wochen nur noch gemeinsam was machen, ja?“, bat Tsukishima und drückte Tendou besitzergreifend an sich. Niemals würde er laut aussprechen, dass er den rothaarigen Wildfang vermissen würde, niemals würde er gestehen, dass ihm das Herz wehtat, wenn er nur daran dachte, dass Tendou eine dreijährige Ausbildung in Europa machen würde, in Frankreich, der Stadt der Liebe und niemals nie würde zugeben, dass er Angst hatte.
Dieses Doppeldate hat ihn für einen Moment vergessen lassen, wie sehr er sich um seine Beziehung sorgte, dass wirklich eine gewisse Eifersucht bezüglich Ushijima bestand und dass die Zeit, die er mit der Liebe seines Lebens verbringen konnte, begrenzt war. Für Tsukishima glich der Abschied in anderthalb Wochen dem Ende ihrer Beziehung. Tendou würde tausende von Meilen von ihm entfernt leben, er würde so viel Neues erleben und lernen und selbst, wenn er ihm vertraute, vertraute er den Europäern nicht, er vertraute Ushijima nicht und er vertraute sich selbst nicht, dass er das Ganze locker nehmen konnte.
Er hatte kein Problem damit, dass er Tendou nicht täglich sah oder sogar nur an den Wochenenden und manchmal nicht einmal jedes Wochenende und sogar nur einmal im Monat. Aber der nächste Schritt war ein großer und in seiner Ansicht ein untragbarer.
„Lass uns vernünftig sein“, sagte Tsukishima, löste sich von Tendou und ging mit ihm weiter. „Ich mag dein vernünftig sein nicht“, quengelte der Rotschopf, folgte ihm aber und griff auch wieder nach der Hand, die ihm zuvor freiwillig gegeben, jetzt aber verwehrt wurde.
„Aber es sollte auch das sein, was du willst“, meinte Tsukishima, Tendou zuckte mit den Schultern. Ein paar Blöcke waltete Stille zwischen ihnen. Dann brach Tendou sie wieder.
„Wahrheit oder Pflicht?“, fragte er. Tsukishima seufzte. „Nein“
„Wahrheit oder Pflicht?“, fragte Tendou noch einmal. Tsukishima seufzte wieder. Er wusste, was die Pflichtvariante war und er ahnte, dass die Wahrheits-Frage es nicht leichter machen würde.
„Wahrheit oder Pflicht?“ – „Wahrheit“ – „Wovor hast du Angst?“
Chapter 60: The OneShot to break it up
Chapter Text
Die letzten anderthalb Wochen ihrer Beziehung vergingen für Tsukishima viel zu schnell. Und dachte er, dass es Tendou viel leichter fallen würde, dem Ganzen einen Schlussstrich zu verpassen, wenn es an der Zeit war.
Was er nicht wusste, war, dass es Tendou mit ihrer unvermeidlichen Trennung genauso wenn nicht sogar schlimmer ging aber davon ließ er sich nichts anmerken. Tendou wollte, dass sein Freund ihre letzten Tage als Paar so schön und glücklich wie möglich genießen und in Erinnerung behalten könnte.
Diese Zeit sollte keine Trauerphase sein, auch wenn er selbst bereits ahnte, dass es ihm der Blonde übel nehmen würde, dass er seine Gefühle so unterdrückt hat.
Genießen konnte Tsukishima es irgendwie trotzdem nicht. Er verfluchte Tendou regelrecht dafür, dass dieser für seine Lage verantwortlich war. Vor zwei Jahren hätte er sich nie vorstellen können, so von seinen Gefühlen eingenommen zu sein, wie jetzt an diesem vorletzten Tag.
Morgen würde er Tendou gehen lassen müssen. Zwar sagte er, dass er ihn alleine zum Flughafen fahren lassen wollte, wusste aber tief in sich, dass er es nicht über Herz bringen würde. Verfluchte Gefühle.
"Uncool", dachte er laut über sich während seine Finger über Tendous stoppeliges Haar glitten - ein Umstand, den er Terushima und dessen begonnener Ausbildung zum Frisör nie verzeihen würde. Der Kopf des Rotschopfes war auf Tsukishimas Schoß gebettet und Tendou selbst plauderte seit er aus der Dusche gekommen war nonstop über die Sehenswürdigkeiten von Paris. Da war diese komische Pyramide, der Louvre, mit Kunst, der Triumphbogen, die schöne Straße, Obelisken und natürlich der bekloppte Eifelturm. Tsukishima interessierte sich keinen Deut dafür und Tendou war das bewusst, ihm war aber auch bewusst, dass ihr Gespräch ernster werden würde, würde er aufhören zu reden.
Und so redete und redete er über Belangloses, ehe ihn Tsukishimas "Uncool" aus dem Redefluss riss.
"Hmm?", machte er und neigte den Kopf um seinem Freund besser ins Gesicht und die trübseligen Augen zu sehen. Eigentlich bedurfte es keiner Nachfrage, er wusste ja, was ihm auf dem Herzen lag.
"Ich bin uncool", sprach Tsukishima den Gedanken vollständig aus. Tendou lachte. "Bist du nicht", verneinte er sofort. Dann schwiegen sie einander an. Tendous Augen stierten in Tsukishimas, dass dieser dem Blick auswich. Er war ihm so unangenehm, wie es ihm schon lange nicht mehr war. Gut, dieser Blick war ihm immer schon unangenehm, wenn ihm Tendou damit etwas aus der Nase ziehen wollte, weil er eben genau spürte, dass mehr hinter einem Wort, einem Ausdruck oder einem Schnauben lag, als es für andere den Anschein machte. Es war ein Segen und ein Fluch, dass Tendou so feinfühlig war und ihm jede Unsicherheit ansehen konnte.
"Ich liebe dich, du weißt das oder? Ich liebe dich", brach Tsukishima sein Schweigen. Tendou richtete sich auf und lehnte sich genau so, dass Tsukishima ihm wieder in die Augen sehen musste. Wollte er nicht, doch Tendou hielt ihn mit der Hand auf den Kopf wieder abzuwenden.
"Ich weiß", sagte er und rückte näher. Er hob ein Bein über Tsukishimas Schoß und lehnte es an dessen Seite. "Aber das macht dich nicht uncool, außer vielleicht, weil ich dich mehr liebe", kicherte er und neigte seinen Kopf schief. Das freche Grinsen stahl Tsukishima ein verhaltenes Schnauben.
"Tust du nicht, sonst würdest du uns eine Chance geben", sagte er und drückte Tendou von sich weg. Er legte eine Hand auf das Knie und hob auch das Bein wieder zurück, dass er aufstehen konnte. Tendou ließ sich theatralisch ins Bett fallen. "Tu ich wohl!", protestierte er.
"Deswegen tu ich uns das auch nicht an", schnaubte nun er und wurde für seine Verhältnisse ruhig. So ruhig, dass sich auch Tsukishima verwundert umdrehte und in das traurige Antlitz seines Freundes sah. Das war das erste Mal in ihrer Beziehung, dass er ihn so sah.
Er schnaubte. "Vergiss, dass ich etwas gesagt habe, es war doch eh nur eine Ablenkung", sagte er, dass Tendou langezogen seufzte.
"Mhm, war es wohl", stimmte er zu aber log so offensichtlich, dass Tsukishima gar nicht zum Guess Monster mutieren musste.
"Sagst du mir denn jetzt, von wem ich dich abgelenkt habe?", wollte er wissen und blieb bei der Kategorie: Ablenkung. Tendous Gesichtsausdruck veränderte sich augenblicklich, aber das Pokerface saß genauso schnell wieder, wie es abhandengekommen war.
"Nein, es ist nicht wichtig", lehnte er ab. Tsukishima kam um das Gefühl nicht herum, angelogen zu werden. Aber wozu sollte er sich jetzt noch hineinsteigern? Sie haben es doch eh schon abgeschrieben.
Oder? Gab es vielleicht doch noch eine Chance? Tsukishima wollte es eigentlich nicht aufgeben. Er war zwar wenig romantisch veranlagt, aber so eine Fernbeziehung? Das konnte doch klappen. Oder? Er war sich allerdings auch der Möglichkeit bewusst, dass er sich nur an einen Strohhalm klammerte und außerdem gehörten auch zu einer Fernbeziehung noch immer mindestens zwei und solange Tendou es nicht in Erwägung zog hatte es keinen Sinn.
Tendou kippte im Bett nach hinten um und streckte sich über den Bereich zwischen Bettkante und Schreibtisch um zu seinem Smartphone zu kommen und Musik aufzudrehen, die er über die Bluetooth-Box abspielen ließ. So wie das Lied aus Dirty Dancing losspielte, rollte er sich einem Purzelbaum ähnlich aus dem Bett und tänzelte auf Tsukishima zu.
"Lass uns das raustanzen, hm?", schlug er ihm vor und griff nach seinen Händen, ihn in einen Tanz zu verwickeln, aber Tsukishima lehnte mürrisch ab.
"Du kannst sowas nicht einfach wegtanzen", knurrte er und klatschte die Hände dabei noch ein paar Mal weg, bis Tendou sich geschlagen gab und einfach um ihn herum tänzelte. So dass Tsukishima sich zumindest langsam im Kreis mitdrehen musste, um den Blickkontakt aufrecht zu erhalten. "Kei, ich schwöre...", sagte Tendou und wartete exakt den Einsatz des Refrains ab um laut "I've had the time of my life" mitzuträllern, dass Tsukishima lachen musste. Dieses Lachen hatte aber nichts mit dem für Tsukishimas üblichen Lachen gemein. Es war ehrlich, aus dem Herzen heraus und wirkte keines Hohns. Es war das Lachen, das nur die wenigsten Menschen kannten und zu denen gehörte neben Yamaguchi eben auch Tendou, der es weit öfter provozierte, als es Tsukishima lieb war.
"Du bist wirklich der größte Idiot, den ich kenne", Tsukishima und ließ sich nun doch zumindest zu einer Umdrehung überreden, mehr gab es nicht. Keine kitschige Szene, wo einer auf den anderen zulief und hochgehoben wurde. Das war absolut nicht sein Ding und würde in Tendous Zimmer auch gar nicht funktionieren. Der Raum war zu klein.
Tendou nahm zumindest, was er kriegen konnte und drehte seinen Freund elegant in seine Arme um ihm mit seinem teuflischen Grinsen besonders nahe zu sein. "Und noch bin ich dein größter Idiot", lachte er und stahl sich einen Kuss, den Tsukishima gerne gab.
Ein Kuss, der ob der musikalischen Begleitung noch richtig romantisch und innig wurde und sie beide wieder zurück in die Richtung des Bettes drängte.
***
"Pflicht", sagte Tsukishima mit drehenden Augen auf die Frage, die Tendou im Zug am Weg zum Flughafen stellte. Ein großer Koffer und eine üppig gefüllte Reisetasche standen vor ihnen und versperrten anderen Gästen die Möglichkeit sich dem Viererplatz dazu zu setzen. Es war auch nicht notwendig. Die Reisezeit war ausgelastet und die beiden konnten für den Umstand, im Zug zu sitzen, noch recht gut untereinander bleiben und reden. Reden... Tendou wollte dieses bekloppte Spiel wieder spielen und Tsukishima gewährte es ihm, immerhin würde er ihn in etwas mehr als einer Stunde gehen lassen. Fliegen lassen.
"Komm gut über mich hinweg, ja?", gab Tendou die Aufgabe, die Tsukishima gleich ein weiteres mal die Augen verdrehen ließ. "Keine Sorge, du hast mich nicht für das Leben und die Liebe zerstört, das war ich vorhin schon, ist nichts für mich", antwortete Tsukishima.
"War ich dann die Ausnahme?", trällerte Tendou und legte seinen Kopf verspielt auf Tsukishimas Schulter. "Pfft", entkam es diesem. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah beim Fenster hinaus auf die an ihnen vorbeiziehende Stadt.
"Um das zu erfahren, musst du mir eine Wahrheitsfrage abringen, aber erst du, Wahrheit oder Pflicht?", ging er vollumfänglich auf das Spiel ein. Tendou wählte natürlich Pflicht und Tsukishima wählte eine Aufgabe, die Tendou überraschte: „Entsperr‘ dein Handy und gibs mir.“
Mit dem Fingerabdruck war das Smartphone schnell entsperrt und weiter gerecht.
„Suchst du was Bestimmtes?“, fragte Tendou neugierig. Dass er nicht zögerte, zeigte Tsukishima zumindest, dass er nichts zu verbergen hatte oder war sein Pokerface wieder so undurchdringlich perfekt wie eh und je? Tendou sah gerade genauso neugierig aus, als würde er in jemandes Smartphone schnüffeln.
„Nein“, log Tsukishima als Antwort und öffnete sogleich die Googlesuche.
Gut, da gab es keine großen Überraschungen. Alles Paris, alles irgendwelche blöden Sehenswürdigkeiten, die er mit seinem Freund nicht anschauen würde. Neben den Klassikern wurde wohl auch nach einer Bar gesucht, die als Eventvenue galt und nach Lokalen, wo man günstig essen konnte. Alles nicht verdächtig und normal.
Auf Instagram sah er, dass Tendou mit Ushijima kommunizierte, aber das störte ihn nicht. Es amüsierte ihn sogar, denn der Nachrichtenverlauf waren etliche Reels, die Tendou geschickt hat, die eine Herz-Reaktion hatten. Mehr nicht. Tendou bombardierte den einstigen Erzfeind mit Reels und dem gefiel es. Weitere Unterhaltungen wurden auch noch mit anderen ehemaligen Schülern der Shiratorizawa geführt und mit Goshiki, der immer noch zu Tsukishimas Gegnern gehörte.
Einen Moment danach sah er auf Facebook ein geliktes Musikvideo von Semi und dessen Band aber auch bekloppte Memes von Kuroo, die er selbst zu Genüge kannte. Damit war das Thema für Tsukishima auch schon gegessen und er gab das Mobiltelefon fast schon enttäusch zurück. Hat er sich etwa erhofft, eine Affäre aufzudecken? Wäre es ihm dann leichter gefallen? Der Blick in Tendous Augen verriet ihm, dass es nie einfach gewesen wäre. Noch bevor die Frage ausgesprochen war, antwortete Tsukishima mit „Wahrheit“ und war bereit, ihm zu sagen, dass er wahrlich die Ausnahme war. Aber die Frage wurde nicht gestellt.
Tendou nahm seine Hand.
„Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest: Was würdest du ändern?“, fragte Tendou. Tsukishima reagierte umgehend. Er schüttelte den Kopf und sagte sehr deutlich: „Nichts!“ – „Ich auch nicht“, erwiderte Tendou mit einem für seine Verhältnisse sanften lächeln. Tsukishima stockte. Es schnürte ihm den Hals zu, weil es für ihn auch bedeutete, dass sie beide genau hier sein wollten. Mit dieser Entscheidung und exakt diesem Ausgang. Tsukihima stellte die Wahrheit oder Pflichtsfrage zwar zurück, aber Tendou verweilte noch in Stille.
Der Zug blieb stehen. Ein Zwischenstopp. Leute stiegen aus. Leute stiegen ein. Die beiden blieben sitzen. Sie sahen sich nicht an aber durchblickten einander.
Nach einer langem Atempause wählte Tendou auch Wahrheit. In seiner Stimme erkannte Tsukishima, dass er es eigentlich nicht wollte, aber da schwang etwas mit, das ihn wissen ließ, dass Tendou nur das Richtige tat. Tsukishima wusste, dass er diesmal eine Antwort auf die Frage bekommen würde, die ihn seit je her begleitete. Sein Mund klappte auf, aber er konnte sie nicht aussprechen. Der Stimme versiegt führte er seine Lippen wieder zusammen. Eine ungeahnte Spannung baute sich zwischen ihnen auf, dass Tsukishima ahnte, die Antwort doch nicht hören zu wollen. Aber was brachte es schon? In nicht einmal einer Stunde wären sie getrennte Leute.
Getrennte Leute…
„Wer“ – „Es war Semi“, nahm ihm Tendou ab, die Frage auszusprechen. Natürlich hat ihn seine Intuition nicht getäuscht. Tsukishima schluckte. Semi, der Zuspieler mit dem sanften Gemüt und dem reinen Lächeln. Natürlich. Nein, eigentlich nicht. Oder doch? Tsukishima rang mit seinen Gedanken. Einerseits machte es keinen Sinn für ihn, dass Tendou auf jemanden wie ihn stand. Semi wirkte immer so gefasst und als hätte er sie alle beisammen.
„Wir haben vor dem Spiel gegen euch erst kürzlich Schluss gemacht gehabt. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich mich in dich verliebe“, sprach Tendou weiter und Tsukishima lachte auf. Hohn schwang mit, aber auch dieser Schlag von Ironie. Hatte das Guess Monster tatsächlich kein Gespür für seine eigenen Gefühle? Tsukishima war sichtlich amüsiert darüber. Tendou schnaubte, er wusste, er wurde ausgelacht, das mochte er nicht, auch wenn Tsukishima ihm gerne mal die ein oder anderen Gehässigkeit an den Kopf warf, damit konnte er umgehen, weil er wusste, dass er es nicht so meinte, aber das traf ihn gerade. Das riss auch sein Pokerface ein.
„Du hast noch immer Gefühle für ihn?!“, fragte Tsukishima ihn wie aus dem Nichts. Tendou schwieg. „Eine Frage nur“, wiederholte er, wie auch schon damals, als es tiefer gehen sollte, er würde sicher nicht mehr Wahrheit wählen. Wie damals.
Wieder waltete Stille zwischen ihnen.
Der Zug blieb stehen. Leute stiegen aus. Leute stiegen ein.
Am Flughafen gingen sie nach einer stummen Weiterfahrt schweigsam nebeneinander her. Tsukishima wusste, wie schwer es Tendou fallen musste, so lange den Mund zu halten, selbst für ihn war es nicht angenehm. Vielleicht auch, weil er den Anderen noch nie so lange so ruhig erlebt hat.
Sie hielten es so lange ohne Wort aus, bis sie nach der Kofferabgabe in die Richtung der Brücke gingen, wo sie sich voneinander verabschieden mussten.
Tsukishima würde lügen, wenn er die Stille zwischen ihnen nicht zumindest ein bisschen genossen hätte, mehr hätte er es geschätzt, wenn es natürlich aufgekommen wäre, aber leider lag gerade ein ganz unangenehmer Schleier über ihnen. Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch Tendou kam ihm zuvor. Er stellte sich vor ihn, nahm seine Hände und fing an zu sprechen.
„Kei, ich hatte die Zeit meines jungen Lebens mit dir, ehrlich, aber ich bin mir sicher, du wirst jemand anderen finden, Kuroo zum Beispiel, der ist doch auch ne Nummer für sich, oder? Du stehst doch auf Jungs, die n bisschen extra sind“. Tsukishima sah ihn einen Moment lang mit einem vernichtenden Blick an, musste dann aber lachen. Da war es wieder, dieses übliche gehässige Lachen ohne Gefühl. Das Lachen, das in dem Moment all seine niederstreckenden Gefühle vertuschen sollte.
Ja, Tendou traf wohl einen Nerv, Tsukishima hatte eindeutig eine Schwäche für die Jungs, die etwas drüber waren, aber es war nicht so, dass er speziell einen Typ hatte, sein Freund, noch Freund, war eben etwas drüber. Viel drüber. Tsukishima wusste auch, dass er mit ruhigen Personen in einer solchen Beziehung nichts anfangen konnte. Aber musste Tendou ausgerechnet Kuroo erwähnen? Seinen Crush vom Trainingscamp im ersten Jahr über den er schon so lange hinweg war? Und selbst wenn. Da war noch etwas.
„Kuroo ist mit Kenma zusammen“, sagte er relativ trocken, er hat seine Fassung wieder gefunden. Tendou zuckte mit den Schultern. „Hab gehört, sie haben Probleme“, warf er ein. Tsukishima verdrehte die Augen. „Was sollen die beiden denn bitte für Probleme haben?“, fragte er und zog die Aussage damit ins Lächerliche. Für ihn gab es niemanden, der so perfekt zusammenpasste, wie die zwei. Kuroo brauchte jemanden, der ihn auf den Boden der Tatsachen zurück holte und der ihm ein Ruhepol war und Kenma brauchte jemanden, der ihn an beiden Ohren aus dem Zimmer schliff, wenn es hart auf hart kam und dafür war Kuroo wie geschaffen. Auch Tsukishima brauchte so jemanden. Deswegen hatte er Tendou. Hatte.
„Hab gehört, es läuft nicht so“, warf Tendou ein und nahm Tsukishimas Hand. „Ihr habt meinen Segen, okay?“, sagte er, als wäre es bereits spruchreif. Tsukishima schnaubte empört auf. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, fragte er ihn. Tendou schüttelte sofort den Kopf, dass auch Tsukishima wieder lachen musste. Welch dumme Frage. Natürlich hatte er sie nicht mehr alle.
„Es wird Zeit“, sagte Tendou und die beiden verstummten in ihrem Lachen wieder. Sie sahen einander mit einem ehrlichen Lächeln an. „Nimm Pflicht“, sagte Tsukishima, weil nach seinem Track Tendou gerade dran war, dieser schmunzelte, nickte und sagte erhaben „Pflicht.“
"Küss mich so, als würdest du nie wieder jemanden küssen können", gab Tsukishima die Pflicht-Aufgabe und genoss ein letztes Mal die Lippen seines von nun an Ex-Freundes.
Chapter 61: A Fukunaga Story for an OneShot
Chapter Text
Seit Shohei sich erinnern konnte, malte er. Er malte, was er sah und was ihm gefiel, was ihm am Herzen lag und er nicht auszusprechen vermochte. Er malte auch die Antwort auf die Frage, die ihm seine Mutter im Winter immer stellte, jedes Jahr aufs neue, seit er ein Kleinkind war: “Was wünschst du dir am meisten?”
Sie hatten Papier, bunte Stifte und ein Kuvert vor sich liegen und Shohei malte Teddybären, Lokomotiven und einmal einen Volleyball.
“Ein Brief an das Christkind”, sei das, was sie da machten. Eines Tages hat er ein kleines Mädchen gezeichnet mit schwarzen Locken, braunen Augen und roten Wangen.
Damals konnte er es kaum glauben, dass man sich auch Menschen vom Christkind wünschen konnte. Heute wusste er, dass die Sache mit dem Schicksal etwas Unglaubliches war. Und auch Shoheis kleine Schwester wurde nach ihren größten Wünschen gefragt, als der Winter einbrach.
In dem Jahr, bevor Shohei auf die Nekoma High ging, malte er einen alten Mann in seinen Brief an das Christkind, auch wenn er da schon wusste, dass es kein übernatürliches Wesen gab, das ihm seine Wünsche erfüllte. Aber Shohei vermisste seinen Großvater.
Der Mann hatte ein sanftes Lächeln und kleine Augen. Er hatte Falten in allen Zügen seines Gesichtes und er hatte kurzes graues Haar, immerhin war er alt. Und er hatte einen dicken Bauch, gegen den er sich hat kuscheln können, wenn sie ein Buch gelesen haben.
Yasufumi Nekomata hat nie Bücher mit Shohei gelesen, sein Bauch lockte auch nicht zum Kuscheln, aber Shohei hat in einer Weise bekommen, was er sich gewünscht hat.
Und auch, wenn es das Christkind nicht gab, Shohei spürte, dass gerade zu dieser Zeit Wünsche wahr wurden. Es war der Zauber der Weihnacht, der in Vielermanns Herzen lag.
Letztes Jahr hat er beobachtet, wie der Wunsch zweier seiner Freunde in Erfüllung ging. Und er hat beobachtet, wie schön die Liebe sein konnte. Er hat gesehen, wie ein freundliches Lächeln, das den Blick der Sehnsucht versteckte, ein Strahlen wurde, das keine Emotion mehr verbergen konnte. Shohei hat selbst die Schmetterlinge in seinem Bauch gespürt, als Kuroo Kenma verliebt ansah und die Geste erwidert wurde und stellte sich die Frage, ob es so etwas auch für ihn geben könnte. Jemanden, mit dem er gar nicht viel sprechen musste und dennoch wären sie im Herzen verbunden. Sowas, was auch seine Eltern hatten. Durfte er sich so etwas wünschen? Wer würde es ihm schon erfüllen?
Shohei wusste auch gar nicht, wie er malen sollte, was er sich wünschte. Und dann beobachtete er über die Monate, wie schrecklich die Liebe sein konnte. Seine Eltern stritten immer lauter, wenn sie gedachten, Shohei und seine Schwester schliefen. Am Morgen sah er die verquollenen Augen seiner Mutter und das aufgesetzte Lächeln. Er sah aber auch den gesenkten Kopf seines Vaters und spürte wie Wut mit Trauer abtauschte. Shohei verstand nicht, warum seine Eltern einander irgendwann nicht mehr liebten und warum sie nicht mehr im selben Haus wohnen wollten. Aber Shohei hat gemalt. Eine Frau, dünn mit glatten schwarzen Haaren und einem großen Herz in der Brust, wie seine Mutter eben. Dazu einen Mann, groß mit ein paar wenigen Haaren, aber einem breiten glücklichen Lächeln auf dem Gesicht, wie sein Vater es immer trug. Und zwei Kinder. Ein Junge mit kurzen schwarzen Haaren und neugierigen Katzenaugen und ein Mädchen mit schwarzen Locken, Glubschaugen und einem großen Mund zum Füttern, weil seine Schwester immer Hunger hatte.
Monate später kam er mit seiner Schwester in die neue Wohnung seines Vaters und lernte dort die neue Frau an dessen Seite kennen. Sie hatte ein großes Herz und sein Vater hatte wieder sein breites glückliches Lächeln im Gesicht.
“Und was wünschst du dir am meisten?”, fragte Shohei seine Mutter in Gedanken oft, fürchtete sich aber vor der Antwort, dass er die Frage nie wirklich stellte. Lieber saß er abends noch bei ihr und lernte an sie geschmiegt für die Schule, während sie ein Buch las. Wenn er von der Schule heimkam, half er ihr beim Kochen und danach mit seiner Schwester beim Aufräumen und er mimte die chinesische Winkekatze nach, die früher im Fenster stand und mit seinem Vater ausgezogen war, weil seine Mutter sie mochte. Sie lachte immer vergnügt, wenn Shohei das tat und eines Tages beantwortete sie die Frage, ohne sie gestellt bekommen zu haben.
“Weißt du, mein Schatz, dass es euch beiden gut geht und dass ihr glücklich seid, ist das, was ich mir am meisten auf dieser Welt wünsche”, sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. “Okay”, hat er ihr geantwortet.
Irgendwann hat sein Vater auch mit der neuen Frau gestritten und er war wieder traurig. Auch Shohei war traurig. In der Schule konnte er sehen, wie schön die Liebe sein konnte und zuhause war sie kaputt. Also malte er.
Er hatte ein genaues Bild vor Augen. Es sollte ungenau und unwahrscheinlich sein. Shohei steckte den Pinsel ins Wasser und begann zu malen. In Gedanken sprach er mit:
”... Du bist der größte kleine Mensch. Ich zeichne dich mit einem Lächeln voller Liebe und mit Augen, die nach Abenteuer schreien. Augenfarbe hast du keine… dunkel, das muss reichen.
Ich mag braun gerne, so ein helles. Deswegen sind deine Haare so, aber ich weiß nicht recht, ob lang oder kurz. Ein bisschen halt? Und ich male dir Punkte als Augenbrauen, weil das unrealistisch ist und weil es schön ist. Und dein Herz ist größer als dein Gesicht. ”
Für den Hintergrund ist ihm das Wasserglas umgekippt und grüne Farbe vermischte sich gelber. Beim Trocknen war die Katze über das Bild gelaufen, aber ihre Fußabdrücke sahen nicht aus wie sonst. Weil sie sich erschrocken hat, hat sie die Krallen ausgefahren und nun wirkte es, als wäre ein Wiesel über das Bild gelaufen. Außerdem hat er das Logo vom neuen Auto seines Vaters dazu gemalt, weil er den Toyota cool fand.
Das abstrakte Bild versteckte er von da an unter seiner Schreibtischunterlage und dachte gar nicht oft daran. Shohei wollte nicht, dass es ihm einmal so wie seinem Vater ging, der die Liebe suchte, weil er sie verloren hat. Er wollte aber auch nicht, dass er wie seine Mutter des Nächtens im Bett weinte, weil sie einsam war.
Als er im dritten Jahr beobachtete, wie es zwischen Kuroo und Kenma anders wurde, wollte er auch nicht, dass es ihm wie Kuroo und Kenma ging. Er wollte nicht wie Tora hübschen Mädchen nachjagen und abgelehnt werden und er wollte nicht von dem Jungen angeschrien werden, den er bewunderte.
Shohei verzog sich nach dem ersten Spiel der Nekoma zum Frühlingsturnier in einer Gerätekammer, weil Kuroo und Kenma nicht miteinander sprachen, aber Kuroo war trotzdem gekommen und auch Yaku war gekommen, aber er schimpfte mit Lev über seine Annahmen. Shohei wollte diese Stimmungen nicht mitnehmen und deswegen hat er sich für einen Moment verstecken wollen.
“Kiyo?”, hat ihn eine Stimme erschrocken. “Shohei”, hat er korrigiert und der Besitzer der Stimme schob sich an einem Turnkasten vorbei. Dunkle herzliche Augen starrten in kleine unsichere Katzenaugen. “Ist das dein Name? Shohei?”, fragte er. Die kleinen Katzenaugen wurden immer größer, aber als Antwort gab es nur ein Nicken.
“Ich heiße Motoya”, sagte der Fremde und setzte sich direkt vor Shohei. Sein Herz machte einen Sprung, die Augen fixierten die punktierten Augenbrauen, das hellbraune Haar gleich darauf und das Abenteuer das in diesem Lächeln lag.
“Mein Dad hat auch einen Toyota”, sagte er und der andere lachte. “Nein! Doch nicht Toyota, ich bin ja kein Auto”, kicherte er. “Motoya, Komori. Aber hmm… wenn du willst, kannst du auch Toyota sagen, dann hast du schon einen besonderen Spitznamen für mich” Motoyas großes Herz stand ihm ins Gesicht geschrieben und Shohei spürte den Zauber der Weihnacht im Frühling.
Chapter 62: A Songfic just that you know
Notes:
Song-OS zu Little Do You Know: https://open.spotify.com/intl-de/track/1almCHdsfikRPfVB9VrEdT?si=ec1f6bcb9f324fec
All right reserved by Alex & Sierra
Song: Little so you know
Chapter Text
Liebe ist einfach.
Liebe war einfach zu Beginn.
Eigentlich war das mit der Liebe für Kuroo und Kenma auch zu Beginn nicht einfach.
Es hat Kuroo den letzten Nerv geraubt, mit Sorgfallt um seinen Kindheitsfreund herum zu tänzeln und seine innigen Gefühle für sich zu behalten. Es wurde schwer, seit er ein gewisses Alter erreicht hatte, nach dem Volleyballspielen am Fluss oder auch während den Videospielen, die Kenma fortspielte, neben ihm einzuschlafen. Es war schwer, seine Hände bei sich zu behalten und den Jüngeren nicht in eine Umarmung zu ziehen, die dieser mitnichten wollte. Es war eine Qual, die Finger in Fäuste geballt zu zwingen, weil er sonst Gefahr lief, durch Kenmas Haar zu streichen, die Fingerkuppen in seine Kopfhaut zu drücken und sich einen Kuss zu stehlen, der ihm - und das wusste er ganz genau - den Atem rauben würde. Aber er hat Kenma nie überrumpeln wollen. Das wäre nicht fair gewesen.
Kenma gegenüber.
Anders war es als Kenma beim Weihnachtsturnier vor zwei Jahren plötzlich genau das gemacht hat. Er hat Kuroo die Hand an den Kopf gelegt und mit den Fingern und Druck den Kuss initiiert, den Kuroo seit Jahren mit Subtext zu provozieren vermochte, es ihm aber nie gelingen wollte.
Kuroo hat sich den Tag im Kalender rot eingekreist und er hat ihn auch in den Folgejahren bunt markiert.
"Warum machst du das?", hat Kenma einmal gefragt und Kuroo schmückte ihm mit den schönsten Floskeln aus, dass er sich damit an den Tag erinnerte, der die schönste Zeit seines Lebens eingeläutet hat. Es wurde mit einem zarten "Okay" akzeptiert. Kenma wusste, er musste sich das nicht markieren. Und das wusste er auch, als sich dieser Tag das erste Mal jährte. Schon als er aufgewacht war, spürte er die Aufregung in seinem Magen oder war das nur die Leere, weil er vor dem Einschlafen an der Konsole nichts mehr gegessen hat? Und war sein erster Gedanke, der an diesen Kuss und diese Zeit, nur daher getragen, weil Kuroo den ganzen vergangenen Tag darüber gesprochen hat? Klar war, er musste es sich nicht markieren. Er wusste, welcher Tag es war und er wusste damit auch, dass er und Kuroo seit einem Jahr miteinander gingen.
Bis dahin haben sie sich geküsst, mehrmals, oft sogar und lange auch, unterschiedlich intensiv. Dabei stand Kenma manchmal an seiner Türschwelle und Kuroo die Stufe darunter. Mal war es nur eine hauchzarte Lippenbekenntnis im Vorbeigehen in der Schule, aber die Aufmerksamkeit war immer voll und ganz im Augenblick und ließ Kenma Dinge fühlen, die er niemals gedachte zu empfinden. Kuroo ging immer mit demselben breiten Grinsen weiter. Seine Augen funkelten mal mehr mal weniger, aber Kenma konnte immer die Aufregung widerspiegeln sehen und manchmal trug Kuroos Blick noch viel mehr weiter: Abenteuer, Sehnsucht, Verlangen.
Das Verlangen erkannte Kenma auch stets, wenn sie sich in ihren Zimmern küssten. Wenn Kuroo zum Beispiel nach dem Training noch mit zu Kenma kam und seinen Kopf auf Kenmas Schulter bettete, wenn dieser zu wenig Zuwendung für ihn abgab, weil er nach den Hausaufgaben so in sein Videospiel vertieft war.
Kenma wusste aber immer, was Kuroo tat, er beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und er fühlte immer diese wohlige Wärme, wenn der Moment gekommen war, wo sich Kuroo seine ungeteilte Aufmerksamkeit mit einem Kuss in den Nacken sicherte. Der Pause-Button wurde betätigt, Kenmas Kopf drehte sich um und ihre Lippen vereinigten sich.
Kenma versuchte anfangs noch zu erkennen, was Kuroo dabei machte, bis ihn dieser nach dem - er wusste nicht mehr wie vielten - Blickkontakt ermahnte, ihn nicht so anzustarren, die Augen zuzumachen und zu genießen was zwischen ihnen passierte und das tat Kenma.
Bis zu dem Moment, wo er es nicht mehr tat.
Irgendwann sah er das Verlangen nicht mehr nur in Kuroos Augen, von dem er sich hatte abwenden können (Kuroo tat das als Schüchternheit ab) sondern spürte es auch an seinem Körper. Kenma spürte Kuroos Hände nicht mehr nur stützend und haltend am Rücken, sie tasteten sich vor. Mit sanftem Druck rutschte die flache Hand an Kenmas Hüfte und löste da bereits den ersten Alarm los, dem er noch nicht Gehör schenken wollte. Erst als Kuroos Daumen unter Kenmas Shirt schlüpfte und nackte Haut berührte, reagierte Kenma.
"Nicht Kuro, bitte", japste er und der Ältere zog die Hand sofort zurück, als hätte er sich verbrannt. "Entschuldige, es ist okay, wenn du noch nicht soweit bist", sagte er und legte Kenma die Hand auf die Schulter. Er zog ihn an sich und schmiegte seinen Kopf an ihn. "Es tut mir leid", wiederholte er, sich zu entschuldigen, aber Kenma schwieg. In ihm wurde ein Kampf zwischen Unsicherheit und Gewissheit ausgetragen. Etwas in ihm sagte ihm: Er wäre nie bereit. Und eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf sagte ihm: Für Kuroo wäre er das vielleicht.
Und Kenma hielt Kuroos Hand in der Öffentlichkeit. Zumindest immer dann, wenn sie unbeobachtet waren oder dann, wenn er Kuroo beim Training Bestand leisten wollte, wenn er in seiner Verantwortung als Kapitän über die Stränge schlug. So lange, bis er wieder ruhig war. So lange, bis Kuroo nicht mehr Kapitän war und Kenma den Platz einnahm und er Kuroos Hand nicht mehr halten konnte, wenn er zur Schule ging.
Von da an hielt er Kuroos Hand wenn sie unterwegs und unter sich waren. Mit der Zeit wurden auch die Blicke der Anderen egal, solange sich Kenma hinter seinen Strähnen verstecken konnte, die ihm geschmeidig und abschirmend tiefer ins Gesicht hingen als sonst. "Du musst nicht, wenn du nicht willst", hat Kuroo gesagt, als er merkte, dass Kenmas Sichtfeld dadurch noch eingeschränkter wurde. "Ich will aber", hat Kenma erwidert und Kuroos Hand fester gedrückt um seiner Aussage mehr Bedeutung zu verleihen. "Deswegen seh‘ ich aber trotzdem nicht gerne, wie sie gaffen", war der einfache Grund, der irgendwann zur Nebensache wurde, wie sich auch Kenmas Sichtfeld wieder weitete. Soweit, wie es angenehm für ihn war.
Er hielt auch Kuroos Hand, wenn sie sich in dessen neuer Wohnung küssten und Kuroo sie beim Kippen auf der Couch über Kenmas Kopf hielt. Da drückte er fester zu und spürte dasselbe Kribbeln in seinem Bauch, wie man es von Hochschaubahnen kennt. Der Druck auf Kuroos Hand wurde fester wenn die Finger zu neugierig wurden und gaben so das Zeichen, sich zu zügeln. Und Kuroo zügelte sich. Er zügelte sich immer.
"Ich bin verrückt nach dir, Kenma, ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte", hat er einmal zu ihm gesagt und Kenma hat sich abgewandt, hat es aber nicht zugelassen, dass Kuroo sich zurückzieht. "Bleib, bitte... aber sag mir, was du tun würdest, wenn ich... normal wäre", bat Kenma und sah ihm erst danach wieder in die Augen in denen sich Verwirrung mit Zweifel abwechselte.
"Kenma...", rang Kuroo nach Luft. Sein Blick war weich, besorgt gar und er brachte erstmal kein Wort heraus. Es passierte nicht oft, dass man den ehemaligen Nekomakapitän die Sprache verschlug. Kuroo musste sich sammeln. Er zog die Hand zurück und streichelte über Kenmas Wange. Kenma seufzte, aber schmiegte sich an die warme Handfläche. "Ich will dich niemals so fühlen lassen, als wärst du nicht normal, Kenma. Du bist vielleicht nicht wie jeder, aber das macht dich einzigartig, vor allem für mich. So hab ich mich in dich verliebt und so liebe ich dich, aus ganzem Herzen, ist das klar?", fragte er ihn bevor er auch nur irgendwie auf den Wunsch einging, der an ihn herangetragen wurde. Kenma wusste, dass sie verharren würden, würde er nicht antworten. Also nickte er.
"Gut... dann erklär ich dir jetzt, was ich gerne mit dir tun würde, okay? Aber wir machen nur wirklich, wozu du bereit bist", hat er gesagt und dann hat er auf ein weiteres Nicken und einen fordernden Blick hin begonnen zu erklären. Kuroo sagte Kenma, dass er seine Haut berühren wollte, dass er mit seinen Küssen tiefer gehen wollte als Kenmas Nacken, den er hier und da mit einem zarten Hauch von einem Kuss bedeckte. Kenma schluckte, als Kuroo ihm offenbarte, dass er ihm das T-Shirt ausziehen und seinen ganzen Oberkörper liebkosen wollte. Mit den Fingern, den Lippen und seiner Zunge. Da lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Kuroos Stimme wurde etwas brüchig, weil er merkte, dass er Unbehagen auslöste, aber Kenma wollte alles hören, er wollte hören, wie Kuroo auch seine Finger auf sich spüren wollte und dass sie sich beide entkleiden sollten, gegenseitig und er meinte hören zu müssen, dass Kuroo vorsichtig mit seinen Händen von Kenmas Knien über seine Oberschenkel gleiten wollte um immer näher an Kenmas Körpermitte ranzukommen. Kuroo versicherte ihm aber immer wieder, dass sie jeden einzelnen Schritt nur gehen würden, wenn Kenma bereit dazu war und Kenma war es nicht.
Er war noch Wochen später nicht bereit zu tun, was Kuroo sich so sehr wünschte. Kenma war nicht bereit, Kuroo zwischen seine Beine zu lassen und er war nicht bereit, soetwas selbst zu tun.
Solange nicht, bis er fand, bereit sein zu müssen, es für Kuroo zu sein. Aber Kuroo ließ es nicht zu.
"Schlaf mit mir! Bitte Schlaf einfach mit mir. Ich kann diesen Ausdruck in deinen Augen nicht mehr sehen!", hat ihn Kenma angeschrien unter Tränen, weil Kuroo den Gesten seiner Hände nicht gefolgt war und mit jeder Berührung zögerte und unruhiger wurde. Dieses Thema hat sich so breit gemacht zwischen ihnen. Es wurde immer lauter, bis Kenma es nicht mehr ertrug und es hinter sich bringen wollte. Er wollte, dass Kuroo bekam, was er sich wünschte, er wollte nicht mehr sehen, wie er sich quälte. Aber Kuroo wünschte sich kein Opfer, er wollte nicht, dass Kenma es einfach über sich ergehen ließ, er wollte nicht, das er litt und es verletzte ihn, dass er dachte, dass er es einfach so durchziehen würde.
"Denkst du, so macht es mir Spaß?", wurde auch Kuroo lauter, weil er beleidigt war. "Denkst du, es gefällt mir, wenn ich dir etwas antue, was du nicht willst? Glaubst du, es macht mich geil, wenn ich weiß, du opferst dich für mich auf?", fragte er weiter und biss sich auf die Lippen, weil ihm klar wurde, dass es genau das wäre, wenn es jemals geschehen würde. Er würde Kenma etwas antun. Kuroo riss sich von ihm los und sie stritten, so wie sie noch nie gestritten haben. So sehr, dass Kenma eine Weile nicht mehr zu Besuch kam und Kuroo auch zuhause bei seinen Eltern die Zimmertür nicht mehr aufgemacht hat. Sogar die Fenster hat er verschlossen, dass der einstige Nachbarsjunge nicht einfach darüber einsteigen konnte. Er wollte keine Entschuldigung hören, weil er wusste, dass er selbst es war, der sich entschuldigen musste.
Kuroo nahm Rücksicht. Er nahm immer Rücksicht auf Kenma, aber einschneidender als Kenma nie auf diese Weise haben zu dürfen war die Zeit, in der er ihm gar nicht nahe sein konnte, weil Kenma das so für sie entschieden hat. Aber Kuroo nahm Rücksicht. Er ging auf ihn ein und gewahr ihm die Zeit, die er brauchte. Er passte ihn nicht am Weg in die Schule ab und er lauerte ihm nicht nach dem Training auf. Er wartete bei Kenma zuhause an der Türschwelle und blieb dort sitzen, wenn er nicht weitergebeten wurde.
Kenma bat ihn nicht weiter. Er ging jedes Mal an ihm vorbei, stumm, Mal um Mal mit traurigerem Gesicht. Bis er eines Tages stehen blieb. Schweigend. Seine Arme hingen schwer von seinen Schultern. Kuroo ertastete Kenmas Hand. Sie sahen einander nicht an, aber spürten die Wichtigkeit dieser kleinen Geste. Kenma ließ sich neben Kuroo nieder. Er hielt weiterhin seine Hand und lehnte sich an ihn. "Ich bin vermutlich nie bereit dazu", sagte er und Kuroo nickte. "Und das... ist okay", sagte er schweren Herzens und zog Kenma in eine feste Umarmung. "Solange ich dich nur bei mir haben darf", war nun er derjenige, dem die Tränen kamen. "Ich kann dir gar nicht sagen, wie unerträglich die Zeit ohne dich ist", beschwerte er sich und küsste Kenmas Kopf, seine Schläfe und Stirn, gegen die er sich danach stützte. "Du musst es nicht sagen", seufzte Kenma das Eingeständnis, dass es ihm genauso ging, zwischen die Zeilen.
Und Kuroo wartete. Er wartete, dass Kenma sein letztes Schuljahr abgeschlossen hat, er wartete, dass er bei ihm einzog und er wartete darauf, dass Kenma wieder unbekümmert in seinem Arm einschlafen konnte. Kuroo wartete darauf, dass der Schmerz ging und ihr Vertrauen sich wieder aufbaute. Auch Kenma wartete. Darauf, dass das Gefühl ging, Kuroo zu enttäuschen, Mal um Mal, Nacht um Nacht und Tag um Tag. Aber es ging nicht. Mit jedem Kuss stieg der Puls, mit jeder Berührung wurden die Gedanken wilder. Kein freudig aufgeregter Puls, keine innigen Gedanken. Stattdessen: Schmerz und Angst.
Sie entfernten sich voneinander. Sie saßen im selben Raum, aßen dasselbe Essen, sahen denselben Film am Fernseher laufen, aber sie taten es nicht mehr gemeinsam. Küsse wurden zur raren Gewohnheit. Es gab nur gestreifte Berührungen ihrer Lippen, nichts was in irgendeiner Art mit Leidenschaft zu tun hatte.
"Kenma, ich will, dass du ehrlich zu mir bist", verlangte Kuroo eines Abends. Kenmas Kopf lag auf Kuroos Schoß, seine Aufmerksamkeit war fast ausschließlich in den Handheld gerichtet. "Ich hab keinen Grund, das Gegenteil zu tun", erwiderte er darauf. Kuroos Finger zogen zarte Linien über Kenmas Haar, das ihm immer länger über die Schultern wuchs.
"Ich weiß, wie hart das für dich ist, unsere Beziehung...", fing Kuroo an, Kenma hatte aber sofort einen Einwand: "Unsere Beziehung ist nicht hart für mich"
"Aber was zwischen uns steht. Du kannst mir nicht vergeben, dass ich dich damals abgewiesen hab und du mir nicht sagen kannst, dass du es ja wusstest, dass es mit dir keinen Spaß macht... aber ich vergebe dir auch nicht. Dass du mich in so eine Situation gebracht hast", sprach Kuroo vor sich hin. Er streichelte Kenma weiter durchs Haar und starrte stur an die Wand vor sich. Kenmas Daumen hielten inne, sein Spiel hätte den Sound des Verlierens abgespielt, hätte er die Spielmusik laufen.
"You lose", stand auf dem Bildschirm. Kenma starrte auf den Schriftzug, sein Atem stockte. Auch Kuroo atmete langsamer aus Angst, die gläserne Stimmung zu zerbersten. Nur das Ticken der Küchenuhr war zu hören. Hämmernd.
Stille.
Weiter.
Sie warteten.
Kenma schluckte.
Kuroo sprach plötzlich.
Little do you know
I know you're hurt while I'm sound asleep
Auch Kenma sprach.
Oh wait, just wait
Und Kuroo ging darauf ein.
I'll wait (I'll wait), I'll wait (I'll wait)
Die Vergangenheit drückt die Gegenwart und liefert sich einen Kampf um Leben und Tod mit der Zukunft.
Diese Auseinandersetzung lief anders ab, als die letzte. Sie war kein Streit, niemand schrie, keine Tränen wurden vergossen. Niemand fühlte sich im Nachteil, beschuldigt oder bedroht.
Sie spürten beide wo es hinführte und es ahnte nicht wie damals einer großen Unbekannten.
"Irgendwie hab ich dich mehr geliebt... als ich dich nicht geliebt hab", sagte Kenma und legte die Konsole endlich weg. Das war für Kuroo immer ein Zeichen dafür, dass er es ernst meinte. Das machte den Inhalt des Gesagten aber nicht besser. Kein Stück.
"Wow...", stöhnte Kuroo genervt aus und ging sich selbst angespannt durchs Haar, die Hand fuhr flach über sein ganzes Gesicht. Kenma zuckte unweigerlich zusammen. "Früher hätte ich alles dafür gegeben, dass du mehr redest... jetzt wünschte ich echt, du würdest die Klappe halten" Ein unzufriedenes Knurren ging von Kuroos Schoß aus.
Kenma erinnerte ihn daran, dass er um Ehrlichkeit angehalten wurde und das war er. Es war so. Er fühlte so und Kuroo verstand es, deswegen reagierte er so.
"Du hast recht... und ja... ich versteh, was du meinst, es tut nur so unendlich weh, es zu hören. Und es geht mir auch so, okay. Ich hab dich als Nachbarsjunge mehr geliebt, aufrichtiger und echter, als jetzt und es tut weh, mir das einzugestehen, ich will dich genauso und mehr lieben, aber ich kann nicht, wir können nicht! Warum geht das nicht? Wir sind perfekt füreinander!" machte Kuroo seinem Frust Raum. Die Faust schlug neben ihm auf dem Sofa ein. Er begriff nicht, warum ihre innigen starken Gefühle füreinander so enttäuschten.
"Sind wir nicht... mehr. Wir haben uns verändert", sagte Kenma und zuckte mit den Schultern.
Kenma richtete sich auf und sah Kuroo in die sonst so abenteuerlichen Augen, die nun nur so von Wehmut getränkt waren."Hab ich deine Zeit verschwendet?", wollte er wissen.
"Es ändert nichts daran, dass du der wichtigste Mensch in meinem Leben bist", sagte Kuroo und bettete nun seinen Kopf auf Kenmas Schoß. Kenma strich ihm durch das wilde Haar. "Gleichfalls", flüsterte er.
Und dennoch... manchmal reicht Liebe einfach nicht.
Liebe ist nicht einfach.
Chapter 63: The OneShot with Wonderwall
Chapter Text
Des Tages: Staatsbeamter, langweiliger Büromensch - Des Nächtens: Musiker, aufregender Flirt. Semi Eita träumte am Tag und verwirklichte seinen Traum in der Nacht. Manch einer neigte zu sagen: Semi war ein Traum. Andere nannten ihn einen Albtraum. Tatsache war, dass er eine außergewöhnliche Schönheit war, die ihre Chancen nicht zu vergeben vermochte.
Nach einem Arbeitstag voller langweiligen Papierkram spielte sich Semi die Finger auf seiner Gitarre wund und seine Stimme heiser. So ging das bis spät in die Nacht. Jeden Tag, wenn er nicht gerade einen Gig gelandet hat. Seit er aus der Schule ausgetreten war, durfte er in der ein oder anderen kleinen Absteige spielen. Oft als Nummer vor dem Hauptact. Oft nur vor ein paar wenigen Leuten. Als Bezahlung bekam er ein Getränk aufs Haus, manchmal ein zweites, aber immer mehrere interessante Angebote. Nicht selten ging er leer aus, weil er wählerisch und stur war. Er ließ sich nicht durch einen Drink bestechen, auch nicht durch einen sexy Augenaufschlag, den hatte er selbst gut genug drauf, wenn ihm mal jemand gefiel. Dabei war es ihm sogar egal, ob er sich auf eine Frau oder einen Mann einlassen würde. Aber immer fehlte etwas, das sein Interesse vollends einfing: Fade Frisur, eingeschlafener Blick, zu wenig Selbstvertrauen. Aber auch Übersättigung neigte ihm ab: Redet zu viel von sich selbst, trägt zu viel Parfum, zu touchy.
Auch Tage später wurde es ihm zu viel. Semi zog seine Hand aus der Berührung und sich selbst aus der Unterhaltung. Wieder ein Abend, an dem niemand mit ihm heimging. Nur seine Gitarre trug er mit sich. Semi hatte kein Auto, er fuhr mit dem Bus und dann ging er den Kilometer zum Wohnhaus, in dem er die Dachgeschoßwohnung für günstig mietete, weil es keine Klimaanlage gab und die Dämmung schlecht war. Im Sommer war es somit schrecklich heiß, unerträglich und im Winter fror er fast. Aber mehr konnte er sich nicht leisten. Noch nicht.
Er betrat die Wohnung, streifte seine Schuhe ab und ging, ohne das Licht anzumachen, direkt ins Wohnzimmer. Durch die Reklame am Hochhaus vis a vis brauchte er auch hier keine zusätzliche Beleuchtung. Er ging an seinem schwarzen Flügel vorbei und ließ die Akustikgitarre von der Schulter herunter, um sie vorsichtig in ihren Stand neben dem Cello zu stellen. An der Wand hingen zusätzlich eine weiße Geige und eine rote Ukulele, die ihn nicht nur wegen den ulkigen Liedern, die er darauf früher gespielt hat, sondern eben auch wegen ihrer Farbe an seinen Ex-Freund erinnerte. Er konnte sich aber nicht von ihr trennen, weil es manchmal gut tat, ein Lied für Tendou zu spielen, auch wenn dieser nicht da war.
Beim Fenster stand eine E-Gitarre und neben ihr ein Verstärker, den er auch als Stuhl fürs Spielen nahm. Aber heute nicht mehr.
Auch die nächsten Tage nicht. Erst als er seinen Urlaub nach Europa geplant hat. Um die Weihnachtszeit und Neujahr hinweg. Semi hat viele berühmte und weniger berühmte Spielstätten kontaktiert und wollte sich auch international der Welt zeigen. Und zum Jahresende sollte er vier Auftritte haben. Einen in Madrid in einer kleinen alternativen Bar, sogar ganz alleine und für ein Zimmer. Danach sollte es nach Paris gehen, in der Woche vor Weihnachten in einem Café Le Purple Note.
In Paris plante er mehr Zeit ein. Denn er liebte die Idee dieser Stadt. Die Stadt der Liebe, auch wenn er alleine war und selbst, wenn er es bleiben würde. Denn er wusste, dass Tendou dort gerade seine Ausbildung machte. Tendou hat auch eine Nachricht bekommen, Semi aber keine Antwort.
Dennoch. In Paris wollte er vor der Notre Dame spielen und unter dem Eiffelturm, beim Triumphbogen und im Lateinamerikanischen Viertel. Semi wollte sich vor die Madeleine stellen und spielen, er wollte am romantischsten Ort der Welt von seiner Liebe und seinem Herzschmerz singen.
Nach Weihnachten sollte es nach London gehen, da spielte er in The Garage vor einem Rockmusiker, der bereits bekannter war und im neuen Jahr würde er in Prag spielen. Danach musste er wieder nach Hause. Drei Wochen Urlaub und ein paar Überstunden gingen für diesen Ausflug drauf, aber danach, Semi war sich sicher, hatte er seine Richtung eingeschlagen. Es sollte sogar Bares für seine Musik geben und immer mehr als nur zwei drei Drinks.
Als er den letzten Flug gebucht hatte, nahm er die Ukulele von der Wand, setzte sich auf den Verstärker und zupfte ein paar Noten an, die ihn schmerzlich an eine Zeit erinnerten, die er wieder aufleben lassen wollte.
Irgendwann hat ihm Shirabu geschrieben, dass er und ein paar Kommilitonen Mitte Dezember in einer Bar etwas trinken würden. Sie soll ganz in der Nähe des Magistrats sein, in dem Semi arbeitete. Das war Semi auf zweierlei Weise egal. Denn einerseits arbeitete er an einem Samstag sowieso nicht und andererseits war er zu dieser Zeit in Europa. Und außerdem… Das mit Shirabu sollte er nicht weiterführen. Der One Night Stand vor einem Jahr wurde zwar zu einem Some Nights Stand, aber hatte keine Chance auf etwas Echtes. Nicht, solange Semi noch Gefühle für Tendou hatte und Shirabu ein zickiges Gör war, das sich die Hörner abstoßen musste.
Semi hat Shirabu auch nicht mehr gesehen, bis er sich auf den Weg zum Flughafen machte. Er dachte auch nicht mehr an ihn. Seine Gedanken waren immer nur in Paris. Auch in Madrid waren sie in Paris. Selbst wenn Tendou noch immer nicht geantwortet hat. Semi wusste, das würde sich noch ändern.
Der Zauber der Stadt der Liebe wurde Semi aber schon am Tag der Ankunft genommen. Es war schmutzig. Das Verlassen des Terminals der Fernbusse glich der Flucht aus einer Müllhalde. Der Schnee, der am Boden lag, war matschig und braun. Es war kalt, nicht herzerwärmend. Die Menschen waren unhöflich und ließen sich nicht auf seine englischen Fragen ein. Madrid war anders. Dort waren die Menschen herzlich und voller Wärme. Paris war kalt.
An der Notre Dame hat man ihn schon vertrieben, noch bevor er seine Gitarre aus der Tasche holen konnte. Unter den Eiffelturm kam er gar nicht recht und auf dem Platz, von dem aus man die perfekte Sicht auf das Wahrzeichen hatte, schoben ihn die Touristen beiseite, weil er im Weg stand. Perfekte Fotos. Sich küssende Paare. Sogar einen Heiratsantrag hat er gesehen, dann war es ihm vergangen. Semi war enttäuscht vom Triumphbogen, weil der mitten in einem riesigen Kreisverkehr stand. Die Leute tummelten sich auf den großen Straßen, die darauf zu führten, machten auf Verkehrsinseln Fotos und liefen direkt wieder weiter. Unter dem Bogen war alles voll mit dem matschigen braunen Schnee. Auch vor der Madeleine hatter er keine Chance und im Lateinamerikanischen Viertel was die Konkurrenz so groß, dass er auch dort keinen Grund zur Freude fand.
Die ersten Tage in Paris wirkten, als zeigten sie Semi, dass man ihn hier nicht wollte. Und irgendwie… Ja, irgendwie wollte Semi auch nicht mehr hier sein. Er hasste Paris.
Bis an jenem Tag, als sein Gig im Le Purple Note anstand. Das Café befand sich mit einem atemberaubenden Blick auf den Eiffelturm an der Seine und gewahr Semi vom Fenster aus die Möglichkeit, Paris auch einmal von seiner schönen Seite zu sehen. Neuer Schnee war über Nacht und den ganzen Tag über gefallen und schenkte ihm den romantischen Anblick, den er sich gewünscht hat. Auch die Freundlichkeit, die ihm von den Angestellten hier entgegengebracht wurde, machte es ihm leichter. Er atmete auf und ließ sich die kleine Bühne zeigen. Nichts, was er so nicht kannte. Eine etwas größere Stufe in einem Bogen, dass der Ton auch unverstärkt übermittelt wurde und bis zur Bar drang. Die hübsche Kellnerin am anderen Ende des Cafés deutete mit ihrem Daumen nach oben, um ihm zu signalisieren, dass sein Probesong gut hörbar war. Danach sagte sie ihm auch, seine Stimme sei trés magnifique. Die noch wenigen Gäste klatschten und wünschten bereits jetzt eine Zugabe, die er ihnen in Form eines ganzen Auftritts versprach. Nicht gleich. Erst ließ er sich eine Orangina ausgeben und kontrollierte ein letztes Mal seine Nachrichten. Semi seufzte, weil Tendou nicht geschrieben hat. Das war ein deutliches Zeichen. Es enttäuschte Semi, weil er ihn anders eingeschätzt hat. Er war töricht, das Guess Monster verstehen zu wollen. Mit seinem Getränk ging er durch das Café zurück zu seiner kleinen Bühnen, die ihm nun eine Stunde gehören sollte.
Seinen Auftritt begann er mit Hey There Delilah, denn mit so einem Song fing man das Publikum. Man kannte ihn. Man sang vielleicht sogar mit, aber zumindest wurde gewippt und im Anschluss geklatscht.
Semi fragte sich beim Singen auch, wie es wohl in New York City wäre. Ob er davon auch ein verträumtes Bild hatte, das ihm die Stadt dann vernichten würde? Ob er sich einsam fühlen würde, weil er so fern von allem weg war? Jetzt war er viel ferner und ja, er fühlte sich wahnsinnig einsam. Die Nächte in den Hotels waren kalt, die Stadt war kalt, das Essen, das er sich oft nur mal schnell to go geholt hat, war schnell kalt. Sein Blick wurde kalt, als er über sein Publikum hinweg sah.
“Avez-vous une Delilah?”, wurde er nach dem Lied von einem Gast gefragt, ob er eine Delilah hatte. Semi schmunzelte, aber antwortete nicht. Stattdessen spielte er den nächsten Song an, von dem er auch noch dachte, dass ihn der ein oder andere kennen könnte.
Das Café hat sich seit dem ersten Song gut gefüllt. Von einem gewissen Rotschopf aber fehlte jede Spur.
In Semi wuchs die Sehnsucht, aber auch die Enttäuschung wurde größer. Er hat sich vollkommen falsche Hoffnungen gemacht. Vermutlich sah man ihm das auch an. Die Gäste hier musterten ihn neugierig.
Die Zeit zwischen den Liedern nutzte er nur, um etwas zu trinken. Viel gesprochen wurde nicht, weil er die Landessprache nicht beherrschte. Aber das musste er nicht. Musik funktionierte auch so.
Die nächste Nummer wollte Semi eigentlich gar nicht spielen, aber gerade fühlte er sich sehr danach. Er schloss von Anfang an die Augen und sang aus ganzem Herzen. Fast weinerlich wurde seine Stimme dabei.
>> Somehow I guess it's better this way
>> Looking back was it all just a mistake?
>> Thought I could live in the arms of another
>> But I guess I wasn't enough for him
Den Refrain sang er mit mehr Kraft, als brächte er den Song damit zur Strecke, nur um bei der Bridge und der Strophe wieder sanfter und leidiger zu werden.
Für die letzten Zeilen öffnete er die Augen und starrte einfach nur vor sich auf den Boden.
>> Forget my name
>> Forget my face
>> It was all just empty space
>> Deadweight; no longer part of me
Semi biss sich für die Dauer des Nachklangs des letzten Gitarrenanschlags auf die Lippen, weil er merkte, dass er sich gehen hat lassen. Okay, das brauchte eindeutig Auflockerung!
“Any Wishes?”, fragte er und sah erstmal nur zu den Tischen, die direkt an der kleinen Bühne standen. “Wonderwall!”, sagte eine junge Frau. Sie saß mit einem Mann im selben Alter zusammen, hielt seine Hand und wünschte sich wohl einen romantischen Song für ihr Date. Für Semi war das aber nicht der Fall. Er schnaubte angespannt und etwas genervt.
“Not Wonderwall”, sagte er. "Why?” - “Everybody sings Wonderwall”, war seine Begründung.
“Und wenn ich es mir wünsche?” Semi hob den Kopf. Er glaubte seinen Augen kaum. Hinter den Tischen stand Tendou und zog sich gerade eine Haube vom Kopf. Sein kurzes rotes Haar kam zum Vorschein. Auch seine Wangen waren rot, weil er gerade von draußen rein gekommen war. Semi lachte kurz auf.
“Für dich spiel ich immer Wonderwall”, sagte er und schlug die Saiten an.
>> And after all… You’re my wonderwall
Chapter 64: Prolog: Distraction
Notes:
Ab jetzt gibt es den dritten und letzten Adventskalender ^^
Chapter Text
Was hab ich mir eigentlich dabei gedacht?
Die Frage ist schnell und simpel beantwortet: Nichts.
Ich hab mir nichts dabei gedacht, als ich vor etwas mehr als 2 Jahren mit diesem unmöglichen Menschen in diesem Gang zum Stehen gekommen bin und eigentlich nur ein paar harmlose Worte ausgetauscht habe. Es war mir nicht möglich, zu denken, als sich seine Lippen auf meine gelegt haben. Danach hab ich jegliche Gedanken dazu verdrängt. Ich wollte gar nicht mehr denken.
Ich hab mir auch nichts dabei gedacht, als wir uns beim ersten freundlichen Weihnachtsturnier näher gekommen sind. Es war wie ein aberwitziger Traum. Ich hab es einfach geschehen lassen, ohne nachzudenken. Dabei mach ich mir immer Gedanken. Na gut, ich analysiere Situationen und mach das Richtige. Aber mit ihm... da gabs nichts zu analysieren. Es war weder richtig noch falsch und irgendwann war es richtig, bis es falsch geworden ist.
Zum Denken hab ich erst angefangen, als es zu spät war. Viel zu spät, ich war ihm schon ausgeliefert. Dabei sollte er nur eine Ablenkung sein. Von der Schule, dem Training und von Akiteru. Am meisten aber sollte er mich von Yamaguchi ablenken. Süßer naiver Yamaguchi... so uncool diese ganze Sache. Aber er ist mein bester Freund, er kann nichts dafür.
Manchmal frag ich mich, ob ich es überhaupt wert bin, geliebt zu werden. Die ganze Mühe, die sich Akiteru macht, ist vollkommen übertrieben. Er könnte eigentlich froh sein, dass ich seine Bestätigung als großer Bruder nicht brauche. Naja... zugegeben, es zeigt ja Früchte. Aber wofür? Für mich? Uncool. Yamaguchi hat sich auch so sehr um mich bemüht. Anders. Bei ihm war es natürlicher und ich hab es immer gemocht, wenn dieses kleine Sommersprossengesicht neben mir her gewatschelt ist und mir seine ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt hat. Jetzt schenkt er sie seit einem guten Jahr Terushima.
Yuuji Terushima... Yamaguchi ist mit einem Skaterboy zusammen. Cool.
Und ich trauere meinem Ex nach, der in Paris seinen zweiten Frühling erlebt, oder so... Uncool. Richtig uncool.
Ob ich meine Eltern fragen soll, dass wir die Weihnachtsferien in Europa verbringen? Frankreich? Paris? Dann würde ich mir auch die Wiederholung dieses blöden Weihnachtsturniers ersparen, was ja langsam zur Tradition wird, kann sich nur noch um ein paar Wochen handeln, bis Herr Takeda es verkündet. Also... Flucht nach Paris?
Akiteru würde mich wohl unterstützen, auch wenn er Satori nicht so gerne mag. Er bemüht sich ja immer noch um mich, er muss meine Eltern einfach überzeugen.
Ob Satori genau sowas erwartet? Ich will ihm nicht in die Karten spielen. Das würde Schwäche bedeuten und viele Punkte kosten. Ich lass mich doch von ihm nicht durchschauen. Nicht noch einmal. Paris ist keine gute Idee. Ich muss mich ablenken.
Mit-
"Yamaguchi?"
Chapter 65: Troubles
Chapter Text
April, Miyagi
Tsukishima hat geschwiegen. Er hat darüber geschwiegen, dass seine Gefühle komplett durcheinander waren, seit klar war, dass er und Tendou sich trennen würden und er schwieg darüber, dass er Tendou anflehen wollte, einer Fernbeziehung eine Chance zu geben, weil ihm das nicht ähnlich sah. Es sah ihm auch nicht ähnlich, dass er nach dem wohl intensivsten und bedeutungsschwersten Kuss seines Lebens geweint hat. Er schwieg darüber, dass er Tendou einfach hat stehen lassen, um ihm den Anblick nicht zu gönnen, wie sehr er ihn aufgewühlt hat, auch wenn er ahnte, dass er es wusste, ohne es zu sehen. Und Tendou schwieg darüber, dass er es wusste.
"Bringt ja nichts", war die Konklusion, zu der sie beide voneinander unabhängig gekommen sind.
Für Tsukishima waren die Wochen nach Tendous Abreise sehr leise. Er selbst war leise und legte sich nicht einmal mit Kageyama an, auch dann nicht, als es um die Diskussion ging, wer der nächste Kapitän der Volleyballmannschaft sein sollte, nachdem die Drittklässler gingen und Ennoshita somit als Kapitän abdankte.
Es machte Sinn, dass es einer von ihnen machte, einer der neuen Drittklässler. Kageyama, Hinata, Tsukishima oder Yamaguchi.
Zu Tsukishimas Überraschung hat sich Yamaguchi aufstellen lassen und konkurrierte somit direkt mit Kageyama. Hinata hat auf Fragen von Yaotome hin abgelehnt.
"Ich bin lieber das Ass, da hab ich keine Zeit zum Kapitän sein", hat er mit strahlendem Gesicht gesagt. Kageyama hätte ihn als Konkurrenten auch gar nicht akzeptiert. Eigentlich hätte sie das alle überraschen sollen, denn Hinata liebte den Wettkampf mit dem Zuspieler. Aber das war es. Wenn es um Positionen ging, waren die beiden sich noch nie streitig und stattdessen immer einig. Kageyama spielte Hinata zu.
Tsukishima hat sich am Gespräch erst beteiligt, als man ihn dazu aufgefordert hat und da er hat nur für Yamaguchi abgestimmt, so wie die meisten anderen.
"Du stehst total neben dir", sagte Yamaguchi nach dem Training am Heimweg zu ihm und Tsukishima seufzte. "Seit Tendou weg ist, gehts dir nicht gut", sprach er weiter und Tsukishima verdrehte die Augen. "Gratuliere Sherlock, ich hab Liebeskummer", gab er es das erste Mal zu. Nun schwieg Yamaguchi. Er konnte ihm nun schwer etwas von sich und Terushima erzählen, das würde nur Salz in die Wunde streuen und die Wunde, das wusste Yamaguchi, war bereits stark entzündet, wenn Tsukishima schon zugab, Liebeskummer zu haben. Er wollte ihm nicht sagen, dass es mit der Zeit sicher besser wurde, denn er hätte sich dabei wie ein Heuchler gefühlt. Er, der seit wenigen Wochen den offiziellen Status von in einer Beziehung hatte.
Yamaguchi war in einer Beziehung, in einer glücklichen, würde er sagen, auch Terushima würde sie als glücklich bezeichnen, selbst wenn sie diverse Startschwierigkeiten hatten.
Es hat gedauert, bis Yamaguchi die Avancen des blonden Kapitäns verstanden hat. Das erste Mal Händchenhalten hat er mit einem Schlag abgewehrt - Terushima hat es bei einem Picknick initiiert und Yamaguchi hat seine zögernde zarte Berührung für einen Käfer gehalten - und ihr erster Kuss ist gekippt. Terushima ist dabei gekippt und direkt danach gab es eine Generalpredigt von Yamaguchis Vater, weil Terushima beim Sturz einen Keramiktopf mitgerissen hat, es war laut und hat neben dem Aufschrei des Skaterboys die abendliche Stille durchbrochen.
Terushima hat am nächsten Tag sofort einen Ersatz gebracht und sich auch bei Yamaguchis Eltern aufrichtig entschuldigt, auch dafür, die Unschuld ihres Sohnes haben zu wollen - Yamaguchi hat im Erdboden versinken wollen. Dieser Junge drückte sich manchmal schon ausgesprochen dämlich aus, dabei wollte er damit nur sagen, dass er dafür sorgen wollte, dass Yamaguchi mehr aus sich herauskam. Tja, das kam natürlich anders rüber und führte dazu, dass den beiden eine gemeinsame Übernachtung, egal ob bei Yamaguchi oder bei Terushima, untersagt wurden. Es war richtig peinlich. Und es wurde auch immer peinlicher, wenn das Thema irgendwie angeschnitten wurde. Terushimas Freunde hatten in Yamaguchis Augen einen zu zweideutigen Humor, der ihn immer wieder in Verlegenheit brachte. Seine Nicht-Reaktion darauf wiederum ließ Terushima zwar mit guten Intensionen, aber schlecht durchgeführt einen Umweg um das Thema machen, dass auch dem letzten Trottel klar war, dass die beiden noch lange nicht soweit waren.
Und trotzdem oder gerade weil sie sich Zeit ließen, konnten sie sich langsam in die Beziehung einleben. Für Yamaguchi wurde es irgendwann leichter und intuitiver, nach Terushimas Hand zu greifen, nicht aber zu einer Selbstverständlichkeit, sie dann auch halten zu dürfen. Jedes Mal aufs Neue spürte er dabei ein zartes Kribbeln im Bauch und immer wurde es ein bisschen stärker, wenn Terushima den Griff erwiderte, fester machte und ihm dabei zufrieden ins Gesicht grinste. In Terushimas Grinsen konnte er immer das Abenteuer sehen, als welches er ihre Beziehung auch einstufte. Ein Abenteuer, das niemals langweilig werden aber allem voran niemals enden sollte. Ihre Beziehung war auf allen Ebenen ungewöhnlich, wie Yamaguchi fand.
Ihr erstes richtiges Date zum Beispiel (also das, das sie beide auch wirklich so genannt haben), Anfang Februar, war ein ganz Besonderes und nichts, was Yamaguchi oder jemand anderes je erwartet hätte.
Terushima hat sich mit ihm am Parkplatz des hiesigen Baumarktes verabredet. Yamaguchi hat vermutet, dass sie von dort mit dem Bus wohin fahren wollten, doch Terushima hat ihn direkt in den Laden geführt. Ein riesiger Laden. Yamaguchi kannte ihn, seine Eltern waren mit ihm vor ein paar Jahren hier, als sie sein Kinderzimmer neu eingerichtet haben. Dass Terushima etwas dergleichen mit ihm hat machen wollen, hat er doch ziemlich bezweifelt. Beim Reingehen hat er sich für eine Münze einen Einkaufswagen geholt, den ohne Kindersitz und mit niedrigerem Korb und er hat Yamaguchi gesagt, er solle einsteigen.
"Wie bitte?", hat Yamaguchi höflich um Erklärung gebeten, doch Terushima ist nicht darauf eingegangen und hat darauf bestanden. Bevor er einen Aufstand mitten im Markt hätte provozieren können, hat Yamaguchi nachgegeben, hat sich in den Korb gesetzt und Terushima hat Anlauf genommen. Mit dem Wagen.
Yamaguchi war ein Schreckschrei aus den Lungen gefahren, aber Terushima hat ihn mit seinem abenteuerlichen Blick sofort für sich gewonnen, wie immer. Der Fahrtwind, den der Skaterboy mit seinen starken Beinen und dem Lauf produzierte, hat Yamaguchis Haar wehen und seinen Bauch wie in der Achterbahn ausheben lassen.
Ein Lachen war über seine Lippen gekommen. Terushima ist auf den Wagen aufgesprungen und hat Yamaguchi einen Kuss gestohlen, der aufregender nicht hätte sein können.
Das war der zweite Kuss, den sie geteilt haben und der war so viel besser wie der erste gewesen. Zerbrochene Keramik gab es aber auch diesmal. Mit geschlossenen Augen fuhr sich ein Einkaufswagen nun mal schlecht und in der Gartenabteilung hat es dann gekracht.
Dass die beiden von da an Hausverbot im Baumarkt hatten, musste nicht erwähnt werden. Yamaguchi hat es vor seinen Eltern auch nie erwähnt. Er würde auch bestimmt nicht mehr mit ihnen hin müssen.
„Tsukki? Du bist toll, so wie du bist und-“ Tsukishima unterbrach Yamaguchi umgehend mit einer schnappenden Handbewegung. „Ich will kein Mitleid, bitte. Ich komm schon drüber hinweg, okay? Gibt mir einfach Zeit“, sagte er zu seinem besten Freund und verabschiedete sich vor seiner Haustür von ihm. „Sorry Tsukki… Bis morgen“, sagte Yamaguchi und sah Tsukishima noch nach, dann holte er im Umdrehen bereits sein Smartphone heraus um seinem Freund zu schreiben, dass er ihn vermisste.
Chapter 66: Dick Pics
Chapter Text
Juni, Sportunterricht
„An dir ist wirklich ein toller Basketballspieler verloren gegangen, du hast echt Talent“, sagte ein Klassenkamerad zu Tsukishima. Dem allerdings ging dieses Lob bei einem Ohr rein und beim anderen gleich wieder raus. „Ich bin halt groß, das hat nichts mit Talent zu tun“, zuckte er die Sache mit den Schultern weg und war auch schon bereit für den nächsten Pass von Yamaguchi.
„Tja, der ist auch nicht gerade klein und wirft wie ein Mädchen“, wurde Tsukishima zur Weißglut getrieben. Er fing den Ball. Zuzugeben, Yamaguchi warf wie Yachi, aber er musste nicht gut werfen können, sein Aufschlag war der Hammer. „Und du nimmst wie ein Mädchen an“ sagte Tsukishima und knallte seinem Kollegen den Ball ohne Vorwarnung mitten ins Gesicht - Time Out!
„Kei Tsukishima! 5 Runden laufen und dann ziehst du dich um, für dich ist heute Schluss!“, wütete die Sportlehrerin auf die Jungs zu. Der Verletzte hielt sich die Nase, wurde von einem weiteren Klassenkameraden gerade gestützt und mit einem Taschentusch betüdelt. „Und du, Schulärztin, sofort, du, begleite ihn“, sagte sie zu den Beiden. Yamaguchi stand ganz außer sich inmitten der Szene und konnte nur den Kopf drehen um Tsukishima beim Laufen hinterher zu sehen. Er fragte sich umgehend, was der Grund dafür war, vermutete er allerdings ganz falsch einen blöden Kommentar zu Tendou, über den Tsukishima noch immer nicht richtig hinweg war. Yamaguchi seufzte.
Vor ein paar Wochen hat er bei ihm doch tatsächlich das Plakat entdeckt, von dem Tendou gesprochen hat, als Yamaguchi und Tsukishima letztes Jahr selbst eines über die Französische Revolution gemacht haben. Es war an einigen Stellen eingerissen und es war wirklich nicht besonders gut, aber Yamaguchi hat es mit nostalgischem Wert versehen und nicht hinterfragt. Er hat auch das Trikot von Shiratorizawa nicht hinterfragt, das Tsukishima ganz schnell vom Schreibtischsessel genommen und in den Schrank geschleudert hat, als Yamaguchi das letzte Mal bei ihm zuhause war. Er hat natürlich so getan, als hätte er es nicht erkannt.
Nach weiteren vier Runden lief Tsukishima in die Garderobe, zog sich um und wartete an diesem Tag nicht auf Yamaguchi. Sie sahen einander erst am nächsten Morgen wieder, als Yamaguchi wie eh und je vor dem Haus wartete. Tsukishima kam auch wie jedes Mal mit seinen Kopfhörern auf den Ohren heraus, ging durch den kleinen Vorgarten und schob sich den Bügel in den Nacken, als er bei Yamaguchi ankam.
„Morgen“, sagte er knapp. „Guten Morgen, Tsukki“, kam es mit einer Stimmung von Yamaguchi, die Tsukishima nicht kannte. Er musterte ihn.
„Was hat er gemacht?“, fragte er sofort. „Hm? Was? Wer? Wer hat was gemacht?“ Yamaguchi war sichtlich überrascht. Tsukishima legte den Kopf schief, er seufzte und setzte seine Schritte Richtung Schule fort.
„Terushima, wer sonst? Was hat er gemacht? Du hast komische Laune“, erklärte er. Yamaguchi fühlte sich ertappt, aber er schüttelte schnell den Kopf.
„Nein nichts, er hat nichts gemacht… nur… er fehlt mir halt und gestern hat er nicht mehr gute Nacht geschrieben nachdem wir… naja… ein bisschen… also“ Tsukishima stöhnte genervt auf. Dieses Herumgestammel war ja kaum auszuhalten. „Ihr habt also n bisschen Telefonsex gemacht, ist ja nichts dabei, sag’s ruhig, vermutlich ist er eingepennt“ schockierte und erleichterte er Yamaguchi gleicherweise.
„N-nein nein nein, nicht Telefon-sssssex, n-nur ein bisschen geschrieben… aber ja… so…“, in Situationen wie diesen fühlte sich der Volleyballkapitän immer noch wie ein Erstklässler, vielleicht sogar wie einer der Grundschule. Über so etwas konnte er nicht reden. Nicht mit seinen Eltern, nicht mit Tsukishima und eigentlich auch nicht mit Terushima. Mit Terushima war es einfach Intuition geworden irgendwann. Auch wenn diese noch nicht besonders weit ging.
„Schon gut, wie läufts sonst? Wie viele peinliche Selfies von "Hier bin ich am Skatepark und denk an dich" und "Das ist die Tokio-Kirche, aber ich denk nur an dich" und Dick-Pics hat er schon geschickt?“, fragte Tsukishima, weil er natürlich wusste, dass Terushima für seine Ausbildung ein paar Wochen in der Hauptstadt war. Yamaguchi schnappte schnell nach Luft. Er verschluckte sich dabei sogar an seinem Speichel, den er durch das nervöse Nibbeln an seinen Lippen in seinen Mundecken gesammelt hat.
„Er schickt mir doch keine… Dick-Pics“, sagte er rasch, flüsterte aber das letzte Wort, dass es nur Tsukishima hören konnte. Hier gab es Nachbarn, die sich gerade im Morgenrock die Zeitung holten, andere Schüler, die sich auch auf den Weg zur Schule oder zum Bus machten und Erwachsene am Weg zur Arbeit.
„Achso? Hmm er wirkt für mich schon wie der Typ Kerl, der sowas macht, hab mich wohl in ihm getäuscht“, nahm Tsukishima die schlimmen Anschuldigungen zurück. Yamaguchi schwieg, denn er wusste: Terushima war ganz klar der Typ Kerl für sowas, aber es gab einen ganz einfachen Grund, warum er noch kein pikantes Foto von seinem Freund bekommen hat und das waren nicht einmal die wachsamen Augen seines Vaters, sondern Terushimas Ego.
“Ich kann dir doch kein Bild schicken, wenn er nicht steif ist, ist ja voll klein dann… der Winkel ist auch blöd… aber wenn er dann steif ist, dann bin ich geil und dann mach ich weiter und dann wenn ich wieder an das Bild denke, ist er wieder…voll klein“, hat Terushima mal gesagt, nicht dass Yamaguchi danach gefragt hätte, er wusste auch gar nicht mehr, wie der Ältere auf dieses Thema gekommen ist. Yamaguchi vermutete, dass er ein Gespräch vom Skatepark irgendwie hat Revue passieren lassen und dann klaffte die Situation über. Das passierte manchmal.
„Aber ja, er schickt eigentlich ständig Selfies und alles sind Kirchen, egal ob Kirche, Moschee oder Synagoge, alles ist der Tokio-Tower. Einmal waren sie mit der Gruppe in Yokohama und er hat ein Selfie von einem Turm geschickt und geschrieben, das wäre der Tokio-Tower von Yokohama“, lachte Yamaguchi und die Stimmung war gleich viel besser. Tsukishima schnaubte Luft aus aber musste selbst schmunzeln. Terushima konnte in seinen Augen noch so idiotisch sein, er brachte seinen besten Freund zum Lachen, auf diese ganz herzliche Weise, wie er es selten sah und das sogar, wenn er nicht da war. Er konnte Terushima also gar nicht richtig verschmähen.
"Ich wünsch dir, dass du auch so jemanden findest wie ich mit Yuuji", sagte Yamaguchi nachdem sein Lachen verstummt war. Tsukishima verdrehte die Augen. "Pfft… also von Leuten wie Terushima hab ich bereits genug, außerdem bin ich es wohl gar nicht wert, geliebt zu werden", sagte er und nun war es Yamaguchi, der tadelnd reagierte. Er blieb stehen und stampfte fest mit dem Fuß auf. "Sag sowas nicht über meinen besten Freund!", knurrte er und verzog wütend das Gesicht oder versuchte es. Tsukishima lachte und legte sich die Finger überlegend ans Kinn. Yamaguchi sah so aus wie damals, als er ihm in der ersten beim Trainingscamp die Leviten gelesen hat oder auch nach dem Spiel gegen Shiratorizawa, wo er auf der Toilette vollkommen außer sich war.
"Dein Yuuuuji hat dir sicher schon gesagt, wie entzückend du aussiehst, wenn du sauer bist, hmm?", sagte Tsukishima und lächelte mild.
"Warum sollte er das sagen? Ich bin nicht sauer, wenn er bei mir ist. Aber ernsthaft! Sag sowas nicht, bitte!", wünschte er sich und Tsukishima zuckte mit den Schultern. „Okay“, war die kurze Antwort und dann gingen sie schweigsam weiter. Yamaguchi machte sich Sorgen, Tsukishima war zwar noch nie ein Strahlemann oder jemand der positiv gestimmt durchs Leben stolzierte, aber sowas wie Liebeskummer von vor ein paar Wochen und dass er es nicht wert wäre, geliebt zu werden, das hat er noch nie gesagt. Vielleicht war das jetzt der richtige Moment?
„Du, Tsukki?“, unterbrach Yamaguchi die Stille und wurde mit einem knappen „Hm?“ zum Weiterreden gebeten. Yamaguchi holte noch einmal tief Luft und nahm all seinen Mut zusammen. Denn selbst wenn es jetzt nicht mehr so war, er fand dennoch, Tsukishima sollte es wissen, zumal es ihn jetzt vielleicht sogar aufbaute: „Weißt du, ich war in der Ersten richtig in dich verknallt.“ – Raus, es war raus, er hat seinem besten Freund von seinen einstigen Gefühlen gebeichtet. Nun musste er das nur noch annehmen und verstehen, dass er doch liebenswert war. Der richtige Mensch würde sich schon noch finden lassen.
Tsukishima überraschte ihn dann aber mit einem trockenen „Ich weiß“, dass Yamaguchi umgehend in ein nervöses Stottern überging: „Wa-wa-was?“
„Also zumindest im Nachhinein“, sprach Tsukishima weiter, weil Yamaguchi nichts Brauchbares über die Lippen brachte. Auch weiterhin nicht, denn mehr als „Tsukki“, schaffte er nicht.
„Ich wäre damals nicht bereit dazu gewesen, vermutlich hab ich es deswegen nicht gerafft und naja vielleicht hab ich mich deswegen auf Satori eingelassen“, gestand Tsukishima und ließ bei Yamaguchi eine Sicherung durchbrennen. Er fragte sich, worauf sein bester Freund hinaus wollte. War da etwas? Hätte es da eine Chance gegeben? Hätte Semi nach all der Zeit Recht behalten? Yamaguchi ohrfeigte sich in Gedanken bereits für diese dummen Gedanken, denn er war glücklich. Er hatte Terushima. Er mochte ihn, sehr sogar.
Schweigen.
Bis Yamaguchi etwas auffiel. „Du hast ihn gerade das erste Mal Satori genannt, also vor mir“, sagte er und Tsukishima machte wieder diesen nachdenklichen Blick. Er nickte. „Du hast recht...“, sagte er und schwieg dann, auch Yamaguchi sagte nichts mehr, bis sie bei der letzten Ampel zur Schule standen.
Die Stille zwischen ihnen wurde je her von Hinata unterbrochen, der mit seinem Fahrrad an den beiden vorbeipreschte und sie mit seiner aufgedrehten Art begrüßte.
„Ich kann das Training heute kaum erwarten!“, rief er. Tsukishima schnaubte. „Er kann das Training nie erwarten“
Chapter 67: A little bit more
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3. Weihnachtliches Freundschaftsturnier
Karasuno High
Metropolitan Nekoma High School
Aoba Johsai High School
Date Tech High
In Sendai
“Was?!”, platzte es aus Yamaguchi heraus. „Warum?… ich dachte, wir sind wieder in Tokio, aber… Oh Mann… Yuuji hat da seine zweite Ausbildungsphase in Tokio“ Erklang er noch ganz aufgebracht aber mit jedem Wort schien ihm die Luft und Energie auszugehen.
„Oh… Nun ja, wir dachten uns, da wir die letzten beiden Jahre so weit weg waren und diesmal auch wieder 3 Teams aus Miyagi dabei sind, bleiben wir mal in der Nähe“ Herr Takeda war sichtlich erschrocken, fühlte aber umgehend die starken Emotionen, die da gerade rauf und runter fuhren.
Yamaguchi schluckte sofort all seine Aufgewühltheit hinunter, stand auf und nickte.
„Alles in Ordnung, Sir. Als Kapitän danke ich Ihnen für diese Möglichkeit, wir werden es dieses Jahr allen zeigen. Sie werden es nicht bereuen, sich so für uns einzusetzen“, sagte er stolz und verneigte sich vor dem Lehrer. Herr Takeda lachte unsicher auf und legte sich die Hand verlegen in den Nacken. „Ach, das ist doch nicht der Rede wert, die Karasuno ist immerhin hoch angesehen, da ist das einfach“, redete er sich etwas runter, dass sogar Ukai neben ihm schnaubte. „Sie sollten sich echt nicht so klein machen, nehmen Sie sich ein Beispiel an Yamaguchi“, sagte er, klopfte seinem Kollegen auf die Schultern und leitete das Training ein.
„So schade, dass du Terushima-kun zu Weihnachten nicht sehen kannst“, sagte Yachi ganz wehleidig. Yamaguchi schreckte hoch – wie war das mit dem Beispiel? – „Also zu Weihnachten ist er wieder da! Hoffe ich… Oh Gott, hoffe ich… wenn er sich nämlich blöd anstellt, muss er eine Woche länger bleiben…“, wurde seine Aufmunterung immer mehr zu einem Gemurmel. Yamaguchi nahm sich auch umgehend vor, nach dem Training, wenn ihn Terushima abholte, mit ihm darüber zu reden.
„Kannst ihm ja Zucker anbieten, wenn er brav ist. Auf sowas steht der doch sicher“, sagte Tsukishima, der von diesem ganzen Theater sichtlich genervt war, aber dennoch nicht gerne sah, dass sein bester Freund so hin und her gerissen war. „Zucker?“, fragte dieser. Hinata stand neben ihm und machte ähnlich große Augen. Auch Yaotome, ihr Libero, besah ihn mit schiefem Kopf und Kageyama hob fragend die Augenbrauen. „Nein! Das erklär ich euch sicher nicht, ihr seid alt genug, dass ihr das versteht, wenn nicht, dann Pech“, sagte er und ließ sich von Ukai auf die andere Seite des Netzes bitten.
Yachi stand mit ihrem Clipboard selbstsicherer denn je neben der Punktetafel und erklärte dem Neuzugang, der neuen Managerin aus dem ersten Jahrgang, alles, was ihr auch Shimizu an ihrem ersten Tag beigebracht hat. Rina Michimiya schlug zwar dieselbe Richtung ein wie ihre große Schwester, nicht aber denselben Weg. Die Mädchen sahen beide auf die Notizen und Yachi plauderte munter über die vielen Ideen, die sie hatten. Das Trainieren des Schnellangriffes mit den Erstklässlern, Aufschlagtraining mit Yamaguchi, der als Kapitän den unberechenbarsten Aufschlag hatte, den die Präfektur, ja die gesamte Oberschul-Gesamtheit jemals gesehen hat, da war auch ein Atsumu Miya mit seinen zwei Arten von Aufschlägen irgendwann überholt gewesen. Denn Yamaguchi hatte nicht sowas Vorhersehbares wie eine Schrittzahl, die verriet, wie der Aufschlag kommen würde. Nein, Yamaguchi hatte immer ein Bild von Terushima vor seinem geistigen Auge. Wenn er darin lächelte, machte er einen Sprungflatteraufschlag, wenn er ihm zuzwinkerte, machte er einen einfachen aber sehr gewaltvollen Aufschlag, weil er mit den Schmetterlingen, die bei dieser Mimik immer besonders mit ihm durchgingen, kaum umgehen konnte und die Energie loswerden musste.
Vielleicht würde den Gegnern einmal auffallen, dass seine Mundwinkel bei einem Sprungflatteraufschlag immer kurz zuckten und dass er die Lippen zusammenpresste, wenn er einen Spike-Aufschlag machte.
Danach seufzte er aber immer ergeben und suchte das Gesicht seines Freundes in den Rängen.
Terushima konnte natürlich nicht immer dabei sein, aber bei den wichtigen Spielen war er immer anwesend. Beim Vorentscheid zum Frühlingsturnier zum Beispiel, da war er der Lauteste, lauter noch sogar als Saeko, die weiterhin zur Unterstützung des Teams kam und auch oft Tanaka mit hatte.
Eine Unterstützung, die auch Coach Ukai besonders freute, oder zumindest auf eine Art und Weise aufgeregt machte, die das Team so nicht kannte.
„Ob Coach der Grund dafür ist, dass Saeko-san noch kommt?“, hat Yaotome einmal gefragt und die anderen Jungs und auch Yachi hatten mit den Fingern auf den Lippen geshhht. Auch Herr Takeda freute sich immer sehr, wenn der blonde Krawall-Kopf dabei war. Saeko riss die beiden Herren mit einer Einfachheit aus dem Alltag und vor allem Herrn Takeda aus seinem Schneckenhaus.
„Wir sind der Grund!“, hat Hinata damals gesagt und von Kageyama einen Ball an den Kopf gespielt bekommen. „Hey! Aufpassen, Boke!
Beim Training war Saeko aber nie dabei. Auch Terushima nicht, nur in Yamaguchis Gedanken und da war er ständig. In der Schule, während den Pausen, auch nach dem Training auf dem Heimweg, wenn es sich nicht einrichten ließ, dass Terushima ihn abholte. Denn selbst wenn er mit Tsukishima über ganz andere Dinge sprach, der aufgedrehte Skaterboy hat ihn voll eingenommen.
„Geht ihr einfach schonmal vor, ich muss noch was machen“, sagte Tsukishima als sie am Schultor auf den frechen Frisörs Azubi stießen und ihn dieser bereits mit seinem breiten Grinsen so sehr zu nerven schien, dass er für Yamaguchi ganz offensichtlich einen Grund erfunden hat, ihnen heute zu entkommen.
„Vielleicht solltest du mich morgen nicht abholen“, sagte Yamaguchi nach der Verabschieden von Tsukishima und den anderen zu seinem Freund und der zog sofort eine Schnute. „Willst du mich etwa nicht mehr?“, fragte er. Yamaguchi riss sofort die Arme hoch und gestikulierte wild verneinend vor sich umher. „Niemals! Ich will dich! Sehr sogar!“, kam es sehr laut über seine Lippen, dass sie beide stehen blieben. Yamaguchi lief hochrot an, während sich in Terushimas Gesicht ein schmutziges Grinsen bildete. „Aaaach… tust du das?“, fragte er und wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.
„So war das nicht gemeint! So würde ich das nie sagen!“ Yamaguchis Stimme war dem Brechen nahe. Terushima nahm zärtlich seine Hand. Er zog ihn nah an sich heran. „Hey, alles gut, ich falle nicht über dich her, nur weil du mich willst“, sagte Terushima und neigte sich für einen Kuss nach vorne. In der Zwischenzeit waren sie beide auch schon viel besser darin, dass keine Keramik mehr daran glauben musste. Aufregend war es aber für Yamaguchi so wie beim allerersten Mal, als er diese Lippen auf seinen spürte und dem Moment in den Genuss dieses abenteuerlichen Zungenpiercings zu kommen, immer näher kam.
Mit der Zeit wusste er auch, dass „Spiel ruhig damit“ nicht hieß, sich daran festzubeißen und daran zu ziehen. Das war nicht sexy, war nicht besonders heiß und tat Terushima sogar weh, was er aber nie zugab. Er hat immer gesagt, dass er so die Kontrolle verlieren würde und zeigte Yamaguchi auf innige Weise wie man dieses Spiel spielen konnte. Am besten gefiel es Yamaguchi aber, wenn er die Zunge seines Freundes inklusive der Metallkugel an seinem Hals spürte. Und Terushima mochte es am meisten, wie sich Yamaguchis Finger dabei selbstständig machten und sich in die Stücke Haut krallten, die sie jeweils unter Beschlag hatten.
Aber mehr als seinen Hals, seine Lippen und seine Zunge kannte das Piercing noch nicht und Terushima gewahr Yamaguchi all die Zeit der Welt die er dazu brauchte.
Dass Yamaguchi aber schon bereit für mehr war, hat er sich bisher noch nicht getraut zu zeigen.
Chapter 68: Don't Stop
Summary:
Heute gibts ein bisschen History
Chapter Text
Terushima hielt sich daran und gab Yamaguchi die Möglichkeit mit Tsukishima heimzugehen, dass die beiden auch ihre Zeit als Freunde hatten. Dass er währenddessen zuhause nervös auf und ab ging, verriet er ihm später nicht. Auch nicht, dass er sich etliche Male umgezogen hatte um das perfekte Outfit parat zu haben. Das war ja peinlich. Er gestand Yamaguchi zwar zu, dass er Hals über Kopf in ihn verliebt war, aber er war kein verliebtes Teenie-Gör. Zumindest wollte er das selbst glauben. Tatsächlich war er blind und betrunken vor Gefühlen für seinen Freund, so sehr, dass er sich selbst nicht immer erkannte. Auch seine Familie musste damit umgehen lernen.
~*-*~
„Yuuji! Nimm sie doch mal mit heim“, hat seine ältere Schwester ganz am Anfang mal gesagt, weil Terushima sich das verliebte Grinsen nicht aus dem Gesicht hat wischen können. „Yuuji ist verliebt“, waren die stichelnden Worte der jüngeren Schwester, aber es stichelte Terushima nicht, es war ja die Wahrheit. Auch seine Eltern haben ihn damals noch ermutigt. Als er ihnen aber offenbart hat, dass es sich nicht um ein Mädchen handelte, das die Schmetterlinge in seinem Bauch verrücktspielen ließ, sondern ein Junge, wurde es unangenehm. Terushima hat noch nie jemanden mit nach Hause genommen, seine Eltern wussten also nicht, dass er nicht nur auf Mädchen stand sondern auch auf Jungs und auf einen eben ganz besonders.
Sein Vater hat laut mit ihm geschimpft, seine Mutter lange mit ihm gesprochen und seine Schwestern haben ihn ermutigt, dass die Liebe immer siegen würde.
Die Situation war auch für Yamaguchi nicht einfach gewesen.
"Warum triffst du dich nicht lieber mit einem Mädchen? Hitoka, eure Managerin ist doch süß oder?", hat seine Mutter gesagt, als er erklärt hat, dass er sich nicht nur mit irgendeinem Freund traf, sondern mit einem Jungen an dem er romantisches Interesse hatte.
"Was? Nein... also ja, Yachi ist süß, aber..." Er konnte seinen Eltern schwer sagen, dass er sich mit Terushima traf, weil er das komplette Gegenteil von Yachi war. Terushima war wild und aufbrausend, er zog ihn übertragen an seiner Hand aus seinem kleinen Schutzbunker und brachte ihn dazu, zu vergessen, sich Gedanken über das zu machen, was die anderen von ihm halten würden.
Mit seinem Vater war es noch schlimmer gewesen, denn der war damals am Adventmarkt der Burg Sendai schon nicht erfreut gewesen, dass Yamaguchi auch nur mit einem solchen Jungen Kontakt hatte. Ja und die Sache mit dem Blumentopf und Yamaguchis leicht rebellierende Art, die im Grunde mit der Pubertät schon von Haus aus kam, machten es dem Paar nicht leichter.
Die Zeit aber wohl. Denn irgendwann mussten es ihrer beider Eltern annehmen oder zumindest tolerieren.
Regeln gab es aber trotzdem.
Die Tür bleibt offen.
Schule hat immer Vorrang.
Keine Übernachtungen.
Als Terushima Yamaguchi eines Tages nach Hause gebracht hat und selbst aufgeschlagene Knie und Hände hatte, wurde es anders. Yamaguchis Vater hat ihn zwar zuerst zurechtgewiesen und einen ungeschickten Tölpel genannt. Nachdem die beiden erklärt haben, dass Terushima Yamaguchi vor einem schmerhaften Sturz bewahrt hat, wurde die Stimmung besser. Sie haben dabei beide verschwiegen, dass Terushima die Tränen in den Augen gestanden sind, weil er sich wirklich wehgetan hatte, aber Yamaguchi wollte der Männlichkeit seines Freundes keinen Abbruch tun und Terushimas Stolz ließ ihn glauben, dass Yamaguchi nichts von seiner Schwäche bemerkt hat.
Die Tür von Yamaguchis Zimmer bleib weiterhin offen, die Schule hatte stets Vorrang und auch Übernachtungen wurden nicht gewehrt. Aber Terushima durfte mal zu Abend essen bei der Familie seines Freundes und er durfte ihn ganz offiziell zu Dates abholen.
Irgendwann haben auch Terushimas Eltern verstanden, dass es den beiden ernst war und sie haben sehr schnell erkannt, dass Yamaguchi ihrem Sohn gut tat und deswegen durfte er auch oft zum Abendessen kommen oder am Wochenende auch mal zu Mittag.
Bei Terushima durfte die Tür geschlossen werden.
~*-*~
Die Woche vor Terushimas nächste Ausbildungsphase in Tokio kam näher und für Yamaguchi wurde ein gewisser Wunsch immer präsenter. Bei den Treffen mit seinem Freund war er letztlich etwas nervöser, vor allem dann, wenn er spürte, wie ihm Terushimas Finger das Hemd der Schuluniform aus seiner Hose zogen und wie sie sich neugierig ihren Weg über seine Haut bahnten und dabei immer wieder diese eine Stelle zwischen seinem Hüftknochen und dem Bauchnabel fanden, die ihn wie elektrisiert aufzucken ließ.
Terushima hat sich stets sofort entschuldigt und abgebrochen, wenn das passierte.
Anfangs war Yamaguchi auch verunsichert, weil er so etwas noch nie gefühlt hat, aber er hatte doch bald bemerkt, dass es etwas Gutes war, etwas Aufregendes und er wollte herausfinden, was danach kam.
Also drängte er sich näher an Terushima, wann immer ihn dieser wieder auf diese Weise berührte und unter Strom setzte, aber Terushima ging nie weiter.
Wenn er sich einmal mutig genug fühlte und den Körper seines Freundes erkundete, kam er selten weit. Wenn er an Terushimas Hosenbund nestelte, nahm dieser seine Hände, küsste ihm die Finger und sagte: „Du musst nicht.“ Das sagte er auch, wenn ihm Yamaguchi das T-Shirt auszog und dann etwas überfordert über die freigelegte Haut sah. Aber er traute sich nicht, Terushima zu sagen, dass er nicht überfordert war, weil er Angst hatte oder unsicher war. Er fühlte so, weil er nicht wusste, wo er ihn zuerst berühren wollte und weil er am liebsten jede Stelle mit seinen Lippen liebkosen wollte.
„Bald ist es ein Jahr her, dass das mit uns angefangen hat“, sagte Yamaguchi mit einem verliebten Kichern, als er sich am Freitag vor Terushimas Abreise in dessen Bett niederließ. Terushima machte die Tür hinter sich zu und sprang mit einem breiten Lächeln neben Yamaguchi in sein Bett. Sofort schnappte er seinen Freund an den Handgelenken und pinnte ihn verspielt auf der Matratze fest.
„Meinst du, das ist sowas wie unser Jahrestag?“, fragte er und stahl sich einen ersten kurzen Kuss. „Jahrestag klingt schön“, sagte Yamaguchi und schloss die Augen. Er schlang die Arme um Terushima und zog ihn sofort wieder zurück, ihm einen weiteren Kuss abzuverlangen. Diesmal länger und intensiver. Er spürte dabei auch genau, wie Terushima grinste und genoss es, dass er das auslöste. Es änderte aber nichts daran, dass er gerne noch ganz andere Dinge in ihm auslösen und aus ihm herauslocken wollte. Yamaguchi nahm also all seinen Mut zusammen, griff nach Terushimas Hand und schob sie sich ganz unverfroren zwischen die Beine.
„Baby, bitte“
Chapter 69: Let's talk about Sex... again
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Der größte Vorteil daran, dass das diesjährige freundschaftliche Weihnachtsturnier in Sendai stattfand, war die Tatsache, dass die Jungs nicht in aller Früh in den Bus steigen mussten und eine lange Fahrt vor sich hatten. Die Sache mit dem Kotzen sollte sich also erledigt haben und auch die dummen Gespräche zwischen Hinata und Kageyama würde sich Tsukishima nicht lange anhören müssen.
Dennoch schaffte es Yamaguchi bereits mit dem Hinsetzen, dass Tsukishima dachte, die kurze Fahrt würde nie ein Ende finden.
"Findest du mich attraktiv?", fragte Yamaguchi so leise, dass nur sein bester Freund es hören konnte und dieser hoffte inständig, dass er es nicht gehört hätte. Einen Moment gewahr er sich, in dem er versuchte, abzuwiegen, was welche Reaktion darauf auslösen würde. Er konnte nicht einfach nichts sagen, das wäre ihm zwar am liebsten gewesen und jeden anderen hätte er mit so einem Problem auch stehen lassen, aber es war Yamaguchi.
"Was hat er diesmal gemacht?" Es war schon Tsukishimas Standardfrage, wenn er nach Terushima fragte. Yamaguchi schüttelte ganz schnell den Kopf. "Nichts... also... nichts", antwortete er und wieder ließ Tsukishima Stille walten, als könnte sich die Situation einfach in Luft auflösen. Tat sie aber nicht. Auch Yamaguchis eindringlicher Blick löste sich nicht einfach.
"Ich weiß nicht, was du meinst", versuchte er auszuweichen. Yamaguchi schnaubte, schloss die Augen und legte den Kopf angespannt in den Nacken.
"Verdammt, Tsukki, er will nicht mit mir schlafen!", sagte er etwas harscher aber immer noch leise, wie er sich wieder normal gerichtet hat und mit seinem besten Freund unter vier Augen sprechen konnte.
„Ich glaube, ich bin die falsche Person, mit der du darüber sprechen solltest“, versuchte Tsukishima es auf diese Weise. Im Grunde wusste er, dass der beste Freund die richtige Person für sowas war, aber er war nicht der Typ Mensch dazu.
„Tut mir leid, Tsukki, du bist noch traurig wegen Tendou oder?“, fragte Yamaguchi, weil er darin den Grund sah.
„Ich bin nicht traurig“, murrte Tsukishima. „Natürlich nicht, aber glücklich auch nicht“, erwiderte Yamaguchi. „Ich bin sauer! Der Idiot hat nämlich gemeint, ich soll mich an Kuroo halten. Kuroo! Als wäre der nicht mit Kozume zusammen.“ Tsukishima schnaubte. Da fiel Yamaguchi etwas ein: „Hinata hat gesagt, sie haben Probleme.“ Tsukishima fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Das hat Tendou auch erwähnt gehabt.
„Magst du Kuroo denn?“, wollte Yamaguchi wissen. „Was? Nein ich… darüber mach ich mir doch keine Gedanken. Ich hab dafür jetzt keine Zeit, wir sind in der Dritten und eigentlich solltest du auch mehr auf die Schule schauen, als zu überlegen, wie du deinen Freund rumkriegst. Ihr dürft ja sowieso nicht gemeinsam übernachten und wenn eure Eltern zuhause sind, kann das nur unangenehm werden. Warte einfach“, sagte Tsukishima. Erst war er etwas aufgebracht, dann wurde er ruhiger. Auch Yamaguchi wurde ruhiger. Er blieb sogar ganz ruhig und sah beim Fenster hinaus auf die Felder, die bereits mit Schnee belegt waren.
Eine Weile beobachtete er, wie Krähen neben dem Bus flogen, sich am Feldrand niederließen und auf zurückgebliebenes Erntegut hin peckten. In Gedanken war er bei Terushima, aber diesmal nicht mit einem Lächeln. Sein Blick wurde wehmütig, dass auch Tsukishima verstand, dass er falsch mit ihm umgegangen war. Vielleicht konnte er das mit einem süßen Punsch wieder ausbügeln.
Jetzt folgte er Yamaguchis Blick und beobachtete, wie eine der Krähen aus der Gruppe abhob und fort flog. Sein Kopf drehte sich und mit dem Vogel, der die Straße querte und über den Bus hinweg auf die andere Seite flog und weiter weg, dabei traf er Yamaguchis Blick wieder, der ihn sofort ahnen ließ, dass die nächste zeitverlangsamende Frage gestellt werden würde.
„Was ist, wenn er will, dass ich IHN in den Mund nehme?“ fragte Yamaguchi und Tsukishima fragte sich, ob sich der Junge jemals etwas aus seinen Worten machte. Allerdings konnte er mit dieser Frage überraschend gut umgehen. Oder wurde ihm gerade klar, wie er diese Art von Fragen abstellen konnte?
„Dann, vorausgesetzt er ist sauber, nimmst du ihn in den Mund und du wirst dran lecken und lutschen und saugen und vielleicht ein bisschen drauf beißen, bis er absolut wahnsinnig wird. Du hast dann die Oberhand. Du hast ihn unter Kontrolle und du entscheidest, wann er kommt und ... OB er kommt" mit jedem weiteren Wort wurde Tsukishimas Grinsen schmutziger, der Blick funkelnder und Yamaguchis Gesicht roter.
„O-okay“, sagte der Kapitän und wandte den Kopf gerade nach vorne. Die restliche Fahrt über sprach er kein Wort mehr und Tsukishima konnte seine Kopfhörer wieder aufsetzen und eine Hand voll Titel hören. Dass er Yamaguchi vollkommen aus der Spur gebracht hat, amüsierte ihn ein wenig und er lehnte sich mit einem Schmunzeln tiefer in den Sitz. Yamaguchi rührte sich nicht bis sie ausstiegen und selbst da brauchte er eine Extraeinladung.
„Kapitän! Ist alles in Ordnung? Du bist doch nicht krank oder?“, fragte Rina besorgt. Yachi stand hinter ihr und lugte auf Oberarmhöhe an ihr vorbei. „Ist dir schlecht, Yamaguchi?“, fragte sie. Yamaguchi verneinte beides. „Entschuldigt, ich war in Gedanken“, sagte er und stieg ebenso aus dem Bus wie die anderen. „Wehe, du bist beim Turnier in Gedanken“, sagte Kageyama und musterte ihn mit einem prüfenden Blick. „Nein, nein, keine Sorge, ich bin jetzt voll und ganz hier“, versicherte er dem Team. Auch Coach Ukai nickte darauf zufrieden und bemerkte etwas Anderes:
„Wow, niemand hat gekotzt, ich bin stolz auf euch, Jungs“, sagte er und gab Yaotome damit indrekt das Stichwort um genau das zu tun, woraufhin Hinata blass wurde.
„Unterstehe dich!“, sagte Ukai etwas harscher zu ihm. Hinata schreckte auf und schluckte einmal stark. „Nichts passiert“, japste er. Auch Yaotomes Missgeschick war quasi nichts. Er traf den Boden, draußen, Ukais Bus war fürs erste unversehrt.
Herr Takeda zeigte den Jungs die Unterkunft, in der sie eine Nacht schlafen würden. Er erklärte ihnen auch, was es in der Umgebung gab, unter anderem den Weihnachtsmarkt auf Burg Sendai, aber auch ein Konbini, einen Eislaufplatz und den Wald, der sich hinter der Herberge erstreckte.
Karasuno bezog einen der großen Schlafsäle. Yachi und Rina hatten wie auch die Choaches ein kleineres Zimmer. Sie entdeckten einen Gemeinschaftsraum, dass Rina bereits vermutete, dass sie dort heute Abend zu einem Gesellschaftsspiel beisammen sitzen könnten.
Alles in allem: Zum Wohlfühlen, selbst wenn der Standard nicht besonders hoch war. Es gab genügend Futons, es war warm und für einen Snack und gegen Durst gab es Automaten.
„Und jetzt hopp hopp, umziehen, aufwärmen und einspielen!“, rief Coach Mizoguchi bereits die Jungs der Aoba Johsai aus ihrem Schlafsaal und schickte sie hinüber in die angrenzende Sporthalle.
„Ich will auch einspielen!“, brüllte Hinata und preschte an seinen Teamkameraden vorbei. Kageyama nahm umgehend Fahrt auf. Wenn Wettlauf in die Halle würde er nicht verlieren. Auch Yaotome schlitterte kurz darauf an Yamaguchi vorbei, der sein Schlafshirt – eines von Terushima – gerade aus der Tasche tat und auf seinen Futon legte. Ein Blick zu Tsukishima verriet, dass er nicht mehr solch sentimentales Mitbringsel dabei hatte. Er wartete auf seinen besten Freund und ging mit ihm dann auch zum Aufwärmen.
Chapter 70: No Homo
Chapter Text
Während sich die Schüler der vier Highschools aufwärmten, tummelte es sich auch bereits vor der Sporthalle.
„Also wirklich, ich bin einmal auf Urlaub zuhause und zu zerrst mich hier her“, maulte Toruu Oikawa, verflossener Kapitän der Aoba Johsai High School, zu seiner Begleitung. Iwaizumi neigte den Kopf langsam zur Seite. Sein Mundwinkel zuckte offensiv nach oben. In seinen Augen blitzte ein kurzes angriffslustiges Funkeln. „Du kannst gerne wieder gehen, aber ich werde mir ansehen, was aus unseren Jüngsten geworden ist“, sagte er und verschränkte die Arme selbstsicher vor der Brust. Iwaizumi hätte diese Geste gar nicht gebraucht, aber bei Oikawa unterstrich er seine Intensionen gerne. Er musste, wusste er ja, dass dieser es oft besonders deutlich brauchte.
„Aaaw! Iwa-chan! Du sprichst so, als wären wir ihre Eltern!“ forderte Oikawa in gerührtem Singsang umgehend nach einer Reaktion, die Iwaizumi natürlich nicht seinen Wünschen nach erfüllte. Iwaizumi lockerte die starken Arme, holte mit dem linken aus und gab dem Brünetten einen liebevollen Schlag auf den Hinterkopf. Liebevoll, weil es nicht sein Schlagarm war. Durchgezogen hat er dennoch ordentlich, dass Oikawa zusammenzuckte und sich lauthals über die Grobheit beschwerte. „Lass mich das nicht bereuen“, drohte Iwaizumi und griff nach seiner Hand um mit ihm die Sporthallte zu betreten.
Im Gang standen bereits Matsukawa und Hanamaki tuschelnd hinter ihren Händen versteckt, denn niemals hätten sie sich dieses kleine Spektakel entgehen lassen. Ob sie damit Kindaichi und Kunimi als Kapitän und Vize meinten oder den Auftritt von Iwaizumi und Oikawa als vermeintliches Power-Pärchen, würden sie wohl beide bei wiederholtem Fragen immer anders beantworten. Gerade aber stand das Power-Pärchen hoch auf Kurs.
„Meinst du, Oikawa nennt ihn im Bett auch Iwa-chan~?“ – „Kannst du mal annehmen, aber wie nennt ihn Iwaizumi?“ – Slutty-kawa!“ – „Good one“ Matsukawa klopfte seinem Kumpel anerkennend auf die Schulter. „Ich weiß, danke. Also eindeutig Kosenamen bei den beiden“, sagte Hanamaki und schweifte mit seinem Blick vom Gesprächsstoff zum Sprengstoff. „Sag, würdest du, also auf einer ganz homofreien Basis, meinen Spitznamen oder meinen Vornamen stöhnen?“, fragte er und besah Matsukawa mit einem Pokerface. Pokerface gegen Pokerface. Matsukawas müde Augen wirkten in diesem Moment gar nicht so müde, vielmehr durchtrieben. Seine Lippen zwirbelten sich und er gab seine Antwort: „Ich würde nichts davon stöhnen, weil ich dein Ding im Mund hätte. No Homo.“ Ein kesses Augenzwinkern folgte.
Hanamaki schluckte. „Nice Kill, Dude. Ich küsse deine Augen. No Homo”, sagte er, tätschelte ihm den Rücken und die beiden gingen ebenso den Gang entlang um mit Iwaizumi und Oikawa aufzuschließen und einen guten Platz in den bescheidenen Zuschauerrängen zu finden.
Vor dem Gebäude war nun Zeit und Raum für das Zusammentreffen von Datekos Ehemaligen. Kamasaki war laut wie eh und je und schlug frohlockend mit Sasaya ein, der Moniwa direkt hinzuzog und die Begrüßung zu einer kleinen Gruppenumarmung machte.
„Ihr seid echt das Letzte“, sagte eine Stimme hinter ihnen. Moniwa zog sich sofort aus der Umarmung, aber nicht, weil es ihm peinlich war, sondern, weil er den Besitzer der Stimme erkannte, wenngleich der Tonfall anders war.
Überrascht blickte er in Futakuchis Gesicht. Ein breites Grinsen zog sich auf seine Lippen, sowie sich der Schelm in seine Züge schummelte. „Uuuuund? Jetzt gehörst du auch zu den peinlichen alten Säcken, die nicht abschließen können, Kenji“, stichelte er, dass auch Kamasaki und Sasaya mit den Augenbrauen wackelten und triumphierend lachten.
„Pfft… ich war zufällig auf der Durchreise“, konterte Futakuchi ungewohnt ausgeglichen und winkte mit der Hand ab. Moniwa hatte sofort eine Erklärung für diese Sinneswandlung. „Hat’s was mit dem zu tun, was letztes Jahr am Weihnachtsmarkt passiert ist?“, fragte er und nun blickten drei dämlich grinsende junge Männer in Futakuchis Richtung, nur darauf wartend in pubertäres Gequacke zu verfallen, aber Futakuchi ließ sich nicht drauf ein. „Wüsste nicht, was da passiert sein soll“, sagte er und ging an den dreien vorbei. Wenn er schon hier war, wollte er sich zumindest davon überzeugen, dass das Team ohne ihn und sein Leadership nicht mehr das war, was es einmal war. Koganegawa konnte sich dabei auch gerne eine Kopfnuss abholen.
„Ich meine deinen Freund!“, sagte Moniwa. Die Älteren haben aufgeschlossen und konnten und wollten nun nicht locker lassen. „Er ist nicht mein Freund“, verteidigte sich Futakuchi. Spiel, Zug, Sieg. „Aber du weißt, wen ich meine~“, summte Moniwa mit einem überaus zufriedenen Grinsen im Gesicht, das ihm heute niemand mehr so schnell verderben würde. Und oh, würde sich Futakuchi das nun zur Aufgabe machen. Er blieb stehen und musterte seinen ehemaligen Kapitän, aber auch die anderen beiden, vor allem Kamasaki. „Und ihr zwei? Habt ihr das mit dem Date endlich hinbekommen oder schleicht ihr immer noch umeinander herum?“, fragte er. Moniwa und Kamasaki schreckten umgehend hoch, mieden es, einander anzusehen und Sasaya wandte sich zum Lachen zur Seite.
„Also wirklich Jungs, wenn Kaname wegen solchen Treffen fragt, bin ich mir manchmal nicht sicher, ob ich überhaupt dabei sein will, aber ihr schafft es echt immer schon in den ersten Minuten, dass ich es kein bisschen bereue“, sagte er und legte seine Arme und die drei anderen. „Was wäre das Ehemaligentreffen ohne diese kleinen Auswüchse?“, fragte er, klopfte die Jungs ab und drängte sie in die Sporthalle.
„Ich bleib bei dem, was ich anfangs gesagt habe: Ihr seid echt das Letzte“ – „Und du bist jetzt einer davon!“
Auf der Tribüne saßen bereits Kuroo und Kenma. Nebeneinander, wie immer. Angespannt, wie noch nie. Kenma wollte gerne Hinata anfeuern, nun ja, nicht direkt anfeuern, aber ihn sehen. Und Kuroo wollte weiter mit Kenma befreundet sein und Freunde unternahmen gemeinsam Dinge. Aber es war schwer. Es tat weh, nebeneinander zu sitzen.
„Verbringst du den Abend wieder mit Tsukishima? Wie beim ersten Mal“, fragte Kenma, weil er Kuroos Blick auf das Spielfeld genau sehen konnte. Tsukishima war mit Yachi und Rina hereingekommen und schob den Ballwagen vor sich her. „Willst du mich etwa loswerden?“, fragte Kuroo und Kenma schüttelte den Kopf. „Sonst würde ich nicht neben dir sitzen, aber ich hab auch Pläne“, sagte er. „Ein Date?“, fragte Kuroo bemüht überzogen, wie er es bei jedem anderen Freund gemacht hätte. Nur, dass Kenma eben nicht jeder andere Freund war und Kenma zuckte mit den Schultern. Sein Blick hob sich als Hinata das Feld betrat – oder eher mit Anlauf in den Mittelpunkt der Halle lief und sprang und alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Kenma setzte zu einem Lächeln an und winkte dem Orangehaarigen. „Gut für dich“, sagte Kuroo und stieß ihm sanft gegen die Schulter.
Yaku stand hinter ihnen. Er hielt seine Soda und zögerte, sich zu setzen.
Am Spielfeld wurden die ersten Aufwärmübungen gemacht und die ersten Bälle wurden einander zugespielt. Die perfekte Ablenkung von dem Broken Home, das er gerade bezeugen musste. Was er unten sah, gefiel ihm aber auch nicht.
„Es sind zwei Jahre vergangen und dieser Vollhonk kann noch immer nicht richtig annehmen!“
„Yakkun!“ Kuroo drehte sich mit einem schiefen Lächeln zu ihm um. Zwei Jahre hatte Yaku Lev nun nicht spielen gesehen und es war auf den ersten Moment wieder zum aus der Haut fahren. „Beruhig dich doch, vielleicht ist er nur nervös, weil Demon-Senpai sein prüfendes Auge mal wieder auf ihm liegen hat“ – „Ich hab gar nichts auf ihm liegen!“ Yaku sprang über die Lehne und setzte sich neben Kuroo. „N bisschen Verdruss vielleicht?“, gluckste Kuroo. Kenma lehnte sich zurück und beobachtete einfach, was sich unten abspielte. Sein Hauptaugenmerk lag – nicht ganz unbemerkt – auf Hinata, der mit Kageyama gerade den schrägen Aufsteiger übte und dabei die beste Figur machte.
„Verdruss? Red‘ wie ein normaler Mensch und nicht wie ein alter Sack. Ich kann einfach nicht fassen, dass er sein Talent so verspielt“, sagte Yaku und verschränkte die Arme angespannt vor der Brust.
„Wer hätte gedacht, dass es direkt bei Ex-Nekoma so viel negative Stimmung gibt“, gab Futakuchi gehässig von sich, als sich die kleine Gruppe von Datekos Ehemaligen an den Dreien vorbeibewegte. Aber er bekam keine Antwort. Zumindest keine verbale. Stattdessen zeigten ihm alle drei den Mittelfinger.
„Ich mag die Vibes“, säuselte Futakuchi und die vier setzten sich etwas entfernt von ihnen in die erste Reihe.
Das Aufwärmen wurde abgeschlossen und die Ziehungen zu den Kontrahenten in der ersten Runde wurden gemacht.
Karasuno vs. Aoba Johsai
Nekoma vs. Dateko
„Go! Go! Let’s Go! Let’s Go! Dateko!”
Trommelschläge
Stille
-
„Karasunoooo”
-
„Fliegt!”
Chapter 71: High Voltage
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Yamaguchi stand direkt zu Beginn auf seiner Wohlfühlposition. Am Aufschlag. Mit dem Ball in der Hand. Hinata, Kageyama und Tsukishima bildeten die Reihe am Netz. Neben Yamaguchi stand Yaotome und wartete schon darauf den ersten Angriff anzunehmen. Ganz links lächelte Tokita aus der Zweiten herüber
„Gut“, seufzte Yamaguchi, schloss die Augen, dachte an Terushimas abenteuerlichen Blick, dem kurz darauf dieses freche Zwinkern folgte, das Yamaguchi zu einem gewaltigen Spike-Aufschlag und das Team zu ihrem ersten Punkt brachte.
„Aufschlag-Ass!“, rief Hinata und riss beide Arme in die Luft. „Tu nicht so, als hättest du den Punkt geholt“, knurrte Kageyama aber Hinata schenkte ihm dennoch ein zufriedenes Grinsen. „Wenn jemand aus dem Team einen Punkt macht, gehört er uns allen“, sagte er. Kagayama wandte sich mit drehenden Augen wieder zum Netz. Yamaguchi holte noch einen Punkt, den dritten gewahr ihnen die Aoba Johsai nicht so einfach. Der Ball wurde angenommen und Kunimi schlug den ersten Angriff des Matches.
„Da müsst ihr früher aufstehen“, rief Yaotome nach seiner Ballrettung und funkelte frech auf die andere Spielfeldseite hinüber. Kageyama bereitete sein perfektes Zuspiel vor. Kindaichi wusste aber eines ganz genau: Der erste Ball ging immer an Hinata. Und er behielt recht. Block.
„Honourable rolling Thuuunder!“ Yaotome warf sich mit einem Rollen unter den Ball und mimte dann auch Nishinoyas Pose mit dem Daumen nach oben. Das Spiel ging weiter. Zuspiel – Angriff – Annahme – Zuspiel – Angriff – Block – Punkt.
Yamaguchi holte zum nächsten Aufschlag aus. Diesmal war Terushimas Lächeln wegweisend. Kunimi bekam den abgefälschten Ball ins Gesicht, taumelte zur Seite, aber das Zuspiel gelang und Aoba Johsai holte den ersten Punkt.
„Aki! Ist alles in Ordnung?“ Anstatt sich über den Punkt zu freuen, war der Kapitän zu Kunimi gesprintet und besah sich das hübsche Gesicht. Er hob die Hand und zögerte einen Moment, Kunimi zu berühren. Der nahm ihm die Entscheidung ab und sah mit einem leicht gequältem Blick und einem zarten „Klar“ zur Seite. Kindaichi nahm die Hand sofort wieder herunter und wippte einmal nervös von den Fersen auf die Fußballen und wieder zurück. „Okay, aber sag, wenn was ist“, verlangte er.
Kunimis Augen blitzten gefährlich auf. „Und dann lass ich mich als Vize untergraben? Na klar“, zischte er und gab Kindaichi einen sanften Stoß nach vorne. „Konzentrier dich aufs Spiel“, sagte er streng aber schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln, das Kindaichi sofort die Schamesröte ins Gesicht trieb.
„Frühlingsgefühle im Winter“, kicherte Hanamaki auf der Tribüne und steckte mit Matsukawa die Köpfe zusammen. „So ein schöner Brauch“, sagte Oikawa und lehnte sich an Iwaizumis starken Arm. „Tradition“, korrigierte Iwaizumi und Oikawa schmollte. „Immer musst du mich ausbessern, warum bist du so gemein?“, fragte er und zog seine Lippen zu einer bemitleidenswerten Schnute zusammen. „Warum bemühst du dich nicht einfach etwas mehr“ – „Für dich bemüh ich mich immer, Iwa-chan“, sagte er und Matsukawa und Hanamaki verfielen in Gelächter.
Auf dem Spielfeld folge ein Schnellangriff seitens Aoba Johsai einem Synchronangriff von Karasuno. Ein überraschender Angriff von der hinteren Linie überraschte das orangene Team und Yamaguchi fühlte sich an Terushima erinnert.
„Ja, auch wir lernen von anderen Teams“, sagte Kindaichi. Er sah herausfordernd durch die Maschen des Netzes und gab den Ball für den Aufschlag zu Kunimi zurück. „Wenn man den Angriff von hinten richtig drauf hat, ist die Kurve weiter und schwerer einzuschätzen. Dachtet, der geht raus, nicht?“, stichelte er weiter. Kageyama knurrte. Yaotome war wegen der Rotation gerade draußen und machte Platz für einen Neuzugang. „Den hätte ich bekommen“, flüsterte er.
Kunimis Aufschläge waren nicht besonders aggressiv oder überraschend, aber sie waren solide und brach Mauern ein. So riss Tsukishima Yamaguchi zu Boden, der nun zu seiner Linken stand, während er selbst mittig hinten positioniert war.
„Yamaguchi!“
Schnell wurde ihm die Hand gereicht und der Kapitän ließ sich aufhelfen. Er verzog nur ein wenig das Gesicht. „Tut mir leid ,Tsukki. Das war deiner“, sagte er, aber Tsukishima schüttelte den Kopf. „Nein, ich hätte was sagen sollen“ – das fand auch Coach Ukai, denn der rief ihnen Folgendes zu: „Sprecht euch ab, Jungs!“
„Alles okay?“, fragte Tsukishima und Yamaguchi nickte schnell. Durch den ein oder anderen Besuch mit Terushima beim Skatepark hat er vor allem eines gelernt: Hinfallen, dass er nun ohne Schrammen abrollen und unbeschwert wieder aufstehen konnte.
„Das nenn ich mal ‘nen Rolling Thunder!“, rief Yaotome zu den beiden zurück. Yamaguchi lachte etwas verlegen, hätte er nie gedacht, sowas Cooles wie einen Rolling Thunder zu machen. „Schade, dass ich den Ball nicht bekommen hab“, sagte er und fasste sich in den Nacken.
Tsukishima gab den Ball für Kunimis nächsten Aufschlag frei. Ein zweites Mal ließen sie sich nicht beirren und Yamaguchi nahm den Ball mit einer Unbeirrtheit an, dass auch Tsukishima zurück blieb und mit allen anderen zum Synchronangriff nach vorne lief.
Je näher sie dem Ende des ersten Satzes kamen, desto lauter wurden die Trommelschläge und mit ihnen die Jubelrufe der Tanaka Geschwister. Coach Ukai sah mit einem stolzen Grinsen nach oben, wandte sich aber schnell wieder ab, als Saeko ihm aber auch Herrn Takeda zuzwinkerte. Die beiden Männer sahen sich darauf peinlich berührt an. „Sagen Sie nicht, Saeko ist der wahre Grund, warum wir dieses Mal in Miyagi geblieben sind?“, fragte Ukai, aber Herr Takeda schwieg. Er zuckte mit den Schultern und sah mit zusammengepressten Lippen zurück aufs Spielfeld. „Sie sind mir ja einer“, lachte Ukai und stieß ihn sachte mit dem Ellenbogen. „Gar nicht wahr! Vielleicht wollte ich dir nur eine Freude bereiten“, konterte Herr Takeda und war nun derjenige, der mit dem Ellenbogen ausholte. „Pfffft“
„Shrimpi wird von Mal zu Mal besser, ob es heute daran liegt, dass du zusiehst?“ Kuroo sah auf der Tribüne hinüber zu Kenma, der aufmerksam das Spiel verfolgte und noch nicht ein Mal auf seine Konsole geschaut hat. Er hat sie auch noch gar nicht aus seiner Tasche gezogen. Etwas, das Kuroo selbst kaum geschafft hat. „Warum sollte er besser sein, wenn ich zusehe?“, fragte Kenma mit Unverständnis. „Naja, ich schätzte, es ist wie mit Lev, nur, dass Lev nervös wird wegen Yakkun.“ Kuroos Blick wanderte erst zu Yaku, der nun neben ihm schnaubte und schließlich eine Reihe weiter hinunter, wo Lev mit dem aktuellen Nekoma-Team saß und wie aufs Stichwort nießte.
„Ich hab ein ganz komisches Gefühl im Magen“, sagte Lev zu Shibayama. „Das ist die Vorfreude auf das Spiel gegen die eiserne Mauer“, meinte Inuoka zu wissen und klatschte fest in die Hände. „Ich kanns kaum erwarten, sie zu durchbrechen!“
Den nächsten Punkt, den Hinata machte, bejubelte er ganz besonders und sah danach mit stolzem Blick hoch zur Tribüne, wo er nicht nur die lauten Trommelschläge vernahm sondern auch Kenmas zufriedenes Gesicht. „Wenn wir gegen Nekoma spielen, wird er dir nicht mehr so zugrinsen“, sagte Kageyama, dem Hinatas Reaktion natürlich nicht entgangen ist. „Wetten doch?“, fragte Hinata. „Versau lieber den nächsten Aufschlag nicht“
Aufschlag – Annahme – Block – Punkt.
„Das war der Hammer, Tsukki!“, rief Yamaguchi zu seinem besten Freund hinüber, aber der verzog keine Miene. „War nichts Besonderes“, sagte er. Aoba Johsai gab den ersten Satz nicht ohne Kampf her, dass das knappe Ergebnis einfach nur frustrierte.
„Der zweite Satz gehört uns“, sagte Kindaichi zu seinem Team. Kunimi nickte. Er streckte sich und sah herausfordernd zu Kageyama hinüber. „Der zweite Satz gehört uns“, wiederholte er.
23 : 25 für Karasuno
Chapter 72: Troublemaker
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„Den zweiten Satz holt ihr euch auch gleich!“, rief Tanaka nach der kurzen Pause des Seitenwechsels, Saeko unterstützte mit einem Trommelschlag. „Weißt du, es macht richtig Spaß mit dir, Brüderchen“, sagte Saeko und warf einen stolzen Blick zu Tanaka hinüber, der gar nicht recht wusste, wie er damit umgehen sollte. „Heeey… sag sowas nicht, das passt nicht zu dir“, sagte er und zog verzog das Gesicht, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.
„Willst du gefälligst etwas dankbarer sein! Ich bin hier nett zu dir und du trittst mich wie mit Füßen?“, jammerte die Blondine. Neben ihnen räusperte sich Sasaya, weil er sich gerade etwas aus einem der Getränkeautomaten geholt hat und nur einen Bruchteil des Gesprächs – den Schluss – mitbekommen hat. Er neigte sich etwas herunter um auf Augenhöhe zu sein und maß Tanaka mit einem tadelnden Blick. „Geht man denn so mit einer Lady um?“ fragte er. Tanaka lachte. „Ich wüsste nicht, wen du hier mit Lady meinst.“ Es folge umgehend eine Kopfnuss. „Ryu! Ich bin die Lady“ – „In wessen Träumen?“ – „Liebend gerne in meinen“, mischte sich der ehemalige Spieler der Date Tech High wieder ein. Die Geschwister verstummten. Saeko musterte den ehemaligen Schüler und richtete das Kinn keck nach vorne.
„Und das sagst du, weil du mich ablenken willst, nicht wahr? Du gehörst du diesen Mauer-Heinis und ich weiß schon, dass ihr glaubt, ihr wärt besser als wir. Also zurück auf deinen Platz, zeig dann gerne, wer lauter ist“, schmetterte sie jegliche ernst oder nicht ernst gemeinte Annäherungsversuche ab und komplimentierte Sasaya mit herausgestreckter Zunge weiter.
„Sag doch, die von Karasuno sind alle super krass drauf“, sagte Kamasaki und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter. „Die spielen in einer anderen Liga als wir“, meldete sich nun auch Futakuchi zu Wort, dessen Aufmerksamkeit seit dem ersten Satz auf Coach Ukai waltete. Er bekam daraufhin empörte Blicke, störte sich aber nicht daran. „Kenji macht mir manchmal Angst“ – „Ach halt doch die Klappe“
Angst machen sollte auch der nächste schräge Aufsteiger auf dem Spielfeld unten. Hinata war noch schneller, sprang noch höher und sein Angriff war noch härter denn je, so dass Aoba Johsais neuer Libero den Ball zwar erwischte, er aber in hohem Bogen ins Aus knallte.
„Genau so“, rief Kageyama, ballte die Hand zu einer Faust und jubelte im Stillen. Hinata tat das Gegenteil und bejubelte seine Schlaghand überschwänglich. „Das war einfach perfekt! Du bist einfach perfekt“, sagte er dann zu Kageyama. „Ich kann nur mit dir so perfekt sein“, antwortete dieser und in Hinatas Gesicht ging das Strahlen der Sonne auf. „Was? Nein! Vergiss, dass ich das gesagt habe!“, orderte Kageyama etwas überfordert. Die Worte kamen einfach so über seine Lippen, bekundeten aber die Wahrheit, wie auch der Rest des Teams und auch das gegnerische Team fand.
„Es ist echt widerlich, wie gut die zusammenarbeiten. Immer wenn man denkt, die haben schon das höchste Niveau erreicht, kommt der Zwerg und setzt noch einen drauf“, grummelte Kindaichi vor sich hin. Kunimi neigte den Kopf zur Seite. „Aber sie sind mit den Erstklässlern noch nicht auf Stand und bei den Aufschlägen haben sie auch nur 2 gute Spieler dabei, der Rest ist vernachlässigbar“, sagte er. „Und jetzt holen wir den nächsten Punkt und dann zeigst du ihnen, was du von Oikawa-senpai gelernt hast“ Mit diesen Worten ließ sich Kindaichi gerne aufmuntern und Oikawa lief ein angenehmer Schauer die Wirbelsäule hinab. Kindaichi nickte und machte sich für den nächsten Aufschlag bereit. Shoji war dran. Der Junge hatte schon ordentlich Wumms drauf, aber die Bahn des Balles war berechenbar und damit einfach für Aoba Johsai anzunehmen und mit einem abgefälschten Schnellangriff in einen Punkt verwandelt, dass Kindaichi nun mit dem Aufschlag dran war.
„Hau den rein und du bekommst was von meinem Salzkaramell“, sagte Kunimi und schenkte dem Kapitän ein freches Grinsen, das diesen ganz verlegen machte. Er bereute umgehend. Akzeptierte aber sofort als er sah, wie Kindaichi den Ball genau zwischen Tsukishima und Kageyama rein machte.
„Was ist los? Du zuckst ja sonst nicht so zusammen?“ stichelte Tsukishima, weil Kageyama gezögert hat. „Liegt vielleicht daran, dass du vorhin Yamaguchi niedergewalzt hast“, erwiderte der Zuspieler und Tsukishima schnaubte auf. „Als würde ich dir je so nahe kommen wollen“, knurrte er und sah dem Ball nach, der zurück an Kindaichi gespielt wurde.
„Reiß dich zusammen“ – „Reiß du dich doch zusammen“ – „Jungs! Reißt euch alle zusammen oder ihr seid raus!“ Coach Ukai deutete bereits zwei Erstklässlern, sich aufzuwärmen. Tsukishima und Kageyama tauschten Blicke aus und nickten einander ernst zu.
Den nächsten Aufschlag nahm Yamaguchi an, nicht aber ohne etwas zurück zu schwanken, denn Kindaichi hatte wahrlich vom früheren Kapitän der Aoba Johsai gelernt, dass Yamaguchi nun die Unterarme brannten. „Wahnsinns Aufschlag“, sagte er anerkennend. Der Ball ging durch den Schwung direkt zurück auf die andere Seite. Die Annahme war leicht gemacht und der nächste erbarmungslose Angriff folgte.
Beide Teams schenkten sich nichts. Karasuno könnte das Match für sich entscheiden. Für Aoba Johsai war es die einzige Chance, noch einen Satz rauszuholen um das Blatt zu wenden. Wie ein Blatt wandte sich auch Oikawa, der einerseits Kageyama– „Mein talentierter Zögling“ – und andererseits Kindaichi und Kunimi – „Unsere wundervollen Kinder“ – anfeuerte und bejubelte. Iwaizumi ließ ihm das durchgehen, denn Oikawa strahlte dabei und er mochte es, wenn der ehemalige Kapitän und Zuspieler so voller Freude aufging und er mochte das ehrliche Lächeln, das seine Lippen formte, wenn er stolz zu ihm hinüber sah. „Das ist nicht nur mein Verdienst, weißt du?“, sagte Oikawa und schmiegte sich an Iwaizumis Seite. „Du bist so ein überheblicher Trottel“, lachte Iwaizumi darauf. „Dein Trottel“ – „Mein… Trottel“ Iwaizumi seufzte. Ja, dieser Idiot war ganz sein und sicher war er sich nicht immer, ob das auch genau das war, was er wollte. Denn Oikawa machte sich rar. Nicht bewusst ihm gegenüber, aber dem ganzen Land. Und ja, er hat ihm vorgeschlagen, mitzugehen, aber nein, Iwaizumi wollte das nicht. Er studierte in Japan, wollte in Japan bleiben und wollte in Japan Karriere machen. Oikawa stand die Welt offen und Iwaizumi wäre der Letzte, der ihm das verwehren wollte. Vielleicht hat er ihn auch gerade deswegen hier her geschliffen um ein unangenehmes Gespräch aufzuschieben.
Die Jungs auf dem Spielfeld schafften es zumindest, dass es jetzt noch etwas dauern würde, bis sie alleine sein würden.
„Satzball!“
Kunimi stand zum Aufschlag bereit. Die Seiten haben einige Male gewechselt, der Punktestand wurde vielmals angepasst und nun ging es vielleicht schon um den letzten Punkt. Yaotome stand gerade draußen und fieberte nervös mit, während das Team eine sonst sehr gute Aufstellung genoss.
Hinata, Kageyama und Tsukishima waren vorne und Yamaguchi mit zwei Erstklässlern hinten. Auf ein Handzeichen hin breitete sich die hintere Reihe auseinander und Yamaguchi meinte bereit zu sein, den Ball anzunehmen.
Aufschlag.
„Mist“, fluchte Kunimi. Der Ball visierte direkt den Jungen neben Yamaguchi an, der ihn zwar unsauber annahm, ihm aber die Richtung nach vorne mitgab und Kageyama rettete den Ball für ein Zuspiel an Tsukishima, der direkt auf Kindaichi spielte und ihn somit für den Angriff rausnahm. „Verflucht“, zischte dieser, aber das folgende Zuspiel war wie gemacht für Kunimi, der den Ball darauf genau in des linke hintere Eck in Karasunos Spielfeld knallte und den Satzpunkt holte.
25 : 20 für Aoba Johsai
Chapter 73: So What?
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Mizoguchi gab dem Team vor dem dritten und letzten Satz noch ein paar Worte mit. Sie sollten sich für Yamaguchis Aufschläge breiter aufstellen, den Block auch mal zu dritt aufstellen, wenn Hinata in bester Position stand und sie sollten ihre eigenen Aufschläge schön auf die Erstklässler konzentrieren.
Zu schade für das türkise Team, dass Coach Ukai mit den ersten Punkten auch die Erstklässler aus der Aufstellung nahm und bei Karasuno darauf mit Hinata, Kageyama, Tsukishima, Yamaguchi Shoji und Tokita als eingespieltes Team am Feld stand. Am Rand wartete Yaotome auf seine Spezial-Libero-Wechsel und würde die Mannschaft perfekt ergänzen, sobald sein Einsatz gekommen war.
Mit dem weiteren Spielverlauf kam auch Kunimi schließlich auf Hochtouren, wie man es von ihm gewohnt war. „Aufsparen und zum Ende hin der Letzte sein, der noch voller Energie ist“, schnarrte Tsukishima nach einer Finte des Angreifers. „Überschätz mich nicht“, sagte Kunimi und streckte ihm die Zunge raus, daraufhin schlug er mit Kindaichi ein und machte sich nach dem Aufschlag für den nächsten Angriff bereit.
„Sie werden sich nun mehr auf Kunimi verlassen“, sagte Kageyama. „Wenn du dich da nicht irrst“, zischte Kindaichi durch das Netz und wartete darauf, den nächsten Ball höchstpersönlich reinzumachen. Vergebens. Hinata und Tokita blockten. Der Ball wurde herausgefischt, das Spiel ging weiter. Ein Zuspiel zu Kunimi folgte, das Kageyama erwartet hat und selbst abblockte. Aoba Johsai setzte zu einem Angriff von hinten an. Schlechtes Timing, denn gerade stand Yamaguchi in der zweiten Reihe mittig und wusste um den Angriffsstil seines Freundes perfekt Bescheid. Der Ball wurde angenommen, nach vorne gespielt und Kageyama spielte Hinata perfekt wie immer in die Hand.
Punkt für Karasuno.
„Mit Yuujis Angriffen könnt ihr mich nicht überraschen“, rief Yamaguchi hinüber und zog neckend das Augenlid hinunter. „Blllh“, machte er aber bereute seine Direktheit sofort wieder.
Kindaichi starrte Yamaguchi an und der duckte sich unter dem urteilenden Blick hinweg. „Wer hätte das gedacht“, schmunzelte Kunimi, aber es verging ihm gleich wieder, weil er sah, dass mit der Rotation bei Karasuno nun Kageyama am Aufschlag stand.
„Gib dein Bestes, Tobio-chan~“, erklang die Stimme des ehemaligen Kapitäns. Kunimi verdrehte die Augen. „Hau ihn rein“, rief auch Hinata zurück, aber Kageyama ließ sich weder von dem einen noch dem anderen aus dem Konzept bringen. Anders wie bei Yamaguchi, der bei solchen Zurufen doch jedes Mal etwas nervös wurde. Kageyama erfüllte Erwartungen am laufenden Band seit er auf der Junior High war. Für Yamaguchi waren es erst wenige Jahre der steigenden Erwartungen, allen voran seinen eigenen.
Kageyama enttäuschte mit seinem Aufschlag natürlich nicht. Er machte es sogar gleich vier Mal, dass sich die Formatierung der Gegner anpasste und der Ball erst nach dem fünften Aufschlag-Ass in Folge im Spiel blieb. „Dachte schon, ich komm gar nicht mehr zum Spielen“, nörgelte Hinata und forderte damit auch schon das nächste Zuspiel.
Yamaguchi nahm an. Kageyama spielte zu. Hinata griff an.
Die Punktetafel wurde angepasst, Mal um Mal. Wechsel wurden gemacht, die Rotation fortgeführt und schließlich stand Kindaichi wieder am Aufschlag. Er hielt den Ball in der Hand, drehte ihn, fühlte das Leder mit den Fingerkuppen und gewahr sich einen verstohlenen Blick zu Kunimi, der ihn mit einem für seine Verhältnisse frechen Grinsen ganz aus dem Konzept brachte, den Ball hochwerfen ließ und nach Oikawas Zurufen das Leder nicht einmal auf die andere Seite brachte und stattdessen genau auf Hinatas Höhe gegen das Netz schmetterte.
„Verdammt! Willst du mich erschlagen, Schalottenkopf?“, japste der Angreifer auf. Kindaichi wäre am liebsten im Erdboden versunken. Kunimi hielt sich die Hand vor den Mund und kicherte. „Das wird nie langweilig“, sagte er mit Schalk in der Stimme und Kindaichi beschwerte sich. Auch ihr Coach tadelte und bat um Konzentration.
Bei Karasuno war nun Yamaguchi wieder am Zug wurde schmerzlich an die ein oder andere Situation mit Terushima erinnert. Dieser Junge hat ihn nicht nur einmal abgelenkt und nur einen Aufschlag versauen lassen. Aber Terushima musste dafür nicht einmal anwesend. Yamaguchis nächster Aufschlag war nicht stark und auch nicht richtig sprungflatterig, denn Terushima hat ihm in Gedanken weder zugelächelt noch zugezwinkert, ihm kam das nervöse Stammeln in den Sinn, das er bei seinem letzten Besuch bei seinem Freund auf seinen Wunsch nach mehr Intimität erhalten hat.
„Sorry Leute“, sagte er. „Schon gut, wir machen den rein und du zeigst uns, was du drauf hast“, rief Hinata von vorne links zurück.
Kunimi nahm den Ball an und das Zuspiel wurde für Kindaichi vorgelegt. Yaotome hatte keine Probleme mit der Annahme und Karasuno setzte zu einem Synchronangriff an.
Punkt durch Tsukishima.
„Hey! Den wollte ich schlagen!“ – „Du kannst nicht alle haben“ – „Kann ich wohl“
Kenma gluckste auf der Tribüne. „Lass mich raten, du würdest nur ihm zuspielen?“, fragte Kuroo, aber Kenma schüttelte den Kopf. „Es muss spannend bleiben, immer nur einem zuzuspielen wäre langweilig“, antwortete er. Kuroo lächelte mild. Yaku schnaubte auf. „Ihr seid nicht mehr zusammen und du schaust ihn trotzdem immer noch so an“, flüsterte er kritisch. „Kann nicht jeder so kalt sein wie du“, zischte Kuroo zu seiner Rechten und lehnte sich zurück. Er fühlte sich dennoch etwas ertappt, aber wie konnte er Kenma auch nicht so ansehen? Wie konnte er seinem Verflossenen auch nur im Ansatz Harm wünschen anstatt ihn liebevoll anzusehen? Von Yaku wusste er, dass er genau der gegensätzliche Typ war. Yaku war aufbrausender und nachtragend. Bei ihm würde böses Blut fließen, viel davon. Tat es auch, wenn Kuroo an Yakus Ex-Freund dachte.
„Sieht so aus, als würden die Jungs morgen gegen Karasuno spielen“, sagte Moniwa aufgeregt.
„Yo! Da müssen sie erstmal unsere Jungs besiegen“, rief Kuroo in die erste Reihe. „Übersprungen wird nicht und ihr wisst sicher, dass es für Katzen keine Mauer gibt, die zu hoch ragt“, knurrte Kuroo. In diesen Belangen konnte auch er aufbrausend sein und hatte Yaku mit einem grimmigen Blick umgehend auf seiner Seite.
„Dann sehen wir uns mal an, wie die Katze von der Mauer erschlagen wird“, sagte Futakuchi und verschränkte die Arme im Nacken. Sein Blick war überheblich, wie so oft, aber weiter nach unten gerichtet, wo Karasuno um den Satz- und Matchball kämpfte.
23 : 24 – 24 : 24 – 25 : 24 – 25 : 25 – 25 : 26
„Kommt schon“, rief Yaotome von der Seite, nervös, weil er gerade keine Bälle retten konnte.
Annahme. Zuspiel. Angriff. Schlampige Annahme. Schlechtes Zuspiel. Yamaguchi am Ball. Zuspiel Kageyama. Schräger Aufsteiger Hinata – Schneller, härter und treffsicherer denn je.
25 : 27 für Karasuno
Chapter 74: Guess
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Man mochte sagen, Hinata hätte sich gebessert. Hat er auch. Hinata lief nicht mehr mit schwitzenden Händen auf die Toiletten, wenn ein spannendes Spiel anstand und er kotzte nicht mehr in den Bus, weil ihn die Nervosität übermannte. Aber es wäre als fehle das Amen im Gebet, würde Hinata beim Aufsuchen des stillen Örtchens – diesmal nach dem Spiel – nicht eine unangenehme Begegnung machen.
Gerade noch die Hände gewaschen bemerkte er hinter sich einen Schatten. Hinata drehte sich ruckartig um. Hinter ihm stand Kuroo mit vor der Brust verschränkten Armen. Sein Blick war prüfend, nachdenklich gar. Hinata griff schnell zu den Papiertüchern um die Hände abzutrocknen. „Gockelkopf“, sagte er etwas erschrocken und versuchte seinen Mann zu stehen. Er fühlte sich klein vor Kuroo, war er auch. „Nenn mich nicht so, Chibi“, erwiderte Kuroo und lockerte die Haltung. Er fragte sich ja selbst, was er gerade wollte. Wie er Hinata so musterte, wusste er ja, dass von ihm nichts Böses ausging, wie konnte er auch nur einen Gedanken daran verschwenden? „Hey, versprich mir, dass du gut mit ihm umgehst, ja?“, musste er es dennoch loswerden. Hinata stockte. „Gut umgehen? Mit wem? Ich gehe mit jedem gut um. Naja, außer mit Kageyama manchmal, aber das beruht auf Gegenseitigkeit! Der olle Miesepeter ist manchmal richtig gemein zu mir“ Die Papiertücher landeten im dafür vorgesehenen Eimer. Kuroo wurde wieder bestätigt: Warum machte er sich überhaupt sorgen?
„Kenma… aber vergiss es, es ist alles okay“, sagte er, aber Hinata nickte schnell. „Du magst ihn immer noch sehr gerne. Das ist normal, glaube ich“, Hinata setzte ein breites freundliches Lächeln auf, dass auch dem letzten Trottel klar wurde, dieser Junge nicht könnte einmal einer Fliege etwas zu Leide tun.
„Danke“, sagte Kuroo und ließ Hinata abziehen. Er selbst ging zum Waschbecken, stemmte die Hände auf der Keramik ab und besah sich im Spiegel. Er seufzte. Das war nicht er.
„Eifersucht steht dir nicht“, sagte Matsukaw plötzlich hinter ihm. „Also weiß es jetzt schon jeder?“ Kuroo tappte angespannt mit den Fingern am Waschbeckenrand. „Ne, nur die, die sowas interessiert. Und Tetsuro? Sowas interessiert mich immer“, sagte der ehemalige Mittelblocker mit einem verschlagenen Grinsen. Kuroo knurrte. „Werds mir merken. Bist der Erste, dem ich die nächsten News weitergebe“, sagte er im Aufrichten und ging an Matsukawa vorbei. Ihre Oberarme streiften aneinander. Matsukawa lachte kurz auf. „Ich glaube, ich weiß mehr als du“, sagte er geheimnisvoll und widmete sich nun dem, wozu er gekommen war. Kuroo ließ ihn zurück. Er fand den großen Kerl mit seinem undurchschaubaren Pokerface immer schon etwas… seltsam. Mit ihm war es anders als mit Oikawa. Oikawa sah man sofort an, wenn er was ausgefressen hatte oder einen neuen Masterplan schmiedete. Matsukawa war aalglatt und wendig in so vielen Belangen. „Yo, Mattsun, mit wem flirtest du schon wieder?“ – „Mit jedem, das weißt du doch“ die ehemalige Powerkombo verfiel in Gelächter.
Hinata war nach dem kurzen Aufenthalt direkt zur Tribüne spaziert und hat sich neben Kenma niedergelassen. „Und? Freust du dich auf heute Abend?“, fragte er den ehemaligen Zuspieler, der nun, nachdem das Spiel vorbei war, wieder in seiner Konsole versunken war. Kenma drückte den Pauseknopf und senkte die Hände. Langsam neigte er den Kopf zu Hinata und schenkte ihm eines seiner seltenen sanften Lächeln. „Ja, sehr sogar“, sagte er und steckte den Handheld weg. „Du hast gut gespielt, aber du hast Potenzial für mehr“, gab er ehrliches Lob und gleichzeitig sowas wie Kritik. Hinata erstarrte, aber nickte schnell. „Schneller und höher, nicht wahr?“, fragte er. „Unberechenbarer“, sagte Kenma. Seine Mundwinkel zogen sich breiter und in seinen Augen blitzte die Herausforderung auf. Hinata nickte wieder schnell. „Es macht Spaß, dir zuzusehen“ Kenmas Mimik lockerte sich.
Kuroo blieb neben Tsukishima am Gelände stehen, weil dieser zu Yamaguchi hinunter sah und zögerte, sich zu ihm zu setzen. Denn Yamaguchi war in sein Handy vertieft und wechselte zwischen pubertären Gekichere und peinlichen Anflügen von Panik. Er textete mit Terushima, so viel war klar und Tsukishima hatte keine Lust darauf.
„Lust, heute Abend was zu machen?“, fragte Kuroo ungeniert. Kenma hat ihm ja klar gemacht, dass er sich anderweitig zu beschäftigen hatte. „Sieht so aus, als wäre ich frei“, antwortete Tsukishima. „Mhm… wurde an mich herangetragen“, sagte Kuroo. Tsukishima richtete sich langsam auf und sah ernst zu Kuroo hinüber. „An dich herangetragen?“, fragte er. Kuroo nickte. „Jap, dein Ex hat mich vom Captains-Club aus angeschrieben“, damit brachte er Tsukishima zum Seufzen. „Was hat er in einem Captains-Club zu suchen?“ Kuroo lachte. „Tja, das ist eine Frage, die ich dir tatsächlich ganz einfach beantworten kann. Ushiwaka ist dir ja sicher noch ein Begriff?“
Natürlich war der Tsukishima noch ein Begriff. Kuroo sprach weiter: „Und du erinnerst dich wie perfekt umgänglich er mit anderen Menschen ist?“ Tsukishima schnaubte. „Also ist Satori wegen ihm da drinnen?“ Kuroo nickte. Er zückte das Handy und öffnete den Gruppenchat um kurz durchzuscrollen. „Er erklärt ihm, wovon wir reden, wenn’s zweideutig wird“, sagte er und zeigte auf Textteile, die Ushijima mit Fragezeichen markiert hat und worauf Tendou eine Erörterung lieferte. „Und er sagt ihm, worum‘s in den Memes geht, er ist ein hoffnungsloser Fall aber auch ein Goldstück der Unterhaltung“, erzählte Kuroo weiter und scrollte kichernd durch die Unterhaltung, der Tsukishima gar keine Aufmerksamkeit mehr schenkte.
„Also hat er dir gesagt, du sollst was mit mir unternehmen?“, fragte Tsukishima. Kuroo tat das Handy weg. „Eigentlich nicht, er hat mich angeschrieben, weil er meinte, ich wirke down und hat mich gefragt, was los ist“, sagte Kuroo und erzählte Tsukishima davon, dass Tendou wohl auch bei sowas Belanglosem wie Gruppenchats ehemaliger Kapitäne genau spürte, was jeder zu verstecken versuchte. Kuroo hat sich lange mit Tendou ausgetauscht, so lange, bis auch die Trennung zu Tsukishima im Haus stand und das Guess Monster nach Europa flog und auch dort noch ein paar Mal.
„Hab mir Sorgen um dich gemacht und er hat gemeint, ich hätte seinen Segen“, lachte Kuroo. Auch Tsukishima schnaubte kurz amüsiert, war es ja auch das, was Tendou ihm vorgeschlagen hat.
Dann herrschte Stille zwischen den beiden.
Tsukishima sah hinunter zu Yamaguchi, der sein Handy endlich wegsteckte und sich wohl nach ihm umsah. „Okay, sechs Uhr?“ Kuroo war überrascht, aber er nickte und ließ Tsukishima gehen und sich zu seinem besten Freund setzen.
„Die Anderen wollen heute eine Party im Gemeinschaftsraum machen“, sagte Yamaguchi und sah Tsukishima auffordernd an. „Du meinst, so wie das doofe Flaschendrehen spielen vom letzten Mal? Ich passe… treff mich mit Kuroo“, sagte er und Yamaguchi sah sofort zurück zu Nekomas ehemaligen Kapitän. „Schau doch nicht gleich!“ – „Tut mir leid, Tsukki“
Chapter 75: A Thousand Miles
Chapter Text
Oikawa und Iwaizumi besahen Kindaichi und Kunimi, die sich vor die beiden gesetzt und auf den Sitzen umgedreht haben. Keiner der vier sagte noch etwas. Kindaichi war unruhig, Kunimi wirkte so gleichgültig wie eh und je. Iwaizumi war stolz, die beiden zu sehen und fand auch das Spiel sehr gut, da gab es sehr viel Fortschritt, auch wenn es heute nicht gegen Karasuno gereicht hat. Wieder nicht.
„Also“ Oikawa brach schließlich das Schweigen. Iwaizumi sah mit erhobenen Augenbrauen hinüber, bereit, ihm eine zu knallen, wenn jetzt nur Kritik kam. „Ihr habt euch richtig gemausert, aber ich hab ja immer schon gesagt, dass ihr das Zeug habt. Yutaro-lein, dein Aufschlag ist unglaublich, musst ‘nen richtig guten Lehrer gehabt haben“, sagte Oikawa mit eine selbstgefälligen Grinsen. Iwaizumi verdrehte die Augen. War ja klar, dass das Lob nur mit Eigenlob kam.
„Und du, Akira, deine Angriffe sind der Wahnsinn! Wenn wir jetzt gemeinsam auf dem Feld stehen würden, ich wüsste nicht, wem ich lieber zuspielen würde, dir oder Iwa-chan“, sagte Oikawa mit einem zufriedenen Grinsen. Kindaichi und Kunimi tauschten Blicke aus, als würden sie nicht glauben, was da gerade passierte. Oikawa hatte es noch nie ausgelassen, ihnen Lob entgegenzubringen, aber er versteckte gerne etwas dahinter oder versuchte damit einen gewissen Zweck zu bedienen, denn Oikawa tat nie etwas umsonst.
„Danke?“, fragte Kindaichi mehr als er antwortete. Kunimi schwieg. Iwaizumi wartete noch einen Moment ab und dann verfiel Oikawa auch schon in die erwarteten Lobeshymnen darüber, wie er dafür verantwortlich war, dass aus Kindaichi und Kunimi solch musterhafte Spieler wurden. Dass alles, was er ihnen gelernt hat nun für Erfolg stand, auch wenn das Team den neuerlichen Giganten Karasuno nicht bezwingen konnte. Was natürlich daran lag, dass Oikawa selbst nicht mehr dabei war und mit Iwaizumi an seiner Seite als Ass hätte aufwischen können.
„Was sagt ihr dazu, wenn wir was essen gehen? Ramen, geht auf Shitty-kawa“, sagte Iwaizumi und stieß dem einstigen Kapitän liebevoll in die Seite. „Gemein, Iwa-chan“, pikierte sich dieser, war aber mit einem Kuss schnell besänftigt. „Du stehst drauf, wenn ich gemein bin“, sagte Iwaizumi und erhob sich mit einem breiten Grinsen. „Mattsun und Makki-lein müssen auch mitkommen“, sagte Oikawa und stand auf. Kindaichi hätte zwar das Spiel noch gerne gesehen, aber Kunimi war bereit, es zu spritzen und dafür, sich mit den Ehemaligen auszutauschen, wollte auch Kindaichi gerne darauf verzichten.
„Und auf Schläge steht er wohl auch, sonst wäre er nicht so frech“, sagte Matsukawa im Anlehnen über das Geländer hinter Oikawa und Iwaizumi. Er sah mit einem herausfordernden Blick hinunter. „Und worauf du stehst, will ich gar nicht wissen“, neckte Oikawa. Er legte den Kopf in den Nacken um Blickkontakt aufzubauen. Matsukawa zog die Lippenzusammen, sammelte etwas Speichel und –
„Unterstehe dich!“, rief Oikawa und sprang umgehend mit erhobenen rügenden Finger auf. Iwaizumi sah nun auch hoch und direkt in Matsukawas schelmisches Gesicht. Tja und wo dessen verschlagenes Grinsen war, war auch Hanamakis verdorbenes Schmunzeln nicht weit. „Hab ich richtig gehört, dass Nudeln auf Oikawa gehen? Ich steh ja auf Nudeln“, lachte Hanamaki und stieß mit seinem Ellenbogen gegen den von Matsukawa.
„Wisst ihr, was ich zahlen musste, dass ich jetzt bei euch bin? Da könntet schon ihr mich zum Essen einladen“ Oikawa streckte sich nach seiner Umhängetasche und Kindaichi und Kunimi verließen mit den Ehemaligen die Tribüne und die Sporthalle.
„Ich kann den Lackaffen immer noch nicht ab“, knurrte Tanaka zu Kageyama, Yaotome und den anderen Jungs der Karasuno, die noch beisammen saßen.
„Nur weil er besser ist als du“, sagte Kageyama. „Und du bist der Nächste, der mir auf die Nerven geht!“ Tanaka zeigte die Zähne und sah den Zuspieler herausfordernd an. „Er ist in allen Belangen besser, Aufschläge, Annahmen…“ – „Das ist auch nie meine Spezialität gewesen, ich war das Ass!“ – „Das Ass ohne Haare!“ jubelte Yaotome und Tanaka war in seiner oikawa’schen Wut besänftigt. Er verfiel mit dem Zweitklässler in nostalgischen Gedanken.
„Die Neuzugänge haben sich hoffentlich richtig eingelebt, vor ein paar Monaten war das ja schrecklich“, sagte Kamasaki mit neugierigem Blick aufs Spielfeld. „Ach, Kanji hat die schon im Griff“, war Moniwa zuversichtlich. Sasaya suchte die Tribüne nach der lauten Blondine ab, musste aber enttäuscht feststellen, dass sie nicht mehr hier war. Nur ihre Trommel stand noch da, umzingelt von ehemaligen und aktiven Spielern der Karasuno. Er seufzte und sah hinüber zu seinen Freunden, die angespannt um etwas Nähe bemüht waren, aber keiner der beiden wollte den ersten Schritt machen. Sasaya lehnte sich hinüber zu Futakuchi. „Hoffnungslose Fälle. Was sagst du, wenn wir uns da einmischen?“, fragte er ihn. Von hoffnungslosen Fällen hatte der allerdings für den Moment genug.
„Wo sind eigentlich Meister Noya und Asahi-sama?“, fragte Yaotome an Tanaka gerichtet. Der schmunzelte. „Die haben das romantischste Date ever!“ sagte er und sah in begeisterte Augen. Auch Shoji und Tokita waren neugierig. Kageyama klinkte sich aus dem Gespräch aus und war neugierig auf das anstehende Spiel, für das sich Hinata wieder zurück zu seinem Team und neben Kageyama setzte.
„Und das haben sie genau heute?“, fragte Yaotome. Tanaka schüttelte den Kopf. „Heute sind sie am Weg dorthin, wisst ihr, die beiden sind nämlich so zirka übermorgen auf den Tag genau zwei Jahre ein Paar oder zumindest daten sie seit dem und deswegen sind sie jetzt in Finnland im Weihnachtsmanndorf, weil Asahi Weihnachten so gerne mag und Noya die ganze Welt sehen will“, erklärte Tanaka und Yamaguchi seufzte in der Reihe vor ihm. Denn so zirka morgen wäre eigentlich sein Jahrestag mit Terushima, also der zu dem Tag, wo es zwischen ihnen gefunkt hat und seit dem es dann eine Weile gedauert hat, bis sie ihrer Beziehung ein Label gegeben haben.
„Und? Was macht er heute?“, fragte Tsukishima, weil er ja merkte, dass Yamaguchi über Terushima sprechen wollte und selbst, wenn es ihn nervte, wollte er nicht, dass sich sein bester Freund quälte.
„Sie sind heute mit der Ausbildungsgruppe aus. Er hat geschrieben, dass auch ein paar Medizinstudenten dabei sind. Der ehemalige Zuspieler von Shiratorizawa ist auch dort“, antwortete Yamaguchi. „Semi oder Shirabu?“, fragte Tsukishima. Auf Semi reagierte er ja nicht so gut. „Shirabu“, sagte Yamaguchi. Der war Tsukishima egal. „Hast du ein Problem damit?“, fragte Tsukishima weiter. Yamaguchi zuckte mit den Schultern. „Ich vertrau ihm, aber in Tokio sind so viele Menschen und so viele, die besser und toller sind als ich“, seufzte er. „Hey! Sag sowas nicht über meinen besten Freund!“, verlangte Tsukishima und Yamaguchi lachte kurz auf. Das hat er vor ein paar Wochen auch zu ihm gesagt. „Ich vermisse ihn einfach und ich hätte ihn morgen gerne gesehen“, sagte er wehmütig. Er wusste ja, dass er nichts daran ändern konnte. Terushima machte seine Ausbildung und dazu gehörte die ein oder andere Woche in der Landeshauptstadt.
„Vielleicht komm ich doch für eine Runde dazu und mach den Anderen klar, dass es mit dir kein Funny Business gibt“, sagte er, wie Nishinoya es im letzten Jahr bei Asahi verlangt hat.
„Du passt also statt Yuuji auf mich auf?“, strahlte ihn Yamaguchi an. „So in etwa, aber ich bleibe nicht lange“ – „Okay“
„Und Kiyoko-sama? Wo ist się?”, fragte Yachi, da legte sich Tanaka theatralisch eine Hand an die Stirn, mit der anderen packte er sein T-Shirt auf Herzposition. „Sie hat mich verlassen“, sagte er weinerlich. Yachi sah ihn mit großen glasigen Augen an. Auch Yaotome wurde umgehend traurig. „Aber sie war die Königin deines Herzens“, schluchzte er schon fast, weil er so mitfühlte.
„Sie ist mit ihren Eltern nach China geflogen!“, sagte Saeko. Sie kam gerade wieder zurück und verpasste ihrem Bruder eine Kopfnuss. „Ihr Kinder müsst immer so übertreiben“, seufzte Coach Ukai und schlug Tanaka mit der flachen Hand auf die Schulter. „Tut gut, dich zu sehen. Schaust nicht schlecht, was aus dem Team geworden ist, hm?“, fragte er das ehemalige Ass und ließ sich darüber aufklären, was die anderen so machten. Dass Sugawara Lehrer werden wollte, was Herrn Takeda besonders stolz machte. Daichi war auf der Polizeischule sehr beschäftigt. Ennoshita machte eine medizinische Ausbildung, was genau, hatte Tanaka nicht mehr auf dem Radar und Kinoshita steckte mitten im Aufnahmeverfahren für den öffentlichen Verkehr. Narita studierte. Irgendwas mit Häusern. Shimizu arbeitete in einem Sportfachgeschäft und Tanaka selbst ließ sich zum Personal Trainer ausbilden.
„Außerdem werde ich, sobald meine Königin zurück ist, einen Heiratsantrag machen!“
„Alle guten Dinge sind drei, nicht wahr, Meister Tanaka“, lachte Hinata und war genauso begeistert wie das ehemalige Ass, aber auch wie Saeko, die auch daran glaubte, dass es diesmal klappen würde, weil die beiden nun auch eine echte Beziehung führten.
Chapter 76: Heartworks
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Vor Spielbeginn reichten sich die Jungs die Hände. Koganegawa stand als neuer Kapitän Shibayama gegenüber, der nach Kenma den Kapitänsposten übernommen hat und als Libero zu einer seltenen Sorte Kapitän gehörte, aber Coach Nekoma empfand, dass er die richtige Mischung aus Ruhe und Aufruhr an den Tag legte. Shibayama hatte auch Lev gut im Griff. Anders als Kuroo und Yaku, kontrollierter als Kenma und er war bedacht auf die Gruppendynamik.
Koganegawa war nach Futakuchi der Meinung, alles viel besser und cooler und noch toller zu machen, scheiterte aber bald an seiner Authorität, die durch seinen eigenen Schalk untergraben wurde. Aber wo Koganegawa nicht durchgreifen konnte – überall – schritt Oiwake als Coach ein.
Die Coaches tauschten ein Nicken aus, der Startpfiff ertönte und Inuoka holte auf Nekomas Seite zum ersten Aufschlag aus. Sakunami nahm für Dateko perfekt an um Koganegawa ein gutes Zuspiel zu ermöglichen. Der Angriff wurde von Shibayama vereitelt und der erste Angriff auf die neue eiserne Mauer wurde getätigt. Vergebens.
Der Ball prallte ab, wie Wasser auf Glas, fand den Weg zum Boden genau so schnell wie ablaufender Regen. „Ich muss einfach noch höher springen“, rief Inuoka motiviert und deutete Teshiro, dass er ihm höher zuspielen sollte.
Der Aufschlag wechselte die Seite, Fukiage bereitete sich vor und der Kampf, den Ball in der Luft zu halten, ging wieder los. Für Lev war es wie jedes Mal zu Beginn, er war noch nicht ganz da. Das ärgerte vor allem Yaku, der nicht ruhig sitzen bleiben konnte.
„Du führst dich auf wie so ‘ne Soccer-Mom“, lachte Kuroo neben ihm. „Volleyball-Mom und Hey! Gar keine Mom! Wenn hier wer ‘ne Mom ist, dann du mit deinen Bemutterungen“, knurrte Yaku und linste zu Kenma hinüber, dessen Augen zwischen Spielfeld und Konsole wechselten. Ganz davon abbringen konnte ihn wohl wirklich nur Hinata.
Kuroo gluckste auf. „Hättest du nicht ein bisschen Selbstkontrolle, würdest du hier wohl auf und ab laufen“ – „Hätte ich keine Selbstkontrolle, ich würde dir eine reinhauen“
„Fight Club?“ Kuroo und Yaku drehten sich gleichzeitig zurück um in Fukunagas große Augen zu schauen. „Oh, der Herr genehmt sich also auch hier her, dachte schon, du hast dich verfahren und bist in Fukushima raus“, lachte Yaku und umarmte Fukunaga zur Begrüßung. Kuroo gab einen Fist-Bumb und Kenma nickte, horchte aber auf als er die Begründung für die Verspätung und die getrennte Anreise hörte. Denn sie kam nicht von Fukunaga.
„Sorry, das war meine Schuld, also nicht nur, aber das ist ‘ne andere Geschichte.“ Komori Motoya trat neben Fukunaga hervor. „Aber wir sind genau rechtzeitig gekommen, den ersten Patzer haben wir beim Reinkommen gesehen“, sagte Komori weiter und verzog mitfühlend das Gesicht.
„Na solange du auf unserer Seite bist, ist alles in Ordnung“, sagte Kuroo und deutete den beiden, sich zu setzen. In die Reihe vor ihnen. Ihm entging dabei nicht, dass ihre Finger ineinander verschlungen waren und lehnte sich daraufhin zwischen ihren Köpfen nach vorne. „Und? Wie lange läuft das schon?“, fragte er. „Pffft… Sag doch, du bist hier die Mom“, stichelte Yaku von der Seite. Kuroo winkte ab und ließ sich von Komori erklären, dass sich er und Fukunaga beim vergangenen Frühlingsturnier näher gekommen sind. Für einen Moment fragte er sich, warum ihm das damals nicht aufgefallen ist, aber dann wurde ihm schmerzlich bewusst, dass es zu der Zeit bereits zwischen ihm und Kenma kriselte und dass er für nichts Anderes mehr einen Kopf gehabt hat.
„Und seit Sommer sind wir richtig zusammen“, sagte Komori und gab Fukunaga einen hauchzarten Kuss auf die Wange. „Hach, die Liebe“, hauchte Kuroo mit der Hand auf der Brust, weil in Fukunagas Gesicht rote Farbe aufging und er ihm gar nicht in die Augen sehen konnte. „Das muss dir nicht unangenehm sein“, sagte Kuroo zu ihm. Komori wandte sich an Kenma, der in sein Videospiel vertieft war aber aufmerksam zuhörte, das sah man ihm an.
„Und Kozume hat heute sein erstes Date“, kicherte der ehemalige Libero der Itachiyama. „Schon aufgeregt?“, fragte er nach. „Nicht sehr“, antwortete Kenma knapp, er spürte aber sofort, wie unruhig Kuroo neben ihm wurde. „Es ist keine große Sache“, sagte er noch.
„Verdammt, Kenma, das ist schon eine große Sache, wobei… ja eigentlich wirklich nicht“, sagte Kuroo und lachte, weil er an Hinatas geringe Körpergröße dachte. Keine große Sache.
„Lass uns lieber das Spiel sehen“, sagte Kenma und senkte sogar den Handheld um zu zeigen, dass er das Thema nicht weiter beleuchten wollte. In Kuroos Augen war er nun ganz eindeutig aufgeregt, wenn er für die Themenvermeidung sogar solche Schritte in die Wege leitete. „Sei einfach du selbst, deswegen mag er dich ja“, sagte Kuroo, auch wenn er sich mit der Tatsache, dass sein Ex-Freund ein Date hatte, noch nicht abfinden wollte. Gut, dass er heute noch Zeit mit Tsukishima verbringen würde.
Auf dem Spielfeld wurde währenddessen nicht ausgewichen. Teshiro spielte Lev mit einer ungeahnten Natürlichkeit zu, dass der große Junge fast jeden Ball über die eiserne Mauer hinweg schlug und einige Punkt holte. Wenn sich die Date Tech Mannschaft zu sehr auf den Halbrussen konzentrierte, bot sich auch Inuoka an und knallte den Ball an den Blocks vorbei. Die beiden Angreifer ließen die Zählertafel aber nicht jedes Mal aufblättern, denn Sakunami fischte auf der anderen Seite nicht nur einmal den Ball zurück ins Spiel, dass der Kampf um den Sieg ein unerbittlicher wurde.
„Nice Safe, Yuki-kun!“, rief Teshiro und spielte den nächsten hohen Ball zu Lev. Über den Block hinweg. Keine Ballberührung. Aus.
„Verdammt“, fluchte der Angreifer. Auf der Tribüne fuhr sich Yaku angespannt durch die Haare. „Warum passiert das immer wieder? Er muss doch langsam wissen, dass er eine steilere Flugbahn braucht“ – „Ja, aber dann ist Sakunami da“ – „Dann soll er ihn austricksen!“
Dateko übernahm die Führung.
„Go! Go! Let’s Go! Let’s Go! Dateko!”
Es wurde lauter. Lev nahm den nächsten Aufschlag an. Teshiro bereitete das Zuspiel vor. Inuoka war sich sicher, er würde den nächsten Ball schlagen und so war es auch die eiserne Mauer, die sich direkt vor ihm aufbaute, dass sich bereits Panik in ihm aufbaute, aber der Ball ging zu anderen Seite und wurde eine Handbreite neben Sakunami im Mittelfeld versenkt.
„Ich dachte echt, der geht an mich“, lachte Inuoka. „Ich hab eben auch ein paar Tricks drauf“, sagte Teshiro und sah zurück zu Lev, der nun am Aufschlag stand.
„Ich kann das nicht ansehen“, sagte Yaku und hielt sich die Hände vor die Augen.
Aufschlag. Einwandfreie Annahme. Zuspiel. Angriff. Block zur Seite. Punkt. Um Punkt um Punkt.
Ein erbarmungsloser Kampf zog sich um den Sieg des ersten Satzes. Kaum lag Nekoma vorne, schien sich die Mauer höher aufzubauen denn je. Aber umso aggressiver wurden Inuoka und Lev, aber Teshiro hielt auch an den anderen Angreifern fest und wirkte tatkräftig beim Block mit. Und dann wurde die eiserne Mauer durchbrochen. Inuoka holte den Satzball.
25 : 27 für Nekoma
Chapter 77: Wrecking Ball
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Der zweite Satz ging genauso hochtrabend los, wie der erste sein Ende fand. Teshiro schöpfte die Vorzüge von Lev und Inuoka bis aufs Letzte aus, aber hinter der Mauer machte es Sakunami oft nicht leicht, den Punkt auch wirklich zu holen, dass es an Koganegawa war, seine Angreifer zu formatieren.
Futakuchi ertappte sich dabei, wie er sich beim Zuspiel weiter nach vorne lehnte und den Ball in Gedanken selbst schlug. Beinahe spürte er sogar den Aufprall seiner Handfläche auf dem Leder. Der Moment blieb nicht unbemerkt. Moniwa lehnte sich ebenfalls nach vorne und schob sich in Futakuchis Blickfeld. „Wir haben einige Ehemalige hier. Glaubst du, wir finden genug, die für ein Freundschaftsspiel bereit wären?“, fragte er. Futakuchi murmelte etwas vor sich hin, dass er eigentlich nicht geplant hat, lange hier zu bleiben und dass er eigentlich nach Hause wollte. Dass es daran lag, dass er einen gewissen Coach lieber nicht zu lange sehen wollte, verschwieg er dabei, zumal die blonde Pest – wie er Saeko liebevoll in Gedanken nannte – auch hier war und damit dieser Moment, wo sein Herz Dinge tat, die er ihm nicht erlaubte, auch nicht mehr fern sein konnte.
„Du kannst direkt im Anschluss nach Hause“, schob Moniwa weiter ein. Futakuchi spannte sich an, nickte aber zustimmen. „Ich würde Oikawa gerne noch einmal das blöde Grinsen aus dem Gesicht schlagen“, sagte er. „Übertragen gesagt oder?“, fragte Moniwa nach. „Ich kanns dir auch rüber tragen“ Futakuchi zuckte mit den Schultern und lehnte sich wieder zurück. Moniwa zückte sein Handy und schrieb dem ehemaligen Kapitän der Aoba Johsai. Kamasaki und Sasaya waren auch sofort dabei. Die anderen fragte er gleich hier auf der Tribüne.
Komori war umgehend Feuer und Flamme, auch Fukunaga nickte begeistert. Kuroo lehnte ab, er hätte was vor, genauso wie Kenma, der aber auch abgelehnt hätte, hätte er keine Pläne. Dafür war Yaku dabei. Tanaka hat sich das T-Shirt ausgezogen und wild über seinem Kopf gewirbelt bis ihm Saeko eine Kopfnuss gab und ihn zwang, sich zu benehmen.
Auf dem Spielfeld hat sich Nekoma in der Zwischenzeit eines fest zum Ziel gemacht: Den Abriss der eisernen Mauer. Inuokas Angriffe wurden von Mal zu Mal stärker und Koganegawa wollte es nicht glauben, seine Arme wurden müde.
Lev hat seit dem Seitenwechsel schier unbändigbare Energie gefasst und nach Yakus Steilgebeten auch ein besseres Gefühl für den Winkel des Balles bekommen.
Ein Time-Out wurde einberufen in dem Oiwake nahelegte, die Mauer breiter zu machen. Sakunami würde damit einen härteren Job haben, aber er nahm die Herausforderung gerne an. „Ich fang alles auf, was durch die Mauer kommt“, sagte er. Wenn die Mauer breiter war, sah auch er besser und errechnete sich dadurch eine höhere Chance darauf, sicherer am Ball zu sein.
Aber auch Nekoma nutzte das Time-Out.
„Sie werden die Blocks ändern, entweder kommt jemand dazu oder sie weiten sich. Lev? Versuch mal dran vorbei zu schlagen, damit rechnen sie bei dir nicht. Die anderen durchbrechen weiter“, sagte Coach Nekomata und die Jungs in rot nickten. Shibayama sprang ein paar Mal am Stand und sah hoch zu Tribüne zu Yaku. Yaku war immer sein Vorbild und genauso wie damals, wollte er auch jetzt, dass der ehemalige Libero stolz auf ihn war. Lev machte es nicht so unauffällig und nutzte den kurzen Moment um eifrig zu winken. „Yaku-san! Hast du meine Annahmen gesehen?“, rief er hoch, Angesprochener verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ja, aber vor allem die Verpatzten“, stichelte er. Levs erst noch so erstrahltes Gesicht wurde umgehend dunkler. „Yaku-san wird nie stolz auf mich sein“, seufzte er, aber Shibayama legte ihm die Hand auf den Rücken. „Er ist sehr streng und kritisch, aber ich glaube, dass er zufrieden ist. Ich mein, sieh mal“, sagte er und deutete noch einmal hoch zur Tribüne, wo man erkennen konnte, dass Yakus Gesicht nicht zornesverzogen war sondern mehr von Herausforderung strotzte. „Er will sicher, dass du noch mehr gibst“ damit war das Time-Out vorbei und der Kampf um die letzten Punkte ging weiter.
Angespornt durch Yakus Blick und Shibayamas Übersetzung legte Lev noch einen Zahn zu, wenngleich sein erster Angriff, der an der Mauer vorbeigehen sollte, ins Aus ging, versenkte er danach jeden einzelnen. Inuoka schmetterte seine Angriffe immer unbarmherziger gegen die ausgestreckten Arme, bis er angesäuert den Nicknamen „Wrecking Ball“ bekam.
19 : 25 für Nekoma
”I came in like a Wreeeecking Ball!”, jubelte Inuoka beim Einzug in den Umkleideraum. Man mochte nicht erahnen, dass er bereits in seinem dritten Jahr war.
Auch später gab es keinen Hinweis darauf, dass er und Hinata Drittklässler waren.
„Das war richtig cool, wie du einen nach dem anderen so wuuuusch reingeschlagen hast“, jubelte Hinata im Sprung auf den anderen Angreifer. Auch Inuoka sprang noch einmal in die Luft. „Es fühlt sich auch so gut an! Aber hey! Dein schräger Aufsteiger wird auch von Mal zu Mal schräger. So richtig Bäääm!“, gab er das Kompliment gerne zurück.
Während sich die beiden künstlich immer weiter anstichelten höher und weiter zu springen und Vokabular verwendeten, das in einem Action-Comic mehr Anklang gefunden hätte als in und nach einem Volleyballspiel, ging Yaku einen Schritt, den er noch nie gewagt hatte.
Lev zuckte unter der erhobenen Hand zusammen, die entgegen seiner Erwartung auf seinem Oberarm landete und Wärme ausstrahlte. „Kannst echt stolz auf dich sein, hast dich richtig gemausert“, sagte er. Lev drehte den Kopf langsam zurück um Yaku mit großen Augen anzusehen. „Wirklich?“, fragte er ganz außer sich. „Ich hab gehofft, dass ich dich stolz machen kann. Meine Annahmen sind echt gut? Die hab ich auch immer geübt, jetzt könnte ich sogar gegen dich antreten“, sagte er und bekam nun den gefürchteten Tritt gegen den Oberschenkel.
„Yaku-san! Warum bist du so gemein zu mir?“, jammerte er und ging in die Knie, wodurch er mit Yaku auch auf Augenhöhe haben. „Oh, du willst mir Auge um Auge gegenüberstehen, nicht wahr?“, fragte er. Dass es in Yaku zu brodeln begann, war nicht zu übersehen, dass Kuroo nun dazwischen ging.
„Hey, Jungs, alles mit der Ruhe“, sagte er. „Er hat angefangen, gleich wieder frech zu sein“, beschwerte sich Yaku und schenkte Lev einen einschüchternden Blick. „Aber wenn du glaubst, du kannst es mit mir aufnehmen, zieh dich doch gleich wieder um und wir schauen uns das an. Die Ehemaligen spielen auch noch ein Match, wenn Eure Hoheit vom Essen zurückgekommen ist“ Yakus Augen funkelten gefährlich, aber darauf reagierte Lev gar nicht. Er war hellauf begeistert bei dem, was er da hörte.
„Das ist so cool! Das will ich unbedingt!“, sagte er.
„Annahmen üben mit Yaku-san? Das will ich auch und das Match will ich auch sehen“, sagte Hinata aufgeregt. „Und andere Pläne hast du auch noch“, sagte Kageyama und verdrehte die Augen. Der kleine Flummi wollte am liebsten mit einem Hintern auf sieben Kirtagen sein. „Ich werd schon irgendwie alles ein bisschen machen können“, beschloss Hinata.
„Also ein bisschen abreagieren könnte ich mich auch noch, bevor ich Pläne habe“, sagte Kuroo, da Tsukishima ihm für den Abend zugesagt hat. Kenma stand neben ihm. „Ich werde eine Pause machen“, sagte er und sah zu Hinata. „Wir sehen uns, ja?“ Hinata nickte rasch und war darauf schon mit Lev, Yaku und ein paar anderen zurück in die Sporthalle geeilt.
Datekos ehemalige wollten sich auch noch etwas zu Essen holen und die meisten Drittklässler der aktiven Team trafen sich im Gemeinschaftsraum um für eine kleine Party zu sorgen.
So gut, wie im Jahr davor waren sie dieses Mal nicht vorbereitet.
„Es fehlt wohl die Party-Mannschaft“, scherzte Yamaguchi, meinte es aber ernster als er es hat rüberkommen lassen. Die Party-Mannschaft fehlte. Terushima fehlte ihm unheimlich.
Chapter 78: Replay
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„Ich finde es richtig toll, dass Hinata noch mit den Ehemaligen etwas trainiert. Yaku-san hat bestimmt noch den ein oder anderen Trick für ihn“, sagte Yachi zu Rina. Die beiden Mädchen halfen gerade Yaotome und Tokita beim Dekorieren des Gemeinschaftsraumes. Besonders viele Möglichkeiten hatten sie nicht, aber mit Toilettenpapiergirlanden und Serviettenornamenten konnten sie den kühlen Raum etwas netter gestalten. Mit den Jungs der Dateko rückten sie Tische an den Rand und Sessel in die Mitte.
Yamaguchi hat sich von Kindaichi und Kunimi abholen lassen, um, wie hatten sie gesagt? „Das richtige Zeug zu besorgen.“ Auf die verzweifelten Versuche, sich herauszureden, hat Kunimi ganz klar und deutlich in aller Ruhe gesagt: „Dein Freund ist der Party-Dude, du musst dich auskennen, ich hab den gefälschten Ausweis dabei und wenn Yutaro nicht wie ein verschrecktes Küken dreinschaut, werden wir das schon hinkriegen.“
Beim Mustern der beiden Kapitäne war sich Kunimi aber nicht sicher, wer hier das größere Küken war oder sollte er sich auf Häschen korrigieren? „Ach kommt schon, so schwer kann das nicht sein“, sagte er und drängte sie in den kleinen Konbini ein paar Gassen weiter. Yamaguchi fühlte sich bereits beim Betreten so als hätte er etwas verbrochen. Sein Herzschlag ging schneller, das Atmen wurde zu einer Herausforderung und er wusste nicht, ob es ihn beruhigen oder mehr beunruhigen sollte, dass es Kindaichi genauso zu gehen schien. Nur Kunimi bewahrte Ruhe und komplimentierte die zwei weiter.
„Also?“, fragte er und Yamaguchi japste unter dem ernsten unausweichlichen Blick auf. Er erinnerte sich aber auch gut an Terushimas Worte, dass es bei Party-Getränken immer ganz auf das Publikum ankam und was man eigentlich wünschte zu erreichen. Er wünschte sich, dass sie nicht alle mit einem Vollrausch schlafen gingen und morgen mit einem Kater das Finale des kleinen Weihnachtsturniers spielten. Er erinnerte sich auch daran, wie es letztes Jahr gewesen ist. Es gab eine undefinierbare Bowle, die zwar stark war aber mit etwas Limo gut abgeschwächt wurde und sogar trinkbar war. Und dann erinnerte er sich daran, dass Terushima heute auch mit Kollegen aus war und sicher auch etwas trank. Ob sie noch telefonieren würden? Er sollte wirklich um seine Nüchternheit bemüht sein.
„Wie wärs, wenn wir Alkopops kaufen? Oder eine starke Sache und sonst Saft und Cola?“, schlug er vor als sie den Gang mit den Getränken betraten. „Und welche starke Sache würdest du nehmen?“, fragte Kunimi. Yamaguchi rang mit sich, ging die Schritte weiter ans Ende des Ganges, wo es auch Bier, Wein und Sake gab und wo im Anschluss der übliche Fusel stand. „Rum oder Wodka“, sagte er. In seinem Kopf hallte Terushimas Empfehlung, dass man beides mit allem mischen konnte. „Dann entscheidet der Preis“, sagte Kunimi und griff zu einer Flasche billigen Wodka. „Und was sollen wir sonst mitnehmen?“, ging das Fragespiel weiter. „Orangensaft? Und ähm Cola oder Energiedrinks?“, fragte Kindaichi und Yamaguchi nickte. Damit sollten sie eine gute Auswahl haben. Alkoholfreie Getränke bekamen sie sonst auch noch in der Herberge am Automaten.
Was sie am Automaten nicht bekamen, war der Herzinfarkt, den Yamaguchi hätte versichern können, gerade erleben zu müssen, als er Saekos Lachen hörte. Sie und Ukai waren gerade beim Kombini hereingekommen und Tanakas ältere Schwester schien in Erinnerungen zu schwelgen. „Schnell“, sagte Yamaguchi und die drei Jungs verzogen sich in dem Moment als die beiden Erwachsenen den Gang mit dem Sake aufsuchten.
Die nächste Bewährprüfung hatten Yamaguchis und Kindaichis Herzen am Tresen zu bestehen. Kunimi stand mit einem entspannten Pokerface vor dem Kassier. Der Ausweis wurde überreicht, das Pokerface blieb aufrecht. Der Mittdreißiger musterte das Dokument in seiner Hand, dann die Gesichter der drei und blieb bei Kunimi hängen. Nur das Kichern von Saeko war zu hören, was Yamaguchi gleich doppelt nervös machte. Selbst, wenn das mit dem Ausweis gut ging, dann würde es nicht gut laufen, wenn sie jeden Moment ertappt werden würden.
Schier unendlich wirkende Sekunden dauerte es, bis sie endlich „Okay, das macht 4.450 Yen“ hörten und Kunimi die Rechnung begleichen konnte.
Draußen steckte Kunimi den Ausweis stolz in seine Tasche und winkte seine beiden Begleiter hinter sich her. „Wisst ihr, das Geheimnis liegt darin, sich nicht exakt volljährig zu machen, man muss schon ein zwei Jahre drauflegen. Wie viele 21-Jährige glaubt ihr, sieht der Kerl am Tag, die nur knapp so alt aussehen?“, fragte er. „Das heißt, der hat dir gerade abgekauft, dass du 23 bist?“, fragte Kindaichi beeindruckt und Kunimi nickte stolz.
Zurück in der Herberge warteten bereits die meisten im Gemeinschaftsraum versammelt. Becher und Gläser waren zusammengetragen worden und ein Handy sorgte für begleitende Weihnachtsmusik auf die hin Kunimi gleich das Gesicht verzog. „Muss das sein?“, fragte er. „Wusste gar nicht, dass du so ein Grinch bist“, sagte Koganegawa und lehnte sich neugierig zu den Tüten, die die Jungs brachten.
„Ich bin kein Grinch, man muss nur noch ständig Weihnachtsmusik hören, auch wenn es ein Weihnachtsturnier ist“, wich Kunimi aus und ließ Yamaguchi und Kindaichi das mit den Getränken regeln.
Eine Bowle gab es diesmal nicht, dafür konnte jeder entscheiden wie viel Wodka gewünscht war und mit welchem Mischgetränk er kombiniert werden sollte.
„Dann spielen wir doch dieses Mal Ich hab noch nie, was sagt ihr?“, fragte Yaotome, der das Flaschendrehen letztes Jahr zwar sehr witzig fand, aber irgendwie stand da immer eine Person allein im Mittelpunkt und so konnte man auch viel mehr über seine Kollegen herausfinden, sogar gleichzeitig.
„Und wie geht das?“, fragte Hinata, der gerade von der Sporthalle kam und auch Kageyama zeigte durch seinen Blick deutlich, dass man die Spielregeln erklären sollte.
„Klar, dass unser Trottel und sein Trottelkönig das nicht kennen“, lachte Tsukishima. Er würde sich noch ein bisschen hier aufhalten, bevor er sich mit Kuroo traf. „Und du kennst natürlich jedes blöde Partyspiel, Brillenschlange“, kam es patzig von Kageyama. „Tja, Zufälle ergeben sich eben, wenn man einen älteren Bruder hat. Aber wollen wir doch mal das offensichtliche klarstellen: Es geht darum, was du noch nie gemacht hast, andere aber schon“, begann Tsukishima.
Sie setzten sich dafür im Kreis auf, jeder hatte ein Getränk und es wurde erklärt, dass reihum eine Aussage darüber getätigt wurde, was man noch nie gemacht hat nur um dann durch die Trinkpflicht zu erfahren, wer der anderen es eben schon getan hat.
„Versteh ich nicht“, sagte Kageyama und Tsukishima seufzte.
„Ich hab noch nie was geklaut! Muss ich jetzt trinken? Ich hab ja noch nie, also ist es wahr“, rief Koganegawa zu Tsukishimas Rechten rein. „Nein! Wie schwer kann das sein? Du trinkst nur, wenn du das schon gemacht hast“, sagte Tsukishima. „Achso und ich darf nur Dinge sagen, die ich wirklich noch nie gemacht hab?“ – „Ja, was hätte das sonst für einen Sinn?“ – „Um selbst zu trinken?“ – „Ich bin umgeben von Idioten!“
„Also muss ich jetzt trinken, weil ich schonmal was geklaut habe?“, fragte Yamaguchi zögerlich und Tsukishima sah nach links zu seinem besten Freund. „Ähm… ja, also jeder, der schon was geklaut hat, muss jetzt trinken“, antwortete er und besah mit überraschten Augen, das Yamaguchi einen Schluck von seinem Becher nahm. Dass auch Shoji, Fukiage und Yachi (sie hat unabsichtlich einen Block im Schreibwarenhandel eingesteckt, weil man sie erschreckt hat) tranken, nahm er gar nicht richtig wahr. „Und was war es?“, fragte er. „Eine Weintraube im Supermarkt zählt nicht oder ein Bonbon. Es ist schon was Richtiges gemeint“, unterstrich er noch, traute Yamaguchi aber eigentlich nicht einmal das zu. „Nein, es war schon was Richtiges“, sagte Yamaguchi und wich dem Blick seines besten Freundes aus. Tsukishima wurde unruhig und hatte sofort Terushima in Verdacht. „Also was?“ – „Ein Moped“ und umgehend waren alle Blicke auf Yamaguchi gerichtet.
„Dieser Punk tut dir nicht gut! Kein bisschen“, knurrte Tsukishima, auch ein Schnauben kam ihm aus. „Wir haben es nicht einfach so geklaut, okay? Der Kerl hat Yuujis Schwester verarscht, wir haben uns für sie gerächt!“, erklärte Yamaguchi rasch. Ein beherztes „Aaaw“ ging durch die Runde und es wurde auch gepfiffen, Koganegawa klatschte sogar. Auch Hinata fand das angebracht. „Und wir haben es nur ein paar Straßen weiter versteckt, es ist alles gut“, schwächte Yamaguchi ab. Tsukishima fand es trotzdem nicht gut. Sein Blick wich Yamaguchis Gesicht und durch die Runde. Da er neben Koganegawa saß, der die Runde quasi begonnen hat, war nun er dran und sein Blick blieb auf Hinata und Kageyama hängen. „Gut“, sagte er. Seine Mundwinkel zogen sich breit auseinander und in seinen Augen funkelte die Arglist wider.
„Ich hab noch nie mit Kageyama rumgeknutscht“, sagte er und starrte Hinata an. Doch nichts. Zur Überraschung aller gab es bei den Jungs von Aoba Johsai nun einen besonders unangenehmen Moment. Kunimi und Kindaichi hatten gleichzeitig zu ihren Bechern gegriffen und maßen einander nun mit überforderten Blicken während sie einen Schluck nahmen.
Chapter 79: Legend
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„Setters Choice!“, wurde die Auswahl der Teams angekündigt, von niemand anderem als Toruu Oikawa, der auch mit dem nächsten Atemzug Iwaizumi an seine Seite rief. „Alles Andere hätte ich dir übel genommen“, sagte dieser. Oikawa legte den Arm um ihn und sah Moniwa herausfordernd an. Er sollte gut wählen oder lieber schlecht, dass sein Team direkt einen Vorzug hatte.
„Und wenn wir gleich Ex Seijoh gegen Ex Dateko spielen? Und nur auswählen, wer die Teams ergänzt?“, fragte Moniwa. In Oikawas Gesicht zuckte es nur so. Das war perfekt. Natürlich hätte er gerne sein Team umgehend zusammengerufen, aber sie brauchten auch einen guten Libero, denn wenn Moniwa nun klug gewesen wäre, hätte er Tanaka gewählt und damit einen hervorragenden Angreifer gezogen.
„Gut, dann nehme ich Karasuno“, sagte Oikawa mit einem schneidigen Grinsen, Tanaka hätte ihm zwar gerne die hübsche Frisur mit seinen Angriffen zerstört, aber der Dateko noch einmal zu zeigen, was das Ass ohne Haare drauf hatte, war auch nicht verkehrt. Mit „Itachiyama“, wollte Moniwa etwas mehr Ruhe in seinem Team haben, denn um Yakus Temperament gab es ganz eigene Geschichten.
„Mori-chan“, wurde dieses Temperament auch gleich angefeuert. Der Hitzkopf trat bereits keifend und mit rotem Kopf an Oikawa heran, reckte den Hals und schaffte es sogar mit nach oben geneigtem Kopf auf den Größeren herabzusehen. „Yaku-san mag es nicht, wenn man ihn so nennt!“, rief Lev von der Seite des Spielfeldes. „Ich mag es auch nicht, wenn man für mich spricht!“, folgte der Tadel. Fukunaga hat sich direkt an Komoris Seite geschoben und Moniwa war zufrieden mit seinem Team.
„Cool, dass die alte eiserne Mauer mal wieder zusammen spielen kann“, sagte Kamasaki, sah dabei aber verstohlen zu Moniwa, dass allen klar war, es ging ihm nicht um die Mauer sondern um den ehemaligen Zuspieler und Kapitän.
„Bei Oikawa müssen wir auf den hinteren Bereich achten. Yaku wäre eine bessere Wahl gewesen“, sagte Futakuchi protzehrlich. Komoris punktierten Augenbrauen schoben sich traurig zur Seite, aber gleich darauf überrascht nach oben. „Du sollst nicht immer so ein Arsch sein!“, sagte Kamasaki rasch und schlug Futakuchi mit der flachen Hand ins Genick. Ein kleines Handgemenge ging los, bei dem sich Moniwa sofort wieder in vergangene Situationen versetzt fühlte und es ihm unangenehm wurde, gerade anwesend gewesen zu sein. Sasaya ging dazwischen. Futakuchi wurde gezwungen, sich zu entschuldigen, aber Komori winkte ab. „Ich zeig dir einfach, dass Moniwa-san die richtige Entscheidung mit mir getroffen hat“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln, das vor allem Fukunaga schmelzen ließ.
Oikawa lachte ein paar Meter weiter und rieb sich die Hände. „Hervorragend!“, sagte er und wandte sich an sein Team. „Während sich die Mauer selbst einreißt, wird unsere Strategie die Überraschung sein. Hey du! Ryunosuke war dein Name oder? Ich nenn dich Ryu-lein. Aber zuerst die wichtigste Sache. Ist deine Schwester noch single?“ Oikawa handelte gleich drei Kopfnüsse ein. Die erste kam von Iwaizumi, die zweite von Tanaka, die letzte kam von Matsukawa, der einen verstohlenen Blick bekommen hat, den er sofort durchschaut hatte, und direkt darauf folgte auch noch ein Tritt gegen die Oberschenkel von Yaku, weil er die Frage unangebracht fand und sofort zu Tanaka stehen würde, würde die Entscheidung zwischen diesem und Oikawa stehen. „Ich frag doch nicht für mich, Mann! Iwa! Das tut weh. Ryu-lein? Wir sollten uns echt vertragen, für das Team“ – „Dann pass auf, was du sagst oder die nächste geht ins Gesicht“, knurrte Tanaka mit erhobener Faust. Iwaizumi seufzte. „Okay, wenn wir so weitermachen, wird es nicht mal eine Mauer brauchen um uns abprallen zu lassen. Also Toruu, was ist deine Strategie?“
Hanamaki gluckste. „Iwaizumi hat Toruu gesagt“, flüsterte er an Matsukawa gewandt, der sich wieder einen Schritt entfernt hatte. Hanamakis musternde Augen hat er zuvor nicht übersehen. Hat ihm Oikawa vielleicht einen Gefallen getan? Gefallen fand er aber vor allem daran, nun wieder mit seinen Freunden auf dem Spielfeld und auf einer Seite zustehen.
Für die vier ehemaligen der Aoba Johsai kam rasch der alte Mannschaftsgeist auf. Yaku zeigte bereits nach dem Anpfiff und dem Aufschlag von Futakuchi, dass der hintere Bereich seine Expertise war. Und Tanaka konnte es kaum glauben, wie smooth das Zuspiel von Oikawa war und wie perfekt er den Ball schlagen konnte, obwohl er ihn absolut nicht leiden konnte.
„Astreines Zuspiel, Eure Königlichkeit“, sagte Tanaka so wertschätzend wie verachtend. Oikawa grinste hell auf, als der Ball den Boden küsste und schlug mit Tanaka ein. „Hättest gerne schon eher mit mir gespielt, was?“, fragte er, da sammelte sich Tanaka wieder und mühte sich zurück auf den Posten, auf dem er den Brünetten nicht mochte.
„Hab nie verstanden, was dieses Königsgehabe bei Karasuno sollte. Oikawa ist doch einfach nur ne Diva“, lachte Hanamaki, Matsukawa schnaubte amüsiert. „Eine Prinzessin“, erwiderte er und lenkte seinen Blick zu Iwaizumi, von dem er sicher war, er würde ihn wie eine Prinzessin behandeln, wenn sie alleine waren und Oikawa seine scheußliche Maske ablegte, die er in der Öffentlichkeit trug. Er wusste ja, dass es nur Tarnung war.
„Gut, damit haben sie uns eiskalt erwischt, wer rechnet schon damit, dass Oikawas erstes Zuspiel nicht an Iwaizumi geht“, sagte Moniwa und blickte auf seine Mauer, die Kamasaki, Sasaya und Futakuchi vorne bilden. Für den Angriff war Fukunaga bereit, mit dem er zwar noch nie gespielt hat, von dem er aber wusste, dass seine Angriffe solide waren. Es stellte sich nur die Frage, ob er auch punkten würde. Kenma verließ sich oft auf Yamamoto und Kuroo, später auf Lev, das wusste er.
Eine Überlegung blieb ihm aber erst gar nicht, als er zum Zuspiel kam und nur für den Bruchteil einer Sekunde in Fukunagas Gesicht sah. Der Blick war eindeutig. Der Punkt an Matsukawa und Tanaka vorbei genauso eindeutig ihrer.
Yaku hievte sich vom Boden auf, funkelte Fukunaga für einen Moment böse an, lachte dann aber. „Tja, wenn mich einer austricksen kann, dann du“, sagte er. Das Lob wurde mit einem Nicken und zum Himmel gestreckten Fäusten angenommen. Von rechts warf sich Komori an seine Seite und umarmte ihn fest. „Das hast du echt genial gemacht“, sagte er, schmiegte sich an ihn und freute sich, dass seine Nähe nicht abgelehnt wurde. Fukunagas stiller Jubel wurde in seiner Brust lauter.
„No Homo, aber gegen sowas hätte ich ehrlich gesagt auch nichts“, sagte Matsukawa und fand sich schneller als er hätte reagieren können in Hanamakis Armen. Er schmunzelte, aber fühlte sich ungewohnt wohl in dieser Position. Darüber würde er nach dem Spiel noch sprechen wollen. Vielleicht würden sie das Sprechen auch einfach auslassen und handeln.
Handeln war gerade auch das notwendige Stichwort um den Kampf der Punkte fortzuführen, anzuführen und aufzuholen, wenn man sie verlor.
Moniwa fühlte sich mit seinem Team gut. Die ehemalige eiserne Mauer machte ihren Job gut und barrierte sogar Iwaizumi ordentlich. Auf den Trick mit Tanaka fiel vor allem Komori nicht noch einmal hinein, der die Angriffe der Geheimwaffe fast alle aufsammelte und an Moniwa weiterspielte. Und dann war es oft egal, wem er zuspielte. Die gegnerischen Blocks waren nicht so gut wie ihre, aber Yaku ein Meister in der Ballrettung, da half es nur, Kamasaki zuzuzwinkern und ihm schöne Augen zu machen, dass dieser einen besonders starken Angriff tätigte. Yaku hatte den Ball zwar, aber er prallte zu hart und zu schnell nach hinten ab und landete im Aus. Mit dem nächsten Angriff ging es ihnen nicht so gut und dann trat Oikawa an die Tagesordnung.
„Scheiße, jetzt ist er am Aufschlag“, knurrte Futakuchi. „Hey! Wortwahl“, tadelte Moniwa, verlor aber den Starrkontest und kurz darauf seine Beherrschung, weil ihm Kamasaki die Hand auf die Schulter legte. „Wenn wir den kriegen, spiel mir wieder so zu wie vorhin, das heizt mir ein“, sagte er und verlangte Moniwa damit ein gestammeltes „O-okay“ ab.
Vergebens. Komori sprang zwar genau in die Flugbahn, verfehlte den angefälschten Ball aber um Haaresbreite. Fukunaga war sofort zur Stelle, ihm mit seinem sanften Lächeln aufzuhelfen.
„Diese Aufschläge sind echt der Wahnsinn“, sagte Komori laut genug, dass das Lob auch an Oikawas Ohren kam. „Dankeschön“, sagte er mit süffisanter Stimme und holte zum nächsten Aufschlagass aus.
Das freundschaftliche Match der Ehemaligen ging in die nächste Runde. Tanaka beschwerte sich bei Oikawa, denn „Hier Ryu-lein, ein leichter für dich“ war nicht das, was er hören wollte, wenn er den coolsten Angriff des Spieles tätigen wollte. „Dann spiel ich als nächstes Makki zu“, sagte Oikawa und schenkte dem anderen Angreifer ein Zwinkern. „Nur her damit, ich bin bereit für alles“, sagte dieser.
„Alles?“, fragte Matsukawa mit seinem fast schon standardmäßigen Schlafzimmerblick. Hanamaki räusperte sich. „Von dir alles“, sagte er rasch, nur um rechtzeitig dort zu sein, wo Oikawa ihn als nächstes brauchte.
Chapter 80: Natural
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Kuroo kam für einen Moment zum Spiel der Ehemaligen und wechselte mit Lev ein paar liebgemeinte Worte, dass er sich zusammenreißen sollte, wenn er danach mit Yaku sprechen wollte, weil er wusste, wie schnell einem der Libero die Worte im Mund verdrehen konnte. Er ahnte aber auch, dass bei Lev sowieso Hopfen und Malz verloren war.
Zu sehen, wie Oikawa und Tanaka zusammenspielten war schon eine Nummer für sich. Zu Kuroos Überraschung funktionierte es aber gut. Yaku beschwerte sich, wenn Oikawa im Weg stand, der heulte sich bei Iwaizumi aus und dieser sah mit sich drehenden Augen zu Matsukawa, der mit Hanamaki schadenfrohem Gelächter verfiel.
Auf der anderen Seite beobachtete er, wie sich Futakuchi und Kamasaki gegenseitig aufheizten, bemerkte aber auch, dass Moniwa auf besondere Weise für Hitze in Kamasakis Angriffen sorgte. Sasaya sorgte für Ausgleich im hitzigen Spiel und wie Komori und Fukunaga miteinander umgingen rührte Kuroo.
„Und dabei redet Shohei nicht mal viel“, sagte Kuroo. „Sie müssen wohl nicht viel reden“, vermutete Lev ganz unschuldig, löste damit aber eine dreckige Lache bei Kuroo aus. „Ich versteh echt nicht, was Yakkuns Problem mit dir ist“, sagte er und tätschelte Levs Schulter. „Yakkun hat ein Problem mit mir?“, fragte Lev schockiert. Er senkte den Kopf mit traurigen Blick. Kuroo ließ die Hand liegen und drückte Lev sanft. „Yakkun hat ein Problem mit sich selbst, gib einfach nicht auf, okay?“, sagte er und stand dann auf. Immerhin hatte er nun andere Pläne, die ihn vor die Sporthalle trieben.
Tsukishima genoss noch ein paar ganz besondere Runden Ich hab noch nie in denen doch so einiges erfahren hatte, was er nie gedacht hat. So waren Kindaichi und Kunimi seit ein paar Monaten ein Paar und hatten beide Vergangenheit mit Kageyama – nun verstand er auch, warum gerade die beiden und vor allem Kindaichi damals so schlecht auf Kageyama zu sprechen war. „Gut, dass ihr das unter euch behält“, hat Tsukishima frech gesagt und konnte sich sein schadenfrohes Lachen über die Situation nach dem das aufgeflogen war gerade noch zurückhalten. „Tsukishima könnte sich fürs nächste Jahr echt vornehmen, mal netter zu sein“, sagte Kindaichi, bereute aber sofort, etwas gesagt zu haben, wie Tsukishima ihn ansah.
Yamaguchi stellte in die Runde, dass er noch nie auf einem Handy gestöbert hätte. Tja, dafür musste Tsukishima trinken, aber auch Kunimi, Hinata und Sakunami. „Es war, weil Kageyama gesagt hat, er und Atsumu treffen sich zum Training!“, war Hinatas Ausrede. „Als würdest du dich nicht hin und wieder mit Kozume treffen“, knarzte Kageyama zurück. „Aber nicht zum Training!“ – „Das ist dein Problem, so wirst du mich nie einholen“.
Die Reihe ging harmlos um mit Kinderkram, wie seine Eltern noch nie angelogen zu haben, natürlich hat das hier schon jeder getan, oh, abgesehen von Yachi und Hinata. Tsukishima wunderte sich nicht. Bei Yamaguchi ahnte er ja, dass es wegen Terushima war. „Solange du mich nicht belügst“, sagte er zu ihm und Yamaguchi schüttelte schnell den Kopf. „Würde ich nie, Tsukki!“
"Ich hab noch nie jemanden einen geblasen", sagte Yaotome stolz und sah in die Runde.
"Yachi!" Die Blondine wurde empört ertappt, sie lief dabei auch nicht weniger rot an wie Kindaichi, der zwar nicht trank, sich aber für Kunimis großzügigen Schluck verantwortlich fühlte.
„Zählt eine Banane?“, fragte Hinata. „Was auch immer du letztes Jahr mit der Banane gemacht hast, zählt auf jeden Fall sicher nicht, Boke“, sagte Kageyama und gab Hinata eine Kopfnuss.
Tsukishima stand auf. "Hey! Du gehst jetzt nur, weil du sonst trinken müsstest!", beschwerte sich Koganegawa, doch davon ließ sich der Mittelblocker nicht einschüchtern. Er nahm seinen Becher hoch. "Dann trink ich am besten für jedes einzelne Mal", sagte er mit seinem unbeeindruckten Blick und leerte seinen Becher Schluck um Schluck. Schweigend verließ er den Raum. Schweigend blieb auch die illustre Runde zurück.
Schweigend wartete auch Kuroo auf Tsukishima. Er stand vor dem Gebäude, trug eine elegante schwarze Jacke und hauchte sich warme Luft in die Hände, die er kurz darauf in die Jackentaschen steckte. „Hey“, sagte Tsukishima selbst in seinen hellblauen Anorak gehüllt. Ein braun karierter Schal schlang sich um seinen Hals und würde für Wärme und dafür sorgen, dass der Abend nicht des Fröstelns wegen ein kurzes Ende fand.
„Dort vorne ist ein Konbini, ich dachte, wir holen uns was und schauen dann, wo uns unsere Füße hinführen“, sagte Kuroo und bot Tsukishima die Straße entlangzulaufen. Mit dem Vorschlag war dieser auch einverstanden. Das klang nicht zu aufwendig und versprach auch, nicht zu kompliziert zu werden. Dennoch wirkten sie gerade beide angespannt. Tsukishima hatte einen der letzten Sätze seines Ex-Freundes im Kopf und fragte sich, ob er wirklich genau das geschehen lassen sollte. Er wunderte sich aber auch, ob Kuroo überhaupt interessiert war und hasste sich bereits für diesen Gedanken alleine. So wollte er nicht denken.
„Die Ehemaligen geben sich echt nichts“, sagte Kuroo und Tsukishima schmunzelte. „Mit wem spielt Tanaka?“, fragte Tsukishima und lachte auf die Antwort. „Er muss es hassen“, schlussfolgerte er und Kuroo nickte. „Durchaus, aber er hat auch Gefallen daran“ – „Das muss er noch mehr hassen“
Die Stimmung lockerte sich etwas. Im Konbini nahmen sie Karaage in der Box mit, Kuroo legte eine Packung Pocky dazu und Tsukishima stellte eine Dose Limonade auf den Tresen, wo auch Kuroo noch eine kleine Flasche Mineralwasser zur Verrechnung gab. „Geht auf mich, immerhin verdien ich schon selbst Geld“, neckte er Tsukishima. Der schnaubte, gab aber ein knappes „Danke“ zurück und verließ mit Kuroo den Laden.
„Und Kozume hast du mit seiner Konsole beim Ehemaligen-Spiel gelassen?“, fragte Tsukishima draußen. Er öffnete die Box und fischte das erste Stückchen Huhn heraus. Kuroo schüttelte den Kopf. „Ne… der ist auf einem Date mit euren Super-Ass“, sagte er teils amüsiert, teils bedrückt. Tsukishima hob die Augenbrauen. „Wie kommst du darauf?“, fragte er und Kuroo meinte, Kenma hätte es ihm so gesagt. Hat er nicht. Kuroo hat schlichtweg gedeutet. Falsch verknüpft. Tsukishima klärte ihn auf, dass Hinata mit den anderen Ich hab noch nie spielte, und auch darüber, dass Kenma nicht dabei war. „Aber Kenma hat gesagt, er hat Pläne und er hat nicht verneint, dass es ein Date ist“ Kuroos Stäbchen steckten in der Box, seine Gedanken mussten sich noch sortieren bis sie selbst kombinierten, was für Tsukishima offensichtlich war. „Dann wird Kozume mit jemand anderes auf einem Date sein.“ Da brannte Kuroo eine kleine Sicherung durch. Er blieb stehen und starrte Tsukishima an.
„Und mit wem ist er aus? Was, wenn ihm was passiert? Ich kenn den Kerl nicht oder… das Mädchen.“ Tsukishima verstand ja, dass er sich sorgte, ging es ihm ja mit Yamaguchi nicht anders, aber er wusste, genauso wie Kuroo es wissen sollte, dass sie sich da nicht einzumischen hatten.
„Hey, beruhig dich mal, Kozume kann sicher gut auf sich selbst aufpassen“, sagte er deswegen und versuchte ihn zu besänftigen. „Iss“, sagte er noch.
„Er ist auf einem Date!“, machte Kuroo es unnötig deutlich. „Ja und? Du doch auch oder?“, blaffte ihn Tsukishima an. Und es lief nicht besonders gut. Allerdings grinste Kuroo nun breit und schien, zumindest für einen Moment, all die Sorgen vergessen zu haben. „Achso? Bin ich das?“, fragte er und die Beiden gingen weiter. Tsukishima schnaubte. „Naja, ich weiß nicht, wenn du weiter nur von deinem Ex redest, wäre mit lieber, nicht.“
Kuroo seufzte. Tsukishima hatte recht. Er stellte sich gerade ziemlich dämlich an. Er war nicht Kenmas Vater, auch nicht sein älterer Bruder, er war sein bester Freund und… nun ja, sein Ex-Freund und eigentlich hatte es ihn nichts anzugehen. „Okay, du hast recht. Ich lass es. Aber ich mach mir Sorgen, er ist und bleibt mein bester Freund“, sagte er und genehmigte sich nun auch etwas vom Hünchen. „Ich versteh das“, sagte Tsukishima. Er ging langsam neben Kuroo her, suchte sogar etwas Nähe, weil Kuroo nicht widersprochen hat, dass es ein Date war. „Yamaguchi ist mit Terushima zusammen, was glaubst du, wie das für mich ist“, sagte er auf Kuroos undefinierbaren Blick. „Touchee… und Tendou?“ – „Ist in Paris und nicht Thema“
„Das gefällt mir“, sagte Kuroo, entsorgte die leere Box mit den Stäbchen und griff nach Tsukishimas Hand, die ihm dieser mit kribbeligem Magen überließ.
Chapter 81: Fireflies
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Kenma war am späten Nachmittag pünktlich am vereinbarten Ort gewesen. Ob er die Idee mochte, wusste er noch nicht. Einerseits gefiel ihm der Gedanke, dass sie hier nicht alleine sein würden, andererseits bekam er schon beim Geräusch, wie Stahl über Eis glitt und schliff und kratzte, eine Gänsehaut. Er war das erste und letzte Mal vor neun Jahren Schlittschuhlaufen gewesen, ist dabei schmerzlich gestürzt und ließ sich von Kuroo versprechen, dass er es nie wieder machen müsste. Kuroo hat sein Versprechen gehalten.
„Wenn du nicht möchtest, können wir auch was anderes machen. Ich dachte nur, naja…“, wurde er angesprochen. Langsam drehte er sich um und sah das in das Gesicht mit dem hübschen Lächeln, das ihn sogar seine Zurückhaltung vergessen ließ. „Es ist okay“, sagte Kenma und brachte die warmen rötlichen Augen zum Strahlen. Bis eben hat Iizuna noch etwas nervös mit den Füßen herum geschart und es nicht recht gewagt, Kenma auch anzusehen. Aber er tat es jetzt und für Kenma war es ungeheuerlich, was der Blickkontakt mit ihm jedes Mal auslöste. In seinem Magen wurde es warm, es kribbelte und in seiner Brust wurde es unruhig. Außerdem legte sich ein zartes Lächeln auf seine Lippen mit dem er Iizuna näher kam.
Gemeinsam gingen sie zu einer kleinen Holzhütte und Iizuna bestand darauf, die Gebühr für die Benutzung des Eislaufplatzes und dem Verleih der Schlittschuhe für Kenma zu bezahlen.
Kenma schlüpfte aus seinen gefütterten Winterboots, die er noch im letzten Jahr gemeinsam mit Kuroo gekauft hat, weil Kuroo sich darüber beschwert hat, dass Kenmas Füße immer kalt waren, und legte die schwarzen Hartschaltenschlittschuhe an, die er mit einem Schnallenverschluss zu zog. Neben ihm schnürte Iizuna seine weißen Kunstlaufschuhe. Kenma zog sich seine Handschuhe an, richtete seine Haube und wartete. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich die Leute hier auf der Eisfläche tummelten. Paare, Freunde, Familien, Kinder. Seine vorrangige Aufmerksamkeit aber lag auf Iizuna, dem der Wind gerade geschmeidig durch das kurze aschige Haar wehte.
Er stand erst auf, als Iizuna vor ihm stand und ihm die Hand reichte. Die Schuhe blieben zurück und Kenma ließ sich wackelig auf die Eisfläche führen. „Es ist aber nicht dein erstes Mal oder?“, fragte Iizuna, weil Kenma sich fast schon krampfartig an Iizunas Hand festhielt. „Das zweite Mal“, war die Antwort. „Gut, dass ich das weiß“, sagte Iizuna mit sanfter Stimme, reichte Kenma auch die andere Hand, die dieser sofort hilfesuchend ergriff, und schwang sich vor ihm rückwärts über das Eis, dass Kenma gerade nach vorne fahren konnte. Um die Fahrt zu sichern, wandte er sich immer wieder um und behielt das Geschehen hinter seinem Rücken im Überblick, aber auch Kenma. Vor allem Kenma.
Die erste Runde brachten sie langsam und wackelig hinter sich, die Kurven waren kritisch. In der zweiten Runde hatte sich Kenma bereits etwas an das Gefühl auf dem Eis gewohnt und fuhr die Kurven stabiler aus. Sicherheit bekam er aber nur durch Iizunas Halt und dem Blick in seine Augen, der ihm schon bald alles um ihn herum vergessen ließ. Solange, bis er hinter Iizuna einen kleinen Jungen an sie heranpreschen sah. „Iizuna, Achtung“, wollte er warnen, aber der geübte Schlittschuhfahrer wich just im rechten Moment aus, zog Kenma aber mit einem unerwarteten Ruck zur Seite, dass er gedachte zu fallen. Aber dem war nicht so. Kenma prallte gegen Iizuna und dieser ließ seine Hände los, aber nur um die Arme um ihn zu schlingen und ihm besseren Halt zu bieten.
Kenma stockte der Atem, er kniff die Augen zu und stellte voller Überraschung fest, dass er sich nicht verletzt hat. Stattdessen nahm er den angenehmen Geruch von Weichspüler wahr, der Iizuna umhüllte und in Kombination mit einem angenehmen Aftershave eine Duftpalette offenbarte, die Kenma ein wohliges Gefühl gab. In Iizunas Armen roch es nach einem gemütlichen Tag zuhause im Bett an dessen Abend nur eine Kerze brannte, die zum Schlafen gehen ausgepustet wurde und ihm ein Lächeln ins Gesicht zauberte.
„Alles okay?“, fragte Iizuna. Sie waren stehen geblieben und die Arme rutschten nur langsam etwas hinunter, nachdem sichergestellt war, dass Kenma nicht wegkippte. Kenmas Augen huschten an seine Hüften. Jetzt wo Iizuna locker gelassen hatte, bildete sich auch etwas Abstand, mit dem Blick aber ließ Iizuna sofort von ihm ab. „Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht zu nahe treten“, entschuldigte er sich sofort, aber Kenma schüttelte den Kopf. „Es ist alles in Ordnung. Aber ich hätte nichts gegen eine Pause, zeigst du mir, was du kannst?“, fragte er und bat Iizuna damit, ihn zum Rand zu fahren. Iizuna zeigte ihm auch gerne wie sicher er auf dem Eis war, wie ausgezeichnet koordiniert seine Beinarbeit war und dass Schlittschuhlaufen wie Schweben aussehen konnte.
Kenma hat sich danach nicht mehr aufs Eis begeben. Er brachte mit Iizuna die geliehenen Schlittschuhe zurück und ließ sich zu einem Spaziergang entführen. Diesmal hatte er auch keine Bedenken, dass sie alleine sein würden. Denn gerade wäre er sehr gerne alleine mit ihm. Nicht unter den Augen der anderen, wo er wusste, dass Iizuna diskret war.
„Hast du schon einmal von Winterglühwürmchen gehört?“, fragte Iizuna. Sie gingen vom Eislaufplatz südlich aus dem Viertel und standen zum Abendeinbruch an einem der vielen Zugänge zum Aobayama-Wald. Kenma verneinte die Frage und entlockte Iizuna ein stolzes Lächeln, weil er nun mit seinen Ausführungen anfangen konnte.
An der Ostküste Japans drang eine Strömung des Pazifischen Ozeans in das Land, das die Laichbarkeit für eine besondere Art Leuchtkäfer in den umsiedelnden Wäldern förderte. Eine Gattung Glühwürmchen, die um Mariä Empfängnis den Wendepunkt ihrer Existenz erreichten, aber vor dem Massensterben, wie Iizuna es sinngerecht nannte, noch ein letztes Mal im Einklang der Kolonie dem Himmel empor flogen, ehe ihr Licht erlosch.
„In Tokio sieht man das so gut wie nicht, weil wir eine so hohe Lichtverschmutzung haben“, sagte Iizuna und reichte Kenma die Hand um ihm über die hohen Treppen am Waldpfad zu helfen. Die Dämmerung ließ ihnen noch ausreichend Sicht, um nicht zu stolpern, aber Iizuna ließ keine Möglichkeit aus, dem Jüngeren etwas näher zu kommen. Kenma hatte auf dieser Ebene auch keinen Einwand.
„In Tokio kann man nicht Mal normale Glühwürmchen im Sommer sehen“, sagte Kenma und ließ sich über die durch einen Erdrutsch verschobene Stufe helfen. Die Hand von Iizuna ließ er daraufhin nicht los. Es war das erste Mal, dass er Iizuna gewahr, seine Hand zu halten, ohne dass es einen besonderen Grund dafür gab. Hilfe oder Unterstützung oder der Halt, den er beim Schlittschuhlaufen benötigt hat. „Im Sommer gibt es in Tokio andere schöne Dinge“, wand Iizuna ein, der der Dämmerung dankbar dafür war, dass sie Kenma die rote Farbe in seinem Gesicht nicht erbarmungslos offenbarte.
Der Aufstieg, bis sie zu einer Lichtung kamen, war kein harter oder schwerer, nur für Iizunas Herz, das durch Kenmas Hand in seiner regelmäßig zwischen Aussetzen und Rasen wechselte. Es beruhigte sich erst, als sie zum Stehen kamen und Kenma von ihm abließ um sich ein paar Schritte von ihm zu entfernen. Sein Gesicht war in den Wald gerichtet, suchend, bis er schließlich wieder den Blickkontakt mit Iizuna fand. „Und wo sind sie nun?“, fragte er. Iizuna schmunzelte. „Es muss erst richtig finster werden“, antwortete er.
Lange ließ sich die Nacht auch nicht Zeit und verschlang den Wald sowie die Stadt in Dunkelheit. Kenma hat sich näher an Iizuna gestellt, um ihn in der Finsternis nicht zu verlieren. Leises Zirpen durchbrach die Stille, die Iizuna ihnen gewährt hatte, weil er bereits wusste, dass Kenma unnötigen Smalltalk nicht mochte und weil er es gerade auch einfach nur genoss, in seiner Nähe zu sein. Einer nach dem anderen offenbarten sich schließlich auch die Leuchtkäfer. Erst tief im Wald am Geäst der niederen Bäume und Büsche, dann an den Stämmen und schließlich auch hin zum Wegesrand der Lichtung an der Iizuna und Kenma standen und mit staunend das Spektakel beobachteten. Iizuna griff wieder nach Kenmas Hand und zog ihn etwas näher an sich heran, weil er selbst durch die Handschuhe spürte, dass er frieren musste.
„Weißt du, es heißt, wenn man mit der Person, die man liebt, sieht, wie sie den Wald verlassen und sich über den Himmel zerstreuen, dann hält ihre Liebe für immer“, sagte Iizuna leise und beobachtete ein paar Momente später mit Kenma den letzten Flug der Winterglühwürmchen.
~
An anderer Stelle ging es nicht um zarte Berührungen und vorsichtiges Herantasten. Kuroo war mit Tsukishima auf Tuchfühlung gegangen und beschlagnahmte dessen Lippen mit einer Leidenschaft, die er vermisst hat und erkundete mit seinen Händen Stellen, die ihm lange verweigert wurden.
„Verdammt! Wie kann Kozume nur Nein dazu sagen?“, fragte Tsukishima zwischen ihren Küssen. Außer Atem. Kuroo zog seine kühle Hand unter dem T-Shirt an Tsukishimas heißer Haut nach vorne auf den Bauch und schob sie dreist unter seinen Hosenbund. „Weil er nicht Ja hierzu sagen kann“, erklärte er knapp. Tsukishima biss sich auf die Lippe. „Dazu könnte ich jetzt unmöglich Nein sagen.“
Kuroo stockte alarmiert. „Nur jetzt?“, fragte er und spürte, wie ungeduldig Tsukishima wurde. „Und später, bitte mach weiter oder du hast deine Chance vertan und ich rede nie wieder ein Wort mit dir“, wurde gedroht, denn natürlich, das wäre ihm so peinlich gewesen, dass er jeglichen weiteren Kontakt abgelehnt hätte. Es würde nicht wieder so laufen wie damals. Man würde nicht wieder seinetwegen abbrechen und dadurch sein Herz durcheinander bringen. Er würde mit Kuroo schlafen. Er würde diesen One Night Stand genießen und damit eine andere Ecke des kürzlich begonnen Erwachsenenleben ertasten. Sollte es gerne eine Affäre werden, wenn Kuroo sich auszeichnete, aber daran zweifelte Tsukishima gar nicht. Alles an Kuroos Wesen schrie nach schmutziger Erfahrung. Ein Wunder, dass Kenma ihn so an der kurzen Leine hat halten können. Tsukishima war überrascht, beeindruckt, aber auch ein bisschen bedrückt, weil es ihm aufzeigte, dass Kuroo ein durch und durch guter Mensch war. „Oder warte!“, unterbrach er Kuroos Vorantasten.
„Tsukki bitte… ich hab dein Ding so gut wie in der Hand! Soll ich jetzt wirklich aufhören“, fragte Kuroo mit bebender Stimme. Tsukishima schluckte, unterdrückte ein Keuchen und nickte. „J-ja, ich will… vielleicht… vielleicht will ich uns eine faire Chance geben und das geht nicht, wenn wir jetzt…“, sagte er und sah nach unten zu Kuroos Hand, die sich auf das Gesagte langsam wieder aus der Hose schob. „Wow… Das hätte ich mir von Mr. Eiskalter Engel nicht erwartet“, sagte er mit einem verhaltenen Lachen. Dass ihm die Situation zusetzte, entging Tsukishima natürlich nicht. Es war für ihn ja nicht anders. Die Ansprache gefiel ihm aber nicht. „Arsch“, knurrte er und drückte sich wieder an ihn. „Vergiss es, schlaf mit mir und danach reden wir nicht mehr miteinander“, sagte er und wollte ihn gerade leidenschaftlich küssen, da unterband Kuroo die Intention. „Nein! Ich will meine Chance!“
Nun stockte Tsukishima. „Oh. Ernsthaft?“, fragte er und versuchte in Kuroos abenteuerlichen Augen zu erkennen, ob er gerade zum Narren gehalten wurde.
„Ernsthaft...", sagte Kuroo und besiegelte sein Versprechen mit einem Kuss, der Tsukishima bereits spüren ließ: Er hat sich erneut auf etwas eingelassen, dessen Tragweite er nicht erahnen konnte.
Notes:
Die Geschichte mit den Winterglühwürmchen ist übrigens erstunken und erlogen, dass diese ganze Kitschgeschichte nach dem Schlittschuhlaufen noch ein bisschen triefender und süßer werden konnte. Damit, würde ich sagen, ist aber auch so ziemlich mein ganzer Sinn für Romantik raus. Ich glaube, mehr kann ich nicht. Daher auch noch der KuroTsuki-Abschluss um das etwas auszugleichen.
Chapter 82: What doesn't kill you...
Chapter Text
Kuroos Augenringe schlugen so tiefe Schluchten, dass Yaku sich mit verschränkten Armen und dem schmutzigsten Grinsen, das dieser aufsetzen konnte, neben ihn gesellte. „Der Grund, warum du gestern nicht mitgespielt hast, hat dich wohl die ganze Nacht wach gehalten, was?“, stichelte er. Kuroo reagierte erst kaum, drehte nur den Kopf zu ihm hinüber. Yaku sah ihn überlegend an. Ob er sich etwas eingefangen hat?
Ein kurzer Blick auf das Spielfeld und das Aufwärmen verriet, dass Tsukishima nicht so lange wach war. Oder dass er zumindest besser mit Schlafmangel umgehen konnte. Tja, er war ja auch jünger als Kuroo, der in Yakus Augen bereits ein alter Mann war und alte Männer brauchten Schlaf, die konnten nicht einfach die ganze Nacht mit einem Jungspund rummachen – und wer wusste, sonst was tun – ohne am Morgen danach die Konsequenzen tragen zu müssen.
„Ich hab den größten Fehler meines Lebens gemacht“, sagte Kuroo. Nun wurde Yaku hellhörig. „Hast du Kenma aufgelauert? Wo ist Kenma? Sag nicht… Nein! Seid ihr wieder… Back together?“, fragte Yaku stockend, aber hastig genug, dass es Kuroo nervte. Er schüttelte den Kopf.
„Ich weiß nicht, wo Kenma ist und ich mach mir ehrlich Sorgen. Ich hätte ihn nicht alleine gehen lassen sollen. Wusstest du, dass sein Date nicht mit Chibi war?“, sagte Kuroo und wunderte sich gleich, ob Yaku mehr wusste, als er.
„Chibi?“, fragte Yaku und sah zu Hinata hinunter. „Hinata? Warum sollte er mit Hinata auf ein Date gehen?“, stellte er die Gegenfrage und brachte Kuroo an den Rand der Verzweiflung. Für ihn war es so klar gewesen. Das Erwähnen des Dates, die Interaktion mit Hinata, dass sie sich später sehen wollten und die Bande, die er zwischen ihnen spürte. Wohl doch nur Freundschaft. Freundschaft, wie es auch bei ihnen hätte bleiben sollen.
„Vergessen wir das… Weißt du, mit wem?“, fragte Kuroo aber Yaku schüttelte den Kopf. Nein, mit wem sich Kenma traf, wusste auch er nicht.
„Hmm?“, machte Fukunaga hinter Kuroo. Er war gerade mit Komori auf der Tribüne angekommen und lehnte sich zwischen den Köpfen seiner ehemaligen Senpais hindurch.
„Weißt du was? Mit wem ist Kenma gestern ausgegangen?“, fragte Kuroo und packte Fukunaga am T-Shirt, dass er ja nicht ausweichen konnte. Komori schreckte auf. Er wusste, dass man sich in sowas nicht einmischte, aber er hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie nun vielleicht gleich im Kreuzverhör standen. Fukunaga starrte Kuroo aber nur mit seinen weiten Augen an und löste in ihm in seinem Zustand mehr Panik als Genugtuung aus, dass er ihn losließ. „Sorry, setz dich“, sagte Kuroo und seufzte.
„Und was war jetzt der Fehler? Dass du ihn selbstständig sein lässt?“, fragte Yaku nach. Komori wurde unruhig, setzte sich aber neben Fukunaga und beobachtete die Situation für einen Moment.
„Ach nicht doch, also ja, das war vielleicht nicht richtig, zumindest hätte ich mit ihm reden sollen, aber mein Fehler… der steht da unten und spielt sich gerade warm“, sagte Kuroo und sah hinunter zu Tsukishima. Yaku verzog das Gesicht. „Was hast du gemacht? Er sieht so aus wie immer“ Just in dem Moment sah Tsukishima auch nach oben, kreuzte Kuroos Blick und sah schnellstmöglich wieder weg. Der nächste Übungsschlag, den er machte, ging direkt ins Netz.
„Hey, Tsukishima! Konzentration“, mahnte Coach Ukai und auch Kageyama maß ihn eines missbilligenden Blickes. „Ja ja, schon gut, hau mir nur die schlechten raus. Oder wie würde Hinata das sagen?“, wich Tsukishima mit einem gehässigen Blick aus. Doch Hinata fühlte sich in keinster Weise beleidigt. „Oh ja, gute Idee, schlagen wir die schlechten Bälle gleich raus!“, rief er und setzte direkt zu einem Angriff an, der viel zu hoch ging und noch die Auslinie eines Fußballfeldes erreicht hätte. Stattdessen traf Hinata hier den Basketballkorb und versenkte den Volleyball zum Erstaunen aller.
Coach Ukai seufzte. Herr Takeda legte ihm die Hand auf die Schulter. „Sie nehmen jedes Training ernst, aber ich glaube, gestern haben nicht nur die Jungs ein bisschen gefeiert“, kicherte er und spielte damit auf die müden Augen seines Kollegen, der als Antwort nur vor sich hin murrte.
„Ich bin sein Rebound-Guy geworden und er meiner… obwohl wir es anders wollten“, sagte Kuroo während sich unten nun die beiden Teams nach dem Warmspielen zum ersten Satz aufstellten. Der Münzwurf entschied, dass Karasuno den ersten Aufschlag hatte. Kageyama trat mit dem Ball hinter die Linie. Neben ihm stand Hinata und feuerte ihn für ein Aufschlagass an. Tsukishima hielt sich am Netz die Hände an den Hinterkopf und Kageyama meinte, genau zu sehen, dass er breit grinste. „Scheiß Tsukishima!“, knurrte er.
„Hey! Wortwahl!“, rief Yamaguchi neben Tsukishima zurück, der auf solche Dinge als Kapitän natürlich ganz genau achtete. Hinata kicherte. Kageyama machte einen wahnsinnigen Sprungaufschlag, der Shibayama die Arme wegriss. „Aus!“
„Ich hätte gerne gesehen, dass der daneben geht“, sagte Kindaichi zu Kunimi. „Warum hast du eigentlich ein Problem damit?“, fragte Kunimi, weil er in Kindaichis Stimme noch die unbegründete Eifersucht vom letzten Abend spürte. Für sie beide war es neu, dass sie diese Erfahrung mit Kageyama teilten, aber Kunimi war es egal, weil er die Vergangenheit von der Gegenwart trennen konnte. Kindaichi hingegeben fühlte sich wie der Trostpreis und konnte das nicht richtig ausdrücken. „Weiß nicht, ist einfach so“, murmelte er und schwieg dann. Ohne die vier Älteren hatte er auch niemanden, an den er sich wenden konnte. Sie hatten alle Pläne und vor allem Iwaizumi schien es ein besonderen Anliegen gewesen sein, dass sie den Aufenthalt nach dem Ehemaligen Match kurz hielten. Matsukawa und Hanamaki haben sich zumindest noch bis spät abends mit den anderen unterhalten.
Yaku hat eine Weile geschwiegen. Einerseits war er gefesselt von Shibayamas Einsatz, zu schade, dass Kageyamas zweiter Aufschlag auch nicht einfacher anzunehmen war. Andererseits versuchte er aus Kuroos Gesagtem schlau zu werden. „Was soll das heißen?“, fragte er ihn als der dritte Aufschlag angenommen und der Angriff vorbereitet wurde.
„Naja… erst dachte ich, er meint es nicht ernst, dann hat er es schon ernst gemeint und dann wurde es irgendwie komisch. Es ging total schnell und dann haben wir noch ewig lange über Kenma und Tendou gesprochen… unglaublich oder? Ich hab dann nicht mal schlafen können. Tsukki wohl schon… Eiskalter Engel“, erklärte Kuroo und Tsukishima lief es kalt den Rücken hinunter.
„Der Idiot soll nicht über mich sprechen“, knurrte er und schlug seinen ersten Block durch seinen Ärger gegen das Netz. Yamaguchi zuckte neben ihm zusammen. „Welcher Idiot?“, fragte er eingeschüchtert. Es gab keine Antwort. Tsukishima gab den Ball dafür für die andere Seite frei. Am Aufschlag stand nun Lev und ließ Yaku nervös mit den Füßen wippen. Kuroo gluckste neben ihm auf. „Zumindest hab ich es in den letzten Jahren geschafft, mich anzunähern, zwei Mal sogar“, sagte er. Yaku stieß ihm wütend gegen die Rippen. Fukunaga sah verwundert zu den beiden hinüber. „Jetzt sag, du hast nicht gecheckt, dass Yaku auf Lev steht?!“, fragte Kuroo empört und kassierte nun wütende Faustschläge auf den Oberschenkel. „Halt.Deine.Verdammte.Klappe!“ Für jedes Wort gab es einen.
Und dann knallte Lev seinen Aufschlag direkt zwischen Kageyama und Hinata, die sich darauf lieber in die Haare kriegten als für den nächsten Aufschlag – der genauso wieder kam – eine bessere Herangehensweise zu finden. Yachi blätterte seufzend einen weiteren Punkt auf Nekomas Seite hoch. Auch Rina machte ein trauriges Gesicht. „Keine Sorge, den Nächsten haben sie“, sagte Yachi darauf mit einem freudigen Lächeln. Sie wusste ja am besten, dass sich das Team nicht von den ersten paar Punkten einschüchtern lies. Was zählte, war wer am Schluss die Nase vorne hatte.
„Redet miteinander“, rief Coach Ukai ein, aber nicht besonders laut, weil ihm der Kopf brummte. Was seinem Kopf aber keine Erleichterung gab, waren die darauffolgenden Trommelschläge. „Go Shojo! Den Nächsten hast du!“, rief Saeko mit ungetrübter Stimmung.
„Habt ihr gestern nicht ungefähr dasselbe getrunken?“, fragte Herr Takeda neben Coach Ukai, der nur stöhnend die bejahende Antwort gab. Saeko war schon immer trinkfest.
Ein drittes Aufschlagass wurde Lev nicht gegönnt. Hinata nahm den Ball an, Kageyama trat nach vorne und spielte Shoji zu, der zwar kraftvoll aber leider zu direkt auf den Libero spielte. Shibayama nahm perfekt an und Teshiro konnte Inuoka zuspielen, der einen Angriff zwischen Hinata und Tokita abzielte. Tokita wich zurück, Hinata rettete den Ball und Karasuno sprintete zum ersten Synchronangriff los. Yaotome beobachtete das Schauspiel bereits zum x-ten Mal von der Seitenlinie aus und heizte die zwei Erstklässler an, zu jubeln. Auch in Yachis Augen ging ein Strahlen auf und Rina bewunderte diesen Angriff nicht zum ersten Mal.
„Shojo bleibt spannend“, sagte Kenma beim Betreten der Reihe hinter Kuroo. Er kam gerade recht um Hinatas Schlangenlauf durch den Angriff zu sehen um somit den Lockvogel-Supersynchronangriff ins Leben zu rufen. Selbst Coach Ukai sprang entgegen seiner Kopfschmerzen auf, stieß die Hand in die Luft und bejubelte den Treffer.
„Wo warst du?“ Kuroo drehte sich auf der Tribüne zu Kenma um und warf ihm noch weitere Fragen an den Kopf, die dieser nicht umgehend zu beantworten vermochte. „Wie heißt er? Woher kommt er? Wo ist er jetzt? Wie lange triffst du dich schon mit ihm? Was sind seine Absichten? Drängt er dich zu etwas?“ – „Kuro!“ Stille waltete auf Kenmas laute Zurechtweisung, auf die auch Yaku eingeschüchtert schaute. Kuroo schluckte. „Ich hab mir Sorgen gemacht“, sagte er angespannt ruhig. „Warum? Ich hab doch gesagt, dass ich aus bin“, sagte Kenma und setzte sich hinter Kuroo auch als Yaku ihm anbot, Platz zu machen, weil Kenma immer neben Kuroo saß auch nachdem sie getrennt waren.
„Er heißt Tsukasa und Motoya kennt ihn, er kann dir sicher alles über ihn erzählen, was du wissen willst“, sagte Kenma ruhig. Ihm entgingen Kuroos Augenringe nicht, aber er wollte sie nicht hinterfragen. Immerhin wusste er, dass er sich gestern mit Tsukishima getroffen hat. Kuroos Blick ging schlagartig an Komori, dem darauf ein eiskalter Schauer über die Schultern glitt. „Eh… he…“, machte er, ließ sich aber souverän von Kuroo ausfragen.
Kenma beobachtete weitere Angriffe der Karasuno und freute sich über jeden Punkt, den Hinata machte, aber auch über jedes schöne Zuspiel, das von Teshiro kam. Ihm gefiel auch, wie gut er und Lev zusammenarbeiteten und wie sich Inuoka einbaute. Shibayama sorgte mit einem Zweitklässler für die Sicherung des hinteren Teil des Feldes und Nekoma erreichte als erste den zweistelligen Punktestand.
Karasuno ließ das nicht auf sich sitzen und holte mit Hinatas Angriffen, aber auch durch Tsukishimas Blocks und Yamaguchis Aufschläge auf und schließlich als erste die Zwanzigerreihe.
„Jetzt bloß nicht nachlassen“, rief Coach Ukai ein. Coach Nekomata nickte Teshiro und von da an wendete sich das Spiel der Katzen. Die Zuspiele fanden versetzt statt, die Angriffe brachten Unruhe. Der erste Satz war entschieden.
21 : 25 für Nekoma
Chapter 83: ... makes you stronger
Chapter Text
Nekoma ließ auch im zweiten Satz nicht nach und holte sich schnell die Führung. „Den Vorsprung dürfen wir ihnen nicht überlassen“, knurrte Kageyama. Es wurmte ihn besonders, dass Shibayama immer besser an Hinatas Angriffe kam und die anderen durch Blocks oder viel zu einfache Annahmen vereitelt wurden.
„Da müssen sie jetzt durch“, seufzte Coach Ukai und lehnte sich angespannt zurück. „Wenn das jemand schafft, dann unsere Jungs“, sagte Herr Takeda zuversichtlich und lehnte sich gegengleich zu Ukai nach vorne. Seine Augen waren auf das Spielfeld gerichtet und verfolgten den Ball, wie er über das Netz auf ihre Seite kam und an Yaotome abprallte. Der Ball blieb ihm Spiel. Herr Takeda richtete sich auf. Auch Ukais Oberkörper kam wieder nach vorne. Mit Spannung verfolgten sie beide die ersehnte Wende. Hinata holte endlich einen Punkt und dann war es an Yamaguchi die Aufholjagd mit seinen Aufschlägen zu starten.
Die Trommelschläge wurden wieder lauter und Yamaguchi schloss seine Augen um an seinen Freund zu denken, der mit seinem verliebten Lächeln für Schmetterlinge im Magen sorgte. Dass er in der vergangenen Nacht nicht mehr geschrieben hat, nahm er ihm ein zwar übel, aber er würde es nicht ansprechen, weil er keine Klette sein wollte. Sie hatten in diesen zwei Wochen schon genug Probleme, weil sie sich nicht sehen konnten und weil sich Yamaguchi nach dem Abend, als er endlich die Initiative ergriffen hat und abgelehnt wurde, nicht mit der besten Stimmung von Terushima verabschiedet hat.
Er stieß seufzend Luft aus, öffnete die Augen wieder und warf den Ball zum Sprungflatteraufschlag hoch.
„Ja! Verdammt nochmal!“, rief Yaku und sprang auf, als Lev den Aufschlag annahm. Lev sah stolz hoch zu seinem Senpai und strahlte ihn mit einem breiten – Yaku würde es bei blöd einkatigorisieren – Grinsen an. Auch Yakus Lippen formten sich zu einem Lächeln, aber er setzte sich wieder, weil er sich durch Kuroos Lache ertappt fühlte. Seine Augen konnte er aber nicht von Lev nehmen. „Sag ihm doch mal, dass du stolz auf ihn bist und ihn gern hast“, meinte Kuroo. Er war immer noch etwas angespannt und nicht wie sonst. Ihm passte es einfach nicht, dass Kenma hinter ihm saß und diese neue ganz eigenartige Barriere zwischen ihnen stand, aber gerade fiel ihm auch nichts ein, es besser zu machen.
„Sicher nicht, der bildet sich auch noch was ein!“, knurrte Yaku. „Und was? Dass er es gut gemacht hat? Ja, soweit kommt es ja noch…“, spottete Kuroo.
Lev war so hin und weg von Yakus Reaktion, dass er sich schon in diesem Moment was einbildete und so abwegig war das nicht. Immerhin sind 2 Jahre vergangen seit er das letzte Mal mit Yaku gespielt und trainiert hat und er hat viel dazugelernt. Woran es allerdings immer noch ein bisschen haperte, war die Geschwindigkeit, mit der Karasuno den Gegenangriff in die Wege leitete und der Ball genau an Lev vorbei ins Aus katapultiert wurde.
Nun sprangen Coach Ukai und Herr Takeda gemeinsam aus, riefen in Furore und umarmten einander. „Wusste ich‘s doch“, kam es von ihnen gleichzeitig. Sie lösten sich etwas überfordert wieder voneinander. „Ja, ja natürlich“, sagte Ukai und auch Herr Takeda nickte. „Natürlich wusstest du das auch“, gab er klein bei und setzte sich. Ukai blieb stehen. Yamaguchis nächster Aufschlag ging zwar zielsicher über das Netz, aber das gewisse Etwas fehlte, dass die Annahme wieder einfach war.
„Der kann das doch sonst besser“, murmelte Sakunami. „Das hat beim Vorentscheid total genervt“, sagte er schon etwas deutlicher. „Mhm… hat dich ein paar Mal eiskalt erwischt, nicht wahr?“, fragte Koganegawa. Sakunami nickte zustimmend.
Yamaguchi entschuldigte sich am Spielfeld, aber Hinata versicherte ihm, den nächsten Punkt zu holen, und dass er dann noch eine Chance bekam.
Neben Yaotome sorgte er auch dafür, dass es möglich wurde. Shibayama nahm den Ball auf der anderen Seite an und Teshiro veränderte wieder eine Kleinigkeit an seinem Zuspiel, leider mangelte es an Levs Schlagfertigkeit, dass Tsukishima den Angriff leicht blocken konnte. „Ihr solltet euch absprechen, wenn ihr was Neues probiert“, sagte er mit einem angriffslustigen Blick. Lev sah beleidigt zu Teshiro. „So wird er mich nie akzeptieren“, sagte er und seufzte. „Du solltest für dich spielen, Lev. Oder zumindest für das Team. Mit Yaku-san sollte es um was anderes gehen, frag ihn doch dann, ob er mit dir zum Weihnachtsmarkt geht, da sind die Patzer sicher vergessen“, schlug der Zuspieler vor.
„Was läuft jetzt eigentlich zwischen dir und Coach Ukai?“, fragte Tanaka, weil Saeko das Trommeln ausließ. Irgendwie schien sie Yamaguchi damit diesmal nicht zu erreichen. „Hmm?“, fragte sie ertappt und sah etwas verdattert zu ihrem Bruder. „Ich weiß nicht, was du meinst“, lachte sie mit einem panischen Beiton, der Tanaka nicht gefiel, weil er nun wusste, dass er ins Schwarze getroffen hatte. „Du weißt es genau! Du bist gestern lachend mit ihm raus und ich hab dich später schreien gehört“, legte er die Fakten auf den Tisch. „Schreien? Weil die Männer hier alle echt zum Schießen sind! Keishin und ich haben nur etwas Sake geholt und haben uns dann mit den anderen Coaches bei Takeda im Zimmer einquartiert und Mahjong gespielt. Ich sags dir, Oiwake ist so witzig, wenn er was getrunken hat, ein Glück, dass er so schlecht beim Spiel ist. Der hatte schnell einen sitzen!“, erklärte Saeko und kicherte. „Keishin? Na ganz toll…“ – „Ach Ryu! Mach dir nichts aus Namen! Wir kennen uns jetzt nun mal schon ziemlich lange“, winkte die Blondine ab und gerade das beunruhigte Tanaka etwas. „Ich will nur nicht, dass es… naja…“ er drückte etwas herum, da fiel ihm Saeko um den Hals. „Ryuuuu~ du machst dir Sorgen? Wie süß ist dann denn? Aber glaub mir, deine coole taffe Schwester hats faustdick hinter den Ohren, du musst dir keine Gedanken um mich machen“, sagte sie und schmiegte sich unter Gegenwehr an ihn. „Vergiss, dass ich irgendwas gesagt habe“, knurrte Tanaka und ergab sich der ungeahnten Zuneigungsattacke seiner Schwester. Sein Gesichtsausdruck zeugte nicht von Wohlgefallen.
Am Spielfeld gab es auch Attacken. Nekoma und Karasuno wechselten regelmäßig die Führung. Die ersten 10 Punkte waren zuerst von Nekoma erreicht, die 20 knackte Karasuno mit nur einem Punkt Vorsprung.
Inuoka sprang mit Lev gleichzeitig zum Stereoangriff, bei dem Teshiro zeitkritisch entschied, wer der beiden den Ball zugespielt bekam. Für Tsukishima war schwer zu durchschauen, wer schlagen würde. Kageyama erkannte im letzten Moment, dass der Zuspieler eine Finte plante. Noch im Schritt zur Seite nahm er den Ball an und spielte ihn gleichzeitig hoch. Hinata war sofort zur Stelle, wie immer, und glich das Unentschieden aus.
„Ein Punkt noch“, rief Shoji und machte sich bereit. Er wollte den Satzball holen, selbst, wenn er wusste, dass Kageyama wohl Hinata zuspielen würde. Das wussten aber auch die Jungs auf der anderen Seite und setzten nach Tokitas Aufschlag alles dran, den Ausgleich zu holen. Yaotome vereitelte. Der nächste Angriff von Hinata folgte. Inuoka war dran. Teshiro spielte von unten zu und Lev holte mit der perfekten Sicht den wichtigen Punkt.
„Gleichstand, die Jungs machen es echt spannend“, sagte Rina aufgeregt und blätterte die Tafel auf 24 : 24. Teshiro holte darauf mit der Rotation zur Aufschlagsposition die Führung herein, weil sich Yamaguchi und Yaotome im Weg standen.
„Ruhig Blut, Jungs“, rief Ukai. Beide atmeten tief ein und noch tiefer aus. Sie nickten einander zu und Yaotome nahm den nächsten Ball an. Kageyama spielte Shoji zu, der genau zu tief für eine hohe Annahme und zu hoch für die Annahme von unten auf Shibayama zielte.
Ausgleich. Nun war Kageyama am Aufschlag.
„Hey, mach den nicht gleich rein, ich will noch n bisschen spielen!“, rief ihm Hinata zu. „Volltrottel, wenn er jetzt zwei reinmacht, hast du noch einen ganzen Satz zum Spielen“, zischte Tsukishima. „Dann hast du noch einen ganzen Satz zum spielen“, äffte ihn Hinata nach, aber schreckte unter dem scharfen Ball zusammen, der zielgenau vor der Auslinie den Punkt holte. Der nächste Aufschlag war genauso effektiv und beendete den zweiten Satz.
27 : 25 für Karasuno
„Musstest wieder mal alles alleine machen, hm?“, pampte Hinata und kassierte sofort einen bitterbösen Blick. „Wie wärs mit ein bisschen Dankbarkeit, dass ich dafür gesorgt habe, dass ich dir noch einen ganzen Satz zuspielen kann, hm?“
Chapter 84: Goliath
Chapter Text
Für den dritten Satz setzte sich Kuroo eine Reihe zurück zu Kenma. Denn so viel er aus Komori bezüglich Iizuna auch herausbekam, eines konnte er ihm nicht beantworten.
„Und… magst du ihn? Also, so wie mich früher?“, fragte er. Kenma schüttelte den Kopf. „Nein, ich mag nur dich so wie dich“, antwortete er und Kuroo ahnte bereits, dass er ihn missverstanden hat. „Okay, aber… du magst ihn?“, beschränkte er sich auf kurze einzelne Fragen. Kenma nickte. „Sehr?“, wurde ein weiteres Nicken und ein verlegener Blick provoziert. „Bist du verliebt?“, fragte Kuroo alarmiert. „Und wenn?“ darauf fragte Kuroo nicht weiter. Er nahm Kenmas Hand in seine und streichelte ihn sanft. „Dann wünsch ich dir, dass er dich so liebt, wie du bist“, ging Kuroo nun einen Schritt, den er eigentlich vermutet hat, noch nicht bereit war zu gehen. Der Abend mit Tsukishima gestern hat ihm aber zumindest soweit die Augen geöffnet, dass er lernen musste, damit umzugehen. Er und Kenma waren nicht mehr zusammen. Und Kenma traf sich mit jemanden. Jemanden, den Kuroo nicht kannte. Nicht gut, immerhin war er auch einmal ein Kapitän und hatte die ein oder andere Nachricht im Captains-Chat verfasst, die zumindest auf einen verantwortungsvollen jungen Mann schlussfolgern ließ.
„Du übertreibst“, sagte Kenma und sah beschämt zur Seite. Kuroo schmunzelte und versuchte, den Blickkontakt wieder herzustellen. „Ich will eben nur das Beste für dich“, damit ließ Kuroo Kenmas Hand los und legte den Arm um ihn. Vorsichtig drückte er Kenma an sich. „Trotz allem, wünsch ich mir nur das Beste für dich“, wiederholte er. Kenma legte seinen Kopf an Kuroos Schulter, Kuroo legte sein Kinn auf Kenmas Kopf ab und schloss die Augen für einen Moment. „Ich glaube, er ist das Beste für mich“, sagte Kenma etwas verträumt, weil er an das schöne ansteckende Lächeln dachte, das Iizuna gestern Abend hatte, als er mit ihm den Flug der Winterglühwürmchen beobachtete. Kuroo schluckte stark. Er drückte seine Finger reflexartig etwas fester in Kenmas Oberarm und öffnete die Augen wieder.
Am Spielfeld sah er sofort Tsukishima und seufzte.
„Und ist er auch das Beste für dich?“, fragte Kenma. Er verschob seinen Kopf. Kuroo gab ihn frei und er spürte den Blick in seinem Gesicht, wandte sich aber nicht zu ihm um. „Nein, wir dachten es oder wollten es probieren und irgendwie… wir haben lange geredet und ich hab lange nachgedacht. Tsukki hat das nicht verdient. Ich bin noch nicht über dich hinweg und er nicht über Tendou. Das ist kein guter Start. Vielleicht irgendwann in der Zukunft“, sagte Kuroo. Er klang dabei nicht traurig, vielmehr resigniert und hoffnungsvoll. „Dann wünsch ich es mir für dich zu Weihnachten, dass du jemanden findest, der für dich so perfekt ist, wie Tsukasa für mich“, sagte Kenma und Kuroo grinste breit. „Perfekt ist er also?“, fragte er schon mit einem ganz anderen Ton. Frech, neckend aber auch neugierig. „So hab ich das nicht gemeint“ – „Hast du wohl“ Kuroo drückte ihn nochmal an sich und ließ ihn dann los um den Kampf am Spielfeld nun weiter zu beobachten.
Teshiro wechselte ständig die Strategie und die Art und Weise des Zuspiels um Karasuno zu verwirren. Er nutzte Levs Größe um schräge Bälle sogar mitten im Spielfeld zu versenken und holte mit Inuoka im Angriff vor der hinteren Auslinie Punkte rein. Kageyama dirigierte sein Team aber genauso gut. Mit Hinata sorgte er aus allen Winkeln für Überraschung, mit Tsukishima konnte er stabile Angriffe einleiten und Tokita machte diese angefälschten Schmetterbälle, die Shibayama zum Schnaufen brachten.
Yaotome lernte von jeder verpatzten Annahme und baute die Mauer der hinteren Reihe von Angriff zu Angriff stabiler. Um die Mauer am Netz kümmerten sich Tsukishima, Kageyama und Shoji, die vor allem nach Hinatas Aufschlägen besonders wirkungsvoll wurde.
Yachi und Rina wechselten sich beim Umblättern der Punktestandstafel ab. Mal ging es bei Nekoma hoch, dann bei Karasuno. Nekoma holte auch Mal drei Punkte in Folge, dafür holte sich Karasuno schnell den Ausgleich.
Mit einem lauten „Gut gemacht, Lev“, von Yaku wurden die Angriffe des Halbrussen noch einmal stärker und unberechenbarer. Leider auch für ihn selbst, denn der nächste Ball ging direkt ins Aus. Karasuno hatte aber nicht lange die Führung. Langsam merkte man den Jungs an, dass sie gestern lange wach waren, etwas getrunken hatten und nun schon wieder müde wurden. Tsukishima wischte sich angestrengt über die Stirn, linste kurz zu Kuroo hoch, tat das aber an diesem Tag das letzte Mal.
Trommelschläge
„Karasunoooo”
-
„Fliegt!”
Fukunaga steckte die Finger zwischen die Lippen und stieß einen hohen Pfiff aus, direkt darauf feuerten Kuroo und Yaku ihre ehemalige Mannschaft an. „Schade, dass Itachiyama nie bei sowas mitgemacht hat“, sagte Komori. „Dachtet wohl, ihr seid was Besseres“, stichelte Kuroo. Komori hob den Kopf und sah zu ihm hoch. „Ich glaube nicht, aber vielleicht hattet ihr alle Angst davor, dass wir es sind“, gab Komori ungeniert Konter. Kuroo schnalzte mit der Zunge, Komori grinste vergnügt und lehnte sich an Fukunagas Seite. „Den Hauptpreis hab ich sowieso jetzt erst gewonnen“, sagte er und schmiegte sich gleich noch näher an ihn heran.
Unten war noch nichts gewonnen. Jeder Sieg um die Führung wurde wenige Spielzüge später ausgeglichen und revidiert. So kämpften sich beide Mannschaften voran, bis es nur noch darum ging, zwei Punkte Vorsprung zu haben.
„Wollt ihr nicht langsam aufgeben?“, keuchte Teshiro erschöpft. „Aufgeben ist für Verlierer“, sagte Kageyama außer Puste. Tsukishima hatte schon keine Lust mehr und ließ sich auswechseln. In einem echten Spiel hätte er bis zum Schluss gekämpft, aber mit dem Schlafmangel und dem einhergehenden Wunsch, dieses Turnier eigentlich spritzen zu können, hing er nun wirklich nicht mehr daran, für den Sieg zu sorgen. Stattdessen sprang nun einer der Erstklässler an seiner Statt zum Block und zeigte Coach Ukai, dass er eines Stammplatzes würdig war.
Ausgleich. Führung Nekoma. Aus durch Lev. Wieder Ausgleich.
„Das gibt es doch nicht!“, knurrte Yaku als die 30 auf der Tafel angerissen wurde. „Sowas Spannendes hab ich echt schon lang nicht mehr gesehen“, sagte Kunimi. Er und Kindaichi waren auf ihren Sitzen ganz nach vorne gerutscht und klebten mit ihren Augen förmlich am Ball.
Als Nekoma mit 35 Punkten in Führung ging, setzte sich Coach Ukai nicht mehr hin und Saeko hörte mit dem Trommeln nicht mehr auf. Den nächsten Angriff blockte Yamaguchi ganz rechts und holte damit den Ausgleich. „Klasse, Yamaguchi!“, jubelte Hinata und sprang dem Kapitän um den Hals. „Wow… ja, Hinata, nicht so wild. Danke“, lachte Yamaguchi und versuchte sich aus dem Klammergriff zu befreien. Kageyama schnaubte über Hinatas Reaktion. „G-guter Block“, sagte er zu Yamaguchi und dem ließ die Schamesröte ins Gesicht. Von Kageyama hörte er selten etwas Nettes an ihn gewandt und wenn, dann betraf es seine Aufschläge, zu denen es nun wieder kommen sollte.
Angriff um Angriff. Schweißtreibend und anstrengend ging es um Punkt um Ausgleich um Punkt bis Karasuno die 40 knackte und Hinata zum vielzähligen Matchball am Aufschlag stand. „Mach ihn locker rein, wir holen dann den Punkt im Spiel“, sagte Kageyama, weil er verhindern wollte, dass Hinata es nun versaute.
Die Trommelschläge verstummten. Die Tribüne wurde still. Coach Ukai hielt die Luft an und Yachi weitete panisch die Augen, weil sie sah, wie Hinata zwei Schritte mehr zurück ging als sonst.
„Nicht, du Vollpfosten!“, rief Kageyama, aber Hinata machte seinen ersten Sprungflatteraufschlag nach Atsumu Miya Manier.
Haut auf Leder. Schlag. Surren des Balles. Sich drehende Köpfe. Stille. Aufprall auf Haut. Knie auf Holzboden. Schweißtropfen die Stirn herunter. Pfiff!
41 : 39 für Karasuno
Chapter 85: What are you waiting for?
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Die Taschen mit den wenig mitgebrachten Sachen waren nach dem letzten Spiel rasch gepackt und standen in der kleinen Empfangshalle bereit.
Vereinzelt haben sich kleine Grüppchen gebildet und tauschten sich über ihre Nachmittagspläne aus. Coach Nekomata hat eingeworfen, dass er den Schülern gerne noch ermöglichen wollte, den Weihnachtsmarkt auf Burg Sendai zu besuchen.
„Was wäre unser Weihnachtsturnier ohne abschließenden Glühwein?“, lachte Coach Ukai. Die Trainer und Lehrer beschlossen somit gemeinsam, den Standort zu wechseln und ließen die Schüler nach einer kurzen Busfahrt bei der Burg los.
„Kenma! Kenma! Schau mal“ Hinata zog den einstigen Zuspieler am Arm hinter sich her, direkt zu einem Stand, wo es Obst geformt aus Marzipan gab. Kenma stolperte, aber betrachtete wie ihm besagt wurde die kleinen essbaren Kunstwerke. Dennoch verzog er das Gesicht etwas. „Ich mag kein Marzipan“, sagte er zu Hinatas empörter Überraschung. „Waas? Jeder mag Marzipan! Oder?“, zweifelte der aufgeweckte junge Mann nun doch. „Ich glaub, viele mögen es“, gestand ihm Kenma zu und zuckte mit den Schultern. „Mag Iizuna-san Marzipan? Welches Obst mag er?“, fragte Hinata und Kenma fühlte sich überfordert. Er wusste es nicht. Iizuna hat in seiner Gegenwart noch nie etwas gegessen (er wollte sich nicht die Blöße geben, irgendetwas im Gesicht oder zwischen den Zähnen zu haben und sich damit zu blamieren) und gesprochen haben sie auch noch nicht darüber. Ob ihr nächstes Date so ein typisches werden würde? Eines in einem Restaurant? Irgendwie gefiel Kenma der Gedanke nicht.
„Ich glaub, er mag Kirschen. Er hat mal gesagt, mit ihm sei gut Kirschen essen“, sagte er schließlich. Aus Hinatas Frage hatte er schon vermutet, dass er ihm vorschlagen wollte, ihm so etwas mitzunehmen, weswegen Kenma einen kunstvoll verschwungenen Kirschen-Zwilling erstand und in einer kleinen hübschen Schachtel in seiner Jackentasche verstaute.
„Er freut sich bestimmt“, sagte Hinata während Kenma überlegte, auch für Kuroo etwas mitzunehmen. Weil Kuroo aber anwesend war, entschied er, dass er sich selbst etwas kaufen konnte, wenn er das wollte.
Kuroo wollte sich gerade kein Marzipan kaufen, er entschied sich mit Yaku für Glühmost. „Weihnachtsmärkte sind immer so verdammt romantisch“, seufzte er und stellte sich mit dem Kleineren an einen Stehtisch.
„Wenn du jetzt zum Flennen anfängst, geb‘ ich dir ‘nen richtigen Grund zum Heulen“, sagte Yaku und tippte angespannt am Rand seiner Tasse herum. Kuroo schüttelte den Kopf. Die zwei beobachteten die Volleyballer, wie sie sich am Weihnachtsmarkt verteilten.
Lev stand irgendwann mit Inuoka bei Kenma und Hinata. Alle vier tranken Kinderpunsch und hatten rote Backen von der Kälte. „Er sollte seine Haube aufsetzen“, sagte Kuroo. „Volleyball-Mom“, zog ihn Yaku auf und hinderte ihn damit, tatsächlich hinüber zu gehen und Kenma diesen Rat zu geben. Stattdessen gab er Yaku einen genervten Blick.
Aus dem Augenwinkel konnte Kuroo sehen, dass Kageyama sich zu Kindaichi und Kunimi gestellt hat und die drei wohl über etwas Ernstes sprachen, aber nicht stritten.
„Gestern war wirklich gut“, sagte Kageyama. Kindaichi musterte ihn unsicher. Kunimi ließ sein resting Bitch-Face walten. „Du meinst das Spiel?“, fragte Kindaichi und griff nach Kunimis Hand, was ihm gerade so gewährt wurde, denn Kunimi erkannte aus der Stimme seines Freundes, dass er Halt brauchte und dafür wollte er immer einstehen.
„Ja, deine Aufschläge waren im Vorentscheid schon sehr gut, aber gestern hatte ich das Gefühl, Oikawa selbst dort stehen“, sagte Kageyama. Er war mit der Zeit besser damit geworden, auszusprechen, was er dachte und auch Nettes zu sagen. Kindaichi lief rot an, lachte etwas verlegen und war sichtlich erleichtert. „Dachtest du, er meint das Trinkspiel?“, fragte Kunimi. Sein Daumen strich vorsichtig über Kindaichis Handrücken. Selbst in Handschuhen brachte diese Geste Beruhigung. Kindaichi nickte und dann sahen sie sich alle drei unsicher an. „Lasst uns das vergessen oder?“, schlug Kageyama vor. „Ne, ich will das nicht vergessen“, lehnte Kunimi ab. Nun wurde Kindaichi wieder unruhiger. „Hast du es nicht gut gefunden? Damals?“, fragte Kunimi. Kageyama entkam ein unterdrücktes Lachen, weil er mit der Frage überfordert war. Kunimi konnte sehr direkt sein und verzog nicht einmal bei so expliziten Fragen eine Miene. „Naja… ja schon“ – „Eben, also warum was Gutes vergessen?“, fragte Kunimi und sah zu Kindaichi. Auch ihn fragte er, ob er es damals mochte oder es bereute. Beides war die Antwort, denn Kindaichi war ein hoffnungsloser Romantiker und hätte seinen ersten Kuss lieber Kunimi geschenkt. Für Kunimi hatte das wenig Bedeutung, auch wenn er sich nun etwas schlecht fühlte, weil seine Erfahrungen diesbezüglich wohl etwas breitgefächerter waren als die seines quasi unberührten Freundes.
„Lasst uns einfach erwachsen drüber stehen, okay?“, sagte Kunimi. Er visierte bereits einen Stand mit Süßigkeiten an, wo ihm Kindaichi gerne einen Wunsch erfüllen wollte. Kageyama nahm die Anregung an und folgte den beiden. „Ihr kennt euch ja bei sowas jetzt aus oder?“, fragte er. „Bei was?“, wollte Kunimi etwas mehr Information. Bei Süßem kannte er sich sehr gut aus, aber das wusste der Zuspieler. Kageyama räusperte sich. „L-Liebe“, legte er offen und nun sahen ihn beide mit großen Augen an. „Was? Du bist verliebt? So richtig?“ Kindaichi lehnte sich neugierig nach vorne und stand nun gerade mit dieser Information wirklich erwachsen über der Situation. „Ja, naja weiß nicht“, drückte Kageyama wieder ein bisschen herum. Gestern schon beim ersten Spiel des Weihnachtsturniers hat er sich anders gefühlt und als sie dann alle gemeinsam in dem Gemeinschaftsraum saßen und diese Aussage von Tsukishima kam, die dann auch bei Kindaichi und Kunimi anfänglich für komische Schwingung gesorgt hat, wusste Kageyama, dass er eine Sache so nicht stehen lassen konnte und schon gar nicht vor dem Abschluss.
„Kauf ein Lebkuchenherz. Aber keines, wo Zwerg oder sowas drauf steht, sondern was Süßes“, sagte Kunimi, weil er bereits eine Vermutung hatte. Kageyama legte den Kopf schief. „Sind Lebkuchenherzen nicht alle süß?“ – Hopfen und Malz verloren.
„Naja… vielleicht kaufst du einfach was, wovon du weißt, dass er es mag? Aki mag ja Salzkaramell, damit kann ich ihm immer eine Freude machen“, sagte Kindaichi stolz. Kunimi mochte es eigentlich nicht, dass er dadurch auch bestechlich war. Er würde auch nicht zugeben, dass er gegen Kindaichis süße Art immer bestechlich war. Gut, dass dieser das noch nicht wusste. „Und ich weiß, dass du zu den wenigen verrückten Menschen gehörst, die auf Lakritz stehen“, warf Kunimi ein und rümpfte die Nase. Nein, Kunimi mochte kein Lakritz, aber Kageyama nahm aus dem Gesagten seine Mission heraus. „Okay, dann… wir sehen uns“, sagte er zu ihnen und verabschiedete sich, seine Runde auf dem Weihnachtsmarkt zu gehen.
Kuroo folgte dem Zuspieler der Karasuno mit seinem Blick und wandte ihn wieder zurück als ihn Tsukishima und Yamaguchi kreuzten. Nicht unbemerkt zu seinem Bedauern. Rasch sah er wieder zu Yaku und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Du bist echt ein hoffnungsloser Trottel“, sagte dieser und machte ihm seine Illusion zu Nichte. „Bin ja in bester Gesellschaft“, gab Kuroo zurück, weil er gerade auch genau gesehen hat, dass Yaku eine ähnliche Reaktion beim Erhaschen von Levs Blickgesuche hatte. „Pfft…“
„Du, Tsukki?“, fragte Yamaguchi, aber dieser schüttelte gleich den Kopf. „Nein, ich werde es nicht mit ihm versuchen“, hat er die Richtung der Frage gleich durchschaut.
„Warum nicht?“, fragte Yamaguchi weiter. „Weil er ihm zu ähnlich ist und gleichzeitig so anders, dass es mich aufregt. Erzähl mir lieber von deinem Trottel“, sagte Tsukishima und gab den Ring frei für alles, was Yamaguchi nun über Terushima zu sagen hatte.
Chapter 86: It is what it it is
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Yamaguchi war überrascht, dass Tsukishima von Terushima hören wollte, aber er ahnte schon, dass er jetzt einfach Ablenkung brauchte und die konnte er ihm anbieten. Leider nicht auf seine übliche fröhliche Weise. „Ich hab Angst, dass wir es nicht schaffen“, sagte Yamaguchi. Tsukishima musterte ihn kritisch. „Wegen Sex?“, fragte er. Yamaguchi wog den Kopf unsicher. „Nicht nur“, sagte er.
„Was ist denn noch?“ Tsukishimas Ausdruck wurde ernst. Yamaguchi zog sein Handy heraus und öffnete die Unterhaltung mit seinem Freund.
Terushima hat vor kurzem Fotos vom vergangenen Abend geschickt. Yamaguchi öffnete ein Bild mit der Beschreibung: ‘Wir haben sogar Fukurodanis Schönheit getroffen.‘ Darauf war Akaashi zu sehen. Bildschön wie eh und je aber etwas verloren unter den Azubis und Studenten. Als wäre er zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Was er auch bestätigt hätte, weil ihm Bokuto die falsche Zeit und den falschen Ort getextet hat.
„Ich mein… sie ihn dir an. Akaashi-san ist wunderschön“, seufzte er. „Und er ist mit Bokuto zusammen“, rief ihm Tsukishima in Erinnerung. Aber es half nicht. „Ja und wenn Yuuji jemand anderes Hübscheres trifft?“, fragte er. Tsukishima erkannte ja, wie niedergeschlagen sein bester Freund war, aber er empfand das als absolut unbegründet.
„Ich glaube, wegen Bilderbuchschönheiten musst du dir keine Sorgen machen. Die wollen ihn eh nicht und es hat seine Gründe, warum er mit dir zusammen ist und warum er, wie lange noch mal… über ein ganzes Jahr auf dich gewartet hat. Er hat sich sogar Rat bei Shimizu eingeholt, um dein Herz zu gewinnen. Er steht auf süße Jungs und du bist eindeutig der Süßeste, den er finden kann. Er hat echt Glück, dass du ihn auch willst“, sagte Tsukishima und musste lachen. Terushima war wirklich ein Glückspilz und Yamaguchi auch, nur sah dieser nicht, wie absolut verrückt der Punk nach ihm war. Stattdessen erkannte er jetzt etwas anderes.
„Tsukki, sowas Nettes hast du noch nie gesagt“, kam es überrascht von Yamaguchi und Tsukishima schmunzelte. „Tja, vielleicht arbeite ich jetzt schon an meinem Neujahrsvorsatz“, sagte er und sah Yamaguchi beim Swipen durch die Bilder zu, da blieb der Brünette auch schon auf einem Foto hängen, wo Terushima Shirabu ein Stethoskop anhielt und der Medizinstudent mit einem nicht gerade harmlosen Blick zu Terushima sah. Das hat auch Yamaguchi wieder voll erwischt.
„Ja aber… schau, wie Shirabu ihn ansieht“ – „Vergiss Shirabu, er ist ne arrogante Pissnelke und hat nicht den Hauch einer Chance gegen dich. Er hat auch nicht halb den Charakter, den du hast und jetzt mach die Fotos weg, wir trinken einen Punsch. Einen Echten! Nicht den für Kinder“, sagte Tsukishima und die beiden kehrten bei einem Punschstand mit vielen Varianten ein. Yamaguchi staunte nicht schlecht, aber war dennoch gehemmt, auch wirklich was mit Alkohol zu trinken. Beim Partyspiel hat er bewusst ganz mild gemischt, dass er nichts spürte, aber bei warmen Alkohol, wusste er, würde das noch viel schneller ins Blut gehen.
„Ähm… ich nehme den mit Amaretto“, sagte Yamaguchi. Er wusste, dass Amaretto weniger stark wie zum Beispiel Rum oder Wodka war und erwartete sich deswegen ein sanfteres Erlebnis. Womit er aber nicht gerechnet hat, war, dass es ihm so gut schmeckte, dass er noch einen haben wollte während Tsukishima einen Erdbeerglüh mit Erdbeerwein auswählte und gemächlich trank.
„So und jetzt zu deinem anderen Problem“, sagte er über die Tasse hinwegblickend. Yamaguchi sah ihn mit großen Augen an. „Es kann sein, dass es meine Schuld ist, dass er dich nicht anfasst“, machte ihn Tsukishima noch neugieriger. „Wie soll es deine Schuld sein?“, fragte Yamaguchi und nahm auf die Überraschung gleich einen weiteren großen Schluck – musste das auch so lecker nach Marzipan schmecken? Wenn das so weiter ging, würde auch ein Dritter folgen und auf die nächste Offenbarung hin, glaubte Yamaguchi auch wirklich noch einen brauchen zu müssen.
„Ich hab ihn gewarnt und ihm vielleicht gesagt, dass er sich zweimal überlegen sollte, was er mit dir anstellt. Es tut mir leid, Yamaguchi. Ich wollte nur, dass er nachdenkt und dich nicht verletzt und stattdessen, naja… du wirkst jetzt ziemlich verletzt und das ist meine Schuld“, sprach Tsukishima weiter. Yamaguchi war hin und her gerissen zwischen Wut und Rührung. Denn, was Tuskishima da gemacht hat, war, sich einzumischen und das würde er selbst nie tun, aber er wusste auch, dass er so nur zeigte, dass er sich um ihn sorgte und das bedeutete ihm wahnsinnig viel. Er drückte schmollend um eine Reaktion und griff dann wieder nach seinem Handy um es Tsukishima zu reichen. „Dann ruf ihn an und sag ihm, dass er alles mit mir anstellen soll, was ihm in den Sinn kommt“
„Mach das und ich geb‘ euch beiden eine Runde aus“, gluckste Kuroo, der sich gerade an den Tisch der beiden stellte und um das Gespräch einfach nicht herum kam. Yaku hat er weitergeschickt, weil sich Lev von der kleinen Gruppe abgekapselt und Kuroo erkannt hat, dass er sich nach jemanden umsah. Dieser jemand konnte in seinen Augen nur Yaku sein.
„Hey“ – „Hey“ – „Äff mich nicht nach!“
Da war es wieder soweit. Yaku schrie Lev an und der vorbeigehende Fukunaga zuckte zusammen, aber diesmal drückte er Komoris Hand fester, die ihn auch sogleich weiter zog zu einem Stand mit Zuckerwatte in allen nur erdenklichen Farben. Fukunaga mochte natürlich die gelbgrün Gemischte am liebsten. Komori fand die rote dafür zu wenig rot, aber kam nicht drum herum eine zu kaufen.
„Ich soll morgen früh wirklich noch mit zu dir? Ist das für deine Mom auch in Ordnung?“, fragte Komori. Fukunaga nickte rasch. „Das heißt, wir machen es vor ihr offiziell“, wieder nickte Fukunaga. Er presste auch die Lippen aufeinander, aber lächelte darauf glücklich, weil ihm Komoris Blick so gut gefiel. Er machte ernst. Sie beide machten ernst.
„Das ist ein großer Schritt“, warf Komori noch ein. „Egal“, sagte Fukunaga, denn mit Komori, das wusste er, wollte er jeden Schritt gehen, egal wie groß oder klein, wie weit oder kurz, wie fern oder nah. Hauptsache mit ihm.
Einen großen Schritt ging auch Yaku, der sich bei Lev entschuldigte. „Schon in Ordnung, mir tut es leid, weil ich schon wieder alles falsch mache“, sagte Lev und ließ den Kopf hängen. Von ihrer Körpersprache her, wurde er damit sogar gefühlt kleiner als Yaku, der nun angestrengt über sich selbst seufzte.
„Lev… so ist es nicht. Du machst nicht alles falsch und eigentlich machst du schon ziemlich viel richtig“, gab Yaku zu. „Warum bist du dann immer so böse und schaust gemeint und schimpfst mit mir auch jetzt noch?“, fragte der Hüne, weil er sich schmerzlich an die Anti-Jubelrufe erinnerte.
„Ich weiß nicht… ich… nun ja, ich erwarte einfach Großes von dir“, sagte Yaku. „Weil ich so viel größer bin als du?“, fragte Lev und Yaku holte bereits zum Tritt aus, stoppte sich aber selbst. „Ja und weil du so viel Talent hast und es nicht richtig ausschöpfst, deswegen war ich mit dir immer am kritischsten“, gestand Yaku, dass Lev das erste Mal verstand. Ein bisschen zumindest. „Aber Kuroo-Senpai hat mich doch nur ins Team geholt, weil ich groß bin“, murmelte er nachdenklich. „Hat er nicht… wenn es nur um die Größe ging, wärst du im Basketball-Team gelandet“, meinte Yaku. „Die wollten mich auch, aber ich wollte lieber in den Club, wo du bist“, sagte Lev, dass Yaku stockte. „Wo ich bin?“, fragte er und Lev schreckte hoch. Hatte er das gerade wirklich laut gesagt? Ja, hatte er und Yaku hatte es gehört. Er wollte auch mehr wissen, aber Lev japste nur nervös herum, dass Yaku wieder angespannter wurde.
„Weißt du was? Vergessen wir das. Was damals war und warum es war, ist total egal. Jetzt ist die Gegenwart und ich bin nicht grundlos hier. Lev… ich bin wegen dir hier“, sagte Yaku und der Halbrusse wurde nervös. „Wegen mir hier? So wie in den Mafiafilmen? Willst du mir jetzt den Hals umdrehen?“, fragte er mit brüchiger Stimme. Auf Yakus Stirn bildete sich eine Zornesader und er fasste sich an die Schläfen. „Wenn du so weiter machst, tu ich das wirklich. Aber nein, ich wollte dich sehen und ich wollte, dass wir reden und spazieren gehen und vielleicht einen Punsch trinken und dann vielleicht Nummern austauschen und uns auch zurück in Tokio vielleicht mal verabreden“, sprach Yaku weiter. Seine Stimme wurde mit jeden Wort etwas knautschiger, weil er sich mit der Einsicht und dem Geständnis schwer tat. Levs Augen wurden dafür immer weiter und begannen zu glänzen.
„Und willst du auch meine Hand halten?“, fragte Lev frech, hielt Yaku aber seine Linke hin. „Natürlich“, knurrte der und griff fast schon grob nach der angebotenen Hand. Er würde sie auch erst wieder loslassen, wenn es sein musste. Zum Bezahlen des Punsches zum Beispiel, aber er nahm sie sofort danach wieder, als sie bei einem Tisch standen, das Heißgetränk genossen und endlich sprechen konnten ohne miteinander zu streiten - stattdessen mit einem Lächeln, das von Herzen kam.
Chapter 87: Mistletoe and Wine
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An Nachmittagen wie diesen verteufelte Ukai seinen Coach-Job. Nicht, weil er nicht Coach sein wollte und auch nicht, weil er nun auf die Herde pubertärer Halbstarker aufpassen musste, sondern weil er ein Vorbild sein sollte und weil er den kleinen Bus noch sicher zurück zur Schule fahren musste und nun deswegen mit einem Kinderpunsch hier stand, wo alle um ihn herum bereits bei ihrem zweiten oder dritten alkoholhaltigen Heißgetränk standen und sich die Zungen langsam lockerten, wie auch die Stimmung und das Gespür für Lautstärke. Vor allem Saeko bewies, warum sie der Cheerleader Number one war. Sie baute in Ukai aber auch den Wunsch auf, den Tanaka seiner Schwester gegenüber manchmal hatte: Im Erdboden versinken.
„Und dann sitzt da dieses Prachtstück von einem Junggesellen“, brüllte Saeko, schlang einen Arm um ihn und rieb ihm die Faust gegen die Schulter.
„Das hast du mir ja noch gar nicht gesagt“, lachte Herr Takeda an Ukais linken Seite und boxte ihm amüsiert gegen den anderen Oberarm. „Es hat seine Gründe“, murmelte Ukai. Herr Tanaka hatte bereits rote Wangen vom Punsch und hörte nicht mehr auf zu kichern, wie es immer war, wenn sie bei solchen Ausflügen zusammen waren und tranken. Meistens bei einer Runde Go oder Mahjong oder einem Kartenspiel. Coach Nekomata ließ ein belustigtes Seufzen aus und knabberte an seinem Lebkuchenmännchen. Neben ihm stand Coach Irihata, der gerne Saekos Lautstärke geregelt hätte, es aber genoss, dass sie sich alle so ausgelassen unterhalten konnten. Deswegen machten sie so etwas. Für die außerschulischen Kontakte. „Klingt ja fast nach Schicksal“, merkte Mizoguchi an. „Schicksal am Arsch!“, wollte Ukai das Thema endlich hinter sich bringen. Saeko kicherte.
„Natürlich heiraten wir jetzt nicht.“ Sie ließ von ihrem Opfer ab. Die nächste Tasse Punsch war geleert und neu beordert. „Wäre ja kaum auszudenken“, schnaubte Ukai, aber Herr Takeda meinte, einen gewissen Unterton gehört zu haben. Oder war es der Alkohol und sein Hang für dramatische Romantik?
„Das heißt, es besteht noch die Möglichkeit, sich um Ihre Gunst zu bemühen?“, fragte Naoi und erklärte sich dazu bereit, Saekos Tasse auffüllen zu lassen. Ukai und Takeda sahen einander schlagartig an. Eine telepathische Unterhaltung wurde losgerissen. “Das muss unterbunden werden!“ – „Das musst du unterbinden!“ – „Wie denn?“ – „Mach nen Move!“.
Saeko war in der Zwischenzeit mucksmäuschenstill geworden und sah Naoi mit großen Augen an. Ihre Wimpern klimperten ungläubig aber ein süffisantes Lächeln zog sich langsam über ihre Lippen wie auch ihr Blick wieder den gewohnten Ausdruck erlangte. „Schätzchen“, sagte sie und legte ihre Hand auf Naois. „Ob wir da nicht eine neuerliche Schlacht am Müllplatz auslösen“, funkelte sie ihn aus ihren heißblütigen braunen Augen an.
„Und wie das eine Schlacht wird“, mischte sich Ukai ein, legte seinen Arm um Saeko und schob sie näher an seine Seite. Sein Blick traf den von Naoi. Ein Kampf wurde zwischen den beiden Männern ausgefochten, aber Naoi wich den symbolischen Schritt aus dem Ring zurück. „Wohl doch von Schicksal behaftet“, sagte er. Saeko seufzte wohlig und legte ihren Kopf an Ukais Brust. „So weich“, sagte sie. Ukai versteifte sich. Ihm wurde erst so recht bewusst, was er gerade getan hat. Herr Takeda bemerkte dafür, dass warmer Alkohol Saekos Modus, in dem sie einfach umkippte und dem einschlafen nahe trat, schneller herbeiführte.
„Dann werde ich die Schüler langsam bitten, nach Hause zu gehen, wenn man hier schon im Stehen einschläft“, sagte Mizoguchi. Coach Irihata nickte. Coach Nekomata warf ein, dass sie noch eine weite Heimreise hatten und dass es auch für sie angebracht war, nun aufzubrechen. Oiwake besprach dafür noch mit Herrn Takeda das erste Trainingsspiel im neuen Jahr, da wurden die Übrigen am Tisch von einer unheimlichen Präsenz heimgesucht.
„Yo! Finger weg von meiner Schwester, Sie Perversling!“, rief Tanaka im Vorbeigehen, dass Ukai beinahe wirklich losgelassen hätte und Saeko gen Boden stürzen ließ. Beinahe. Stattdessen nahm er den Schwung auf und hob die Blondine auf seine Arme. Ihr Kopf bettete sich wie automatisch auf seiner Schulter und er hörte sie kurz Schmatzen und direkt darauf schnarchen.
Er sah Tanaka überfordert an, der ihn wiederum mit einem prüfenden Blick niederzustrecken versuchte. „Weißt du was? Wir fahren einfach langsam alle heim“, sagte er. „Wie soll ich heim fahren? Meine Mitfahrgelegenheit liegt sturzbetrunken in Ihren Armen!“, mokierte sich Tanaka und Ukai blieb nichts anderen übrig als anzubieten, ihn und Saeko mitzunehmen und morgen Saeko wieder hier her zu bringen um ihren Wagen zu holen. Natürlich hätte Tanaka auch laufen können, aber nicht mit seiner komatosen Schwester.
Komatös wurde auch die Beziehung zwischen Iwaizumi und Oikawa eingeschätzt. „Hab Oikawa selten so ernst gesehen“, sagte Hanamaki und lutschte an seiner Zuckerstange, die ihm Matsukawa vorhin gekauft hat. „Heute wird’s nicht mehr viel Iwa-chan geben“, gestand er seinem Kumpel zu und lehnte sich hinüber, sich auch etwas von der Süßigkeit zu gönnen, nicht aber ohne dabei intensiven Blickkontakt aufzubauen, der Hanamaki jegliche Sorgen über auch nur irgendwen vergessen ließ.
„Dude… No Homo, aber ich würde deine Lippen heute auch wo anders begrüßen“, sagte er und griff nach dem Mistelzweig, der am Tisch zur Deko lag. Matsukawas Lider senkten sich auf Halbmast, dafür zogen seine Mundwinken breiter und höher. Er wartete ab. Hanamaki hielt den Mistelzweig aber nicht wie erwartet einfach über seinen Kopf, sondern ging einen Schritt zurück und senkte ihn auf Beckenhöhe. Ein schmutziges Grinsen traf das andere. Über ihre Blicke tauschten sie aus, dass sie, wie auch sonst, auf derselben Welle ritten und sie beide an dasselbe dachten. So sehr sogar, dass Hanamaki sich mit einem Biss auf die Zunge zügeln musste, nicht in eine peinliche Situation zu geraten.
„Sind deine Eltern zuhause?“, fragte Matsukawa mit rauer Stimme. Hanamaki schüttelte rasch den Kopf. „Je-jetzt gerade nicht, Dad ist-“, er wurde mit einem Finger auf die Lippen zum Schweigen gebracht. „Mir ist egal, wo deine Eltern sind, Hauptsache nicht daheim“, sagte Matsukawa und zog Hanamaki an der Hand vom Gelände um die Burg herunter.
Beim Verlassen des Weihnachtsmarktes liefen sie an Yachi und dem Grund für ihre vielfachen Trinkverpflichtungen beim gestrigen Trinkspiel vorbei.
Kawanishi hat sich extra bei seinem Termin bei Tante und Onkel abgekapselt und stand nun mit seiner Freundin bei einer Tasse Kinderpunsch. Sie teilten sich eine heiße Ofenkartoffel mit einer Joghurtkräutersoße aber hatte in Wirklichkeit nur Augen füreinander.
„Hey?! Yachi? Trommel die Jungs zusammen! Wir fahren!“ Coach Ukai ging an den beiden vorbei. Im Arm trug er immer noch Tanakas ausgeknockte Schwester. Tanaka ging als Leibgarde neben den beiden her und musterte Kawanishi mit großen Augen musterte. Da musste man ihm im Bus später vielleicht auch noch was erklären.
Chapter 88: Happy Ending
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Kuroo und Yamaguchi redeten eifrig auf Tsukishima ein. Nun gut, Kuroo sprach auf ihn ein. Yamaguchi trug seinen Anteil zur Überredung bei, indem er ihn mit seinen großen treuen Augen ansah und mitleidserregend seufzte. Und verdammt, da wurde sogar Tsukishima schwach.
„Okay! Ich ruf an, sag ihm, er hat meinen Segen und das wars“, sagte er. „Und, dass du dich für uns freust?“, fragte Yamaguchi. Sein Blick ließ nicht nach. Tsukishima presste die Lippen zusammen. „Und dass er all die schmutzigen Sachen mit Tadashi machen soll, die ihm einfallen“, schob Kuroo mit einem breiten Grinsen ein. „Nein“, sagte Tsukishima gleich zu ihm. Yamaguchis Wunsch könnte er vielleicht gerade noch so erfüllen. Im Grunde war es ja so. Er freute sich, dass sein bester Freund so glücklich war und er fühlte sich schlecht dafür, dass er sein Glück zurück hielt.
„Aber ihr, vor allem du, seid leise“, wandte er sich vorrangig an Kuroo, weil er wusste, dass man ihm nicht vertrauen konnte, schon gar nicht, wenn er eine Möglichkeit für Jux erkannte. Kuroo hob beide Arme zur Verteidigung hoch und versprach, keinen Ton zu machen. Er versiegelte auch symbolisch seine Lippen mit einem imaginären Schlüssel und legte ihn in Tsukishimas Hand.
Der wiederum musterte ihn abwertend und warf den Schlüssel über die Hütten des Weihnachtsmarktes hinweg, dass Kuroo ihm in seiner Rolle nur mit großen Augen nachstarrte.
„Gut“, sagte Tsukishima und navigierte sich auf Yamaguchis Handy zu den letzten Anrufen, wo er natürlich auch gleich sah, wie er seinen Freund eingespeichert hat. Harmlos. “Yuuji Der Anruf wurde eingeleitet und kaum war der Lautsprecher angemacht, plapperte Terushima auch schon ohne Rücksicht auf Verluste los.
„Hey Babe! Ich hab gerade an dich gedacht! Eigentlich denk ich immer an dich. Ich vermisse dich schon so sehr und deine Kuschelwuschelknuddelarme um mich und deine Schmuseknutschezuckerküsse.“ Yamaguchi drohte, im Erdboden zu versinken. Kuroo schlug sich eine Hand auf den Mund, die andere legte er sich auf den Bauch. Er krümmte sich und ging vor Lachen in die Knie. Bemüht, keinen Ton herauszulassen.
Tsukishima sah Yamaguchi mit einem vernichtenden Blick an. Die Frage „Dein Ernst?“ stand ihm unmissverständlich ins Gesicht geschrieben. Aber er räusperte sich und ließ Terushima verstummen, dem noch einige andere peinliche Bezeichnungen für Dinge, die er von und mit Yamaguchi vermisste, eingefallen sind.
„Terushima… Hier ist Tsukishima“ – „Ooooh Tsukki! Dich vermiss ich auch ein bisschen“, lachte Terushima durch den Lautsprecher. Tsukishima bereute einmal mehr seine Entscheidungen, die ihn hier her gebracht hatten. „Ich… wir sind gerade am Weihnachtsmarkt und… ich hab mit Yamaguchi gesprochen und ich wollte dir sagen…“, begann Tsukishima, aber hielt inne. Kuroo hatte immer noch Mühe, leise zu sein und nicht laut loszulachen, aber immerhin stand er wieder aufrecht und wartete ab. „Ja? Was denn?“, fragte Terushima. „Ich wollte dir sagen, dass ich mich für euch freue und, dass ich ein paar Dinge zurücknehme, die ich gesagt hab“ – „Dass ich ein einfältiger Vollidiot bin, der nichts auf die Reihe bringt?“, fragte Terushima. Tsukishima verneinte. „Nein, nicht das“ Yamaguchi japste auf. „Okay, vielleicht auch das… aber eigentlich geht’s mir um eine Sache, die ich dir Anfang des Jahres gesagt hab. Dass du deine Finger von Yamaguchi lassen sollst. Ich… also ich wollte dir sagen, dass du, dass ihr meinen Segen habt“, brachte es Tsukishima mit viel Anstrengung über sich. Kuroo stieß ein hohes Pfeifen durch die Lungen. Er kniff die Augen zu und fächerte sich mit einer Hand Luft zu, mit der anderen hielt er sich weiter den Bauch. „Ich kann nicht mehr“, krächzte er amüsiert heraus und tätschelte Yamaguchis Schulter. „Danke. Danke, dass ich das erleben darf“ brachte er fast stimmlos hervor. Tsukishima fühlte sich belustigt an einen Teekessel erinnert, den man von der heißen Platte nehmen sollte.
„Ach das… naja, darauf geb‘ ich eh nichts. Also, versteh mich nicht falsch, ich freu mich, dass du jetzt auf unserer Seite bist und dich freust, aber ich lass mir von niemanden was sagen, schon gar nicht, wenn es um Tadashi geht“, sagte Terushima auf der anderen Seite der Leitung, dass nun Yamaguchi mit den hohen Tönen weiter machte. „Waas?!“, sagte er laut und nahm Tsukishima das Handy ab. Er drückte die Lautsprecherfunktion weg und legte sich das Smartphone ans Ohr. Er ging sogar ein paar Schritte weiter, weil er Kuroos Lache nicht mehr sehen wollte.
„Was heißt das, Yuuji?“, fragte er. „Hey, Tadashi, dachte mir schon, dass du auch dabei bist. Aber was soll das Alles?“, fragte Terushima und Yamaguchi fühlte sich umgehend schlecht. „Naja ich…“, stockte er und dachte darüber nach, wie dumm er gerade da stand. Er dachte, dass sich sein Freund von seinem besten Freund was sagen ließ und dass dieser ihm gegenüber nicht offen und ehrlich war. Er unterstellte ihm sogar, Tsukishima in ihre Beziehung einmischen zu lassen, dabei hat Terushima genau das Richtige getan und nicht viel auf diese Worte gegeben. Terushima hat ja noch nie viel auf Worte anderer gegeben. Er handelte und genau deswegen war Yamaguchi so verunsichert. „Du?“, fragte Terushima. Yamaguchi drehte sich um und erblickte wieder Tsukishima und Kuroo. Kuroo deutete beide Daumen hoch. Tsukishima hielt sich die Finger an die Schläfen.
„Yuuji? Können wir reden, wenn du wieder zuhause bist?“, fragte Yamaguchi, weil ihm gerade klar wurde, dass man über so etwas nicht am Telefon sprach. Er wollte Terushima dabei in die Augen sehen und seine Hand halten. Er wollte ihm nahe sein und seine Körperwärme spüren, ganz gleich, was bei ihrem Gespräch dann zum Vorschein kommen würde und ein bisschen hatte er auch Angst und brauchte schon allein deswegen Terushimas Nähe, die ihn beruhigte, selbst, wenn er jetzt nervös war und sicher in den kommenden Tagen noch viel nervöser werden würde.
„Natürlich, Babe, wir reden über alles. Aber… du machst doch nicht Schluss mir mit oder? Bitte mach nicht Schluss! Ich tu alles, was du willst! Ich rede mit deinem Vater. Wenn ich wieder zurück bin, zieh ich nen Anzug an und zeig mich von meiner allerbesten Seite. Versprochen, nur bitte.. bitte-“ – „Yuuj. Beruhig dich. Ich mach doch nicht Schluss. Dafür liebe ich dich zu sehr“, sagte Yamaguchi und jagte ihnen beiden einen Schrecken ein. Denn auch das, was er da sagte, sagte man nicht übers Telefon. Zumindest nicht zum ersten Mal. „Fuck“, entkam es ihm leise, aber er hörte Terushima kichert. „Ich liebe dich auch, Tadashi“, sagte er. Yamaguchi hätte unter diesen Worten schmelzen können.
„Warum reden die jetzt übers Schluss machen?“, fragte Kuroo mit überraschtem Blick. „Weil sie beide Idioten sind…“, sagte Tsukishima. Kuroo schmunzelte. „Tja, Idioten gibt’s echt einige, was?“, fragte er und sah Tsukishima mit einem Lächeln an, für das man schwach werden konnte, doch ehe sie ihr Gespräch fortführen konnten, wurden sie unterbrochen. „Ich wusste nicht, dass Katzen Schnee mögen.“
Es hat angefangen zu schneien. Kuroos Haar war am Schopf bereits mit den zarten Flocken bedeckt. Was sich auf seinen Wangen niederließ, schmolz der Wärme sofort hinweg und verabschiedete sich.
„Gut, ich hab dann meinen Zoll beglichen. Frohe Weihnachten und so“, sagte Tsukishima und ließ Kuroo, so schön es war, ihn sprachlos zu sehen, mit dieser Erscheinung einer Frau zurück. Die beiden schienen sich zu kennen und Tsukishima fühlte sich nach nur einem Augenblick fehl am Platz und überflüssig.
Außerdem war auch Yachi gerade mit Kawanishi in ihre Richtung gekommen, um ihnen mitzuteilen, dass sie zum Bus gehen sollten.
Zu sehen, wie glücklich Yachi gerade strahlte, wie überwältigt Yamaguchi wegen der Liebeserklärung war und wie ein durchs Schicksal an das Glück gedrängte Kuroo aussah, gaben Tsukishima auch Hoffnung.
Jeder hat ein Happy End verdient.
Selbst Kageyama, der eifrig eine Tüte von einem Stand versteckte, der Lakritz und Salzkaramell im Angebot hatte.
Chapter 89: Epilog: Unlove You
Chapter Text
Ich war immer gut darin, Menschen einzuschätzen. Deswegen weiß ich auch, wann etwas eine Chance hat und wann nicht. Wann Gefühle stark genug sind, etwas zu überstehen und wann es an der Zeit ist, es sein zu lassen. Ich weiß auch, dass man manchmal zur falschen Zeit am falschen Ort ist und dann lernt man jemanden kennen und dann ist alles anders und dann… irgendwann ist es wieder anders anders.
Mein Blick fällt auf mein Handy.
Eifelturm, 8pm
Semi-Semi hatte immer schon einen ganz schlechten Geschmack. Sein Kleidungsstil ist schrecklich. Bei Kunst und Musik ist das so eine Sache, aber das mit den Dates muss er auch üben. Das ist so klischeehaft. Am Besorgniserregendsten aber ist sein Männergeschmack. Da muss ich lachen. Weil ich mit der Geschmack bin. Ich hab lange darauf gewartet, ihn wieder zu sehen.
Ich stell mir die Frage, ob es eine zweite Chance geben sollte. Ob ich eine zweite Chance verdient habe, nach all dem, was ich ihm angetan hab.
Im Spätsommer war ich zwei Wochen in Österreich in einer kleinen Schokoladen Manufaktur bei Graz, in den Bergen. Es war traumhaft. Aber was ich in Österreich fürs Leben gelernt habe, war nicht der Weg zur perfekten Schokolade. Der Österreicher sagt nämlich, nur Gulasch würde aufgewärmt schmecken. Das ist so ein Eintopf mit Fleisch aus Ungarn, das ist auch so ein Land hier in Europa.
Und damit sagen sie sich, dass man eine Liebe nicht aufwärmen sollte, weil es nicht schmeckt. Weil es nicht richtig ist.
Aber meine Liebe ist nie kalt geworden. Ich hoffe, seine auch nicht. Deswegen halte ich nun dran an, endlich richtig zu sein. Ich mach die Nachricht zu. Das schlechte Gefühl wird von einem Sprung meines Herzens verdrängt.
„Satori, geh endlich, du hast eindeutig wo zu sein“, sagt mein Chef. Was für ein Guess Monster. Ich lache. „Merci“. Ich verneige mich und laufe aus dem Laden auf die Champs-Élysées zum Triumphbogen um dort die Metro zu nehmen. Hoffentlich hab ich Glück, denn die Metro fährt heute unregelmäßig. Am Schalter verwehrt sich meine Jahreskarte. Ich fummle sie nervös über den Scanner und muss lachen, weil ich so aufgeregt bin und es mir deutlich wird. Er würde mich auslachen.
Ich stoppe und sammle mich. Erst einmal einatmen. Dann ziehe ich die Karte langsam durch und es klappt. Die M2 fährt in 12 Minuten. Das wird knapp. Knapper noch, weil viele Menschen unterwegs sind und das Weiterfahren verzögert. Ich war noch nie in meinem Leben so nervös. Es war noch nie in meinem Leben etwas so wichtig.
- ’Cause the one thing I can’t do is unlove you -
Und ich bin zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Ich bin nicht beim Eifelturm sondern am Hügel von Montmartre.
Am unteren Ende der Treppe bleibe ich stehen und ringe nach Luft.
Mein Blick sucht hastig nach ihm.
- If I could unlove you, I would’ve done it by now -
„Kei!“
Chapter 90: The OneShot with a little bit more Love
Chapter Text
Es war seltsam.
Es war seltsam für Semi, sich mit seinem Ex-Freund zu treffen, weil er so viel erwartet hat. Er wollte den Kampf um erlischendes Feuer zwischen ihnen ansagen. Noch seltsamer war es, ihn in Paris endlich zu sehen und dann nichts zu fühlen. Kein erhöhter Puls. Keine schwitzigen Hände. Keine Nervosität. Es war seltsam familiär, aber es war nicht, was sich Semi erhofft hatte und dennoch alles, was er sich wünschen konnte.
Es war seltsam für Shirabu, als er erfahren hat, dass Semi seinem Ex-Freund nachzulaufen nach Paris geflogen ist. Noch seltsamer war es, dass er das von besagtem Ex-Freund erfahren hat und darauf die Gefühle verrückt spielten. Shirabu wurde wütend und unruhig, sein Puls ging hoch und er konnte sich schwer konzentrieren.
Es war auch seltsam, als sich Shirabu seinen Kommilitonen angeschlossen hat, trinken zu gehen. Ein bisschen willkommen war es dabei, Terushima zu treffen und Akaashi. Die beiden gaben ihm wohlige Erinnerungen daran, als es zwischen ihm und Semi noch nicht kompliziert war. Weil damals noch gar nichts war.
Am Seltsamsten aber war es, dass Shirabu im Flugzeug nach Paris saß. Terushima hat ihm gut zugesprochen. Ach, warum hat er auf Terushima gehört? Der Typ war doch ein absoluter Vollidiot! Aber es war zu spät. Die Maschine hatte abgehoben und Shirabu saß mit schwitzigen Händen drinnen.
“Scheiß Semi-san”, knurrte er vor sich hin. “Pardon?”, seine Sitznachbarin drehte sich zu ihm um, aber er schüttelte nur den Kopf. Was hat er sich dabei gedacht? Er flog alleine in ein Land, dessen Sprache er nicht beherrschte und wo sein brüchiges Englisch wissentlich verschmäht wurde. Shirabu musste sich den Kopf gestoßen haben. Vermutlich schon bei seinem letzten Stelldichein mit Semi, denn anders konnte er sich diese seltsamen Gefühle nicht erklären. Auch die Zusage zum Fortgehen ging für ihn auf die Kappe des Stoßes genauso wie die Unwahrscheinlichkeit, auf jemanden wie Terushima zu hören.
Wie hat er gesagt? “Ich hoffe, dass Tendou wieder mit Tsukki zusammenkommt, das wäre besser”. Pffft. Daraufhin hat Shirabu geschnaubt und erwidert, dass Semi nicht so blöd wäre, sich wieder auf seinen Ex einzulassen und dann vermutete er irgendwie doch, dass Semi exakt so blöd sein musste.
Aber Shirabu war nicht weniger blöd. Diesen Gedanken konnte er auch in beinahe 15 Stunden Flug nicht abschütteln. Er hat ein bisschen geschlafen, er hat aber auch den ein oder anderen Film gesehen. ‘A Star was Born’ zum Beispiel und er fragte sich, ob Semi auch so eine Karriere bevorstand, weil er seine Stimme liebte. Semis verdammte schöne Stimme und ja, er liebte sie und ja, verdammt nochmal, er liebte Semi! Es war seltsam, das zu realisieren, aber mit Tendous Information hat es ihn vor ein paar Tagen regelrecht erschlagen. Daraufhin hat er Teller zerschlagen und sogar seine Lieblingstasse, woraufhin er noch eine Schlüssel auf den Fliesenboden in der Küche geschmissen hat und erst des Abends um die Beseitigung bemüht war.
In seinem Ohr hörte er aber nicht nur Semis engelsgleiche Stimme, sondern auch die von Terushima. ”Mach ihm richtig den Hof. Romantisch und kitschig und mit Blumen und einer Boombox über dem Kopf, wo euer Liebessong spielt und sag ihm, wie wichtig er dir ist und dass er mit dir nach Hause fliegen soll und du ihn nie wieder loslassen willst”, hat er gesagt und gemeint, dass er das bei Yamaguchi tun würde, würde dieser jemals auf solche Umwege gelangen.
Shirabu würde aber einen Teufel tun, mit einer Boombox aufzukreuzen. Das wäre ja super peinlich, aber auch genau diese Art von ‘Big Gesture’, die Terushima im Auge hatte. Da musste etwas anderes her. Etwas, das Shirabu seinen Stolz ließ und eigentlich hat er ursprünglich gedacht, dass nach Paris zu fliegen und Semi am Ohr aus Tendous Armen und zurück nach Tokio zu zerren genau das tun würde. Als er am Flughafen aber auf den Zug in die City wartete und Semi eine Nachricht geschrieben hat, dass er ihn treffen muss, wurde er das Gefühl nicht los, dass diese Aktion noch peinlicher und dümmer als die mit der Boombox und den Blumen werden sollte.
Wir müssen reden!
Heute, Eiffelturm, 8pm
“Scheiß Semi-san!”, brüllte Shirabu am Bahngleis und raufte sich die Haare. Er ging im Schrei in die Hocke und quälte sich mit der Realisierung. Die Leute drehten sich nach ihm um, aber er scherte sich in dem Moment nicht darum. Er verstand sie und ihre komischen französischen Fragen auch gar nicht.
Sein Herz machte Dinge, die es erst angefangen hat zu tun, seit er Semi kannte und die es auch nicht von Anfang an in diesem Ausmaß gemacht hat. Es quälte ihn, dass es immer intensiver wurde, je öfter sie sich gesehen haben und je näher sie sich gekommen waren. Am Anfang war es einfach, er konnte es der Aufregung zuschreiben. Weil klar, so sehr ihn Semi mit seiner besserwisserischen Art auch nervte, so aufregend war es, mit ihm zu streiten und mit ihm lernte Shirabu auch, dass er gerne stritt und neckte und ihn aus der Reserve lockte und dass er es mochte, wenn die Fetzen flogen und noch mehr wenn die Energie in Leidenschaft gewandelt wurde.
Und Semi war so leidenschaftlich, dass es ihm die Luft zum Atmen raubte.
Als würde ihm die Erinnerung daran einen Tritt geben, stand Shirabu wieder auf und sah auf sein Handy, das just in dem Moment vibrierte und den Nachrichtenton verlautete. Semi hat geantwortet. Shirabu wurde nervös.
“Wenn er absagt, kann er gleich in scheiß fucking Paris bleiben, bis er alt und hässlich ist und keine schöne Stimme mehr hat”, knurrte er vor sich hin, verstummte aber sofort, als er die knappe Zusage las.
Er wunderte sich, dass er es nicht hinterfragte. Hatte Semi etwa damit gerechnet? Shirabu wurde direkt wieder fuchsig. “Ich bin nicht durchschaubar”, fauchte er eine Frau an, die sich nur um sein Wohlergehen erkundigen wollte, aber sofort abgeschmettert wurde. Zum Glück kam dann auch schon der Zug, den Shirabu mit seinem kleinen Handgepäckskoffer unter Poltern betrat. Er besetzte die erste Reihe, die er sah und starrte dann stur gerade aus. In seinem Kopf rasten die Gedanken. Er stellte sich vor, Semi zu schubsen und ihm Vorwürfe zu machen, dass er nur mit ihm gespielt und ihn manipuliert hat. Seine Hände zitterten und Shirabu hatte sogar Angst, dass er vor Wut weinen würde, aber er hielt sich zurück. Die ganze Zugfahrt über war er weitestgehend still und schnaubte nur hier und da vor sich hin.
Am Gare du Nord stieg er mit seinem Koffer hastig aus und kämpfte sich durch die Massen an Leuten. “Was haben die hier alle zu suchen?”, fluchte er vor sich hin. Hätte er wirklich hingesehen, dann hätte er erkannt: Sie suchten alle dasselbe.
Paare fielen sich in die Arme, kleine Kinder liefen auf ihre Omas und Opas zu, Familien fanden wieder zusammen. Gute Freunde schlugen ein und sprachen über “Bière”. Die ein oder andere einsame Seele hing dafür am Telefon, hatte aber gar keinen so einsamen Ausdruck im Gesicht. Jemandem, der “Taxi” sagte, ging Shirabu schließlich nach, weil er dort auch den Hauptausgang erwartete und er wurde nicht enttäuscht.
Draußen wollte seine Navigationsapp dann auch endlich ein Signal bekommen. Bettler, die ihn um “Petite Monnaie” baten, ignorierte er gekonnt und rempelte in seiner Konzentration sogar einen ebenso verloren gegangenen Passanten. “Scheiß Semi-san”, klang der Tenor seiner Gedanken wieder aus seinem Munde, aber er hatte auf dem Bildschirm endlich einen Punkt, dem er zum Hotel folgen konnte. Er hat es nicht weit weg vom Nordbahnhof gewählt, weil er es nicht kompliziert wollte, auch hatte er keine Lust, noch extra ein Taxi zu bezahlen. Er würde sich hier sowieso nicht lange aufhalten. In ein paar Tagen sollte es ja auch schon wieder heim gehen. Ob mit oder ohne Semi hing von seinem heutigen Erfolg ab.
Im Hotel wurde er auf englisch begrüßt. Er war sehr froh, dass er das Nötigste besprechen konnte und dass er auf seinem Zimmer ein paar ruhige Minuten übrig hatte. Die Einrichtung war ihm egal. Sein Fokus lag nur auf diesem Treffen und bei seiner Predigt, die er Semi um die Ohren brüllen wollte.
Shirabu kam absichtlich später. Unabsichtlich absichtlich. Natürlich hat er sich in dieser beschissenen Stadt verfahren und hat diesen bekloppten Eiffelturm erst nur vom Plateau aus gesehen und quälte sich mit dem Weg direkt dorthin. Auch mochte er dabei den matschigen Schnee nicht, der seine Schritte langsamer werden ließ, weil er sich nicht die Blöße geben wollte, zu fallen und dann vielleicht noch eingesaut vor Semis Augen zu treten. Ja, am liebsten würde er ihm den matschigen, kalten grausigen Schnee ins Gesicht werfen und gleich wieder umdrehen. Ja, genau das würde er machen. Er war gekommen, um etwas klarzustellen.
Aber dann sah er Semi dort unter einer Laterne neben dem Eiffelturm mit seiner Gitarre und Semi sang. Den Blickkontakt hatte er schon ganz genau aufgebaut, dass es Shirabu nur kalt den Rücken hinunter lief.
Scheiß Terushima hatte recht. So eine ’Big Gesture’ war wirklich nicht so verkehrt und riss sogar die restliche eingebrochene Mauer um Shirabus Herz hernieder. Genauso wie Shirabu Semi hernieder riss, in eine Umarmung, einen innigen Kuss und dem Wunsch, dass es nicht nur um a little bit of your love ging, sondern um das Echte. Um echte wahre Liebe, für die kein Weg zu weit war und deren Anwesenheit für Shirabu auch diese schreckliche, matschige Stadt für den Moment zu seinem Zuhause machen konnte.
- Oh, take his hand, you’ll be surprised
Chapter 91: That OneShot not about Sex but Love
Chapter Text
Den Blick starr an die Decke seines Zimmers gerichtet, versuchte Yamaguchi einen weiteren Tag nach Weihnachten näher zum neuen Jahr zu schlafen und somit dem Moment, wo er seinen Freund endlich wieder sehen dürfte, näher zu kommen.
Es hat ihn nicht überrascht, dass Terushima es verbockt hat. Er hat es sogar erwartet, war deswegen aber nicht weniger enttäuscht. Terushima konnte wohl aus seiner Haut, den Spaß immer vorzuziehen, nicht raus. Aber auch Yamaguchi steckte in seiner Gewohnheit fest, in der er den mangelnden Enthusiasmus persönlich nahm.
Da halfen auch die Großbuchstaben in Terushimas Nachrichten nicht, auch die etlichen Ausrufezeichen nach seinen Entschuldigungen nicht. Yamaguchi kam nicht drum herum, ihn in Gedanken immer wieder einen liebevollen Idioten zu nennen. Nicht selten hörte er dabei Terushimas neckende Stimme, die ihm lachend beibrachte, dass er sein Trottel war. Voll und ganz. Und Yamaguchi wollte es nicht anders. Nur vielleicht… mit ein bisschen mehr Einsatz. Denn mangels dessen lag er nun hier. Alleine, seit Wochen und würde dies noch bis nächstes Jahr tun, weil Terushima erst heute Nachts heim kam und morgen mit Familienangelegenheiten eingedeckt war und auch Yamaguchi hatte seine familiären Verpflichtungen. Es war fast zum Weinen. Na gut. Als Yamaguchi ihre Situation bewusst wurde, hat er wirklich geweint. Still und heimlich in seinem Zimmer in den Polster hinein, weil er so enttäuscht war.
Er hat das auch mit sich alleine ausgemacht. Tsukishima wollte er nach seiner Erfahrung mit Kuroo nicht mit sowas in den Ohren hängen.
Im Grunde war er ja glücklich. Terushima hat ihm gesagt, dass er ihn liebt und er liebte ihn auch. So richtig. Aber verdammt, er wollte es ihm zeigen. Und ihm in die Augen sehen, wenn er es ihm das zweite Mal sagte und diese Liebe mit einem Kuss besiegeln. Außerdem wollte er ihn in den Arm nehmen und seinen Kopf dabei auf Terushimas Oberkörper legen, wo er seinen Herzschlag hören und spüren konnte.
Sein eigener Herzschlag ging aber augenblicklich hoch, als etwas von draußen gegen sein Fenster knallte.
Verdammt! War dieser verfluchte Waschbär schon wieder vom Dach gefallen?
Seit der Winter eingebrochen war, lebte ein Waschbär im Dach. Dass das für die Tiere absolut normal war, wusste er von Tsukishima, aber es beunruhigte ihn trotzdem. Immerhin war ein Wildtier im Dach und dieses Wildtier war nicht besonders geschickt.
Yamaguchi kannte es, wenn man schnell aufstand und dann wurde einem schwindelig. Er wusste auch, wie schrecklich unangenehm es war, wenn einem das Bein oder der Arm eingeschlafen war. Das passierte ihm auch manchmal, aber dieser Waschbär schien ob seiner Motorik ununterbrochen mit sowas zu kämpfen zu haben. Vermutlich aber war er schlichtweg dumm.
Und das dumme Tier ist nun einmal mehr mit einem uneleganten Doppelfliclflack bei dem einen losen Dachziegel rausgeklettert und heruntergefahren. Yamaguchi sprang aus seinem Bett, sprintete zum Fenster, riss es auf und schnellte mit dem Kopf und Oberkörper hinaus, das dumme Tier zu erblicken und zu erkennen zu versuchen, ob es sich vielleicht verletzt hat. Was dann aber statt dem Sichten eines ungeschickten flauschigen Wildtieres auf ihn traf, war ein fester Schlag auf den Kopf, der zweistimmig mit einem dumpfen Qualesruf kommentiert wurde.
“Oh Gott!”, japste Yamaguchi, weil er nun dachte, der Waschbär habe sich gerade noch gehalten und er hätte ihn nun ins Verderben gestoßen. Nachdem er für einen Augenblick zurückgetaumelt war, hievten er sich rasch wieder zurück an die Fensterbank und blickte mit geweiteten Augen in das schmerzverzerrte Gesicht seines Freundes. Bevor er die Tränen in seinen Augen erkennen konnte, wandte Terushima den Blick ab und räusperte sich.
“Yuuji reicht vollkommen”, sagte er ihn Bezug auf Yamguchis gejapsten Ausruf und sah ihm nach der kurzen Schmerzüberwindung wieder mit seinem gewohnten frechen Ausdruck an.
“So war das nicht gemeint!”, flüsterte Yamaguchi und deutete ihm, leise zu sein. Es war immerhin mitten in der Nacht, das ganze Haus, ja die ganze Straße schlief bereits und Terushima war um diese Uhrzeit hier verboten und zuallererst war er nicht im geringsten erwartet. “Was machst du hier?”, fragte er aufgebracht. Terushima zog theatralisch eine Schnute.
“Dich überraschen! Aber ich kann wieder gehen, wenn du willst”, er zeigte die Zunge. Wusste er ja genau, dass Yamaguchi ihn nicht wegschicken würde.
Oder?
Yamaguchi verschränkte die Hände vor der Brust. Es wurde kein Platz gemacht, dass Terushima beim Fenster hätte einsteigen können.
“Du weißt, du darfst hier nicht schlafen” - “ich schlaf auch nicht hier” - “Die Tür muss offen bleiben” - “Dann zieh dir ne Jacke an und komm raus!”
Die kleine Diskussion führte noch über den Fakt, dass Yamaguchi das Haus nicht verlassen durfte und den Vorschlag, er solle eben mit Terushima mit aufs Dach.
Und da hockte er nun in seiner Winterjacke auf dem Dach neben seinem Freund, der mitten in der Nacht mit einer Holzleiter von sich daheim eine halbe Stunde durch die Straßen und die Nachbarschaft gestreift war um ihn, Yamaguchi, zu sehen, weil ihre Familienpläne ihnen keine andere Wahl ließen. Zumindest begründete der Frisör das so.
“Welcher Idiot kommt kommt eigentlich auf die Idee, mitten im Winter in der Nacht aufs Dach zu steigen?”, fragte er mit klappernden Zähnen und hauchte sich warme Luft auf die Finger. Das war ja kaum auszuhalten. “Du meinst, außer dir und mir?” neckte Terushima, weil Yamaguchi freiwillig aufs Dach gestiegen war und sich jetzt nicht beschweren sollte. Yamaguchi schmunzelte. “Ja, außer uns beiden”, lachte er und Terushima zuckte mit den Schultern. “Bei mir auf der Schule gibts da ein paar”, war die Antwort und Yamaguchi schüttelte belustigt den Kopf. “Ihr seid auch alle ein bisschen verrückt”, sagte er und griff nach der Hand seines Freundes. “Es ist schön, dass ich dich trotzdem sehen kann. Nachdem du geschrieben hast, dass du länger bleiben musst, hab ich die Hoffnung aufgegeben, dich vor Neujahr noch zu sehen” Der Vorwurf war deutlich spürbar, sogar Terushima verstand ihn ohne Umwege.
“Tut mir echt leid, dass ich so ein Idiot bin”, sagte Terushima und drückte Yamaguchi wärmend näher an sich. “Das ist schon okay, du hast es ja gerade noch irgendwie hingebogen”, sagte dieser. Yamaguchi stritt es nicht ab, er war sich da schon ganz im Reinen damit, dass Terushima ein Idiot war. Manchmal. Ein liebevoller Idiot eben, den er ja gar nicht anders haben wollte.
“Ich mein nicht nur das, sondern auch den Grund, warum Tsukishima angerufen hat”, sagte Terushima und schluckte, sich uneins, wie er anfangen sollte, aber da gab es dann nur die direkte Variante. “Es ist nicht so, dass ich nicht mit dir schlafen will…”, sprach er weiter und Yamaguchi spürte die Last unter dem bevorstehenden ‘Aber’ bereits. Aber… er steht doch nicht auf Jungs. Aber, er findet ihn nicht anziehend. Aber… er ekelt sich davor. Aber… er liebt ihn doch nicht.
Terushima lehnte sich zu ihm hinüber und sah ihm in die glasigen Augen. “Aber… ich hab keine guten Erfahrungen gemacht und ich weiß, dass ich eine große Klappe habe. Du denkst sicher, ich bin der totale Checker und ich kenn mich voll aus und so, aber eigentlich… tu ich das gar nicht und ich will dich nicht enttäuschen”, hörte Yamaguchi unter Blinzeln. Der Mund klappte ihm auf. Kein Ton kam heraus und die Lippen schlossen sich wieder. Yamaguchi ging in sich und fragte sich, wann er Terushima das Gefühl gegeben hat, er hätte so große Erwartungen an ihn. Dann schüttelte er den Kopf und sprach mit einem sanften Lächeln in den Pausen.
“Yuuji, ich erwarte gar nichts Großes von dir. Ich erwarte nur, dass du ehrlich bist und dass du mir vertraust. Ich weiß nichts über deine Erfahrungen, aber glaub mir, für einen Checker hab ich dich nicht gehalten”, lachte er, weil Terushima immer so vorsichtig und sanft war. Er war nicht zu forsch und gab ihm nie das Gefühl, dass es ihm nur um das Eine ging. Ganz im Gegenteil.
Erst zog Terushima die Lippen zu einer Schnute, musste dann aber lachen. “Ich liebe es, wenn du so frech bist” - “Und ich liebe es, wenn du sowas sagst”, kicherte Yamaguchi und legte seinen Kopf an Terushimas Schulter.
“Du kannst mit mir über alles reden, immer und wenn also… sobald du mich berühren willst, auf diese Weise, dann darfst du das und wir gehen gemeinsam die Schritte weiter. Ich will auch nicht mehr ungeduldig sein, aber ich dachte echt… du willst mich nicht”, erklärte Yamaguchi. Er hob den Kopf und sah Terushima zögerlich in die Augen, weil es ihm unangenehm war, aber auch, weil da immer noch Zweifel waren. Dann war es an Terushima, ungläubig den Kopf zu schütteln. Er griff schnell nach beiden von Yamaguchis Händen und drückte sie, seine nächsten Worte zu unterstreichen.
“Und die anderen sagen alle, ich wäre ein Idiot. Wie kann ich dich nicht wollen? Wie kann ich nicht verrückt nach dir sein?”, fragte er, gab ihm aber keine Chance zu antworten. Stattdessen küsste er ihn voller Leidenschaft und drückte darin die Antwort aus, die Yamaguchi ihm hätte abverlangen wollen.
“Ich liebe dich”, erklang ein zartes Hauchen zwischen den Lippen, leiser als der Wind, der ihnen um die Ohren zog, bedeutender als jeder Orkan. “Ich liebe dich”
Chapter 92: The OS that goes Full Homo
Chapter Text
❄
“Gay Chicken!”, war Hanamakis Kampfansage, als Matsukawa das erste Mal nach dem falschen Trikot gegriffen hat und es nach der Realisierung zurückgeben wollte. Schnell hat der Mittelblocker es wieder zurückgenommen und übergezogen. “Oh, das ist eine Herausforderung, die du verlieren wirst”, hat er angenommen, aber Hanamaki hatte das Shirt mit der Nummer 2 schneller über dem Kopf, als man ihm vorwerfen hätte können, er kneife.
Oikawa hat die beiden mit schiefem Blick gemustert und Iwaizumi zu Rate gezogen, der die vertauschten Nummern sofort identifizieren konnte. “Ich wusste doch, es ist was anders”, hat der Kapitän gesagt. “Könnten wir auch machen”, hat er daraufhin vorgeschlagen, aber nur eine ablehnende Kopfnuss kassiert.
So hat vor drei Jahren alles begonnen. Matsukawa und Hanamaki tauschten hier und da ihre Jerseys. Auch die Krawatten des jeweils Anderen trugen sie mal - nicht ohne sich dabei zu unterstützen, den Knopf korrekt zu binden. Es fiel nicht auf. Aber es wirkte für beide. Eine besondere Verbindung baute sich zwischen ihnen auf. Eine gewisse Nähe, die nicht unangenehm war.
“No Homo, aber deine Jacke riecht echt gut”, sagte Hanamaki nachdem er in die Jacke des Anderen geschlüpft war und dieser seine nur im Arm trug. Matsukawa lachte. “Dafür hat deine tolle Überraschungen”, sagte er und zog eine Karotte heraus. “Was machst du damit?” - “Oikawa ärgern”, antwortete Hanamaki knapp, war aber sichtlich noch im Kragen der fremden Jacke vertieft und Matsukawa genoss den Anblick. Dass Hanamaki sich manchmal in Oikawas Klasse schlich, eine Karotte auf dessen Stuhl oder Tisch ablegte und lachend wieder verschwand, erfuhr er irgendwann später. Wie so viele andere Dinge.
❄
“Meine Mutter meint, ich sollte dieses eine Mädchen daten… Soll nach der Schule was Vernünftiges lernen und heiraten und den ganzen Kram”, seufzte Matsukawa eines Tages nach dem Training und Hanamaki fühlte sich an ein Gespräch des letzten Wochenendes erinnert. “Oh… ja, also meine Eltern meinten auch, dass ich mir bald eine gute Frau suchen soll. Ich weiß ja gar nicht, was die wollen.. Also Frauen… so ganz allgemein”, gab Hanamaki zu. Matsukawa legte den Kopf schief. “Kann doch nicht so anders sein, wie wir, oder?", fragte er und sah gebannt, aber mit trockenem Blick in Hanamakis Augen.
“Und was wollen wir?”, fragte Hanamaki. Er musterte seinen besten Freund, während sie in den Wohnheimtrakt abbogen. Matsukawa war für Hanamaki der Grund gewesen, Volleyball zu spielen. Er war sein Zimmergenosse seit Tag 1. Matsukawa hat ihn mitgenommen und Hanamaki war geblieben.
“Hab mir darüber noch keine Gedanken gemacht, aber ich glaub, ich mags, wenn man mir an den Arsch fasst”, sagte Matsukawa und zuckte dabei mit den Schultern. Hanamakis Hand war schon ganz aus Reflex losgeschnellt.
“Ungefähr so?”, fragte er, als er die Finger in das Sitzfleisch seines besten Freundes drängte. Matsukawa summte anerkennend. “Genau so”, stimmte er zu und Hanamaki nahm die Hand nickend wieder zu sich, als hätte er einen Fakt geistig notiert. “Magst du das auch?”, fragte Matsukawa. Hanamaki überlegte. “Ich glaub, ich mag kuscheln mehr”, gab er zu. Exakt zur Ankunft an der Zimmertür, die Matsukawa aufschloss. “Dann machen wir das nach den Hausaufgaben”, sagte dieser trocken und setzte sich ohne Weiteres an seinen Schreibtisch.
Und dann lag Hanamaki nach den Hausaufgaben und dem Umziehen fürs Bett in Matsukawas Bett. Aug in Aug überlegend, wie das mit dem Kuscheln denn nun funktionieren sollte. “Soll ich meinen Arm um dich legen?”, fragte Matsukawa. Er hob bereits den Arm, aber Hanamaki schüttelte den Kopf.
“Nein, leg dich hierher", sagte er und eröffnete den Platz an seiner Brust. “Ich will ihren… also deinen… also ja, ihren Kopf bei meinem Herzen haben”, erklärte er sich. Matsukawa tat, wie Hanamaki es sich wünschte, richtete das Gesicht aber hoch, um ihm direkt ans Kinn zu sehen. “Du bist eher romantisch veranlagt, oder?", fragte er. Hanamakis Wangen wurden rosa, was Matsukawa aber nicht sah. “Ich” Hanamaki räusperte sich. “Ich weiß nicht, vielleicht?”, gab er von sich. Matsukawa schob das Gesicht wieder hinunter. Er konnte Hanamakis Herz klopfen hören. Etwas schneller, als er es erwartet hatte. “Ist es dir unangenehm?”, fragte er. Hanamaki legte den Arm um Matsukawa. “Nein, nur ungewohnt”, gestand er. “Stimmt”
“Aber… no homo, das ist richtig nice”, sagte Hanamaki nach einer Weile. “Stimmt”, flüsterte Matsukawa, weil er bereits am Einschlafen war. Hanamaki lächelte und zog die verrutschte Decke über sie beide. “Schlaf gut, Issei”, flüsterte er. “Schlaf gut, Hana”, hauchte Matsukawa und beide schliefen ein.
Am nächsten Morgen war es nicht seltsam, eng aneinander gekuschelt aufzuwachen. Hanamaki hat es sehr genossen. Er konnte sich auch mit dem Gedanken anfreunden, seinen Eltern den Wunsch einer Schwiegertochter zu erfüllen. Jede Nacht jemanden so nah bei sich zu haben, dem sanften Rhythmus des Atmens zu lauschen und den angenehmen Druck auf der Brust zu spüren, weil ihm jemand so sehr vertraute, war ein wunderschöner Gedanke.
Während dem Zähneputzen hat er Matsukawas Po Aufmerksamkeit geschenkt, weil er nun wusste, dass sein bester Freund das mochte. “No homo”, sagte er und spuckte ins Waschbecken. Die Zahnbürste wurde weggepackt und Matsukawa sah Hanamaki mit einem schmalen Lächeln hinterher. Hanamaki war morgens immer schneller. Matsukawa hielt sich noch eine Weile mit Zahnseide auf und perfektionierte den Wuschellook seiner Haare, bis er zufrieden war.
“Das ist ja fast wirklich so, als wärst du meine Freundin”, lachte Hanamaki, als Matsukawa zurück ins Zimmer kam, um mit ihm in den Schultrakt zu gehen. “Heute bist du dran”, sagte Matsukawa einzig, schnappte seine Umhängetasche und Hanamaki, der ihm ohne verbale Reaktion darauf folgte. Stattdessen starrte er auf Matsukawas Brust und stellte sich bereits vor, wie es sein würde, an ihn geschmiegt einzuschlafen. Ob Matsukawa es auch so schön finden würde, wie er es gefunden hat? Er hoffte es.
Matsukawa fand es schön, Hanamaki in seinem Arm zu halten und so mit ihm einzuschlafen. Er mochte das Gefühl, Halt zu geben und das Wissen, dass Hanamaki ihm vertraute und sich sicher genug fühlte, in dieser Position bei ihm zu schlafen. Er fand auch die Idee schön, eine Freundin zu haben, mit der er das künftig öfter tun könnte. Und so ging er auf die Vorschläge seiner Eltern ein. Das Mädchen. Er war mit ihr auf die Grund- und Mittelschule gegangen, danach hatten sich ihre Wege getrennt und Matsukawa wusste nur, dass sie auf die Johzenji ging und auch mit Volleyball verbunden war.
“Eigentlich keine schlechten Aussichten”, sagte Hanamaki und stemmte seinem besten Freund spielerisch den Ellenbogen in die Seite. “Mhhhm”, brummte Matsukawa. Da wurde Hanamaki direkt hellhörig. “Was denn? Freust du dich nicht?”, fragte er. Matsukawa zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. “Ich hab mir keine Gedanken gemacht, aber eine Freundin zu haben, bedeutet auf Dates zu gehen und Zeit nach der Schule mit ihr zu verbringen und vielleicht auch im Volleyball zurückzustecken", befürchtete der Mittelblocker. Hanamaki schmunzelte. “Dafür hast du dann aber halt ne Freundin und ihr könnt andere Sachen machen, die dir vielleicht sogar besser gefallen als Volleyball”, vermutete Hanamaki mit wackelnden Augenbrauen. Matsukawa überlegte.
“Und was soll ich bei so einem Date machen?” - Da war auch Hanamaki überfragt. Er war noch nie auf einem Date.
“Was macht man bei einem Date”, ging die Frage während dem Training somit an Oikawa und Oikawa baute groß auf. Restaurants, Spaziergänge, Kerzenschein, Blumen, Picknicks. Eigentlich alles ganz nette Dinge, doch wie Oikawa sie beschrieb, wirkte es einfach ein bisschen… drüber.
“Geht einfach wo hin, wo ihr euch beide wohl fühlt und dann gib ihr Raum, zu reden. Sei aufmerksam und dann weißt du, wo ihr das nächste Mal hingehen könntet”, mischte sich Iwaizumi ein. Diesmal wirkte es so, als würden alle drei geistige Notizen machen. Matsukawa, Hanamaki und Oikawa. Iwaizumi riet auch, Gemeinsamkeiten zu fokussieren. Worauf Matsukawa erwähnte, dass sie nicht nur Volleyball als gemeinsames Interesse hatten, sondern beide im Französischunterricht gut waren.
“Dafür gibt’s sogar Unterricht?”, fragte Hanamaki mit einem schmutzigen Grinsen. Oikawa weitete die Augen und während Hanamaki und Matsukawa in Gelächter verfielen, fasste sich Iwaizumi angestrengt an die Stirn. “Gut, dann können wir ja nun mit dem Training weiter machen, nicht wahr?”, warf er ein und verschob den Fokus wieder auf den Ball, der daraufhin zum Mittelpunkt des gesamten Teams wurde.
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“Wäre irgendwie cool, das vorher zu üben”, sagte Matsukawa unter der Dusche zu Hanamaki, der ihm wie selbstverständlich sein Duschgel rüber reichte. “Können wir ja”, sagte er dazu und shampoonierte sich das Haar diesmal. Er machte das nicht immer. Matsukawa zog den Kopf zu Hanamaki hinüber. “Das heißt, du würdest mit mir auf ein Date gehen?”, fragte er. Hanamaki nickte und ging daraufhin mit Matsukawa auf ein Date.
In ein kleines französisches Lokal, weil Hanamaki von Matsukawas Französischkenntnissen Zeuge sein wollte.
Er wurde nicht enttäuscht, denn sein Kumpel hatte sogar dieses nasale Gesäusel drauf.
“No Homo, das klingt richtig geil”, gab er ohne zu zögern ein Kompliment. Freunde konnten sich eben auch Komplimente geben. “No Homo, aber ich kann dir später gerne was Französisches ins Ohr flüstern”, grinste Matsukawa und Hanamaki wurde ganz unterbewusst aufgeregt.
Ihr erstes Date, das ja eigentlich kein Date war, ging damit zu Ende, dass Matsukawa die Rechnung übernahm - Hanamaki versprach, sich zu revanchieren - und die beiden nach viel Gelächter über die französische Sprache, aber guter Unterhaltung vor Hanamakis Eltern Haus standen.
“Und jetzt?”, fragte Hanamaki. “Küssen beim ersten Date?”, fragte dafür Matsukawa und Hanamakis Mundwinkel zogen sich breit. “Gay chicken”, flüsterte er, wich erst zurück, lehnte sich aber schließlich ganz in den Kuss. Er war kein Hühnchen! Auch nicht, als Matsukawa wieder mit seinen Französischkünsten auftischte. Nur diesmal nicht sprachlich. Von der Zunge ging es dennoch wie eine zarte Crème brulée. “No homo”, hauchte Matsukawa gegen Hanamakis Lippen und ließ ihn an der Türschwelle zurück. Überrumpelt. Ein bisschen überfordert. Aber mit einem Kribbeln im Bauch, das von da an nie mehr weg ging, aber nie unangenehm war und die Situationen auch nicht komisch machte, weil es Matsukawa war und sich mit ihm alles normal anfühlte, auch, gelegentlich Dinge zu tun, die ein Pärchen tat.
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“Und es stört dich nicht, dass Mattsun jetzt auf einem Date mit einem Mädchen ist?”, fragte Oikawa und stibitzte Iwaizumi ein Milchbrötchen. “Ist mit Karottenfüllung”, lachte dieser und Oikawa gab es mit verzogener Miene wieder zurück. Ein kleines Gezanke ging los, wo es darum ging, dass es Spaß war, dass Oikawa nur aufgezogen wurde, weil er schier von Karotten verfolgt wurde.
Für Hanamaki lief das wie ein Film nebenbei. Er überlegte, ob und warum es ihn stören sollte, dass sein bester Freund jetzt ein Date hatte.
“Ihr wirkt einfach so… naja…” Oikawa begann und sah dabei auch zu Iwaizumi und wieder weg und dann auf das Milchbrötchen, das zum Glück wirklich keine Füllung hatte und nur flaumig weich und lecker war. Hanamaki zuckte mit den Schultern. “Daran wird ein Date aber nichts ändern”, sagte Hanamaki, der nicht recht wusste, worauf Oikawa hinaus wollte. Schaffte es aber, falsche Annahmen zu stellen. “Dann teilt ihr sie euch?”, fragte der Kapitän und duckte sich vor Iwaizumis Kopfnuss hinweg. Langsam hatte er regelrecht einen sechsten Sinn dafür. Hanamaki hatte aber keinen Sinn für dieses Gespräch. Er verstand absolut nicht, worauf der Schönling hinaus wollte. “Na egal auch, redet einfach drüber”, schlug er vor und informierte noch darüber, dass er nun mit dem Coach über das Weihnachtsturnier sprechen musste. “Weihnachten in Tokio, Iwa-chan. Das wird traumhaft”, säuselte er und war dahin.
“Als wären wir zu Weihnachten nicht wieder zuhause”, seufzte das Ass der Aoba Johsai, erhob sich und ließ Hanamaki mit seinen Gedanken allein.
Fast alleine, denn Hanamaki schnappte kurz darauf die Erstklässler auf und fragte sie, wie sie das mit dem Daten und anderen Dingen einschätzten. Während Kindaichi vollkommen verschreckt war und kaum gerade antworten konnte, ging Kunimi sehr erwachsen mit dem Thema um. Es gab wohl eine verflossene Liebe. In beider ihrer Leben. Und sie gingen jeweils ganz unterschiedlich damit um. Kunimi hatte augenscheinlich abgeschlossen. Kindaichi allerdings verarbeitete es noch.
“Teilen ist vielleicht gar nicht so schlimm”, sagte Kunimi und stieß Kindaichi weiter. Sie hatten noch Pläne, hat er erwähnt. Hanamaki war mit den Gedanken bereits wieder bei Matsukawa. Ein Mädchen mit ihm teilen? Oder eher… ihn mit einem Mädchen teilen?
Rasch richtete er sich aus der immer gebeugteren Haltung hoch und schüttelte den Kopf. Nein. Das dachte er gerade nur, weil Oikawa so blöd dahergeredet hat.
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Matsukawa hat sich nur einmal mit dem Mädchen getroffen. “War seltsam, mit ihr dort zu sitzen. Außerdem gibts in meinem nur einen Hana und das bist du”, sagte er zu Hanamaki, der gar nicht merkte, wie sehr ihn diese Worte erleichterten. “Dann gehst du mit einer anderen auf ein Date?”, fragte er, aber Matsukawa schüttelte den Kopf. “Ich glaub, ich mag keine Dates. Zumindest solange sie nicht mit dir sind”, sagte er und zwinkerte Hanamaki zu. “No Homo”
Hanamaki nickte. “Dann machen wir den ganzen Kram eben, bis wir beide die Richtige finden”, schlug er vor. Matsukawa beugte sich zu ihm und hielt zum Schwur die Hand hin. Hanamaki schlug ein und sie gingen den Deal ein.
Von da an waren sie mehr denn je Freunde, die Gesten austauschten, die man eher in Beziehungen erwartete. Aber für Matsukawa war das Konstrukt Liebe noch nie eines gewesen, das er verstand oder gar verstehen wollte und Hanamaki war anhänglich und kuschelig und eigentlich richtig süß, wenn er abends nach dem Lernen, Film schauen oder einem Videospiel neben ihm wegdöste und dabei nicht nur einmal mit dem Kopf auf Matsukawas Schulter gelandet war.
Selbst, als er den rosa Schopf auf seinem Schoß hatte, neigte es dem Mittelblocker nicht ab. Wie aus Reflex hat er seine Finger durch die Haare streichen lassen und musste feststellen, es war, als hätte er eine Katze.
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Seit dem Weihnachtsturnier mit der Shiratorizawa, Karasuno und Nekoma hatte sich einiges geändert. Nicht für Matsukawa und Hanamaki. Die beiden genossen weiterhin die Zärtlichkeiten, die sie austauschten, neckten einander und zogen die anderen auf. Am liebsten aber Oikawa, der seit Weihnachten anders reagierte. Auch Iwaizumi reagierte anders. Verhielt sich nicht wie immer. Es schien, als hätte jemand die Grenze überschritten. Die Dynamik hatte sich geändert, das war im neuen Jahr sofort aufgefallen.
“Liegt sicher daran, dass wir keine Turniere mehr spielen werden”, sagte Hanamaki. Er saß neben Matsukawa am Bett und smashte auf die Buttons des Playstation Controllers während sich Matsukawas Finger zielsicher und langsam über die Knöpfe bewegten.
“Glaub mehr, dass es daran liegt, dass die beiden jetzt knallen”, sagte er und schleuderte Hanamakis Charakter aus dem Kampfring. Hanamaki aber reagierte nicht auf die verlorene Runde. Stattdessen starrte er seinen Kumpel mit großen Augen an. “Sag nicht, das ist dir nicht aufgefallen” Hanamaki schüttelte den Kopf. Matsukawa startete die nächste Runde, die aber regungslos verlief. Der Fokus lag wo anders.
“Ja, naja, die waren doch am Weihnachtsmarkt schon so eng” - “Die sind immer eng” - “Vermutlich nicht mehr lange”, lachte Matsukawa. Auch Hanamaki stimmte darin ein, wurde aber schnell wieder ernst. “Also ehrlich jetzt, was meinst du?”, fragte er.
Matsukawa zuckte mit den Schultern. “Hab schon länger das Gefühl, dass Oikawa mehr von Iwaizumi-san will, als nur dieses Best Friends Gehabe. Und wer kanns ihm verübeln? Iwaizumi ist heiß”, sagte er und war dabei auch ganz offen. “Full Homo” - “Gar nicht. Ich sage nur das Offensichtliche", verteidigte er sich und Hanamaki begann plötzlich zu schmollen. Matsukawa hob die Augenbrauen. “Bist du eifersüchtig?”, fragte er. Hanamaki verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. “Nein”, log er. Matsukawa zog die Mundwinkel breit. “Sicher?”, fragte er und lehnte sich zu ihm hinüber. “Mhm”, schmollte Hanamaki weiter. “Dann muss ich dir wohl nicht sagen, dass ich dich immer vorziehen würde, oder?", fragte Matsukawa. Hanamaki wurde hellhörig. Natürlich musste er ihm das sagen! Er wollte… musste das hören. Für sein Ego. “Gay chicken, wenn du es nicht machst”, maulte er. Matsukawa legte den Controller weg und den Arm um Hanamaki. “Iwaizumi-san ist mir viel zu korrekt. Mit dir hab ich viel mehr Spaß und das macht dich als Kerl viel interessanter”, raunte er ihm ins Ohr. Hanamaki schluckte. “Gay chicken, wenn du nicht auch was Nettes über mich sagst”, verlangte nun Matsukawa. “Gay chicken am Arsch”, sagte Hanamaki, wollte tatsächlich ansetzen, aber er wurde unterbrochen. “Gay chicken in den Arsch” Hanamaki presste die Lippen zusammen. “Mhm, is wohl schwuler, zu receiven”, sagte er mit wackelnden Augen. “Hmm, ich glaube, es wäre noch schwuler, wenn wir nach der Schule zusammen ziehen würden”
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Und so zogen Matsukawa und Hanamaki nach dem Abschluss zusammen. Sie hielten Kontakt zu ihren ehemaligen Schulkollegen und verfolgten auch die Erfolge des Volleyballteams. So erfuhren sie auch, was der Grund dafür war, dass Oikawa und Iwaizumi sich anders verhielten. Warum sie mehr stritten denn je, aber auch liebevoller als sonst miteinander waren. Dass da etwas gewesen ist, was auch Iwaizumi nicht mehr ignorieren konnte, aber dass Oikawa nun einmal Oikawa war. Es tat schon ein bisschen weh, mit anzusehen. Aber sie waren beide immer für ihre Freunde da. So auch, als es 3 Jahre nach dem ersten Weihnachtsturnier zwischen Oikawa und Iwaizumi so richtig kriselte und krachte.
“Ich vermisse, was wir hatten, jetzt ist es einfach nur noch kompliziert und ich halte diese Fernbeziehung nicht aus. Auf der anderen Seite ist es wohl der einzige Grund, warum es so lange gehalten hat, naja und immer, wenn ich es ansprechen will, lässt er die Diva raushängen oder…”, sagte Iwaizumi zu Matsukawa.
“Ich seh ihm an, dass er nicht glücklich ist, die Fernbeziehung macht ihn total fertig und mich auch, aber er will einfach nicht mitkommen, was ich ja auch verstehe und ich würde alles für ihn tun, nur… ich bin nicht glücklich, obwohl es Iwa-chan ist”, seufzte Oikawa vor Hanamaki.
“Oder er bläst dir einen?” - “Blas ihm einfach einen, da wird er schon glücklich sein!” waren die komplett voneinander unabhängigen Antworten auf die Situationen.
Iwaizumi seufzte, Oikawa lachte verhalten.
“Redet miteinander und lasst euch aussprechen. Egal ob Freunde, Bangbuddies oder Liebespaar, reden ist und bleibt das Allerwichtigste", wieder hatten sie an unterschiedlichen Orten denselben Tenor gefunden.
“Wie macht ihr beide das?” - “Wer? Was?”
“Du und Mattsun, ihr funktioniert einfach”, sagte Oikawa und strich sich angespannt durchs Haar. Hanamaki zuckte mit den Schultern. “Wir machen es nicht kompliziert, außerdem… sind wir nicht, du weißt schon” Oikawa hob die Augenbrauen. “Ja klar und Ushiwaka wird ein Model heiraten!” Er winkte ab und schüttelte den Kopf immer und immer wieder. “Also zu Ushijimas Heiratsplänen kann ich nichts sagen, aber Issei und ich sind nur Freunde. Klar, ist es manchmal anders, aber das ist es, weil es passt und… naja, da ist eben diese Gay Chicken Sache”, begann Hanamaki irgendwie zu erklären, was da zwischen ihnen war.
“Wie Gay chicken? Sag nicht, ihr macht das immer noch?”, protestierte Iwaizumi, der von Matsukawa eine ähnliche Antwort bekommen hat und ihm dasselbe unterstellt hat, wie Oikawa. Matsukawa lachte. “Ja, und es ist das beste, was wir je hätten machen können”
“Ihr habt das Spiel echt geknackt, unglaublich. Aber danke, Issei, ich werde mit Toruu sprechen und ich werde ihn nicht ablenken lassen”, sagte Iwaizumi. “Naja, wenn er dein Ding im Mund hat, kann er zumindest nicht zurückreden”, hob Matsukawa das Offensichtliche hervor. “Glaub mir, wenn Toruu Oikawa dein Ding im Mund hat, willst du nicht reden und du willst nicht, dass er zuhört”, sagte Iwaizumi und verabschiedete sich mit hochrotem Kopf. Ja, er konnte direkt sagen, was er dachte, aber ja, es war ihm auch peinlich, über so ein Thema zu sprechen.
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“Schade, dass die beiden nicht mitkommen", bedauerte Hanamaki nach dem Turnier beim Betreten des Weihnachtsmarktes der Burg Sendai. Matsukawa schüttelte den Kopf. “Die haben jetzt was anderes zu klären”, antwortete er. Hanamaki seufzte, aber ließ sich eine Zuckerstange kaufen.
„Hab Oikawa selten so ernst gesehen“, sagte er und verpasste sich einen Zuckerschock. „Heute wird’s nicht mehr viel Iwa-chan geben“, gestand Matsukawa seinem Kumpel zu und lehnte sich hinüber, sich auch etwas von der Süßigkeit zu gönnen, nicht aber ohne dabei intensiven Blickkontakt aufzubauen, der Hanamaki jegliche Sorgen über auch nur irgendwen vergessen ließ.
„Dude… No Homo, aber ich würde deine Lippen heute auch wo anders begrüßen“, sagte er und griff nach dem Mistelzweig, der auf einem Tisch zur Deko lag. Matsukawas Lider senkten sich auf Halbmast, dafür zogen seine Mundwinkel breiter und höher. Er wartete ab. Hanamaki hielt den Mistelzweig aber nicht wie erwartet einfach über seinen Kopf, sondern ging einen Schritt zurück und senkte ihn auf Beckenhöhe. Ein schmutziges Grinsen traf das andere. Über ihre Blicke tauschten sie aus, dass sie, wie auch sonst, auf derselben Welle ritten und sie beide an dasselbe dachten. So sehr sogar, dass Hanamaki sich mit einem Biss auf die Zunge zügeln musste, um nicht in eine peinliche Situation zu geraten. ‘Gay chicken’ musste er gar nicht ausgesprochen werden. Es stand in Matsukawas Augen geschrieben wie auf Leuchtreklame.
„Sind deine Eltern zuhause?“, fragte Matsukawa, weil das Elternhaus seines Roommates am nächsten war. Hanamaki schüttelte rasch den Kopf. „Je-jetzt gerade nicht, Dad ist-“, er wurde mit einem Finger auf die Lippen zum Schweigen gebracht. „Mir ist egal, wo deine Eltern sind, Hauptsache nicht daheim“, sagte Matsukawa und zog Hanamaki an der Hand vom Gelände um die Burg herunter.
Momente später fragte sich Hanamaki, ob er gewonnen hatte, weil Matsukawa stockte, weiterzugehen. Kurz darauf hatte er aber die Augen geschlossen und wunderte sich, warum er das Spiel nicht aufgeben konnte. Er zog es weiter.
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Und auch 10 Jahre später, als sie beide verheiratet waren - miteinander - und zwei Kinder adoptiert hatten, war noch immer kein Gewinner in Sicht. Gab es überhaupt einen Gewinner?
“Du hast gewonnen, als ich ‘ich liebe dich’ das erste Mal mit Bedeutung gesagt habe. Da wollte ich eigentlich aufgeben”, sagte Hanamaki, als sie beide mit den Kindern vor dem Kamin saßen und besagte Kinder an sie gekuschelt eingeschlafen waren. Am Boden neben ihnen standen Tassen mit heißer Schokolade und Marshmallows und bunten Streuseln darüber. Über dem Kamin hingen große rote Socken, bereit für Santa.
Auch für Santa bereit stand neben der üppig aber chaotisch geschmückten Nordmanntanne ein kleines Tischchen mit Milch und Keksen.
Matsukawa musterte seinen Ehemann. “Ich hab das immer mit Bedeutung gesagt”, klärte er auf. Hanamaki blinzelte wild.
“Oh… oh!, dann hab ich gewonnen?”, fragte er. Matsukawa seufzte. Schmunzelte dann aber.
“Wenn wir uns wirklich lieben… haben wir dann nicht beide gewonnen?”
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